Maßnahme um horizontal zu fliegen: Schwerpunkt einhalten oder Höhenruder trimmen?

Ahank

User
Hallo,

bei meinem Elektro-Segler (Staufenbiel Mantis) habe ich folgendes "Problem" festgestellt:

Wenn ich den Schwerpunkt laut Herstellerangabe befolge (85-89 mm ab Nasenleiste) dann muss ich Höhe trimmen damit er nicht steil nach unten geht , wenn ich die Höhenruder-Klappen exact mit den Höhenleitwerk-Flügeln ausrichte (V-Leitwerk) , muss noch ca. ~ 20g am Heck zugefügt werden , und der dann ermittelte Schwerpunkt liegt dann ca. ~ 15 mm weiter hinten . (In beiden Fällen fliegt er dann "grade-aus" )

Ich habe beide Varianten die letzten 2 Wochen etwas testen können, habe aber zu wenig Erfahrung im Segelflug um die Flugeigenschaften der unterschiedlichen Varianten eindeutig beurteilen zu können.
(Subjektiv empfinde ich die Variante mit Blei im Heck etwas angenehmer )

Deshalb meine Frage an die Experten:

Sollte man Grundsätzlich eher den Schwerpunkt laut Herstellervorgabe einhalten, oder das Modell so ausbalancieren das es ohne Höhen-Trimmung "grade-aus" fliegt ?

Gruß
Thomas
 
Zusätzlich spielt der Ewd aber noch ins Spiel.
Der und der Schwerpunkt gehören gerade in Deinem Fall gemeinsam betrachtet.
Dass diesr nicht passt bei korrektem Schwerpunkt zeigt der Höhenrudertrimm.
 
hoi Thomas

es ist anders.

Schwerpunkt und Höhenruderstellung (also EWD - oder in Deinem Fall "Trimmung") bilden ein Pärchen - aber nicht immer dasselbe, sondern je nach gewünschter Fluggeschwindigkeit (im Geradeausflug) ein anderes.

Wenn Du wissen willst, was Du tun sollst, gilt folgendes:
1. Alle Einstellungsflüge ohne Motorantrieb (also schon mit Motor steigen, aber dann Motor aus)
2. Alle Einstellungsflüge in der "Normal"-Stellung, also weder "Thermik" noch "Speed".
3. Das Modell sollte so wenigstens irgendwie fliegen ohne gleich abzustürzen. Es ist ok, wenn Du anfänglich ziehen oder drücken musst.

Jetzt geht es los...

Erst einmal trimme Dein Höhenruder so, dass die Mantis geradeaus mit "mittlerer Geschwindigkeit" fliegt. Lass Dir ruhig Zeit, mit dem Wind, quer zum Wind, gegen den Wind. Die MAntis sollte wirklich mindestens 10 Sekunden geradeaus fliegen wenn Du die Hände in die Hosentasche steckst.

Dann kommt Phase 1, der Abfangbogentest. Ich selber kann ihn in jeder Richtung zum Wind fliegen, aber Anfängern würde ich quer zum Wind empfehlen. Also vorne vor Dir in >100m Höhe quer zum Wind fliegen und dann 45° in die Tiefe. Dann Finger weg vom Knüppel (ausser um einen Einschlag zu verhindern). Wenn die Mantis
- ohne Dein Zutun sich sanft abfängt, so dass sie gerade eben auf den Erdboden ditschen würde, ist alles ok.
- zu stark abfängt: SP zu weit vorne, Höhenruder steht zu steil
- gar nicht abfängt oder gar gegen Boden steuert: SP zu weit hinten, Höhenruder steht zu flach.

Diese Spielchen musst Du wiederholen - natürlich immer mit geändertem Schwerpunkt UND geänderter HR-Trimmung - bis Du sagen kannst: ok jetzt segelt sie manierlich ohne mein Zutun gerade aus, Abfangbogen passt AUCH: eigentlich gut. Trimmung des HRs zu diesem Zeitpunkt: interessiert nicht.

Jetzt kommt Phase 2, der Überziehtest

Du fliegst wie vorher >100m quer zum Wind, schön geradeaus. Dann hungerst Du sie ganz gemütlich langsam (!) aus. Wenn sie beim Strömungsabriss
- gutmütig eher nach vorne nickt, ist sie kopflastig und das HR zu steil.
- sanft zu einer (meist der linken) Seite eindreht, so dass Du gemütlich reagieren kannst, ist sie perfekt
- ziemlich schlagartig "ausleert" oder umschlägt, ist sie zu hecklastig und das HR zu flach.

