Entwicklung eines F3F-Profils - Nachge-Klappt
Entwicklung eines F3F-Profils - Nachge-Klappt
Hallo,
in diesem Beitrag möchte ich noch einmal auf den Einsatz von Wölbklappen (snap flap) beim dynamischen Fliegen – insbesondere beim Wenden – eingehen. Die Profis hatten in ihren Beiträgen bereits hervorgehoben, welche Bedeutung aber auch welche Herausforderung der richtige Einsatz von Wölbklappen in der Praxis darstellt.
In „Entwicklung eines F3F-Profils - Teil 3 – Wölbklappen“ schwärmte ich ja ein wenig, wieviel durch optimalen Klappeneinsatz herauszuholen wäre. Stimmt immer noch. Nur war ich ein wenig voreilig, dass dieses Potential so einfach zu heben ist…
Meine ersten Zweifel kamen durch einen Beitrag von Markus („Tern“), der mit seiner Erläuterung und einer unscheinbaren Skizze ein Problem aufzeigte, das ich beim darüber Nachdenken als das „Markus Paradoxon“ bezeichnete:
Das Markus Paradoxon: Widerstandserhöhung beim dynamischen Einsatz von Klappen © „Tern“
Bevor ich versuchen werde, dieses Phänomen zu erläutern, möchte ich zunächst nochmals auf die „Polare des optimierten Klappenwinkels“ eingehen, die ja der Ausgangspunkt meiner Potentialabschätzung von Wölbklappen war.
Unterschätzt habe ich, um wieviel die Betrachtungen komplizierter werden, wenn neben den beiden wichtigsten Eingangsvariablen Re-Zahl und Anstellwinkel noch der Klappenwinkel berücksichtigt werden muss… (der berühmte Knoten im Hirn).
Vielleicht geht es dem ein oder anderen auch so? Deshalb nochmals erläutert:
Die Polare des optimierten Klappenwinkels aus Teil 3
Die Polare erhält man, indem man dem „Optimierer“ die Aufgabe gibt „Ermittle mir für einen ca-Wert bei der Re-Zahl x den Anstellwinkel und den Klappenwinkel, der den geringsten Widerstand ergibt“. Mit den durchgerechnten ca-Werten erhält man die folgende Tabelle, die vielleicht auch das Prinzip am Einfachsten verdeutlicht.
Ergebniswerte von Xoptfoil für den Klappeneinsatz bei Re = 600.000 (Typ 1 Polare) des Profils JX FX 15
Beispiel: Für ca = 0,5 kann ich durch den gezielten Einsatz der Klappe den Widerstand auf 487/644 = ca. 75% senken. Cool! Wenn da nicht "alpha" wäre…
Dazu soll nun folgender Fall betrachtet werden: Ich fliege mit ziemlicher Geschwindigkeit bei ca=0,05 und Re=600.000 und will nun zügig um die Kurve. Um den für mich optimalen Kurvenradius zu bekommen, muss sich der ca-Wert auf 0,4 erhöhen. Dargestellt wird der Fall mit der Typ 1 Polare für Re=600.000.
Eingezeichnet ist jeweils der Zielpunkt für ca=0,4 - einmal ohne Klappen und einmal mit Klappen bei 3 Grad. Die Differenz des cw-Wertes beider Punkte stellt den best möglichen Widerstandsgewinn dar.
So weit – so gut.
Jetzt wird es dynamisch: Ich setze snap flap. Die Klappen gehen 3 Grad runter. Das Höhenruder nach oben – wobei sich auf Grund der Massenträgheit des Modells erstmal nichts tut. Im Diagramm spring ich auf die 3-Grad-Polare und zwar horizontal weil der Anstellwinkel nach wie vor konstant ist (das Modell dreht sich immer noch nicht um die Querachse) – und falle in das „Widerstandsloch“ eines negativ angestellten Profils mit positiven Klappen (man kann sich das auch gut bildlich vorstellen)
Und damit sind wir beim Paradoxon: Der scheinbar so positive Einsatz von Wölbklappen verschlechtert zunächst den Widerstand. Wenn man noch zu viel Höhenruder gegeben hat, der Anstellwinkel zu groß wird, springt man direkt in das obere „Widerstandsloch“ und büßt doppelt…
Nach meiner Interpretation ist dieser Sachverhalt auch die Ursache, warum der optimale Einsatz von snap flap so viel Gefühl, Erfahrung und Können benötigt.
(siehe auch den Beitrag von Reini)
Ich möchte mich diesmal nicht mehr aus dem Fenster lehnen, über Lösungsansätze dieses kniffligen Problems zu sinnieren …
…
bin allerdings nach wie vor der Meinung, dass
- der richtige Einsatz von Wölbklappen ein großes Optimierungspotenzial hat
- das Band des optimalen Anstellwinkels bei Klappeneinsatz recht klein ist (siehe Teil 3)
- ein Profil mit geringer Wölbung besser für eine solche Optimierung geeignet ist – oder noch allgemeiner: schon beim Profilentwurf der extensive Einsatz von Wölbklappen vorgesehen werden muss (siehe das Profil-Scribble JX FX extreme)
So weit dieser kleine Nachtrag zu diesem speziellen, nichts desto trotz spannenden Teilaspekts.
Viele Grüße
Jochen