Projekt VJX.glide

Jojo26

User
… VJX.glide? Da war doch schon etwas Ähnliches?

Stimmt!

VJX.glide ist eine Ergänzung zu dem F3F-Projekt VJX um Tragflächen für mittlere bis leichte Bedingungen. Nachdem VJX auf der WM 2022 seine erste Feuertaufe bei strammem Wind erfolgreich bestanden hat – von den zu weichen Flächen des Pilot-Modells abgesehen - entstand, wie so oft bei einem Viertele, die Idee, VJX mit einem zweiten Flächenpaar auch für schwächere Bedingungen optimiert einsetzen zu können. Inzwischen zeigte sich, dass VJX auch bei schwächeren F3F-Bedingungen gar nicht so schlecht unterwegs ist, wenn nicht … doch dazu später mehr.

Die folgende Beschreibung des Projekts VJX.glide baut auf den grundsätzlichen Überlegungen und Erläuterungen zu VJX auf. Für Neueinsteiger sei daher die „Lektüre“, zumindest der
ersten Kapitel des Projekt VJX empfohlen.

Im Rahmen dieses Projekts wurden auch neue Programme entwickelt, die den Designer beim Flächenentwurf unterstützen sollen. Diese werden dann in separaten Beitragen vorgestellt.

Wie bereits VJX ist VJX.glide ein Teamwork von Mario Perner (Aerostyle) und Jochen Günzel. Während sich Jochen – also ich – nach getaner Designarbeit ent- und gespannt zurücklehnt, läuft bei Mario derzeit die Fräsmaschine auf Hochtouren, um eimerweise Aluspäne zu produzieren…

Nun aber genug der einleitenden Worte! Auf ans Werk.


Projekt VJX.glide – Teil 1: Auslegungsziele


Das Projekt

VJX.glide overview PC2.png

Entwurf einer F3F-Tragfläche für mittlere bis leichte Bedingungen. Die neuen Flächen sollen anschlusskompatibel zu VJX sein, um einen Rumpf mit 2 Flächenentwürfen nutzen zu können.
Wie bereits VJX wird VJX.glide ein „Open Source Projekt“. Alle Entwurfs- und Profildaten werden auf Github zur Verfügung gestellt.


Auslegung F3F-Zeiten

Flug- bzw. Aufwindbedingungen werden bei F3F übersetzt in zu erzielende Rundenzeiten. Um den
angestrebten Auslegungsbereichs darzustellen, ist die tolle statistische Auswertung von Thorsten Folkers (@Tofo) bestens geeignet.

Eingezeichnet wird der Auslegungsbereich des bisherigen Entwurfs VJX und der Zielbereich des neuen VJX.glide. Der Überlappbereich zwischen beider Tragflächenentwürfe soll dabei genügend groß sein, um bei mittleren Geschwindigkeiten mit der einen oder der anderen Fläche je nach spezifischen Aufwindverhältnissen am Hang noch optimieren zu können.

VJX.glide F3F design range.png
Das Kuchendiagramm zeigt die Zeiten-Verteilung von insgesamt 160 Flügen auf 15 internationalen Wettbewerben

Der „Arbeitsbereich“ von VJX.glide soll bei ca. 45s aufwärts beginnen und Zeiten bis über 60s (wobei diese nichts mehr entscheidend sind) abdecken. In einer anderen Darstellung der gleichen Daten wird der Fokus von VJX.glide noch etwas deutlicher

VJX.glide F3F design range 2.png
Häufigkeitsverteilung von Tofo geflogener F3F-Zeiten von insgesamt 160 Flügen auf 15 internationalen Wettbewerben

Im Kern gilt für die Auslegung von VJX.glide das gleiche wie bereits für VJX: Durch „Spezialisierung“ auf einen bestimmten Bereich soll gegenüber einer typischen Allroundauslegung vielleicht noch das ein oder andere Quäntchen an Optimierung erreicht werden.

Eine kleine Anmerkung zu F3F Zeiten für F3F-Neulinge:
Man könnte annehmen, dass eine Auslegung für mittlere bis leichte Bedingungen ein eher „Amigo-ähnliches Fluggerät“ ergeben würde. Weit gefehlt! Im angestrebten Auslegungsbereich wird das Modell zwischen 70 und 90km/h bewegt. Bei diesen Geschwindigkeiten bekommt ein Normalpilot wie ich bereits deutlich erhöhten Puls, insbesondere wenn sich das Ganze noch nah am Hang abspielt…
Unter nicht Wettbewerbsbedingungen würde man VJX.glide als ziemlich flotten, aber auch thermisch starken Hangsegler bezeichnen – sozusagen die Sportvariante, wie sie in dem RCN-Thread
F3B Modell im Still eines F3J Modells diskutiert wurde.


Auslegung Re-Zahlen

Mit einem stark vereinfachten Modell einer F3F-Flugstrecke kann der zurückgelegte Weg in einer F3F-Runde hinreichend genau überschlagen werden. Mit den Rundenzeiten erhält man so eine Abschätzung der geflogenen Geschwindigkeiten.

Für die nachfolgenden, weiteren Berechnung wurden 2 typische Auslegungs-Zeiten gewählt, die auch die Ränder des Auslegungsbereichs markieren.
F3F Speed.png
Ermittlung der Fluggeschwindigkeit. Die krummen Zahlen wurden genommen, um später mit runden Re-Zahlen zu rechnen.

Mit einer Flächentiefe von 230mm an der Tragflächenwurzel ergeben sich aus den Geschwindigkeiten die Auslegungs-Re-Zahlen:

Design Re Numbers.png
Während typische F3F-Profile meist bis über Re 600.000 optimiert werden müssen, haben wir nun das „Privileg“, beim Profildesign auf den schmaleren Bereich 300.000 – 400.000 den Fokus legen zu können.

(dieses „Privileg“ ist aus aerodynamischer Sicht ein zweischneidiges. Kleiner werdende Re-Zahlen bedeuten auch, dass es an der Profiloberfläche zunehmend „blaselt“ und auch dadurch Profilberechnungen kniffliger werden. Doch dazu später mehr …)


Die Türklapp-Technik

Mit zunehmenden Rundenzeiten ändert sich auch der optimale, geflogene Pfad eines Fluges – wobei dieser auch noch stark von den jeweiligen Aufwindverhältnissen abhängig ist.

Bei guten Bedingungen wird häufig ein „dynamischen“ Flugstil bevorzugt, bei dem die Wenden mit „Energy Management“ geflogen werden – höher und weiter gezogen.

Flight path dynamic.png
Die Flugbahn gleicht dabei eher einer 3-dimensionalen Achterbahn. Das Modell befindet sich dabei in einem andauernden Kurvenflug mit den hierzu besonderen Anforderungen bezüglich der Auslegung. An dieser Stelle soll auch auf die F3F-Flugvermessungen hingewiesen werden, die 2023 erneut durchgeführt wurden.

Bei abnehmenden Winden können dynamische Effekte nicht mehr gut oder gar nicht mehr mitgenommen werden. Es geht zunehmend darum, in dem noch verbleibenden schmalen Aufwindband entlang des Hangs möglichst lange zu bleiben.
Flight path with Tuerklapp.png
Die Wenden werden nun sehr eng geflogen, um möglichst schnell wieder in das dünne Band mit noch gutem Auftrieb zu kommen. Für diese engen, harten Wenden wird in der Szene der anschauliche Begriff „Türklapp-Technik“ verwendet.

VJX.glide soll diese Technik bestens beherrschen können. Die Messlatte legen hier Modelle wie Device oder Freestyler 6.

Insbesondere für die Profil-Auslegung bedeutet die Türklapp-Technik, dass die Fläche auch mit SnapFlap genügend hohe Auftriebsreserven besitzen muss, um trotz enger Wenden mit sehr hoher Ca-Belastung die Gefahr eines Stalls / Abstellers zu vermeiden.


Auslegungsziele zusammengefasst

Die Auslegungsziele nochmals in einer kleinen Bewertungstabelle zusammengefasst.

Requirement_profile_de.png
Die vergleichende Einstufung erfolgt zwischen o (=schwach) und ooooo (=top)

Wie bei allen Optimierungen ist es wichtig, sich neben den Auslegungszielen auch die „Nicht-Ziele“ vor Augen zu führen. Also die Bereiche, wo man (gegebenenfalls zähneknirschend) Zugeständnisse machen kann, um in den Primärzielen möglichst weit zu kommen…

Nachdem wir uns nun mit diesen Auslegungszielen Einiges vorgenommen haben, soll es im nächsten Teil an die Designumsetzung hinsichtlich der Profile gehen…

Bis dahin - herzliche Grüße

Jochen
 

Jojo26

User
Dieser Teil der VJX.glide-Beschreibung wird nun das Eldorado der Profil-Aerodynamiker. Da doch einige Aspekte betrachtet werden, ist die Beschreibung von Grundlagen nicht ganz so ausführlich. Ich hoffe aber trotzdem, dass auch "interessierte Aerodynamik-Einsteiger" noch gut folgen können...