Es lässt sich nicht vorhersagen, wie Phase 2 ausgeht, wenn Phase 1 mit einem perfekten sanften Abfangbogen geendet hat! Also ich will sagen - es nützt nichts wenn der Abfangbogen perfekt ist, wenn der Mistkrüppel beim (zu) langsamen Fliegen immer bösartig umkippt.

Beispiele dafür: aktuell die Calima (gilt vermutlich auch für die letzten Epsilon-Varianten).
Beispiele für Modelle, die man komplett flach (SP hinten, EWD geringst, Abfangbogen gleich Null) fliegen kann OHNE dass sie unangenehm sind: Supra (F3J-Modell), Windy (Hotliner). Der Windy war insofern interessant, als er komplett ohne (effektive) EWD immer noch sehr angenehm zu fliegen war - also wenn man ihn oben am Hang auf 5° Tiefe "gestellt" hatte, dann wäre der ewig so weiter geflogen, bis er 2km weiter in Davos so gelandet wäre.

Dann gibt es noch seltsame Sonderfälle: der Lynx z.B. flog in ruhiger Luft "flach" (also SP hinten, geringe EWD) perfekt, aber beim Einfliegen in die Thermik bäumte er extrem (!) auf. Bis heute nicht geklärt, aber vermutlich zu kleines - und zu dünnes! - HR mit Strömungsabriss eben beim Thermikeinflug. Mit der Paarung kopflastig/mehr EWD liess er sich aber ganz brauchbar fliegen.

Ach, was ich vergass zu sagen: im Prinzip gilt: je hecklastiger desto besser (weniger Widerstand = mehr Leistung), aber die Grenze ist eben die gerade noch gut angenehme Fliegbarkeit.

Wenn Du also Phase 1 und 2 abgeschlossen hast (Abfangbogen war plusminus ok, Überziehverhalten ist jetzt aber angenehm), dann stimmt der SP, und das HR wird irgendwie getrimmt sein. Jetzt studierst Du das HR genau und merkst Dir bzw. machst Dir Markierungen (aber gute! Also Stöckchen an HR-Hinterkante kleben und am SR markieren, oder so).

Dann musst Du je nach Bauweise das HR-Auflager umbauen, so dass das HR jetzt perfekt gerade passend zur Markierung sitzt. Bei V-Leitwerken ist das ganz grosse Sch**sse, bei gedämpften Kreuzleitwerken ist das mittlere Sch**sse, bei T-Leitwerken eigentlich recht easy, und bei Pendelleitwerken ist man natürlich der King.

Hoffe geholfen zu haben...

Bertram
 

Ahank

User
Zusätzlich spielt der Ewd aber noch ins Spiel.
Der und der Schwerpunkt gehören gerade in Deinem Fall gemeinsam betrachtet.
Dass diesr nicht passt bei korrektem Schwerpunkt zeigt der Höhenrudertrimm.

Hallo Dieter,

als Wiedereinsteiger habe ich das Thema EWD natürlich bereits ein paar mal überflogen.

Da ich den Anstellwinkel der Tragfläche bzw. des Höhenleitwerks nicht ändern kann, bin ich mir nicht sicher ob man das in der Praxis so handelt das man den Anstellwinkel der" Wölbklappen und/oder Querruder
verändert um damit die EWD einzustellen ?

Gruß
Thomas
 

mipme_kampfkoloss

Vereinsmitglied
Teammitglied
Hi Thomas,

Meist geben die Hersteller Schwerpunkte weiter vorne an. Das bewirkt ein stabileres Flugverhalten
und der Flieger hält von selber genug Fahrt um keinen Strömungsabriss zu produzieren.

Anstecktest schon gemacht? Hier wird meist ein flacher Abschwung bevorzugt.

Des weiteren:
- Ruder im Strak bedeutet natürlich weniger Widerstand
- Schwerpunkt weiter hinten bedeutet weniger Stabilitätsmaß: ist der Flieger noch gemütlich genug, oder schon zu hibbelig?

Also, die Drei Faltigkeit des stationären Geradeausflugs (Moment (=Höhentrim), EWD, Schwerpunkt)
sind im Großen und Ganzen Geschmacksache - wenn sie nicht total außerhalb vernünftiger Werte liegen.

15mm weiter hinten klingt jetzt nicht dramatisch...
 

Ahank

User
Hallo Bertram,

Danke für die ausführlichen Tips, einige davon habe ich natürlich bereits durchgeführt.

In beiden Varianten ist es bei mir so das wenn ich ich mit 45 Grad nach unten "ansteche" der auch so bleibt er würde also mit ~ 45 Grad in den Boden knallen :-)

10 Sekunden ohne Korrektur geht aktuell leider gar nicht, sobald eine Tragfläche durch z.B. Wind etwas nach unten geht, lenkt der sofort in die Kurve ein und die Nase geht nach unten.

