Flugvermessung bei F3F

Jojo26

User
Hallo Martin,

... toll, dass Du es angegangen bist. Dein Aufbau sieht ja geradezu elegant aus - und sehr sauber gemacht. Klasse!

Ich bin schon gespannt auf den Abgleich unserer Ergebnisse. Dadurch entsteht gleich mehr Sicherheit, ob man nicht doch etwas übersehen hat.

Für die Aufbereitung der Messdaten in Excel verwende ich 2 Filter
  • einen einfachen Median-Filter der Breite 3, mit dem man sehr einfach die Peaks in der Länge eines Zeitintervall wegbekommt (s.a. MEDIAN-Funktion in Excel)
  • einen Gauss-Filter zum Glätten der Kurven ohne Spitzenwerte zu sehr zu beschneiden. Ich hatte hier verschiedene Filter getestet, aber der Gauss-Filter hatte die besten Eigenschaften.
Sag Bescheid, wenn ich Dir hier unterstützen kann.

Viele Grüße

Jochen
 

overberg

Vereinsmitglied
Ich habe bis jetzt die Daten noch nicht gefiltert, schaue mir erstmal die Rohdaten an. Beim Gaussfilter komme ich dann später gern auf Dein Angebot zurück!

Grundsätzlich habe ich mir überlegt, bei der Auswertung von F3F-Daten die im Flugzeug enthaltene Energie aus Geschwindigkeit und Höhe zu betrachten, um dadurch die Phasen im Kurs zu erkennen, wo ich Energie verliere und wo ich gewinne.

Die Energiebetrachtung macht auch bei der folgenden Figur in der Ebene Sinn, mit der ich später die Snap-Flap-Einstellungen optimieren möchte:
  • Flieger aushungern,
  • senkrechter Fall nach unten,
  • 180° Bogen,
  • senkrechtes Aufsteigen nach oben bis zum Stillstand
Das kann man aus einem Hochstart ein paar Mal wiederholen.

Die Höhe wird dabei immer wieder in Geschwindigkeit umgesetzt und diese dann wieder in Höhe; dabei sollte die Summe aus potentieller und kinetischer Energie aufgrund der Verluste kontinuierlich abnehmen, wenn keine Thermik im Spiel ist. Wichtig bei der Figur: Nicht die komplette Höhe über Grund in Geschwindigkeit umwandeln…

Jedenfalls ist mir bei dieser Figur aufgefallen, dass die Messwerte für die Höhe im Bereich des Bogens (größere Beschleunigungen, etwa 10 g) nicht plausibel sind. Weiter oben kam ja schon der Hinweis, dass die Drucksensoren je nach Einbaulage auf Beschleunigungen reagieren können. Das ist aber hier glaube ich nicht das Problem, ich habe als Ursache eher die gewählte Platzierung über den Rumpf im Bereich der Tragflächen ausgemacht. Bei hohen Beschleunigungen muss der Tragflügel viel Auftrieb liefern, dadurch sinkt der Druck über dem Flügel und dies wird vermutlich vom barometrischen Höhensensor als größere Flughöhe interpretiert.

Um dies zu untermauern, habe ich das vor Jahren (leider ohne Prandtl-Sonde) gekaufte Logger-System reaktiviert und auch noch installiert. Ein weiteres Gehäuse über der Abziehhaube mit drei „Zimmern“ für Höhensensor, GPS-Empfänger und Logger nimmt die Teile auf. Diesmal habe ich mir nicht noch die Mühe gemacht, das Sperrholz zu lackieren, weil das ja eh nur ein Zwischenstadium zum Ausprobieren ist.
Viel Isolierband kaschiert aerodynamische Sünden:

IMG_6717_crop.jpg


Die Prandtl-Sonde habe ich für bessere Überlebenschancen auch etwas höher gesetzt.

Der Höhensensor befindet sich in der ersten Kammer. Diese ist zur nächsten Kammer hin luftdicht abgedichtet und auch sonst nach außen möglichst dicht abgeklebt. Die auf dem Bild erkennbaren kleinen Öffnungen in den Seitenwänden sind zum Abgreifen des Umgebungsdrucks.