Projekt VJX.glide – Teil 2: Profilentwurf


Bestimmung des Auslegungs–Ca

Neben der angesetzten Re-Zahl in den Auslegungspunkten ist der dazugehörige, „prognostizierte“ Auftriebsbeiwert der Tragfläche die weitere zentrale Vorgabe für das weitere Design.

Im ersten Schritt wird die stark vereinfachende (Rand)Bedingung eines stationären Gleitflugs angenommen, was dem Entlangfliegen an der Kante bei der „Türklapp-Technik“ entspricht.

Bei vorgegebener Geschwindigkeit ist der Auftriebsbeiwert nur von der Flächenbelastung abhängig. Für die Ermittlung der Flächenbelastung wurden typische Werte für die Ballastierung (Tofo) bei verschiedenen Geschwindigkeiten zu Grund gelegt.

Wing load.png

Angenommener Flächeninhalt ca. 55dm² (VJX)

Der CA-Wert ergibt sich dann aus der Gleichgewichtsbedingung Auftrieb = Gewicht zu
Ca = FB * g * 2 / (v² * rho):

Design Cl.png

Anmerkung: Der geflogene Ca-Wert steigt zwar proportional zur Flächenbelastung, sinkt aber umgekehrt proportional zum Quadrat der Fluggeschwindigkeit. Dadurch fliegen wir …
  • bei niedrigen Zeiten trotz hoher Ballastierung mit niedrigem Ca
  • bei höheren Zeiten trotz des niedrigen Gewichts mit hohem Ca. Allerdings wächst der Ca-Wert eher langsam an Richtung hohe Zeiten. Aber er wächst …

Auslegungs Ca-Bereich

Insbesondere auch die F3F-Flugvermessungen haben gezeigt, dass der tatsächlich geflogene Ca-Wert alles andere als konstant ist, sondern sich auch bei weitgehend konstanter Geschwindigkeit zwischen den Wenden in einem recht großen Bereich hin und her bewegt – u.a. durch …
  • eine Beschleunigung aus der Überhöhung in einer Wende zurück senkt den Ca-Wert
  • jede Krümmung der Flugbahn erhöht den Ca-Wert („Kurvenbeschleunigung“)
  • Turbulenzen und Böen verändern den Anstellwinkel und damit den Ca-Wert
Die Auslegung darf daher nicht für einen „Betriebspunkt“, sondern muss für einen Bereich um den Auslegungspunkt erfolgen:

Cl Design Range.png

Anmerkung: An dieser Stelle wurde aus praktischen Gründen der Auftriebsbeiwert des Profils ca dem Auftriebsbeiwert der Tragfläche Ca gleichgesetzt. Dies ist nur begrenzt zulässig… (ein eigenes Thema)

Die Häufigkeits- oder „Wichtigkeitsverteilung“ innerhalb des Betriebsbereichs wurde auf Basis der Flugvermessungen über eine Funktion beschrieben. Mit deren Hilfe wurden die Ergebnisse der Profiloptimierung bewertet und auch mit anderen F3F-Profilentwürfen verglichen.

Weighting function.png

Das Vorgehen für die Bewertung der Profilentwürfe soll an dieser Stelle nur angerissen sein.
Eine tiefere Beschreibung würde den Rahmen dieses Beitrags leider „sprengen“.



Anforderungen an das Profil

Aus den bereits beschriebenen Gesamtanforderungen an VJX.glide und den festgelegten Auslegungsbereichen lassen sich nun die Anforderungen an den neuen Profilentwurf formulieren:


Requirements_airfoil_de.png


Nachdem die Anforderungen nun hinreichend formuliert sind, kann nun (endlich) mit der eigentlichen Profilentwicklung begonnen werden. Das Vorgehen dabei war:
  • Alle Profilentwürfe wurden wieder mit Xoptfoil-JX durchgeführt. Es erwies sich diesmal als recht zeitaufwändig, da „Mensch und Maschine“ erst einmal heimisch in diesen neuen Auslegungsbereich mit seinen aerodynamischen Eigenheiten werden mussten
  • Zunächst erfolgte die Entwicklung des Grundprofils, das nahe der Tragflächenwurzel eingesetzt werden soll und für das die bisher beschriebenen Auslegungs-Re-Zahlen gelten.
  • Nachdem das Grundprofil die gewünschten Leistungen zeigte, ging es an die Entwicklung der weiteren Strak-Profile für die Tragfläche mit angepassten Re-Zahl-Bereichen

Erkenntnisse bei der Profilentwicklung für VJX.glide

Um den anschließend beschriebenen Designansatz besser einordnen zu können, sollen zunächst die „Learnings“ während der Profilentwicklung für VJX.glide kurz beschrieben werden:

  • Wichtige, frühe Erkenntnis: Die Fokussierung auf einen schmaleren, niedrigeren Re-Zahl-Bereich erlaubt eine schöne Leistungssteigerung gegenüber Allround-Profilen, die einen deutlich breiteren Re-Zahl-Bereich abdecken und dadurch mehr Kompromisse eingehen müssen.
  • Zunächst wurde der Ansatz verfolgt, mit relativ dünnen Profilen und größerer Wölbung (ca. 1.9%) – also ähnlich F3J-Profilen – die gewünschten Charakteristiken zu erreichen. Zwar sind diese Profile im oberen ca-Bereich sehr leistungsfähig, aber es fehlt ihnen die Breitbandigkeit im unteren ca-Bereich.
  • Es stellte sich heraus, dass es besser ist, ein weniger gewölbte Profil mit Klappeneinsatz zu mehr Auftrieb zu verhelfen, als zu versuchen ein höher verwölbtes Profil mit negativen Klappen schnell zu machen (Problem: laminare Laufstrecke auf der Unterseite)
  • Die Forderung nach einem hohen alpha-max / ca-max kostet ein wenig Leistung im sehr niedrigen ca-Bereich um ca=0 (insbesondere auf Grund der Ausprägung des Nasenbereichs auf der Profil-Unterseite). Dies ist akzeptabel, da „Sturzflug“ bzw. Beschleunigung bei diesem Entwurf nicht die höchste Priorität hat. Beim Profil JX-GS des VJX ist es gerade umgekehrt.
  • Bei kleiner werdenden Re-Zahlen und tendenziell höheren ca-Werten kommt man um Rear-Loading nicht herum, um gute Leistung in mittleren ca-Bereich zu erhalten (Rear-Loading: konkave Wölbung der hinteren Profilunterseite)
  • Und schließlich ist man immer mit Abwägung der gegensätzlichen Anforderungen beschäftigt: Hohe Gleitleistung bei höheren Re-Zahlen vs. Leistung bei niedrigeren Re-Zahlen

Am Rande … Durch die Zusammenarbeit mit Andreas Kirch (competition-tools) im Rahmen des neuen MAMBA-GT bekam ich die freundliche Möglichkeit, auf die MAMBA-Profile von Max Steidle zuzugreifen. Whow! Da hatte Max einen wirklich exzellenten Entwurf für den praktisch gleichen Auslegungsbereich wie VJX.glide hingelegt. Einen Profilentwurf, der sich zudem bereits in der Praxis als sehr leistungsfähig erwiesen hat. Kurz war ich geneigt, einfach Max‘ Profile für den VJX.glide einzusetzen … nachdem ich ihm mit großen Respekt noch einmal zugewunken habe, entschied ich mich aber, seine Profile als wichtigste Referenz zu nehmen und zu schauen, wie weit ich komme …


Neu: JX-GP

Ein schnelles Hangflugprofil für leichte bis mittlere Bedingungen

JX-GP-100 outline.png

  • JX-GP-100 ist das Grundprofil des neuen Profil-Straks. Es kommt nahe der Flächenwurzel zum Einsatz
  • mit 7,5% ist es ein relativ dünnes Profil.
  • eine für diesen Auslegungsbereich erstaunlich geringe Wölbung. Der Einsatz von Klappen ist allerdings notwendig, um das Leistungspotenzial voll zu nutzen.
  • die kleinere Dicken- und Wölbunsrücklage deuten auf den niedrigeren Re-Zahl-Bereich hin
  • leichtes Rear-Loading (konkave Wölbung auf der Profil-Unterseite)

In der cd(cl) – Polare erkennt man schön, wie die Bereiche geringen Profil-Widerstands mit den Auslegungsbereichen „zusammenpassen“. Bemerkenswert für ein Profil dieses Typus ist der maximale Anstellwinkel bzw. der maximale Auftriebsbeiwert.

JX-GP-100 polars vs design range.png


JX-GP im Vergleich zu JX-GS

Wie stellt sich das neu Profil JX-GP im Vergleich zu dem Profil JX-GS des VJX dar?

