Karl Dieffenbach
Mit freundlicher Genehmigung der Fachzeitschrift Modell
Maßnahmen gegen Ruderflattern
Wenn ein Modellpilot das Nervenflattern bekommt, hilft ihm vielleicht Baldrian. Hat ein Flugmodell Probleme mit Ruderflattern, so ist ebenfalls ein Beruhigungsmittel angeraten, denn so ein Modell ist ja schließlich auch nur ein Mensch. Allerdings ist es beim Modell mit Baldrian nicht getan. In Abwandlung eines Sprichworts lautet mein Rat: „Masse statt Klasse“. Besser noch: „Masse und Klasse“.
Das hätte auch anders ausgehen können! Die einteilige Klappe dieses 6-m-Seglers war angebügelt und über zwei Servos angelenkt. Die innere Hälfte wurde durch das Flattern komplett abgerissen und trudelte zu Boden. Die Anlenkung des äußeren Servos wurde ebenfalls zerstört. Die anschließende Landung mit dem immer noch flatternden Querruder-Rest war eine Meisterleistung des Piloten. Als Ursache stellte sich eine gelöste Kontermutter an der Federstahlbacke heraus, wodurch sich bei dem leicht gekröpften Gestänge ein Spiel ergab. Die brachiale Gewalt des flatternden Ruders ließ dann zuerst die Gewindestange und dann das angebügelte Ruder selbst abreißen
Der typische Ablauf des Ruderflatterns: Wenn’s dem Esel zu wohl wird, dreht der Motor im Sturzflug hoch und höher – man gönnt sich ja sonst nichts. Doch urplötzlich wird das Motorgeräusch von einem unheimlichen Dröhnen übertönt, und schon fliegen die Fetzen. Fast gelähmt vor Schreck, ist der Pilot zum Zuschauen verdammt, wenn sich der Rest des Modells steuerlos aber zielstrebig auf die Suche nach Erdöl macht. Fassungslos und zerknirscht muss der Arme, der inzwischen zum Bleichgesicht geworden ist, auch noch die hämischen Kommentare der Kollegen über sich ergehen lassen: „Ich hab das kommen sehen ...!“ Wieder einmal hat das Ruderflattern zugeschlagen. Wäre es zu verhindern gewesen? Aber sicher!
Wieso gibt es eigentlich flatternde Ruder? Meistens ist das auf sorglos hingeschluderte Rudergestänge zurückzuführen, die entweder gedankenlos gekröpft worden sind, Spiel haben oder ganz einfach zu schwach ausgelegt wurden. Zu weiche, labile Ruderhörner können genauso die Ursache sein wie Billigservos mit mehr Spiel als Getriebe. Sind aber diese Punkte alle in Ordnung, so haben wir schon fast alles getan, was nötig ist, um mit dem Fluggerät tierisch herumheizen zu können. Aber nur fast alles. Es gibt nämlich noch mehr, was wir in diesem Sinne für die Sicherheit tun können. Diesbezüglich können wir bei den Großen etwas abschauen.
Bei denen sieht man häufig Massenausgleichsgewichte an den Rudern. Und was für die bemannte Luftfahrt gut ist, kann doch für unsere Modelle auch nicht schlecht sein. Aber bevor wir das auf unser Hobby übertragen, schauen wir uns das Prinzip erst mal etwas genauer an.
Grau ist alle Theorie
Eigentlich sollte das Ruder überhaupt keinen Grund zum Flattern haben, wo es sich doch gerade in der Mittelstellung so bequem machen könnte. Dass es trotzdem flattert, lässt sich mit allen Regeln der Physik und vielen Fachbegriffen erschöpfend begründen, doch das gehört in den Hochschul-Hörsaal. Also werden wir das Ganze lediglich stark vereinfacht betrachten.