Diese Sensorposition über der Haube liefert Höhenwerte (blau), die auch im Bereich des Abfangbogens plausibel aussehen:
2020-11-07_Vergleich_original.png



Verglichen sind hier die Messwerte der beiden Sensoren. Der unharmonische Verlauf des Signals vom Sensor im Tragflächenbereich ist bei den beiden Abfangbögen bei 169 s und 176 s gut erkennbar.

Dieser Sensor liefert auch stets etwas höhere Werte. Die Ursache dafür kenne ich noch nicht, vielleicht hat es auch etwas mit dem Unterdruck zu tun. Ich werde im nächsten Schritt wahrscheinlich erstmal die Position der Systeme tauschen und dann schauen, was rauskommt.

Der Beschleunigungssensor sitzt dann allerdings etwa 15-20 cm vor dem Schwerpunkt und wird die Nickbewegungen des Rumpfs stärker mitbekommen. Mal sehen, wie stark sich das auswirkt.

Gruß,
Martin
 

overberg

Vereinsmitglied
Vor einer Änderung der Sensoranordnung habe ich den letzten Wochen erst einmal noch weitere Flüge durchgeführt. Die zuletzt gezeigten Ergebnisse haben sich dabei nur zum Teil bestätigt. Und leider sind mit den neuen Messergebnissen mehr Fragen aufgekommen, als beantwortet wurden.
  • Bestätigt hat sich beim Abfangbogen der plausiblere Verlauf der gemessenen Höhe des Sensors im Haubenbereich.
  • Nicht bestätigt hat sich die Tendenz, dass der Sensor im Tragflügelbereich höhere Werte liefert. Im Gegenteil, bei den weiteren Flügen war die Tendenz bei den ersten Wiederholungen erst umgekehrt, zuletzt dann wieder wie bei den ersten Flügen.
Ich habe mich also auf Ursachensuche begeben.

Barometrische Höhenmessung

Wenn man sich mal ansieht, wie klein die Druckabnahme mit der Höhe ist und dass es auch noch verschiedene Einflussgrößen gibt, die die Umrechnung von Druck in Höhe beeinflussen, dann wundert man sich (ich zumindest), wie gut es trotzdem funktioniert.

Hier ist eine gute Zusammenfassung: http://www.gerd-pfeffer.de/atm_altimeter.html

Folgende Werte sind dort angegeben:

Temperatureinfluss
„wahre Höhe“ = QNH-Höhe ± 0,4 % pro K Temperaturabweichung vom ISA-Standard
Den Erklärungen nach ist die QNH-Höhe die um den Temperatureinfluss verfälschte Höhe über dem Meeresspiegel.

Beispiel:
Unsere Landebahn liegt 77 m über Meeresspiegel. Die tatsächliche Lufttemperatur betrage unabhängig von der Höhe 30 °C.
Der Abweichung der Höhenanzeige ist dann
6,2 % entsprechend knapp 5 m auf Höhe der Landebahn
6,7 % entsprechend knapp 19 m in einer Höhe von 200 m über Platzniveau, d.h. 277 m über Meeresspiegel

Bei meinem alten Höhenlogger (Haubenbereich) steht in der Anleitung, dass er temperaturkompensiert ist. Bei dem neuen weiß ich es nicht, er wird aber vermutlich auch temperaturkompensiert sein.

Warum habe ich 30°C als Beispiel gewählt? Der Unilog zeichnet auch eine interne Temperatur auf, da sehe ich bei einigen Flügen 30°C, obwohl es November war. Allerdings kann sich bei Sonneneinstrahlung das Gehäuse schön aufheizen, ich habe ja eine klare Abdeckung als Deckel, Stichwort Treibhaus.
Der Unilog Sensor sitzt dabei sogar in dem "undichten" Gehäuse über der Tragfläche, das nach unten offen ist. Hier wird es etwas Luftaustausch geben. Für den alten Höhenlogger dagegen hatte ich ja extra eine möglichst zugfreie Kammer gebaut, diese wird sich wahrscheinlich noch mehr aufheizen.