Zunächst überraschend: Mit 1 Grad Klappen kann das JX-GS fast gleichziehen mit dem neuen JX-GP – das sich aber dann seinerseits mit leichten Klappenausschlag von 0,5 Grad wieder absetzen kann. Die „Schwäche“ von JX-GS bei alpha-, ca-max bleibt allerdings trotz Klappen erhalten.

JX-GP-100 polars vs JX-GS-15.png

Die noch starke Leistung von JX-GS mit Klappen im betrachteten Re-Zahl-Bereich passt sehr gut zum angestrebten Überlapp von VJX und VJX.glide. Zur Erinnerung die Verteilung der F3F-Zeit aus dem 1. Teil …

VJX.glide F3F design range 2 mini.png


Selbst ich komme manchmal mit den 3 Profil-Straks JX-GS, JX-GT und JX-GP durcheinander: „Welcher war nochmal für was?“. Da hilft eine kleine Namens-Eselsbrücke mit Auto-Kürzeln: „GS“ für kompromisslosen Sport, „GP“ – Grand Prix für die längere Strecke und schließlich „GT“ – Grand Turismo als Allzweckrennerle.


Der JX-GP-Strak

Der JX-GP-Strak deckt die optimierte Profilierung der kompletten VJX.glide-Tragfläche ab. Zunächst bestand der Strak aus 4 getrennt optimierten Profilen. Es zeigte sich aber, dass das 2. Profil von der Wurzel herkommend, praktisch identisch einem geometrisch gemischten Profil aus dem 1. und 3. Profil gewesen wäre und damit überflüssig.

(nach meiner bisherigen Erfahrung sind 3 optimierte Profile in den allermeisten Fällen absolut ausreichend, um aerodynamisch hochwertige Tragflächen in unserem Modellbauumfeld zu bekommen. Es lohnt sich eher, mehr Aufwand in diese 3 Profile zu investieren als durch eine vermeintlich höhere Profilzahl eine Tragfläche zu optimieren)

Das 1. und 2. Profil markieren den „Leistungsbereich“ der Tragfläche, in dem vor allem auch über die Profileigenschaften die gewünschten Eigenschaften der Tragflächen zu erreichen. Zur Flächenspitze hin, geht es nur noch ums „Überleben“ in den kleiner werdenden Re-Zahlen ohne den Leistungsbereich zu sehr zu beeinflussen.

JX-GP family in wing.png



JX-GP Family data.png


Die Eigenschaften der 3 Profile:

JX-GP-100: Das Hauptprofil des Straks. Es gibt die grundlegenden Eigenschaften des Straks vor. Die weiteren Profile versuchen diese Eigenschaften hin zu kleineren Re-Zahlen abzubilden.
(An der Wurzel wird noch eine aufgedickte Kunst-Version eingesetzt werden, da die Dicke von 7,5% für Verbinder und Ballastkammern zu gering wird und der Flächenanschluss kompatibel zu VJX sein soll.)

JX-GP-055: Das Profil beendet den „Leistungsbereich“ der Tragfläche. Das Profil kann noch gut die Grundeigenschaften des Hauptprofils bei niedrigen Re-Zahlen abbilden.

JX-GP-033: Das Tip-Profil hat noch 2 Aufgaben: Bei den kleinen Re-Zahlen an der Flächenspitze zu „überleben“ und dabei möglichste hohe Anstellwinkel klaglos mitzumachen. „Glücklicherweise“ ist an der Flächenspitze der effektive Anstellwinkel durch den induzierten Anstellwinkel bei höheren alpha ein gutes Stück reduziert…

Die 3 Profile einmal normiert …

JX-GP Family.png


und einmal maßstäblich in ihren Flächenabschnitten:

JX-GP Family in wing sections.png



JX-GP Strak bei 48s

Polare des Straks bei einer 48er-Zeit, Geschwindigkeit 25m/s, RE-Zahl von 400.000 an der Wurzel bis 130.000 an der Flächenspitze (55mm vor Ende)

JX-GP Family polars 400k.png

  • Die beiden Strak-Haupt-Profile haben trotz der unterschiedlichen Re-Zahlen ihren kleinsten Widerstand bei gleichen Auftriebswerten. (Das Profil an der Flächenspitze muss RE-Zahl bedingt aus dem Rahmen fallen)
  • Alpha- bzw. ca-max bewegt sich durchgängig auf hohem Niveau. Das Außenprofil darf ein wenig abfallen, da der induzierte Anstellwinkel den effektiven Winkel verringert
  • Gleichmäßiger Verlauf der Gleitpolare auf gutem Niveau, das durch Klappeneinsatz weiter gesteigert wird. Die maximale Gleitzahl bei den 3 Profilen ungefähr bei gleichem ca-Wert.

JX-GP Strak bei 63s

Verlauf der Polare des Straks bei einer 63er-Zeit, Geschwindigkeit 18m/s, RE-Zahl von 300.000 an der Wurzel bis 100.000 an der Flächenspitze (55mm vor Ende)

JX-GP Family polars 300k.png


  • Die 3 Strak-Profile halten sich bei den kleineren Re-Zahlen noch wacker. Das Widerstandminimum ist angepasst an den höher liegenden Auslegungsbereich und über die Profile weiterhin konstant. Bei JX-GP-055 stellen sich die ersten Blasen ein…
  • Alpha- bzw. ca-max bleibt auch bei den niedrigeren Re-Zahlen recht stabil entlang des Straks
  • Weiterhin gleichmäßiger Verlauf der Gleitpolare auf gutem Niveau. Die maximale Gleitzahl bei den 3 Profilen ungefähr bei gleichem ca-Wert

Fazit Profildesign

Mit dem JX-GP-Strak wurde eine Profilfamilie entwickelt, die speziell auf den angestrebten Einsatzzweck „F3F bei mittleren bis leichten Bedingungen“ ausgelegt und optimiert wurde.

Auch wenn die Leistungsdaten erfreulich sind, darf man sich keine „Wunder“ verhoffen. Das Niveau der aktuell eingesetzten Profile ist bereits sehr hoch. Der Hauptvorteil dieser Profilentwicklung lag in dem „Privileg“ der Spezialisierung auf eher niedere Re-Zahlen, wodurch noch ein wenig herausgekitzelt werden konnte.

Die Stärke des JX-GP-Straks liegt sicherlich auch in den hohen alpha-, ca-max-Werten, die in Verbindung mit einem entsprechenden Tragflächendesign gewagte Wendemanöver erlauben und so dem Piloten mehr Freiheitsgrade gibt, sich an die spezifischen Hangbedingungen optimal anzupassen.

Der neue JX-GP-Strak ist hier auf Github zu finden und kann von dort heruntergeladen werden.
Eine kurze Anleitung zum Herunterladen von Github:

Download instructions.png


Mit dem neuen Profil-Strak hoffentlich gut gerüstet, kann es nun im nächsten Teil an das Tragflächendesign gehen…

Herzliche Grüße

Jochen
 

Tern

User
Hallo Jochen
zunächst vielen Dank für das Teilen Deiner Überlegungen und die viele Arbeit.
Wird spannend zu sehen sein, wie sich das in der Praxis verhält.
Thorsten wird es rausfinden.
Meine Flieger haben den Auslegungspunkt bei ca. 45 sec.
Ich bin jedoch einen anderen Weg gegangen und habe mich eher auf kleinere Auftriebsbeiwerte fokussiert.
Meine Überlegung: Die höheren werden mit dem richtigen Snapflap "erschlagen".
Mit der GP Reihe braucht es sicherlich weniger Snapflap finetuning. Das ist positiv.

Hoffe das GP 055 wird erst recht spät in Spannweitenrichtung zum Einsatz kommen.
Baulich ist das nicht ohne.
Speziell die Querruder bei dem Querschnitt noch torsionsfest zu bekommen ist herausfordernd.
Musste bei meinem 7% Flügel die Position des Holmstegs und die Servoposition recht weit nach vorne legen.
Zudem die Klappentiefe generell erhöhen und die Anlenkungen Unterputz funktionieren überhaupt nicht mehr.
Auf Rearloading hatte ich auch aufgrund der Baubarkeit nahezu verzichtet.

Viel Erfolg.
Gruss
Markus
 

Jojo26

User
Hallo Markus,
klasse, dass Du (wiedereinmal) Deine Erfahrungen teilst ... 👍

Ja, bei den Profildicken wird es schon langsam eng. Aber ein 10mm Servo müsste grad noch reinpassen. Die Rudertiefen sind bei VJX.glide deutlich erhöht, so dass auch die Steghöhen am Ruder passabel sind.