Sowohl das Ruder als auch der Flügel bzw. das Leitwerk haben eine bestimmte Masse und einen dazugehörigen Massenschwerpunkt. Dass sich der Schwerpunkt jeweils irgendwo innerhalb dieser Teile befindet, ist einleuchtend. Der Schwerpunkt des Flügels bzw. der Flosse liegt also in Flugrichtung vor dem Ruderscharnier, der des Ruders dahinter. Da beide Massen durch das Scharnier verbunden sind, besteht zwischen diesen beiden Teilen eine dynamische Wechselwirkung, sobald Bewegung ins Spiel kommt. Diese dynamische Wechselwirkung ist nichts anderes als eine gegenseitige Beeinflussung durch deren Kräfte und Bewegungen. Mit einem einfachen Experiment kann dies leicht begreifbar gemacht werden: Wir hängen ein Höhenrudergestänge aus und bewegen das Rumpfende in schneller Folge auf und ab, wir schütteln es. Vor allem, wenn es sich um ein tiefes und schweres Ruder handelt, können wir deutlich fühlen, dass das Ruder eine im wahrsten Sinne des Wortes „kräftige“ Rückwirkung auf das Leitwerk hat. Die erwähnte Wechselwirkung ist hiermit also nachgewiesen worden, und zwar ganz ohne Theorie. Jetzt wundert es auch nicht mehr, dass so was ins Flattern geraten kann, sofern die Anlenkung das zulässt.
Die einfachste Lösung für das Auswuchten eines Ruders ist Ballast in der Ausgleichsfläche
Ganz anders sieht die Sache aus, wenn der Schwerpunkt des Ruders durch ein Gegengewicht zum Scharnier hin, also in den Drehpunkt, verlagert wird. Ein einfacher Versuch macht den Unterschied schnell deutlich. Dazu nehmen wir einen Bleistift, der aber noch möglichst lang sein sollte, halten ihn am Ende locker mit zwei Fingern (Zeigefinger unterhalb und Daumen oberhalb des Bleistiftendes) in waagerechter Lage und lassen ihn auf- und abwippen. Klar, das ist nichts anderes als der Versuch mit dem Rumpf, wobei hier die Hand das Leitwerk darstellt und der Bleistift das nicht ausgewuchtete Ruder. Dabei ist deutlich ein „Eigenleben“ des Stifts zu spüren. Nun simulieren wir ein ausgewuchtetes Ruder. Dabei halten wir den Stift in der Mitte, also genau an seinem Schwerpunkt. Der Unterschied ist deutlich. Da zappelt absolut nichts mehr, und der Bleistift liegt willenlos zwischen den Fingern. Genauso verhält sich die Sache auch beim Ruder. Sobald dieses ausgewogen ist, zappelt auch hier nichts mehr beim Schütteln. Der Unterschied ist nur, dass wir beim Bleistiftversuch den Drehpunkt in den Schwerpunkt verlegt haben, beim Ruder jedoch müssen wir den Schwerpunkt mittels Gegengewicht zum Scharnier hinbringen.
Auch bei einem Voll-GfK-Modell lässt sich nachträglich ein Ausgleichsgewicht anbringen, wie bei diesem »Beaver«-Leitwerk: Öffnung schaffen, Bleischrot einfüllen und mit Harz fixieren, wobei die Nase beim Einharzen nach unten zeigt, damit der Ballast in die vorderstmögliche Position gelangt.
Alles klar? Nein! Da wäre nämlich noch der Fall, bei dem sich bauartbedingt kein Gegengewicht anbringen lässt. Ganz hilflos sind wir aber auch hier nicht. Die Antwort gibt uns wieder unser bewährter Bleistiftversuch, den wir jetzt zuerst mit dem Bleistift und dann mit einem Trinkhalm durchführen, beide jeweils am Ende gehalten. Dabei lässt der Trinkhalm aufgrund seiner wesentlich geringeren Masse kaum noch eine Rückwirkung an der Hand spüren. Auf das Ruder übertragen bedeutet das, dass die Flattergefahr mit der Masse des Ruders steigt. Wenn also kein Auswuchten möglich ist, sollten wenigstens die Ruder so leicht wie möglich sein.