Werde aber einige Dinge nochmal ausführlicher Testen .

Gruß
Thomas
 
musst vor 10°° morgens fliegen...

Obwohl ich bei Deinem Flieger Kopflastigkeit vermutet habe, klingt Dein letzter Beitrag nach deutlicher Hecklastigkeit (keine "Stabilität", d.h. keine vernünftige Selbstkorrektur). Bezieht sich Dein letzter Beitrag auf mit oder ohne Blei hinten?

Wenn Du beim V-Leitwerk nichts ändern kannst - wie üblich - musst Du eben die Tragflächenauflage oder Steckung ändern. Aber bevor Du das tust, muss er erst mal ordentlich fliegen.

B
 

Ahank

User
@Mipme, auch Dir danke für deinen Beitrag.
Als der Schwerpunkt weiter hinten lag war er tatsächlich etwas "hibbeliger" , auch auf Seitenruder reagierte er etwas träge. (subjektiv empfunden)


Laut Herstellerangabe ist das Profil beim Mantis : HQ 2,5 / 9

Dazu habe ich beigefügten Plott gefunden , und nach meiner Deutung als Laie vermute ich , das man bei diesem Profil den Anstellwinkel der Tragflächen-Klappen etwas ändern kann/ darf, ohne das Profil zu verfälschen ?
Falls ja werde ich auch damit etwas experimentieren um Schwerpunkt, Trimmung und EWD etwas besser in Einklang zu bringen.

Original Link: http://www.hq-modellflug.de/images/hq-profile/hqw-25-8_10-profile.jpg


Gruß
Thomas
 

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mipme_kampfkoloss

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Teammitglied
Hi Thomas,

Grundsätzlich geht das natürlich den Moment des Flügels durch profilveränderung zu gestalten.
Die Frage ist halt nur ob das so im Sinne des Modells war...
1 mm rauf oder runter sind bei den Profilen eher vernachlässigbar, jedoch ändert sich dadurch auch der flügelmoment kaum.
Wenn du mehr Ausschlag nimmst, dann hast du wiederum ein „anderes“ Profil...
 
Eigentlich ist ein Profil ja so entworfen, dass es bei Klappen im Strak die gewünschte Leistung zeigt. Verwölben verändert natürlich die Profileigenschaften, dazu verwölbt man ja. Die Klappen zur Korrektur der EWD einzusetzen ist nicht sinnvoll, weil Du dann immer in "Speed"-Stellung durch die Gegen düst oder in Thermikstellung herumhungerst, je nach der Richtung der Verwölbung. So war das nicht gedacht und das verändert zum einen die Grundkonzeption des Seglers und verbaut zum anderen die Möglichkeit der weiteren gezielten Verwölbung, zumindest in eine Richtung. Nur an den QR herumwölben verzieht zudem die konstruierte Flächenverwindung undefinfiert.

Sollte ganz zufällig die Korrekturverwölbung die Flugeigenschaften in Deinem Sinne total positiv verändern, dann mach und fliegt einfach herum. Da sich der Konstrukteur eines Flugzeugs aber *meistens* etwas bei der Auslegung gedacht hat, macht es *meistens* mehr Sinn, das Profil im Strak zu halten. Eine falsche EWD dagegen passiert ganz schnell beim Bauen und Lagern, da genügt es, wenn sich der Rumpf etwas verbiegt, das sollte man dann halt durch Unterlegen korrigieren. Und je nach Trimmgewohnheit und SP-Rücklage muss man die EWD halt individuell feineinstellen, das ist ganz normal.

Insgesamt gilt aber: Stell Deinen Segler so ein, dass er für Dich passt und sich am Knüppel sympathisch anfühlt. Es gibt kein Falsch und Richtig (wenn man nicht gerade Meilenweit vom Betriebspunkt entfernt ist). Jeder Pilot fliegt sein eigenes Setup und gewinnt damit vielleicht auch Wettbewerbe, obwohl ein anderer Pilot den selben Segler so für unfliegbar halten würde. Das ist eine sehr persönliche Angelegenheit. Die effektive messbare Flugleistung bei einem RC-Modell ist ein Zusammenspiel von Aerodynamik und Pilot. Nur wenn beides harmoniert, kann das Maximale herausgeholt werden.

Kurze Antwort auf die Ausgangsfrage: "Schwerpunkt einhalten" = NEIN
Angegebene Schwerpunktlagen sind immer nur ungefähre Empfehlungen, aber nie ein absolutes Muss.
 
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