Der "Die-Klappen-werden's-schon-richten-Ansatz" wurde ja beim VJX extrem verfolgt. Das JX-GP-Profil ist da zwar ein bisschen "konservativer", aber es braucht auch Flap bzw. optimierte SnapFlap-Unterstützung um richtig loszulegen 😉

Viele Grüße
Jochen
 

Jojo26

User
Nachdem es im vorherigen Teil um die Entwicklung des neuen Profil-Straks JX-GP ging, soll nun die Auslegung des Flächengrundrisses von VJX.glide beschrieben werden …

Projekt VJX.glide – Teil 3: Tragflächenentwurf


Anforderungen an den Tragflächenentwurf

Das bei VJX.glide gegenüber VJX geänderte Anforderungsprofil soll durch eine angepasste Tragflächengeometrie weiter unterstützt werden:
  • Erhöhung der Streckung, um die Gleitleistung insbesondere bei hohem Ca zu verbessern (Reduktion des induzierten Widerstands)
  • Beibehalten der gutmütigen Eigenschaften des VJX
  • Schnelles Rollen durch eine verbesserte Querruderwirkung
  • Der Flächenanschluss soll kompatibel zu VJX sein
  • Der Druckpunkt in Flugzeug-Längsrichtung sollte möglichst nahe der bisherigen VJX-Fläche sein, um eine „Umballastierung“ zu minimieren

Vorgehen
  1. Die Spannweite wurde gegenüber der VJX-Fläche um 4cm erhöht. Die Gesamtspannweite mit Rumpf beträgt nun ca. 297cm.
  2. Der Flächengrundriss wurde anschließend mit der neuen App „Planeform Creator 2“ bezüglich der Auftriebsverteilung optimiert.
  3. Es wurde untersucht, wie sich die Verteilung der Klappentiefe in Spannweitenrichtung auf die Rollwendigkeit und Widerstandsverteilung auswirkt.
  4. In Xflr5 wurden die Eigenschaften der neuen Fläche VJX.glide im Vergleich zu VJX verifiziert

Neu: Planform Creator 2

Diese neue App wird in Bälde separat vorgestellt. Daher an dieser Stelle nur ein kurzer Abriss der Funktionalität des Programms.

Der „Planeform Creator 2“ – kurz PC2- dient dazu, paramtergesteuert die Geometrie einer Tragfläche zu definieren. Ausgehend von einer Tiefenverteilung in Spannweitenrichtung, die über eine Bezier-Kurve definiert wird, wird über den Winkel der Scharnierlinie und der (Verteilung der) Klappentiefe eine Tragfläche vollständig definiert.

Aus dem PC2 kann FLZ_vortex direkt mit den neuen Geometriedaten aufgerufen und die Auftriebsverteilung berechnet werden. Es entfällt, die mühselige Arbeit, die einzelnen Flügelsegmente in FLZ an eine geänderte Tiefenverteilung anzupassen.

Für Xflr5 wird eine xml-Datei mit der Tragflächengeometrie erstellt. Der große Zeitvorteil entsteht durch das automatische Erzeugen von Strakprofilen an Stützsegmenten, die zu einer besseren Idealisierung des Flächengrundrisses erzeugt werden sollten:

PC2 usecase.png

Ist man mit dem Ergebnis so weit zufrieden, erzeugt PC2 eine dxf-Datei des Grundrisses inklusive aller relevanten Profile (modifiziert auf die gewünschte Endleistendicke), die dann direkt in ein CAD-Programm zur finalen Bearbeitung geladen werden können.

Im PC2 integriert ist auch ein kleiner Profileditor, mit dem die Standardmodifikation eines Profils, aber auch Normalisieren und Repaneln in hoher Qualität erledigt werden können.

Fortschritt: Wo ich früher häufig nach Zehntel-Millimeter-Modifikation in FLZ oder Xflr5 an den Punkt kam, wo mir ein „Jetzt rutsch mir doch den Buckel“ herausrutschte, ist es mit dem PC2 eher ein spielerisches Herantasten, bei dem eine geänderte Auftriebsverteilung ruckzuck erledigt ist.

Die nachfolgenden Abbildungen der VJX.glide Tragfläche sind alle aus dem PC2 entnommen.


Tiefenverteilung

Ähnlich wie bei VJX wird bei VJX.glide eine eher konservative, überelliptische Tiefenverteilung angesetzt, die zugunsten eines gutmütigen Abrissverhaltens auf das letzte Quäntchen Leistung verzichtet. Im mittleren Spannweitenbereich ist die Fläche ein klein wenig schlanker – nach außen hin hat sie eine fast identische Tiefenverteilung wie VJX.

Normalized chord distribution.png
Normiert man Spannweite und Wurzeltiefe zweier Tragflächen, kann man die Tiefenverteilung der Tragflächen miteinander vergleichen. Als Referenz für die neue Fläche wird die Verteilung von VJX und eine elliptische Tiefenverteilung verwendet.


Scharnierlinie und Flaps

„Mischt“ man nun die festgelegte Tiefenverteilung mit einer Scharnierlinie von 0,7° und dem Verlauf der Klappentiefe ist der Grundriss von VJX.glide vollständig beschrieben:

Planform and flaps.png

Die Ruderline wurde um 0,7° nach vorne gepfeilt, um eine möglichst ähnliche Lage des Druckpunkts wie bei VJX zu bekommen (einfacher Tausch der Tragflächen)

Die t/4-Line verläuft dabei schön senkrecht und gerade von der Wurzel weg (Reduktion der Torsionsbelastung).

Gegenüber VJX wurde die Klappentiefe an der Wurzel und insbesondere an der Flächenspitze deutlich erhöht, um zum einen die Querruderwirkung zu verbessern, zum anderen kommen tiefere Klappen auch der Steghöhe im Ruderkasten zugute.
(Die stärkere Verjüngung der Querruder bei VJX als geometrische Schränkung bei Klappenausschlag, erwies sich in der Praxis als unnötig bzw. als zu vorsichtig)


Wing Sections

(Wie heißt der Begriff eigentlich auf Deutsch? Flächenabschnitte?)
Im letzten Schritt wird mit „wing sections“ die Position der einzelnen Profile festgelegt. Bei einer wing section ohne Profil, wird automatisch ein Strak-Profil generiert, das anteilig aus linken und rechten Nachbar auf Basis der Profiltiefe gemischt wird.

Die Nomenklatur der JX-GP-Profile zeigt ihre Position innerhalb der Fläche an: Beispielsweise kommt JX-GP-055 an die Flächenposition mit 55% Flächentiefe zur Wurzel.

Wing sections.png
Die Positionen der JX-GP-Profile innerhalb der Fläche


Analyse des Flächenentwurfs

Mit dem so definierten Flächenmodell können nun die Analysen in FLZ_vortex und Xflr5 angestoßen werden. Bei beiden Programmen wird die Tragfläche durch aneinander gesetzte Trapezoide idealisiert.

Um die geschwungene Flächenkontour (Tiefenverteilung) möglichst gut abzubilden, werden im PC2 kurzerhand ein paar zusätzliche „wing sections“ angelegt, zwischen denen dann die Panels für die Berechnung generiert werden.

Eine zu spitze Flächenspitze wird für die Analyse automatisch abgeschnitten, da sie in beiden Programmen keine sinnvollen Werte liefert …

Wing panels.png

Durch diese Maßnahmen erhält man dann in den FLZ und Xflr5 einen wunderbar weichen und recht exakten Verlauf der Kennwerte entlang der Tragfläche:

FLZ_vortex.png

Die Analyse in FLZ_Vortex zeigt, dass der mögliche Maximalauftrieb zuerst in Flächenmitte erreicht wird. In Richtung Flächenspitze besitzt die Tragfläche zunehmend „Auftriebsreserven“.

In Xflr5 war es bisher nicht möglich, den Verlauf von lokalem Auftrieb zu Maximalauftrieb darzustellen. Sobald an einer Spannweitenposition der Maximalauftrieb erreicht wird, wird die Berechnung abgebrochen. Daher wurde in Xflr5 eine kleine Erweiterung implementiert, die den lokalen Maximalauftrieb auch grafisch darstellt. Im Unterschied zu FLZ_vortex werden hierzu die errechneten Werte aus der reibungsbehafteten Profilanalyse (xfoil) genommen.

Auch die Berechnung mit Xflr5 zeigt einer harmonischen Verlauf der Auftriebsverteilung und die Auftriebsreserven hin zur Flächenspitze …

Xflr5.png
Der neu implementierte Verlauf des lokalen Maximalauftriebs entlang der Spannweite. Der „Hubbel“ im Verlauf des Maximalauftriebs kurz vor der Flächenspitze ist einem Artefakt im Interpolationsalgorithmus geschuldet.