Lastenausgleich
Grundsätzlich gibt es mehrere Möglichkeiten, ein Ausgleichsgewicht anzubringen. Am einfachsten ist es, diesen Ballast in der Ausgleichsfläche eines Ruders möglichst weit vor dem Drehpunkt zu platzieren (siehe Fotos). Ist das nicht möglich, weil das Ruder keine Ausgleichsfläche hat, so wird das Gewicht in der Regel an einem Gestänge befestigt, das vom Ruder aus nach vorne unter die Tragfläche ragt, wie man das oft bei Querrudern manntragender Flugzeuge sieht. Solche Gestänge zeigen grundsätzlich schräg nach unten, um den notwendigen Ruderausschlag nicht einzuschränken. Der Winkel zur Waagerechten ist vom notwendigen Ruderausschlag abhängig und muss bei der Auslegung schon im Voraus berücksichtigt werden. Im Fall meines »Piper«-Querruders kann dieses Gewicht von unten in die Tragfläche eintauchen.
Somit sieht diese Konstruktion recht aufgeräumt aus. Sie hat obendrein den Vorteil, dass sich nichts dran verhaken kann. Wie es geht, zeigen die Bilder.
Für die beschriebene Lösung beim »Piper«-Querruder wurde der Ballastträger aus Sperrholz gefertigt. Der hintere Teil ist der Form der Querruder-Rippen angepasst.
Der Hebel wird probeweise eingesetzt – passt!
Hier wird klar, warum der Hebel so eine eigenwillige Form hat. Zum einen muss er an den Holmen vorbeikommen, andererseits darf er bei maximalem Ruderausschlag nicht von innen gegen die obere Flügelbespannung drücken.
Beim Aufballastieren ist wegen der später hinzukommenden Bespannung noch etwas Zugabe notwendig. Wenn wir am Ende nur wenig danebenliegen, ist das nicht schlimm.
Die Praxis
Bei mehreren Modellen habe ich die Ruder schon mit Massenausgleich versehen und bisher immer nur gute Erfahrungen
gemacht. Dabei ist das Verhindern des Ruderflatterns nicht der einzige positive Effekt. Hinzu kommt, dass ein ausbalanciertes Ruder mit einem kleineren Servo auskommt. Noch besser, man belässt die Servogröße wie gehabt und und bekommt somit einen Zuwachs an Sicherheit. Außerdem verhindert der Massenausgleich, dass auch bei einer noch so harten Landung Stöße auf das Servo übertragen werden. Betrachtet man die Energiebilanz der Stromversorgung, so kommt ein weiterer positiver Aspekt hinzu. Vor allem große schwere Ruder belasten die Servos zusätzlich durch ihr Eigengewicht, was mit Massenausgleich nicht der Fall ist. Wir sparen also auch noch wertvolle Energie.
Das Endergebnis kann sich sehen lassen. Bei Neutralstellung der Ruder hat das Gestänge die Form eines Abweisers, damit sich absolut nichts darin verhaken kann.
Endabnahme: Der größtmögliche Ruderausschlag nach unten ist auf jeden Fall ausreichend.
Nur beim Querruderausschlag nach oben kommt das Gegengewicht zum Vorschein.
Am flugfertig aufgebauten Modell ist der Gewichtsausgleich nur dann zu sehen, wenn man sich drunter legt.
Im Fall der erwähnten »Piper« (2,80 m, 10 kg, ZG-62, Standard-Servos) hat der Massenausgleich seine Feuerprobe mit Bravour bestanden. Alle Ruder sind vollständig ausgewuchtet. Niemals gab es auch nur die geringsten Anzeichen von nervösen Rudern, trotz meines bekannt einsatzfreudigen Flugstils. Dazu muss ich zu meiner Schande gestehen, dass dieses Modell alles fliegt, was eine »Piper« eigentlich gar nicht darf, einschließlich senkrechtem Auf- und Abstieg, über Rollen und Messerflug bis hin zum Außenlooping! Und das mit normalen Standard-Servos. Seit über drei Jahren wird diesem Modell immer wieder ein baldiges Ende prophezeit, aber diese Propheten wissen eben nichts von den eingebauten Beruhigungsmitteln.