Wenn der Höhensensor nun die Temperaturkompensation mit einer vermeintlichen Lufttemperatur 30°C durchführt, obwohl das Novemberwetter in etwa der Temperatur nach ISA-Standard entspricht, dann kommt es zu den oben aufgezeigten Messfehlern.

Einfluss des Luftdrucks
Auf der oben erwähnten Seite findet sich auch:
1000 hPa auf 1010 hPa erhöht die Anzeige um 10 x 30 ft = 300 ft, also um ca. 90 m.
1 hPa macht also 9 m aus. Hier habe ich keine Erfahrung, wie stark sich der Luftdruck während eines Fluges ändert. Sollte sich ja darin äußern, dass die angezeigte Höhe bei der Landung nicht der Starthöhe entspricht. Ich gehe davon aus, dass der Einfluss für mein Vorhaben nicht relevant ist.

Bei den durchgeführten Aufzeichnungen findet sich nur ein einziger Flug (von etwa 20), bei dem ich zeitweise eine gute Übereinstimmung der angezeigten GPS-Höhen sehe. Den entsprechenden Bereich habe ich hier eingerahmt:
2020-11-29_Vergleich_original_Zeitstempel_Rahmen.png

Im obigen Diagramm sind die Messwerte so dargestellt, dass der GPS Zeitstempel übereinstimmt. Der GPS-Sensor im Haubenbereich zeichnet nur reine GPS Daten auf. Beim Sensor im Tragflügelbereich wird - soweit ich informiert bin - beim Einschalten der Höhenwert vom GPS-Sensor genommen und dann anschließend mit dem Drucksensor weitergearbeitet. Er reagiert daher deutlich dynamischer.

Die Übereinstimmung im eingerahmten Bereich lässt sich noch verbessern, wenn ich die Werte um 2 Sekunden gegeneinander verschiebe:
2020-11-29_Vergleich_2_Sekunden_Versatz.png

Der Erkenntnisgewinn aus den weiteren Übungen ist relativ klein: Dass die barometrische Messung für schnelle Änderungen der Höhe besser geeignet ist als GPS war ja schon vorher bekannt. Für die Unterschiede in den gemessenen barometrischen Höhen vermute ich als Ursache die Temperatur, kann das aber anhand meiner Ergebnisse nicht bestätigen.

Die Anordnung der Messtechnik über dem Tragflügel erweist sich für mich als deutlich praktikabler als über der Haube. Aktuell überlege ich daher, den GPS-Logger mit den Beschleunigungssensoren doch an der Position über dem Tragflügel zu lassen, wo er ist.
Vielleicht eingebaut in eine Druckkammer, die dann über einen Schlauch/ein Rohr mit Umgebungsdruck gespeist wird, den ich am liebsten irgendwo hinter dem Flügel über dem Rumpf abgreifen würde. Aufgrund der vorherigen Überlegungen sollte die Druckkammer sonnengeschützt sein und gut von Luft umspült, damit der Sensor trotzdem Umgebungstemperatur hat.

Mal sehen wie es weitergeht. Sachdienliche Hinweise sind willkommen!

Grüße aus dem sonnigen Herzebrock,
Martin
 
Hallo Martin,
Wenn du ein "echtes" Prandtlrohr verwendest dann hast du zwei Druckanschlüsse - den Gesamtdruck (vorne) und den statischen Druck (üblich mehrere Löcher am Umfang des Rohres). Der statische Druck wäre jener den ich auf das Vario legen würde. Ich bezweifle es von meinen Erfahrungen mit Druckmessungen an Rennfahrzeugen, dass du an irgendeiner Stelle am Flugzeug einen realistischeren statischen Druck als den am Prandtlrohr abnehmen kannst.
Lieber Gruß aus Graz
Volker
 

overberg

Vereinsmitglied
Hallo Volker,

danke für den Tipp, werde ich probieren!