Zum Vergleich ist in dem Diagramm die Auftriebsverteilung der VJX-Tragfläche eingezeichnet, kurz bevor an einer Stelle der Maximalauftrieb erreicht wird. Gut zu sehen, die beachtliche Steigerung des Maximalauftriebs von VJX.glide …

Leider wird diese Erweiterung von Xflr5 nicht in den Standard einfließen können, da André keine funktionalen Erweiterungen in Xflr5 mehr vornehmen möchte und nur noch Bugs behebt. Auch konnten bei der Erweiterung noch nicht alle „edge cases“ berücksichtigt werden, die sich bei beliebigen Tragflächengeometrien und beispielsweise fehlerhaften xfoil-Berechnungen ergeben können. Meines Wissens arbeitet Frank Ranis gerade an einer FLZ_vortex-Version, die den lokalen Maximalauftrieb des Profils ebenfalls aus einer xfoil-Berechnung ermittelt. Vielleicht kann @Frank Ranis selbst etwas dazu sagen?


VJX.glide vs. VJX

Die errechneten Polare zeigen, dass VJX.glide im vorgesehenen Gewichts- und Geschwindigkeitsbereich überall ein wenig zulegen kann. Die Unterschiede in den Werten fallen erwartungsgemäß (leider) gering aus, da VJX bereits ziemlich optimiert wurde …

Die Hauptunterschiede zwischen beiden Tragflächen sind eher in den allgemeinen Flugeigenschaften zu erwarten.

VJX.glide vs VJX polars.png
T2-Polare konstanten Auftriebs bei ungefähr 50g/dm² Flächenbelastung. Bei ca. 28m/s Geschwindigkeit und einem Sinken von 1,7m/s erfolgt die Übergabe vom VJX.glide zu VJX. Die Gleitpolare über CL=0.4 sind wenig realistisch, da hier dann Klappen zum Einsatz kommen.


Schnelles Rollen

In einem kleinem „Sidetrack“ wurde untersucht, welches die optimale Klappenkombination aus Differenzierung und Mitnahme der Flaps zu den Querrudern ist. Ziel des Querruderausschlags sollte sein:
  • Möglichst hohes Rollmoment für kleine Ausschläge
  • Geringer Widerstandszuwachs (induziert und viskos)
  • Geringes Giermoment verursacht durch unterschiedliche Widerstände links und rechts
  • Möglichst konstanter Gesamtauftrieb während des Ausschlags
Dazu wurden die in FLZ_vortex Varianten mit unterschiedlichen Klappenausschlägen Quer-Wölb gerechnet …

Flap setting FLZ.png


… und die ermittelten Kennwerte in einer Tabelle verglichen:

Flap deflection and moments.png
Gier- und Rollmomentbei unterschiedlichen Ausschlägen von Querruder und Wölbklappe. „+“ bedeutet Ausschlag nach unten.

Die Tabelle ist etwas schwierig zu interpretieren. Ziel sollte ein möglichst hohes Rollmoment,bei geringem Giermoment, Widerstandszuwachs und Auftriebsreduktion sein.

Meine Interpretation: Es gibt nichts – in dem Fall Rollmoment - umsonst. Für mich scheint eine leichte Differenzierung von ca. 20% und eine Abstufung von Quer auf Flap mit ca. 50% ein Optimum zu sein. Übrigens wäre in der Theorie ein Mini- Querruderchen an der Flächenspitze mit einem extremen Ausschlag und Flaps mit einem sehr kleinen gegenläufigen Ausschlag das Optimum….

Im Vergleich zu VJX hat VJX.glide durch die höherer Klappentiefe ein ca. 10% höheres Rollmoment bei gleichem Ausschlag.


Jetzt aber - genug gerechnet!

Mit der kurzen Darstellung der Rollmomente soll die Beschreibung der Auslegungsberechnung des VJX.glide abgeschlossen werden. Ich hoffe, dass auch in dieser verkürzten Darstellung die einzelnen Schritte der Auslegung einigermaßen gut nachvollziehbar waren.

Noch eine Anmerkung: Immer wieder verdrängen muss am Ende die vielen Annahmen und Vereinfachungen, die im Laufe der Auslegung getroffen werden mussten. Zwar suggerieren die Zahlen eine vermeintliche Genauigkeit und damit Richtigkeit der Ergebnisse – aber eine einzelne Annahme anders getroffen kann das Ergebnis gleich einmal um 10% verändern… Zumindest kann man sich bei diesen Gedanken beruhigen, dass man auf dem Weg auf viel Interessantes gestoßen ist und immer wieder etwas dazu gelernt hat … 😉

Am Ende der Auslegung wird der Flächengrundriss als dxf-Datei an das CAD-Programm übergeben, wo dann noch das zeichnerische Feintuning erfolgt:

VJX.glide final planeform.png

Das Erstellen der 3D-Konstruktion der Formen kann nun, wie bereits im „Projekt VJX“ beschrieben mit gekonnter Hand durch „Meister Mario“ erfolgen…

--
In den kommenden Tagen wird eine verkürzte Beschreibung der Auslegung inklusive der relevanten Daten in ein neues Repository auf Github übertragen. Dazu wird es dann eine kurze Info geben.

Herzliche Grüße

Jochen
 
Zuletzt bearbeitet:

mipme_kampfkoloss

Vereinsmitglied
Teammitglied
Leider wird diese Erweiterung von Xflr5 nicht in den Standard einfließen können, da André keine funktionalen Erweiterungen in Xflr5 mehr vornehmen möchte und nur noch Bugs behebt. Auch konnten bei der Erweiterung noch nicht alle „edge cases“ berücksichtigt werden, die sich bei beliebigen Tragflächengeometrien und beispielsweise fehlerhaften xfoil-Berechnungen ergeben können.

Basiert das auf eurem "Mist"? Laut dem letzten change log scheint es André doch implementiert zu haben:

Ist in der letzten Version 6.59.
Bin leider noch nicht zum Testen gekommen, aber vielen dank auf jeden Fall dafür!

Bin auch schon sehr gespannt auf euer Planeform Creator Tool!!!

Ihr bringt da echt tolle Tool heraus, das bringt uns alle weiter. Danke!
 
Hallo Jochen

wie immer....fantastische Arbeit! und dazu alles gratis und öffentlich - fantastisch!
Apropos: (Wie heißt der Begriff eigentlich auf Deutsch? Flächenabschnitte?)...heisst wohl Tragflächenteil oder Tragflächenabschnitt wie du schreibst.

vh Peter
 

vanquish

User
Grüße euch,

Nachdem ich von Jochen die Profil- und Geometriedaten erhalten habe, konnte ich mich ans CAD-Modell für den VJX.glide machen. Die Zeichnerei werde ich hier nicht detailliert beschreiben, da der Prozess im Großen und Ganzen identisch mit dem beim ersten VJX ist. Beim VJX.glide setze ich zwar auf den klassischen Weg mit gefrästen Urmodellen und anschließender Abformung, allerdings hat das -zumindest bei meiner Arbeitsweise- keine großen Auswirkungen in der Vorgehensweise beim CAD und CAM.
Diesen Schritt überspringe ich jetzt also einfach mal schnell und zeige euch direkt einen Screenshot vom zusammengesetzten VJX.glide
006.jpg
und einmal im Vergleich mit dem etwas kleineren VJX aus 2021:
008.jpg

Fräsen der Flächenurmodelle
Wie oben erwähnt werden diesmal Urmodelle, also Positiv gefräste Masterformen, erstellt. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Hier nur ein paar genannt:
- Urmodelle können mehrfach abgeformt werden
- Laminierte Negativformen haben in der Regel sehr schöne Oberflächen und sind standfest
- tempern ist weniger ein Problem als bei massiven Negativformen (Stichwort Wärmeausdehnung; kürzere Aufheiz- und Abkühlphasen)
- Laminierte Negativformen sind i.d.R. leichter
Aber es ist nicht alles Gold was glänzt. Der Arbeitsaufwand vom Fräsen zur fertigen Form ist hier deutlich höher. Wie gefräste Negative müssen auch Urmodelle nach dem Fräsen erst geschliffen und poliert werden. Der Schleifaufwand ist bei Positiven erfahrungsgemäß zwar etwas geringer, aber hier folgt dann erst die Abformerei.
Zu Beginn stellt sich die Frage, welches Material soll für die Urmodelle verwendet werden. Auch hier möchte ich auf meine Ausführungen im VJX-Thread verweisen, denn sie sind -zumindest für mich- nach wie vor gültig: Materialwahl
Nach reiflicher Überlegung, habe ich mich für gegossenes AW-5083, also Aluminium entschieden. Da wir hier Urmodelle haben, müssen diese nicht regelmäßig weitergehoben werden. Das Gewicht ist also vertretbar. Besonders wichtig ist mir die verringerte Gefahr von Verzug der Urmodelle. Auch gegossenes Alu kann sich nach dem Fräsen verziehen, das ist aber deutlich seltener und wenn nur im geringen Maße der Fall. Ein Stahlrahmen oder ein anderer stabilisierender Hinterbau fällt hier weg.
Bleibt noch der Fräs- und Schleifaufwand. Nunja, beim Fräsen erledigt die CNC-Maschine die meiste Arbeit. Allerdings dauert so ein Fräsjob auf meiner Maschine etwa doppelt so lange, wie bei Plexiglasformen. Einfach deshalb, weil ich beim Schruppen deutlich weniger Material abtragen kann, als bei anderen Materialien. Limitierender Faktor ist hier meine 2.2kW 80mm-Chinaspindel, die nicht wirklich auch Alu-Bearbeitung ausgelegt ist.
So, für die Unterseiten genügt eine 20mm dicke Platte, bei der Oberseite muss es mehr -32mm war verfügbar- sein. Insgesamt wurden mir ziemlich genau 200kg Rohmaterial für die Fächenurmodelle geliefert:
010.jpg