Mein Fazit
Der Massenausgleich lässt die Gefahr des Ruderflatterns gegen null gehen, er schont die Servos und spart Strom. Na, wenn das nicht genügend Gründe sind, die Ruder auszuwuchten! Bei mir ist es jedenfalls obligatorisch, wenn irgend möglich. Der Mehraufwand während der Bauphase ist gering, im Nachhinein wird’s schwieriger. Wenn man aber einen Flatterkandidaten besitzt, lohnt sich auch ein nachträgliches Umrüsten allemal. Generell gilt aber immer der Grundsatz: Das Flattern soll man den Vögeln überlassen, die sind nämlich dafür ausgelegt – unsere Modelle jedoch nicht!
Nachschlag
Pünktlich zur Fertigstellung dieses Artikels hat der Zufall noch eins draufgesetzt, und das passte wie die Faust aufs Auge: Nach langer Pause flog ich wieder meine alte »Messerschmitt M27b«, als plötzlich ein Querruder ins Flattern geriet. Ein blitzschneller, beherzter Griff ins Höhenruder bei gleichzeitiger Gaswegnahme hatte die Wirkung einer Vollbremsung und konnte das Flattern noch rechtzeitig stoppen, bevor das Modell Federn lassen musste. Schnell wurde klar, dass die Anlenkung des betroffenen Querruders zerstört war, denn dieses hatte keine Funktion mehr und hing leicht nach unten. Nun galt es, die Langsamflugeigenschaften des Oldies voll auszureizen und das havarierte Modell vorsichtig zu Boden zu bringen. Nach geglückter Landung war der Fehler schnell gefunden: Der Servohebel war gebrochen. Ein kurzes Nachdenken machte mir bewusst, dass dieser etwa 20 Jahre alt sein musste. Da er aus Kunststoff ohne Faserverstärkung besteht, war er im Lauf der Jahre durch das Ausdiffundieren der Weichmacher spröde geworden. Die Vierkant-Passung wirkte dann zusätzlich noch wie eine Sollbruchstelle. Durch Schaden wird man klug, heißt es. Das gilt aber nur, wenn man den Wink des Schicksals versteht. Ich verstand diesen und inspizierte sofort den Hebel des zweiten QR-Servos. Volltreffer! Auch dieser war am Vierkant bereits deutlich sichtbar angerissen. Es wäre also nur eine Frage der Zeit gewesen, bis sich auch dieser verabschiedet hätte. Dass ich am selben Tag noch alle meine Modelle auf dieses Kriterium hin untersucht habe, versteht sich von selbst. Bei dieser Aktion habe ich dann noch zwei weitere Problemkandidaten bei anderen Modellen gefunden. Obwohl diese Hebel noch intakt waren, wurden sie ebenfalls ausgewechselt. Selbst die noch unbenutzten Servohebel dieser Bauart habe ich umgehend aus meinem Fundus entfernt und über den Hausmüll schadlos entsorgt.
War der gebrochene Servohebel Ursache oder Folge des Ruderflatterns? Beides wäre denkbar gewesen. Im vorliegenden Fall war er eindeutig die Ursache.
Dieser Servohebel wurde noch rechtzeitig ausgetauscht. Der Anriss (Pfeil) ist schon deutlich zu sehen.
So weit, so gut, was hat jedoch ein gebrochener Servohebel mit dem Gewichtsausgleich zu tun? Wäre die Geschichte mit ausgewuchteten Rudern anders verlaufen? Aber sicher, denn ein ausgewogenes Ruder bleibt in der Regel auch ohne Anlenkung sauber im Luftstrom stehen ohne zu flattern. Außerdem kann es nicht durch sein Eigengewicht herunter hängen und das Modell aus einer neutralen Flugbahn drängen. Die Auswirkung hätte sich also lediglich auf eine verminderte Querruderwirksamkeit beschränkt, und der Husarenritt auf Messers Schneide wäre mir erspart geblieben. So aber hätte mich der fehlende Gewichtsausgleich fast ein wertvolles Modell gekostet.
