Hallo Otto,
bischen viel auf einmal was Du da wissen willst.
Wenn ich Dich richtig verstanden habe fliegst Du Pylonrennen, auch auf Wettbewerben im "Osten" und wunderst Dich, dass da keine Teilnehmer, sondern nur Zuschauer her kommen, wo die im Osten doch früher, zumindestens was die Fachliteratur betrifft viel besser informiert waren als die im Westen und deswegen eigentlich auch, aufbauend auf dem früher zur Verfügung stehenden Wissen, heute konkurenzfähige Mitbewerber um den Pokal sein müssten?
Hab ich Dich da richtig verstanden?
Wenn ja, kann ich aus der besonderen Sicht des seit der Wende im "Osten" lebenden Modellsportler etwas dazu sagen.
Sicher wird das was ich berichten kann lückenhaft und speziell von meiner Situation geprägt sein.
Die Modellsportler in der DDR waren meines Wissens im Rahmen der GST organisiert.(Gesellschaft für Technik und Jugend)Wenn man überhaupt von einer Organisation des Modellsports, wie wir sie durch die Vereine und Verbände kennen, sprechen kann.
Diese Gesellschaft (GST) hatte einen klaren politischen Auftrag. So wurden die nötigen Mittel auch von den politischen Gremien zur Verfügung gestellt.
Ziel dieser Veranstaltung war es, die Jugend so früh wie möglich an die Faszination der Technik heran zu führen und so kreatives Handeln und Denken im Sinne des sozialistischen Fortschritts in Bezug auf die technischen Aufgabenstellungen im Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft zu fördern.
Hierzu wurden keine Mittel gescheut um von der Kreisebene an das nächsthöhere Sekreteriat Erfolgsmeldungen machen zu können.
So wurde es mir auf jeden Fall berichtet.
In diesem Zusammenhang gab es wie überall Genossen, die hohe Ziele und Anerkennung im Sinne der Aufgabenstellung anstrebten. Diese wurden auch sehr gefördert, zumal zur Erlangung der gestellten Aufgabe auch andere Kräfte der Gesellschaft angehalten waren ihren Beitrag zu leisten. Z.B. Volksarmee, Technische Forschungseinrichtungen u.s.w.
Und es gab andere, wie überall in der ehemaligen DDR, die einfach nur ihren Interessen nachgehen wollten und die von der Politischen Führung zur Verfügung gestellten Mittel und Räume nutzten, da es keine anderen Mittel gab, um .. na, eben ihr Hobby aus zu üben.
Dazu kahm noch, dass man in vieler Weise zum Westen schielte, in dem jeder ja alles kaufen konnte, was man in der ehemaligen DDR nur unter bestimmten Bedingungen bekahm. Das heist die Bedingung um z. Beispiel an Balsaholz heran zu kommen war eben im wesentlichen die, dass man Mitglied in der GST war und sich dort auch konfrontiert sah mit den Genossen, die vehement den sozialistischen Fortschritt voran bringen wollten.
Im Westen hatte man all die schönen Dinge wie Fernsteuerung u.s.w. ohne den Sozialismus voran bringen zu müssen.
Ich selbst habe nun einige Jahre Nachwende-Modellsport in den neuen Bundesländern auf dem Buckel und habe sehr viele sehr nette Modellbaufreunde kennen und schätzen gelernt, die froh sind nichts mehr von einem Verein oder irgend welchen Organisiertem Zeug in Verbindung mit ihrem Hobby zu tun zu haben, sondern einfach irgendwo sich das kaufen können, was sie zur Ausübung ihres Hobbys brauchen und sich gerne zwanglos mit anderen Modellbauern-und-Fliegern treffen, wie man sich sonst auch mit Freunden trift und sich untereinander austauscht und hilft.
Zu dem habe ich einige Jahre Mitglidschaft in einem aus solch einer GST hervorgegangenem Verein auf dem Buckel. Bin da immer noch Mitglied, obwohl ich inzwischen wo anders wohne und schon einige Zeit am Vereinsleben nicht mehr teilnehme.
In diesem Verein konte ich etwas beobachten was nicht unbedingt für alle Vereine gelten muss, was aber doch etwas so der Geschichte geschuldetes war, dass ich einige Zeit brauchte bis ich dahinter kahm.
Wir hatten (inzwischen ist er es nicht mehr,) einen sehr rührigen Vorsitzenden, der in Zusammenarbeit mit früheren Bekannten, die dann im Sportbund und in der Stadtverwaltung saßen, dem Verein jedes Jahr eine nicht unbeträchtliche Summe an Fördermitteln zuführte.
Diese Fördermittel kamen zum großen Teil den Mitgliedern dadurch zu Gute, dass der Vorstand mit diesen Mitteln Preise, die die einzelnen Mitglieder auf "Wettbewerben" erringen konnten in dem Fachgeschäft des Vorstandes einkaufte. Ich dachte damals noch, mann soll ja auch die kleinen Fachgeschäfte vor Ort unterstützen und fand das Anfänglich auch ganz gut.