Fraglich war für mich noch, ob der Effekt beim Abfangbogen wirklich nur vom Unterdruck aufgrund des Auftriebs kommt oder ob eventuell doch der Höhensensor (auch noch) von der Beschleunigung mit beeinflusst wird. Dazu habe ich mich gestern noch ein wenig sportlich betätigt und den Rumpf größeren Beschleunigungen ausgesetzt (geschleudert). Der Höhensensor hat sich davon aber nicht beeindrucken lassen.

Somit bin ich recht optimistisch, dass es klappt, wenn ich den richtigen Druck mitbekomme. Ein Fragezeichen ist noch, ob die kleinen Bohrungen an der Sonde über den Schlauch (ca. 1 mm Innendurchmesser) ein relativ großes Volumen schnell genug speisen können. Das wird sich dann zeigen.

Grüße,
Martin
 
Hallo Martin,
Drucksensoren haben üblicherweise eine Membran aus einer Metalllegierung oder Mineralien. Die Dicke und damit das Gewicht der Membran ist minimalst. Die Beschleunigung wirkt auf die Masse der Membran und, wie von dir im Schleuderversuch gemessen, ist ein Einfluss auf die Höhenmessung unerheblich.

Bezüglich der Dämpfung in dem kurzen Schlauch denke ich das diese sich im Bereich von max. 50Hz befinden wird. Das bedeutet wenn du langsamer als mit 50Hz die Daten erfasst, du dort auch nichts sehen wirst. Die Leitung ist ja eine "Sackgasse" und sobald an den Löchern des Prandtlrohrs sich der Druck ändert, würde bei einem inkompressiblen Medium dieser sofort auch an der Drucksensormembran anliegen. Luft ist kompressibel und somit ist die Dämpfung, wie von dir erwartet, abhängig vom Volumen der "Sackgasse". Bei deinen kurzen Leitungslängen würde ich mir kein Gedanken machen bevor Messdaten etwas anderes vermuten lassen.

Ich bin gespannt auf deine Messungen ... viel Erfolg wünsche ich dir.
Lieber Gruß aus Graz
Volker
 
Hi,
Bei F5D Messungen haben wir komische Speed Effekte bei Messungen mit Prantelrohr in den Wenden gesehen - Da der Differenzdrucksensor misst mit einer Membrane, wollten wir G Einflüsse untersuchen: Wir haben den Sensor mal auf dem Futter einer Drehbank befestigt und die Drehzahl entsprechend unserer Beschleunigung in der Wende (40G) eingestellt.
Ergebnis: Der SM Unilog Differenzdrucksensor vom Speedrohr reagiert sehr deutlich auf Beschleunigungen - Ich habe die Werte nicht mehr im Kopf aber bei 40G waren es 20-30Km/h die er auf der Drehbank anzeigte - rein durch G-Kräfte.

40G ist natürlich sehr viel was du beim Abfangbogen nicht haben wirst... Aber rechne doch mal aus wie viel und mache eine Ähnliches Experiment auf der Drehbank, da kann man schön die G-Kräfte simulieren.

Gruß Christoph
 
Hallo Christoph,
Lieben Gruß nach Köln habe bis zu meinem 50igsten in der Kölner Umgebung gelebt (Pulheim>Junkersdorf>Königsdorf und dann Richtung Eifel) und bin bis 1982 beim MFC Apollo Butzheim geflogen.
Dein Versuch ist interessant. Erlaube mir folgende Fragen:
War bei deinem Versuch der Druckanschluss verschlossen um Ventilationseffekte zu unterbinden?
Habt ihr den Versuch mit verschiedenen Positionen (x/y/z) des SM Unilog durchgeführt? Es sollte eigentlich nur einen Beschleunigungseinfluß auf die Membran geben wenn der Beschleunigungsvektor im (ungefähren) Lot auf die Planfläche der Membran wirkt. Querab sollte kein Einfluß vorhanden sein.