Mit freundlicher Genehmigung der Fachzeitschrift Modell
Maßnahmen gegen Ruderflattern
Wenn ein Modellpilot das Nervenflattern bekommt, hilft ihm vielleicht Baldrian. Hat ein Flugmodell Probleme mit Ruderflattern, so ist ebenfalls ein Beruhigungsmittel angeraten, denn so ein Modell ist ja schließlich auch nur ein Mensch. Allerdings ist es beim Modell mit Baldrian nicht getan. In Abwandlung eines Sprichworts lautet mein Rat: „Masse statt Klasse“. Besser noch: „Masse und Klasse“.
Das hätte auch anders ausgehen können! Die einteilige Klappe dieses 6-m-Seglers war angebügelt und über zwei Servos angelenkt. Die innere Hälfte wurde durch das Flattern komplett abgerissen und trudelte zu Boden. Die Anlenkung des äußeren Servos wurde ebenfalls zerstört. Die anschließende Landung mit dem immer noch flatternden Querruder-Rest war eine Meisterleistung des Piloten. Als Ursache stellte sich eine gelöste Kontermutter an der Federstahlbacke heraus, wodurch sich bei dem leicht gekröpften Gestänge ein Spiel ergab. Die brachiale Gewalt des flatternden Ruders ließ dann zuerst die Gewindestange und dann das angebügelte Ruder selbst abreißen
Der typische Ablauf des Ruderflatterns: Wenn’s dem Esel zu wohl wird, dreht der Motor im Sturzflug hoch und höher – man gönnt sich ja sonst nichts. Doch urplötzlich wird das Motorgeräusch von einem unheimlichen Dröhnen übertönt, und schon fliegen die Fetzen. Fast gelähmt vor Schreck, ist der Pilot zum Zuschauen verdammt, wenn sich der Rest des Modells steuerlos aber zielstrebig auf die Suche nach Erdöl macht. Fassungslos und zerknirscht muss der Arme, der inzwischen zum Bleichgesicht geworden ist, auch noch die hämischen Kommentare der Kollegen über sich ergehen lassen: „Ich hab das kommen sehen ...!“ Wieder einmal hat das Ruderflattern zugeschlagen. Wäre es zu verhindern gewesen? Aber sicher!
Wieso gibt es eigentlich flatternde Ruder? Meistens ist das auf sorglos hingeschluderte Rudergestänge zurückzuführen, die entweder gedankenlos gekröpft worden sind, Spiel haben oder ganz einfach zu schwach ausgelegt wurden. Zu weiche, labile Ruderhörner können genauso die Ursache sein wie Billigservos mit mehr Spiel als Getriebe. Sind aber diese Punkte alle in Ordnung, so haben wir schon fast alles getan, was nötig ist, um mit dem Fluggerät tierisch herumheizen zu können. Aber nur fast alles. Es gibt nämlich noch mehr, was wir in diesem Sinne für die Sicherheit tun können. Diesbezüglich können wir bei den Großen etwas abschauen.
Bei denen sieht man häufig Massenausgleichsgewichte an den Rudern. Und was für die bemannte Luftfahrt gut ist, kann doch für unsere Modelle auch nicht schlecht sein. Aber bevor wir das auf unser Hobby übertragen, schauen wir uns das Prinzip erst mal etwas genauer an.
Grau ist alle Theorie
Eigentlich sollte das Ruder überhaupt keinen Grund zum Flattern haben, wo es sich doch gerade in der Mittelstellung so bequem machen könnte. Dass es trotzdem flattert, lässt sich mit allen Regeln der Physik und vielen Fachbegriffen erschöpfend begründen, doch das gehört in den Hochschul-Hörsaal. Also werden wir das Ganze lediglich stark vereinfacht betrachten.