CAM
Die Erstellung des CAM, also des G-Codes für die Fräse, läuft auch hier wieder identisch ab wie beim Ur-VJX. Ich verwende bei Alu dieselbe Frässtrategie, allerdings mit an Alu angepasste Fräsparameter.
Zuerst wurde bei allen Platten die Rückseite plangefräst
011.jpg
Geschruppt habe ich zuerst mit einem 8mm Zweischneider Schruppfräser, also ein gezahnter Fräser. Das hat wunderbar funktioniert, bis ein Programmierfehler meinerseits sein jähes Ende eingeläutet hat. Danach gings mit einem normalen 8er 2-Zahn von M-Tools weiter. Zustellung waren 2mm bei 6mm Tiefenzustellung mit einer Schnittgeschwindigkeit Vc=450mm/min und 0.8mm Aufmaß.
012.jpg 014.jpg 015.jpg 016.jpg
017.jpg

Geschlichtet wurde mit einem 4mm Torusfräser mit 0.4mm Eckradius ebenfalls von M-Tools. Zustellung 0.15mm, ebenfalls wieder Vc=450mm/min.
018.jpg 013.jpg019.jpg

Mit dem Fräsergebnis an sich war/bin ich sehr zufrieden. Für die gleichmäßige Lärmbelästigung über viele Tage und Nächte hinweg haben mich die Nachbarn jedoch wohl verflucht...

Liebe Grüße,
Mario
 

Kamyczek_F3F

User aktuell gesperrt
Grüße euch,

Nachdem ich von Jochen die Profil- und Geometriedaten erhalten habe, konnte ich mich ans CAD-Modell für den VJX.glide machen. Die Zeichnerei werde ich hier nicht detailliert beschreiben, da der Prozess im Großen und Ganzen identisch mit dem beim ersten VJX ist. Beim VJX.glide setze ich zwar auf den klassischen Weg mit gefrästen Urmodellen und anschließender Abformung, allerdings hat das -zumindest bei meiner Arbeitsweise- keine großen Auswirkungen in der Vorgehensweise beim CAD und CAM.
Diesen Schritt überspringe ich jetzt also einfach mal schnell und zeige euch direkt einen Screenshot vom zusammengesetzten VJX.glide
Anhang anzeigen 12588716
und einmal im Vergleich mit dem etwas kleineren VJX aus 2021:
Anhang anzeigen 12588717

Fräsen der Flächenurmodelle
Wie oben erwähnt werden diesmal Urmodelle, also Positiv gefräste Masterformen, erstellt. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Hier nur ein paar genannt:
- Urmodelle können mehrfach abgeformt werden
- Laminierte Negativformen haben in der Regel sehr schöne Oberflächen und sind standfest
- tempern ist weniger ein Problem als bei massiven Negativformen (Stichwort Wärmeausdehnung; kürzere Aufheiz- und Abkühlphasen)
- Laminierte Negativformen sind i.d.R. leichter
Aber es ist nicht alles Gold was glänzt. Der Arbeitsaufwand vom Fräsen zur fertigen Form ist hier deutlich höher. Wie gefräste Negative müssen auch Urmodelle nach dem Fräsen erst geschliffen und poliert werden. Der Schleifaufwand ist bei Positiven erfahrungsgemäß zwar etwas geringer, aber hier folgt dann erst die Abformerei.
Zu Beginn stellt sich die Frage, welches Material soll für die Urmodelle verwendet werden. Auch hier möchte ich auf meine Ausführungen im VJX-Thread verweisen, denn sie sind -zumindest für mich- nach wie vor gültig: Materialwahl
Nach reiflicher Überlegung, habe ich mich für gegossenes AW-5083, also Aluminium entschieden. Da wir hier Urmodelle haben, müssen diese nicht regelmäßig weitergehoben werden. Das Gewicht ist also vertretbar. Besonders wichtig ist mir die verringerte Gefahr von Verzug der Urmodelle. Auch gegossenes Alu kann sich nach dem Fräsen verziehen, das ist aber deutlich seltener und wenn nur im geringen Maße der Fall. Ein Stahlrahmen oder ein anderer stabilisierender Hinterbau fällt hier weg.
Bleibt noch der Fräs- und Schleifaufwand. Nunja, beim Fräsen erledigt die CNC-Maschine die meiste Arbeit. Allerdings dauert so ein Fräsjob auf meiner Maschine etwa doppelt so lange, wie bei Plexiglasformen. Einfach deshalb, weil ich beim Schruppen deutlich weniger Material abtragen kann, als bei anderen Materialien. Limitierender Faktor ist hier meine 2.2kW 80mm-Chinaspindel, die nicht wirklich auch Alu-Bearbeitung ausgelegt ist.
So, für die Unterseiten genügt eine 20mm dicke Platte, bei der Oberseite muss es mehr -32mm war verfügbar- sein. Insgesamt wurden mir ziemlich genau 200kg Rohmaterial für die Fächenurmodelle geliefert:
Anhang anzeigen 12588746

CAM
Die Erstellung des CAM, also des G-Codes für die Fräse, läuft auch hier wieder identisch ab wie beim Ur-VJX. Ich verwende bei Alu dieselbe Frässtrategie, allerdings mit an Alu angepasste Fräsparameter.
Zuerst wurde bei allen Platten die Rückseite plangefräst
Anhang anzeigen 12588759
Geschruppt habe ich zuerst mit einem 8mm Zweischneider Schruppfräser, also ein gezahnter Fräser. Das hat wunderbar funktioniert, bis ein Programmierfehler meinerseits sein jähes Ende eingeläutet hat. Danach gings mit einem normalen 8er 2-Zahn von M-Tools weiter. Zustellung waren 2mm bei 6mm Tiefenzustellung mit einer Schnittgeschwindigkeit Vc=450mm/min und 0.8mm Aufmaß.
Anhang anzeigen 12588760 Anhang anzeigen 12588762 Anhang anzeigen 12588764 Anhang anzeigen 12588765
Anhang anzeigen 12588766

Geschlichtet wurde mit einem 4mm Torusfräser mit 0.4mm Eckradius ebenfalls von M-Tools. Zustellung 0.15mm, ebenfalls wieder Vc=450mm/min.
Anhang anzeigen 12588770 Anhang anzeigen 12588761Anhang anzeigen 12588771

Mit dem Fräsergebnis an sich war/bin ich sehr zufrieden. Für die gleichmäßige Lärmbelästigung über viele Tage und Nächte hinweg haben mich die Nachbarn jedoch wohl verflucht...

Liebe Grüße,
Mario
Es sieht erstaunlich aus. Wenn jedoch ein Positiv aus Aluminium und eine Form aus einem Verbundwerkstoff hergestellt werden, ist es wahrscheinlich unmöglich, die derzeit bei F3K und F5K verwendete Full-Core-Flügelmethode zu verwenden. Glauben Sie nicht, dass diese Methode eine neue Alternative zu F3F-Modellen sein kann? . Sie könnten auch zuerst die Oberseiten der Flügel aus Aluminium herstellen, diese dann umtauschen und die Unterseiten der Flügel auf denselben Blöcken fräsen. Es würde das Material schonen. Darüber hinaus können Aluminiumformen im Falle von Modifikationen und Reparaturen durch Fräsen erneuert oder verändert werden, Laminatformen jedoch nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
@ vanquish: Vielen dank für die Dokumentation soweit👍👍👍. Beeindruckend was da an Zeit und Engagement in so eine Neuentwicklung/Weiterentwicklung reinfließt!
@Kamyczek_F3F
Warum sollte eine Verwendung einer „Fullcore" Bauweise nicht mehr möglich sein? Bis jetzt ist das Projekt noch im Versuchs-Stadium.. meiner Meinung nach😉. Für einen gefrästen Kern könnten die Fräsdaten bestimmt angepasst werden; und für die ersten fünf-acht-zehn-… Modelle sollten die Composit-Formen ausreichen.
Und ob es eine „Full-Core"-Bauweise oder eine konventioneller Schalenflügel wird ist Herrn Perner überlassen
Wenn‘s dann doch mal Richtung kommerzieller Verwendung geht kann man immer noch Metall-Formen erstellen! Und Herrn Perners vorher gehende Modelle ( Thor & Vantage ) haben ja durchaus funktioniert. Ich würde sagen… einfach zurücklehnen, zuschauen und genießen ….;und Herrn Perner und Sein Team machen lassen.
Von mir soweit vielen, vielen Dank für die Einblicke soweit.