Bis ich merkte, dass das nichts Anderes war als der Versuch die Verhältnisse der früheren GST fortzu schreiben, nämlich die "Versorgung mit Mitteln derjeniger die für mich sind". Ich hatte mich immer gewundert warum die meisten Mitglieder es gar nicht so gerne sahen, wenn ich Möglichkeiten angesprochen hatte, wie man bei den Wettbewerben noch andere teilnehmer, auch aus anderen Vereinen gewinnen könnte.
Auch war der Vorsitzende garnicht begeistert, als einige Jüngere Mitglieder mit mir gemeinsam an Wettbewerben im Westen teil nahmen. Das wurde aber von den Anderen Mitglidern lobenswert gehalten, schließlich trug man ja die eigene Fahne ins Land hinein.
Krittisch wurde es, als wir in der speziellen Wttbewerbsart dann zum ersten mal einen Wettbewerb auf eigenem Teraing veranstalteten. Der Vorstand gewährte keine Vereinsmittel dafür. Es bestand die Angst, Andere könnten von den mühsam zusammengebrachten Fördermitteln proffitieren.
Dieses Verhalten führte dazu, dass es den einzelnen Mitgliedern in Bezug auf ihre Materialbeschaffung zwar ganz gut ging, aber der Verein für sich als Körperschaft eigentlich in den ersten 10 Jahren seines Bestehens fast nichts zustande gebracht hat.
Das hat sich inzwischen Gott sei Dank etwas geändert, es sind Jüngere am Ruder und auch solche, die heute zwar aus Beruflichen gründen wo anders leben, aber aus einem Heimatgefühl und der Verbundenheit den übrigen Mitgliedern gegenüber immer noch den Verein am Leben halten.
Wie gesagt, diese Erfahrungen mögen nicht Beispielhaft sein, aber sie können eventuell doch einen Einblick gewähren den man alleine durch die Kenntniss gewisser Daten nicht erlangen kann.
Mir ist aufjeden Fall aufgefallen, dass ich einen völlig anderen Umgang mit dem Vereinsleben und den Möglichkeiten mich in meinen Interessen zu organisiern gewohnt war.
Aus diesen Erfahrungen kann ich nur empfehlen überwiegend den persönlichen Kontakt zu suchen und nicht den organisierten.
Du wärst nicht der Erste der damit scheitert.
An dieser Stelle vielleicht noch ein Beispiel aus einer gänzlich anderen Brange.
Ich war zu Beginn der Wende sehr viel beruflich im Osten unterwegs und daher auch sehr oft in kleineren und größeren Hotells.
An der Bar traf ich einmal jemanden, der für eine große westdeutsche Versicherungsgesellschaft versuchte Mitarbeiter zu gewinnen um ein Netz von Vertretungen auf zu bauen. Er selbst hatte eine Offizierslaufbahn bis in die höchsten Ränge in der Bundeswehr hinter sich und war der Meinung, ein Versicherungsvertreter müsse sich vor allen Dingen selbst organisieren können. Und welcher Ausbildung währe dafür die beste Voraussetzung? Die Offizierslaufbahn in einer Armee, egal welcher Nationalität. Ein Offizier müsse immer, auch abgeschnitten von seiner Führung selbstständig handel können.
Er rekrutierte also folgerichtig seine künftigen Gebietsvertreter für den jetzt neuen Aufbau aus den nicht von der Bundeswehr übernommenen Offiziere.
Er fiel damit, wie er mir berichtete so richtig auf die Nase, er konnte keinen davon wirklich gebrauchen Er war erschüttert. Nun, wie ein Offizier nach dem vor genannten Bild, wusste er sich zu organisieren und fand seine Mittstreiter in anderen Karteien.
Damit will ich nur sagen, dass wir (Wessis) heute vielerorts immer noch mit unseren Masstäben rechnen und die anderen, dazu gewonnenen Masstäbe nicht sehen können.
Nochmals, das hier geschilderte ist ein ganz persönlicher Bericht und ich glaube nicht, dass wenn man in den Analen der früheren Organisationen nach Mitwettbewerbern im Sinne der "Westlichen Hobbyentwicklung" sucht, wirklich fündig wird.
Ich habe ausschließlich über den persönlichen Kontakt Anschluss gefunden und fühle mich hier oft herzlicher aufgenommen als in so manch anderen Gebieten in denen ich früher gelebt habe.
Puh, wollte garnicht so viel schreiben, aber das musste wohl mal sein.
Ich wünsche auf jeden Fall alles Gute bei der Gewinnung einiger Teilnehmer für das Pylonracing auch von hier.
Mit den besten Grüßen aus mecklenburg-Vorpommern, dem Lilienthalland
Op.