Sowohl das Ruder als auch der Flügel bzw. das Leitwerk haben eine bestimmte Masse und einen dazugehörigen Massenschwerpunkt. Dass sich der Schwerpunkt jeweils irgendwo innerhalb dieser Teile befindet, ist einleuchtend. Der Schwerpunkt des Flügels bzw. der Flosse liegt also in Flugrichtung vor dem Ruderscharnier, der des Ruders dahinter. Da beide Massen durch das Scharnier verbunden sind, besteht zwischen diesen beiden Teilen eine dynamische Wechselwirkung, sobald Bewegung ins Spiel kommt. Diese dynamische Wechselwirkung ist nichts anderes als eine gegenseitige Beeinflussung durch deren Kräfte und Bewegungen. Mit einem einfachen Experiment kann dies leicht begreifbar gemacht werden: Wir hängen ein Höhenrudergestänge aus und bewegen das Rumpfende in schneller Folge auf und ab, wir schütteln es. Vor allem, wenn es sich um ein tiefes und schweres Ruder handelt, können wir deutlich fühlen, dass das Ruder eine im wahrsten Sinne des Wortes „kräftige“ Rückwirkung auf das Leitwerk hat. Die erwähnte Wechselwirkung ist hiermit also nachgewiesen worden, und zwar ganz ohne Theorie. Jetzt wundert es auch nicht mehr, dass so was ins Flattern geraten kann, sofern die Anlenkung das zulässt.
Die einfachste Lösung für das Auswuchten eines Ruders ist Ballast in der Ausgleichsfläche
Ganz anders sieht die Sache aus, wenn der Schwerpunkt des Ruders durch ein Gegengewicht zum Scharnier hin, also in den Drehpunkt, verlagert wird. Ein einfacher Versuch macht den Unterschied schnell deutlich. Dazu nehmen wir einen Bleistift, der aber noch möglichst lang sein sollte, halten ihn am Ende locker mit zwei Fingern (Zeigefinger unterhalb und Daumen oberhalb des Bleistiftendes) in waagerechter Lage und lassen ihn auf- und abwippen. Klar, das ist nichts anderes als der Versuch mit dem Rumpf, wobei hier die Hand das Leitwerk darstellt und der Bleistift das nicht ausgewuchtete Ruder. Dabei ist deutlich ein „Eigenleben“ des Stifts zu spüren. Nun simulieren wir ein ausgewuchtetes Ruder. Dabei halten wir den Stift in der Mitte, also genau an seinem Schwerpunkt. Der Unterschied ist deutlich. Da zappelt absolut nichts mehr, und der Bleistift liegt willenlos zwischen den Fingern. Genauso verhält sich die Sache auch beim Ruder. Sobald dieses ausgewogen ist, zappelt auch hier nichts mehr beim Schütteln. Der Unterschied ist nur, dass wir beim Bleistiftversuch den Drehpunkt in den Schwerpunkt verlegt haben, beim Ruder jedoch müssen wir den Schwerpunkt mittels Gegengewicht zum Scharnier hinbringen.
Auch bei einem Voll-GfK-Modell lässt sich nachträglich ein Ausgleichsgewicht anbringen, wie bei diesem »Beaver«-Leitwerk: Öffnung schaffen, Bleischrot einfüllen und mit Harz fixieren, wobei die Nase beim Einharzen nach unten zeigt, damit der Ballast in die vorderstmögliche Position gelangt.
Alles klar? Nein! Da wäre nämlich noch der Fall, bei dem sich bauartbedingt kein Gegengewicht anbringen lässt. Ganz hilflos sind wir aber auch hier nicht. Die Antwort gibt uns wieder unser bewährter Bleistiftversuch, den wir jetzt zuerst mit dem Bleistift und dann mit einem Trinkhalm durchführen, beide jeweils am Ende gehalten. Dabei lässt der Trinkhalm aufgrund seiner wesentlich geringeren Masse kaum noch eine Rückwirkung an der Hand spüren. Auf das Ruder übertragen bedeutet das, dass die Flattergefahr mit der Masse des Ruders steigt. Wenn also kein Auswuchten möglich ist, sollten wenigstens die Ruder so leicht wie möglich sein.