Lieber Gruß aus Graz
Volker
 
Hi Volker,
genau in der Umgebung von Köln wohne ich :)

Bei dem Versuch haben wir beide Kammern mit einem Stück Schlauch "Kurzgeschlossen" um Ventilationseffekte zu unterbinden. Wenn wir den Sensor 90° gedreht hatten war der Effekt deutlich reduziert. Ein Rauschen war aber immer noch messbar (vermutlich durch Vibrationen?)

In Flugversuchen konnte ich durch das Drehen des Sensors diesen Effekt nicht widerholen. Dort hatte wir (haben zu zweit unabhängig mit verschiedenen F5D Modellen geloggt) unabhängig, in jeder Einbaulage des Sensors einen starken Speedanstieg in der Wende. Ob das an einem zusätzlichen Druckanstieg im Rumpf, der auf das Gehäuse drückt oder die G-Belastung auf die Schläuche oder an etwas ganz anderem liegt haben wir bis heute nicht herausgefunden bzw. irgendwann nicht weiter untersucht. Das Messequitment ist doch eher einfach und für solche Beschleunigungen nicht entwickelt.

Der Sensor ist aus Platzgründen halb im Flügel, halb im Rumpf eingebaut.
IMG-20120904-WA0006.jpg


Ich schaue mal ob ich die Drehbank-Logs und Bilder finden kann...

Gruß Christoph
 

overberg

Vereinsmitglied
Es geht ganz langsam und in kleinen Schritten weiter.

Zur Erinnerung, mein barometrischer Höhensensor ist im Logger integriert und sitzt im Bereich über der Tragfläche. Bei Manövern mit hohen Lastvielfachen scheint die Höhenmessung durch die Druckverhältnisse über dem Flügel verfälscht zu werden.

Ich habe den Tipp umgesetzt, den Umgebungsdruck an der Prandtlsonde abzugreifen. Die Herstellung eines T-Stücks hat nicht gut geklappt, daher habe ich einen dritten Anschluss angelötet, das ging sehr einfach.

IMG_20210614_195311788_crop.jpg


Die beiden Original-Anschlüsse (weiß und blau) gehen zum Geschwindigkeitssensor, der neue dritte Schlauch (ist weiß, müsste der Logik halber blau sein...) geht in Richtung Logger.

Für den Logger selbst habe ich eine kleine Kiste aus Sperrholz gebaut mit einem Röhrchen für den Druckanschluss:
IMG_20210613_220213325_crop.jpg


Die Kabeldurchführungen habe ich mit reichlich Weißleim abgedichtet in der Hoffnung, dass ich das noch einmal los bekomme.

Fertig angeschlossen und mit reichlich Aerodynamik-Tape verkleidet:
IMG_20210614_195258397_crop.jpg
 

overberg

Vereinsmitglied
Mit dieser Anordnung habe ich den Schleudertest wiederholt, den ich im Herbst letztes Jahr schon mal gemacht hatte.

Dabei hatte ich ja festgestellt, dass die Höhenmessung nicht aufgrund der Beschleunigung verfälscht wird. Hier die Auswertung der damaligen Aufzeichnung:
Schleuder_Herbst_1.jpg


Die Diagramme zeigen gemessenen Beschleunigungen auf der linken Achse und den Messwert für die Höhe auf der rechten Achse.
Im oberen Bild der erste Versuch, unten der zweite mit etwas mehr Schmackes.

Schleuder_Herbst_2.jpg


Der Messwert des Höhensensors hat nur sehr geringe Ausschläge; im Flug hatte ich ja bei 10 g geschätzt etwa 10 m als Beeinflussung.


Bei der Wiederholung dieses Tests mit der neuen Anordnung (Logger in Kiste, Umgebungsdruck vom Prandtlrohr abgegriffen) bin ich nun erstaunt, dass jetzt ein deutlicher Zusammenhang zwischen Höhensignal und Beschleunigung zu erkennen ist:

Schleuder_Sommer_1.jpg

Schleuder_Sommer_2.jpg


Siehe oben, ca. 4-5 m Höhenausschlag bei etwa 20 g. Allerdings habe ich den Logger bei dieser Messung falsch herum eingebaut, oben und unten vertauscht, die z-Beschleunigung ist dadurch negativ. Ich habe die linke Achse umgedreht damit die Darstellung passt.