Jörg Baumann
 

LacoV

User
Es sieht erstaunlich aus. Wenn jedoch ein Positiv aus Aluminium und eine Form aus einem Verbundwerkstoff hergestellt werden, ist es wahrscheinlich unmöglich, die derzeit bei F3K und F5K verwendete Full-Core-Flügelmethode zu verwenden. Glauben Sie nicht, dass diese Methode eine neue Alternative zu F3F-Modellen sein kann? . Sie könnten auch zuerst die Oberseiten der Flügel aus Aluminium herstellen, diese dann umtauschen und die Unterseiten der Flügel auf denselben Blöcken fräsen. Es würde das Material schonen. Darüber hinaus können Aluminiumformen im Falle von Modifikationen und Reparaturen durch Fräsen erneuert oder verändert werden, Laminatformen jedoch nicht.
Kamil, du weißt nicht, wovon du redest. Du verstehest nicht, wie sich Aluminiumformen und Epoxidharzformen verhalten, wie sie repariert werden können, wie viel Zeit und Geld das kostet, denn Zeit ist Geld.
 

Kamyczek_F3F

User aktuell gesperrt
Kamil, du weißt nicht, wovon du redest. Du verstehest nicht, wie sich Aluminiumformen und Epoxidharzformen verhalten, wie sie repariert werden können, wie viel Zeit und Geld das kostet, denn Zeit ist Geld.
Ich denke nur, dass Aluminium für eine fertige Negativform sinnvoll war, und zwar nur im Fall der Herstellung von Flügeln mit vollem Kern („Solidcore“). Für die Positivschablone hätte ohne Qualitätsverlust deutlich günstigeres Material verwendet werden können.
 

LacoV

User
Ich denke nur, dass Aluminium für eine fertige Negativform sinnvoll war, und zwar nur im Fall der Herstellung von Flügeln mit vollem Kern („Solidcore“). Für die Positivschablone hätte ohne Qualitätsverlust deutlich günstigeres Material verwendet werden können.
Wenn du jemals 30 Modelle aus einer Form herstellst, dann beteiligst du sich hier an der Debatte.
 

Kamyczek_F3F

User aktuell gesperrt
Wenn du jemals 30 Modelle aus einer Form herstellst, dann beteiligst du sich hier an der Debatte.
Wenn Sie anders denken, können Sie vielleicht schreiben, warum ich falsch liege. Es soll ein konstruktiver Meinungsaustausch sein und kein Angriff auf jemanden, der eine andere Meinung hat. Was Sie geschrieben haben, beweist Ihre Unwissenheit und Ihren Mangel an Kultur.
 

UweH

User
Ich denke nur, dass Aluminium für eine fertige Negativform sinnvoll war, und zwar nur im Fall der Herstellung von Flügeln mit vollem Kern („Solidcore“). Für die Positivschablone hätte ohne Qualitätsverlust deutlich günstigeres Material verwendet werden können.

Mario hat geschrieben warum er Aluminium für die Urmodelle verwendet, er möchte Verzug nach dem Fräsen minimieren. Wer schon mal Formen aus Plexiglas- oder PU-Urmodellen gebaut hat weiß wie leicht es bei diesen Materialien selbst bei üppigen Materialstärken zu Verzug kommen kann, und wie viel Aufwand ein dauerhaft auf Zehntel Millimeter genau verzugsfreier Hinterbau bedeutet.
Für mich ist die Materialwahl ausreichend begründet.
Daneben würde ich mir nicht anmaßen den finanziellen Aufwand den jemand für sein Hobby betreibt um das Arbeitsergebnis zu optimieren zu kritisieren, das muss jeder der so was tut für sich selbst entscheiden.

Gruß,

Uwe.
 

Kamyczek_F3F

User aktuell gesperrt
Der Wärmeausdehnungskoeffizient von Aluminium beträgt 23 * 10-6 mm/°C, was mehr oder weniger bedeutet, dass die Dicke der Platte um 0,023 mm größer ist, wenn die Temperatur im Raum oder die Formtemperatur um 5 Grad höher ist. unter der Annahme, dass sie 200 mm beträgt, und ihre Länge, unter der Annahme, dass sie 1,5 m beträgt, ändert sich um 0,161 mm.
und wir sprechen von einem Unterschied von 5°C
Ich werde nicht erwähnen, wie sich diese Temperatur während der Bearbeitung ändert, wenn die Form sicherlich viel heißer als 5 Grad ist.
Auf welche Temperatur sich ein solches Material bei der Bearbeitung erwärmt, möchte ich nicht erraten, aber es sind sicherlich keine 5 Grad, sondern viel mehr, und jeder, der schon einmal in seinem Leben Aluminium oder andere Materialien bearbeitet hat, vor allem ohne Kühlung und auf einem Tisch, weiß das. Das leitet diese Wärme nicht ab.
Darüber hinaus kann bei einem solchen Maschinendesign eine Genauigkeit im Mikrometerbereich als nicht realisierbar angesehen werden. Ich sage nicht, dass Aluminium schlecht ist, aber aufgrund dieses Parameters würde ich einen Verbundwerkstoff in Form eines fertigen Blocks wählen und eine fertige Negativform fräsen, da jeder weitere Arbeitsgang zusätzliche Ungenauigkeiten mit sich bringt. Und hier können wir diese Diskussion über die Überlegenheit von Aluminium gegenüber anderen Materialien wahrscheinlich beenden ...
 

LacoV

User
Wenn Sie anders denken, können Sie vielleicht schreiben, warum ich falsch liege. Es soll ein konstruktiver Meinungsaustausch sein und kein Angriff auf jemanden, der eine andere Meinung hat. Was Sie geschrieben haben, beweist Ihre Unwissenheit und Ihren Mangel an Kultur.
Mit Mario kann ich eine konstruktive Debatte führen, nicht mit dir. Mario weiß, du hast keine Ahnung. Du kennst das Thema nur aus dem Forum, wo Leute mit so viel Wissen wie du darüber diskutieren. Ich bin mit diesem Thema fertig.
Laco
 
nicht mit dir. Mario weiß, du hast keine Ahnung.

Nana, konzentieren wir uns wieder aufs Thema? Wer wird denn noch, so kurz vor Weihnachten, diesen schönen informativen Thread mit persönlichen Anfeindungen zumüllen? ^^

Mario - weiter so im Programm. ;)

LG Markus
 

vanquish

User
Grüß euch,

Ich versuche mal, meine Standpunkte zu genannten Themen zu erläutern:

- Fullcore Bauweise
Das ist eine ziemlich leiwande Baumethode, vor allem dann, wenn man sehr leichte Bauteile bekommen will. In Thermikklassen wie F3k/F5k oder F3j/F5j hat sich diese Bauweise -meines Wissens nach- durchgesetzt und macht dort auch Sinn. Die Kombination von den mittlerweile verfügbaren sehr leichten CFK-Gelegen mit dem Kern sorgt für gute Torsionssteifigkeit bei eben sehr geringem Gewicht. Derart gebaute Flügel haben aber auch Nachteile, wie etwa eine sehr empfindliche Oberfläche. Das ist in den genannten Klassen weniger problematisch. In der Regel hat man dort schöne gemähte Landewiesen zur Verfügung. Da steht selten wo ein Grashalm heraus, der ein Loch in die dünne Außenlage sticht oder ein kleiner Erdhügel, der Druckstellen hinterlässt.
Für die Fullcore-Bauweise braucht es einen Kern aus (ausgewähltem) Rohacell oder etwas vergleichbarem. Dieser Kern muss gefräst werden, wofür man eine CNC-Fräse und entsprechende Werkzeuge (zB einfaches Negativ mit Vakuumabsaugung) benötigt. Ist auch ein nicht ganz zu unterschätzender Aufwand. Irgendwo im F3k-Forum hier wurde das mal ausführlich gezeigt, ich finde den Thread nur gerade nicht an...
Ich persönlich werde bei einem F3f/b-Flügel keine Fullcore-Bauweise anwenden, weil der größte Vorteil -nämlich die deutliche Gewichtsersparnis in Kombination mit sehr dünnen Außenlagen- hier nicht zum Schlagen kommt. Für eine gute Alltagstauglichkeit brauchts außen einfach entsprechend viel CFK, was den Gewichtsvorteil wieder etwas relativiert. Der Aufwand den Kern zu fräsen und dann alles passend einzubauen ist mir persönlich auch zu hoch. Ein F3f-Modell mit 1.8-2.0kg Abfluggewicht ist auch in Sandwichbauweise möglich (zwar nicht von mir, aber es gibt Leute, die das können), weniger macht hier nicht wirklich Sinn.
Ich persönlich glaube also nicht daran, dass Fullcore im F3f eine vernünftige Alternative sein kann. Einzige Ausnahme sind die Leitwerke! Hier macht auch im F3f die Fullcore-Bauweise Sinn, da sie hier alle Vorteile ausspielen kann.
IMHO gibt es aber ein F3f-Modell (entsprechende private Projekte sind mir keine bekannt), welches vollständig in Fullcore gebaut wird: COSMOS von Matthieu Barrabes

Grundsätzlich braucht es keine Alu-Negativformen für die Fullcore-Bauweise. Das funktioniert genauso auch mit laminierten Negativformen.