Lastenausgleich
Grundsätzlich gibt es mehrere Möglichkeiten, ein Ausgleichsgewicht anzubringen. Am einfachsten ist es, diesen Ballast in der Ausgleichsfläche eines Ruders möglichst weit vor dem Drehpunkt zu platzieren (siehe Fotos). Ist das nicht möglich, weil das Ruder keine Ausgleichsfläche hat, so wird das Gewicht in der Regel an einem Gestänge befestigt, das vom Ruder aus nach vorne unter die Tragfläche ragt, wie man das oft bei Querrudern manntragender Flugzeuge sieht. Solche Gestänge zeigen grundsätzlich schräg nach unten, um den notwendigen Ruderausschlag nicht einzuschränken. Der Winkel zur Waagerechten ist vom notwendigen Ruderausschlag abhängig und muss bei der Auslegung schon im Voraus berücksichtigt werden. Im Fall meines »Piper«-Querruders kann dieses Gewicht von unten in die Tragfläche eintauchen.
Somit sieht diese Konstruktion recht aufgeräumt aus. Sie hat obendrein den Vorteil, dass sich nichts dran verhaken kann. Wie es geht, zeigen die Bilder.
Für die beschriebene Lösung beim »Piper«-Querruder wurde der Ballastträger aus Sperrholz gefertigt. Der hintere Teil ist der Form der Querruder-Rippen angepasst.
Der Hebel wird probeweise eingesetzt – passt!
Hier wird klar, warum der Hebel so eine eigenwillige Form hat. Zum einen muss er an den Holmen vorbeikommen, andererseits darf er bei maximalem Ruderausschlag nicht von innen gegen die obere Flügelbespannung drücken.
Beim Aufballastieren ist wegen der später hinzukommenden Bespannung noch etwas Zugabe notwendig. Wenn wir am Ende nur wenig danebenliegen, ist das nicht schlimm.
Die Praxis
Bei mehreren Modellen habe ich die Ruder schon mit Massenausgleich versehen und bisher immer nur gute Erfahrungen
gemacht. Dabei ist das Verhindern des Ruderflatterns nicht der einzige positive Effekt. Hinzu kommt, dass ein ausbalanciertes Ruder mit einem kleineren Servo auskommt. Noch besser, man belässt die Servogröße wie gehabt und und bekommt somit einen Zuwachs an Sicherheit. Außerdem verhindert der Massenausgleich, dass auch bei einer noch so harten Landung Stöße auf das Servo übertragen werden. Betrachtet man die Energiebilanz der Stromversorgung, so kommt ein weiterer positiver Aspekt hinzu. Vor allem große schwere Ruder belasten die Servos zusätzlich durch ihr Eigengewicht, was mit Massenausgleich nicht der Fall ist. Wir sparen also auch noch wertvolle Energie.
Das Endergebnis kann sich sehen lassen. Bei Neutralstellung der Ruder hat das Gestänge die Form eines Abweisers, damit sich absolut nichts darin verhaken kann.
Endabnahme: Der größtmögliche Ruderausschlag nach unten ist auf jeden Fall ausreichend.
Nur beim Querruderausschlag nach oben kommt das Gegengewicht zum Vorschein.
Am flugfertig aufgebauten Modell ist der Gewichtsausgleich nur dann zu sehen, wenn man sich drunter legt.
Im Fall der erwähnten »Piper« (2,80 m, 10 kg, ZG-62, Standard-Servos) hat der Massenausgleich seine Feuerprobe mit Bravour bestanden. Alle Ruder sind vollständig ausgewuchtet. Niemals gab es auch nur die geringsten Anzeichen von nervösen Rudern, trotz meines bekannt einsatzfreudigen Flugstils. Dazu muss ich zu meiner Schande gestehen, dass dieses Modell alles fliegt, was eine »Piper« eigentlich gar nicht darf, einschließlich senkrechtem Auf- und Abstieg, über Rollen und Messerflug bis hin zum Außenlooping! Und das mit normalen Standard-Servos. Seit über drei Jahren wird diesem Modell immer wieder ein baldiges Ende prophezeit, aber diese Propheten wissen eben nichts von den eingebauten Beruhigungsmitteln.