Also die Kiste umgedreht, Messung wiederholt und siehe da, jetzt gibt es wieder kaum Einfluss:

IMG_20210616_174248725_crop.jpg

Schleuder_Sommer_3.jpg

Schleuder_Sommer_4.jpg


Komisch. Ausschlag nur ca. 1 m, und der ist sogar halbwegs plausibel, weil der Rumpf vorher knapp über dem Boden hängt und bei der Rotation etwa auf Schulterhöhe.

Ich nehme das jetzt mal so hin, freue mich, dass es jetzt halbwegs passt und werde dann wieder berichten, wenn es Messwerte von Flügen gibt.

Grüße aus Herzebrock,
Martin
 
Servus Jochen,

Ich verfolge jetzt schon seit langer Zeit still deine Beiträge (Xoptfoil, Flugvermessung und Profiloptimierung) und bedanke mich für deine Arbeit und dass Veröffentlichen im RCN!

Als ich vor kurzem einen meiner Rümpf beschädigt habe, habe ich kurzerhand nach der Reparatur auch ein bisschen Sensorik zum Mitloggen eingebaut. Anstelle von Unilog, setzte ich einen Flightcontroller, GPS und Differenzdrucksensor aus dem Drohnenbereich ein. Normalerweise könnte der Flightcontroller auch benutzt werden, um den Flieger zu stabilisieren oder autonome Missionen fliegen zu lassen. In meinem Fall benutze ich ihn aber nur zum Mitloggen. Ein weiterer Vorteil ist, dass neben den reinen Sensordaten auch gleich die gefilterte Fluglage zu jedem Zeitpunkt im Flug mit geloggt werden kann. Mit etwas fummelei hat das Ganze sogar in den Rumpf gepasst.
20210615_204155.jpg

Flight Controller mit GPS Modul.
20210615_203429.jpg

Pitot Sonde und TEK Duesse.
20210615_203503.jpg

Loch im Carbon-Rumpf für das GPS.


Vor einiger Zeit habe ich auch die ersten Messdaten gesammelt. Wegen Unistress zum Semesterende bin ich noch nicht wirklich zum Auswerten gekommen, auf den ersten Blick erscheinen die Daten aber als ganz brauchbar.
Der Flug dauerte eine knappe Stunde, dementsprechend gross ist der Datensatz geworden. Geflogen wurde am Braunsberg bei Sud-Ost Wind mit ~5-8m/s (wenn ich mich richtig erinnere). Die geflogenen Zeiten schwankten zwischen 50 und 60 Sekunden. Zwischen den F3F Flügen am Hang wurde immer wieder Thermik geflogen und Höhe aufgebaut, dass ist auch recht gut im Verlauf der Geschwindigkeit und der Beschleunigung ersichtlich.

Acceleration.jpg

Beschleunigung über den gesamten Flug. Die Z-Achse ist in der Flugmechanik negativ, positive G-Kräfte erzeugen also negative Beschleunigungen. Im Thermikflug entspricht die Beschleunigung den erwarteten ~9.81m/ss, im F3F wachsen sie bis maximal 7g (76m/ss).
G Histogram.jpg

Histogram der G Beschleunigungen.

Airspeed.jpg

Aerodynamische Geschwindigkeit, gemessen mit dem Differenzdrucksensor. Im Thermikflug Geschwindigkeiten von ~15m/s, im F3F zwischen 20 und 30m/s.

Ca Histogram.jpg

Verteilung der geflogenen Auftriebsbeiwerte. Auf der Y-Achse ist die Wahrscheinlichkeit ersichtlich.
2.5% (0.025*100) des Fluges F3F Fluges werden in diesem Beispiel mit einem Auftriebsbeiwert von Ca = ~0.18 geflogen.
Die Anhäufungen im Bereich 0.1-0.2 und 0.4-0.5 lassen sich durch den geradeaus Flug und die Wenden erklären.
In der blauen Verteilung sind die höhere Auftriebsbeiwerte vom Thermikfliegen bei hohen Cas ausgeprägter.