- Negativform vs. Positivform mit anschließender Abformung
Hm, ich bin nicht sicher, was ich hier nun genau Antworten soll... Es ist eine Grundsatzentscheidung, die jeder für sich für Start eines solchen Projektes treffen muss. Seit meinem ersten eigenständigen Projekt 2012 stand ich öfter vor dieser Entscheidung. Beim Ur-VJX haben wir uns für gefräste Negativformen entschieden. Die Begründung damals lautete schlicht und ergreifend: aus gefrästen Negativen hat man schneller ein Bauteil
Das gilt grundsätzlich auch heute noch. Warum fiel also diesmal die Wahl auf Urmodelle mit Abformung. Hier wiederhole ich mich jetzt und führe vielleicht etwas weiter aus:
- Urmodelle können mehrfach abgeformt werden: Ich möchte entweder die Urmodelle an Interessierte verleihen oder selbst Formen bauen und diese dann verkaufen. So könnte ein Teil der Projektkosten wieder hereingeholt werden. Im Falle einer Serienproduktion (die hier wohl kommen wird) kann ggf. schnell eine weitere Form laminiert werden bzw. eine defekte Form schnell ausgetauscht werden ohne wieder den gesamten Fräs- und Schleifprozess zu durchlaufen.

- Laminierte Negativformen haben in der Regel sehr schöne Oberflächen und sind standfest: OK, das ist vielleicht etwas zu pauschal formuliert und kann auch -je nach Materialwahl- für gefräste Negative gelten

- tempern ist weniger ein Problem als bei massiven Negativformen (Stichwort Wärmeausdehnung; kürzere Aufheiz- und Abkühlphasen): Tempern ist ein eigenes Kapitel für sich und man müsste wohl die einzelnen Materialien etwas differenzierter betrachten. Aus der Erfahrung heraus -und auch in Rücksprache mit verschiedenen professionellen Herstellern- eignen sich massive gefräste Negative zum tempern nur bedingt, da die Aufheiz- und Abkühlphasen länger dauern als bei laminierten Formen. Ja, es gibt bei den Profis auch viele Alu-Negative in der Serienfertigung (Sensor, Riddick, Toy, Pike Paradigm sind mir bekannt). Das sind aber alles kleinere Formen. Eine F3f/b-Form mit einteiligem Flügel ist schon deutlich größer. Wärmeausdehnung ist bei Ureol und Plexi ein Problem; bei Aluminium weniger.

- Laminierte Negativformen sind i.d.R. leichter: die gefrästen Urmodelle sind schwer. Von rund 200kg Alu-Rohmaterial blieben am Ende so etwa 150-160kg übrig. Als Negativform wärs vermutlich etwas mehr. Auch dichtes Ureol hat einiges an Gewicht, zumal man entweder dickere Blöcke nehmen muss und/oder mit einem Stahlrahmen als Hinterbau stabilisieren muss. Beim THOR war das damals so gelöst und die Urmodelle waren unpackbar schwer. Deutlich schwerer als hier beim VJX.glide. Das waren zwar auch Urmodelle, wäre bei Negativen aber nichts anderes. Plexiglas ist leichter. Die VJX-Negative habe ich zwar nie abgewogen, aber ich kann die zusammengeschraubt tragen. Bei Plexiglas kommt aber das Thema Verzug dazu, welches ich weiter unten noch aufgreifen werde. Auch bei laminierten Formen gibt es verschiedene Bauweisen mit Gewichtsunterschieden. Bei meiner Bauweise sind die Negativformen aber gefühlt leichter als die Plexiglas-Negative vom VJX ohne die Nachteile dieses Materials zu haben. Mehr dazu aber später beim Formenbau.

Natürlich kann man bei Positiven Material sparen und diese entsprechend überfräsen. Das macht im Sinne der Nachhaltigkeit und Kostenersparnis sicherlich Sinn. Ich selbst haben auch schon mehrmals Urmodelle überfräst. Ist in diesem Fall aber weder notwendig noch gewollt, da eine Nachnutzung der Urmodelle angedacht ist.

- Aluminium als Material
Ich habe seinerzeit im VJX-Thread versucht, verschiedene potentielle Materialien für Positiv/Negativformen aufzulisten und deren Vor- und Nachteile zu beschreiben. Dieser Beitrag von damals ist sicherlich subjektiv und nicht vollständig, hat für mich aber noch immer Gültigkeit. Zu den Kosten des Rohmaterials sei zu sagen, dass man sich das im Detail tagesaktuell ansehen muss. Im Großen und Ganzen zählt Alu eher zu den günstigeren Materialien, weil man dünnere Platten kaufen kann und passende Zuschnitte bekommt. Bei Ureol gibt es zwar auch Volumengüsse, meist sind es aber Standardblöcke...
Die Wahl auf Aluminium habe ich letzten Endes aus folgenden zwei Gründen getroffen:
a) Aluminiumformen sind i.d.R. Verzugsfrei bzw. wenig Anfällig auf Verzug. Bei allen anderen mir bekannten Materialien braucht es entweder einen Hinterbau (z.B: in Form eines Stahlrohrrahmens, was Gewicht bedeutet) oder aber man spannt das Urmodell während der Abformung auf eine plane Ebene (z.B: Frästisch) auf.
b) Alupositive sind leichter und brauchen weniger Platz als Ureol-Positive mit Hinterbau. Da ich mit dem Gedanken spiele, die Urmodelle zu verleihen sollten diese möglichst widerstandsfähig (leichtes Ureol fällt also aus) und verzugsarm sein. Vom Verleih der THOR-Urmodelle habe ich gelernt, dass auch bei Speditionsversand Gewicht eine Rolle spielt und ein Transport im Auto benötigt bei Alu auch weniger Platz und ist etwas einfacher.

- Zerspanen von Alu
Ich kann nicht sagen, um wieviel sich das Alu beim zerspanen erwärmt. Gefühlt gar nicht... Ich verwende eine Minimalmengenschmierung mit Kühl-/Schmiermittel von Jokisch. Ohne es gemessen zu haben, behaupte ich, erwärmt sich das Rohmaterial nur marginal. Die HF-Spindel und der Fräser selbst haben da sicherlich einen höheren Temperaturanstieg zu verzeichnen. Das ist jetzt aber grundsätzlich unabhängig vom zu zerspanenden Material. Über die absolute Genauigkeit unserer Hobby-Portalfräsen ist für unseren Einsatz hoch genug. Aber man darf hier natürlich keine Wunderwerte erwarten. Wenn ich beim exklusiven CNC-Fertiger in Deutschland mit großen Bearbeitungszentren bestelle, habe ich eine Standardtoleranz von 0.1mm. Eine Maßabweichung von 0.05mm muss extra angeführt werden und kostet auch gleich mehr. Ich lese öfter in Hobbyforen von absoluten(!) Genauigkeiten der Eigenbauportalfräse im tausendstel Bereich... das sind dann Leute mit sehr viel Ahnung (Vorsicht: Ironie).
Viel wichtiger als die absolute Genauigkeit (Positioniergenauigkeit) ist die Wiederholgenauigkeit einer Maschine und da kann man auch im Hobbybereich ganz passable Werte erreichen. Überspitzt formuliert ist es mir wurscht, ob meine Tragfläche 1501mm oder 1509mm lang ist, solange nur beide Seiten gleich lang sind :)
Für Interessierte gibt es hier eine kurze Erläuterung zu dem Thema: www.einfach-cnc.de

Das schöne an unserem Hobby ist, das sämtliche Informationen wie von Null weg zu einem fertigen Modell kommt, öffentlich verfügbar sind. Im Grunde findet man alleine hier auf RC-Network alles, um sofort loslegen zu können. Es gibt zahlreiche Varianten wie man an sein Ziel kommt und aus eigener Erfahrung weiß ich, dass sehr viele davon -wahrscheinlich die meisten- grundsätzlich funktionieren. Am Ende obliegt es jedem selbst, die jeweiligen Vor- und Nachteile abzuwägen und sich für etwas zu entscheiden.

Liebe Grüße,
Mario
 
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