Mein Fazit
Der Massenausgleich lässt die Gefahr des Ruderflatterns gegen null gehen, er schont die Servos und spart Strom. Na, wenn das nicht genügend Gründe sind, die Ruder auszuwuchten! Bei mir ist es jedenfalls obligatorisch, wenn irgend möglich. Der Mehraufwand während der Bauphase ist gering, im Nachhinein wird’s schwieriger. Wenn man aber einen Flatterkandidaten besitzt, lohnt sich auch ein nachträgliches Umrüsten allemal. Generell gilt aber immer der Grundsatz: Das Flattern soll man den Vögeln überlassen, die sind nämlich dafür ausgelegt – unsere Modelle jedoch nicht!
Nachschlag
Pünktlich zur Fertigstellung dieses Artikels hat der Zufall noch eins draufgesetzt, und das passte wie die Faust aufs Auge: Nach langer Pause flog ich wieder meine alte »Messerschmitt M27b«, als plötzlich ein Querruder ins Flattern geriet. Ein blitzschneller, beherzter Griff ins Höhenruder bei gleichzeitiger Gaswegnahme hatte die Wirkung einer Vollbremsung und konnte das Flattern noch rechtzeitig stoppen, bevor das Modell Federn lassen musste. Schnell wurde klar, dass die Anlenkung des betroffenen Querruders zerstört war, denn dieses hatte keine Funktion mehr und hing leicht nach unten. Nun galt es, die Langsamflugeigenschaften des Oldies voll auszureizen und das havarierte Modell vorsichtig zu Boden zu bringen. Nach geglückter Landung war der Fehler schnell gefunden: Der Servohebel war gebrochen. Ein kurzes Nachdenken machte mir bewusst, dass dieser etwa 20 Jahre alt sein musste. Da er aus Kunststoff ohne Faserverstärkung besteht, war er im Lauf der Jahre durch das Ausdiffundieren der Weichmacher spröde geworden. Die Vierkant-Passung wirkte dann zusätzlich noch wie eine Sollbruchstelle. Durch Schaden wird man klug, heißt es. Das gilt aber nur, wenn man den Wink des Schicksals versteht. Ich verstand diesen und inspizierte sofort den Hebel des zweiten QR-Servos. Volltreffer! Auch dieser war am Vierkant bereits deutlich sichtbar angerissen. Es wäre also nur eine Frage der Zeit gewesen, bis sich auch dieser verabschiedet hätte. Dass ich am selben Tag noch alle meine Modelle auf dieses Kriterium hin untersucht habe, versteht sich von selbst. Bei dieser Aktion habe ich dann noch zwei weitere Problemkandidaten bei anderen Modellen gefunden. Obwohl diese Hebel noch intakt waren, wurden sie ebenfalls ausgewechselt. Selbst die noch unbenutzten Servohebel dieser Bauart habe ich umgehend aus meinem Fundus entfernt und über den Hausmüll schadlos entsorgt.
War der gebrochene Servohebel Ursache oder Folge des Ruderflatterns? Beides wäre denkbar gewesen. Im vorliegenden Fall war er eindeutig die Ursache.
Dieser Servohebel wurde noch rechtzeitig ausgetauscht. Der Anriss (Pfeil) ist schon deutlich zu sehen.
So weit, so gut, was hat jedoch ein gebrochener Servohebel mit dem Gewichtsausgleich zu tun? Wäre die Geschichte mit ausgewuchteten Rudern anders verlaufen? Aber sicher, denn ein ausgewogenes Ruder bleibt in der Regel auch ohne Anlenkung sauber im Luftstrom stehen ohne zu flattern. Außerdem kann es nicht durch sein Eigengewicht herunter hängen und das Modell aus einer neutralen Flugbahn drängen. Die Auswirkung hätte sich also lediglich auf eine verminderte Querruderwirksamkeit beschränkt, und der Husarenritt auf Messers Schneide wäre mir erspart geblieben. So aber hätte mich der fehlende Gewichtsausgleich fast ein wertvolles Modell gekostet.