GE.jpg

GPS Log.

Interessant wären natürlich auch Messungen bei anderen Bedingungen, mehr Wind, schnellere Zeiten, etc.
Im laufe des Sommers werde ich da sicher noch ein wenig zum Loggen kommen.

Die Daten sind zur freien Benutzung angehängt, ich mich aber freuen wenn etweilige Ergebnisse auch hier veröffentlicht werden.
Link zu den Daten: https://1drv.ms/u/s!Ao63kxuQFaB8jrVZ6iCHhK3YjFi7yg?e=xc9fjb

Liebe Grüße,
Thomas
 

Jojo26

User
Hallo Thomas,

... klasse, dass Du bei den Messungen mit eingestiegen bist - und dann gleich noch mit einer tollen Darstellung der Ergebnisse. Danke!

Es scheint so, dass sich die ersten "Daumenwerte" herauskristallisieren: ca 25 m/s --> ca. Ca = 0,15, Wenden kanpp Ca = 0,5

Mit welcher Flächenbelastung warst Du beim Messflug unterwegs?
Es wäre klasse, wenn Du noch ein "Zoom-In" mit Geschwindigkeit und Ca für ein Zeitfenster von 10s beim F3F-Flug zeigen könntest.

Viele Grüße

Jochen

(ich hoffe, im September mit dem neuen "Messflieger" in Dänemark zu weiteren Erkenntnissen zu kommen)
 
Das Gewicht lag bei 3kg mit einer Flügelfläche von 0.5688m2. --> 5.27kg/m2 (52,74g/dm2)

Ich habe einmal einen F3F Flug heraus genommen und etwas detaillierter geplottet. Es wurde in dem Flug mit Sicherheit nicht perfekt geflogen, habe unteranderem einmal abgekürzt 😉. Es ist auch zu Berücksichtigen dass es sehr turbulent war und es einen starken Seitenwindanteil gab.

TopViewCourse.jpg

Die Gegenwindwenden wurden im allgemeinen um einiges enger geflogen. Die Geschwindigkeit über Grund ist auch durch die Größe der einzelnen Pfeile etwas ersichtlich. Die Position der Wenden ist durch die strichlierten Linien angedeutet.

CA&AIRSP.jpg

Der interessantere Plot. Der Einflug erfolgte nach etwas höhe aufbauen im Thermikflug und nimmt im Verlauf des F3F Fluges kontinuierlich ab. Die strichlierten Linien kennzeichnen den Ein-, Ausflug und die Wenden.

LG Thomas
 

Jojo26

User
Eine neue Messreihe F3F – Teil 1

Die Messreihen des vergangenen Jahres brachten zwar viele Erkenntnisse insbesondere auch ein besseres Verständnis der Zusammenhänge bzw. Abhängigkeiten beim Flug, machten aber am Ende auch deutlich, dass die erfasste Flugdynamik wohl noch ein gutes Stück von echter F3F-Dynamik entfernt war. Gründe hierfür sind …
  • Das eingesetzte Messflugzeug (kurz „Dickerle“) hatte 2 entscheidende Nachteile
    • Die große Rumpfquerschnitt hat zu hohen Einfluss auf die erzielbaren Fluggeschwindigkeiten
    • Die Flächen und Ruder, beplankt mit Sperrholz und ein wenig GFK, sind zu torsionsweich, um den notwendigen „Druck“ aufzubauen und um „zackig“ durch die Wende zu kommen.
  • Die limitierten Fähigkeiten des Piloten (also „ich“) einen wirklich schnellen Kurs zu fliegen… Das ein oder andere Mal rieb ich mir in den letzten Tagen die Augen, als ich zusehen konnte, wie ein Profi mein Modell bewegte: „Das ist doch nicht mein Flieger!“
  • Die Messungen waren noch zu unspezifisch, um wirklich neue Erkenntnisse für die Auslegung zu bekommen.
Deshalb wurde für 2021 ein neuer Anlauf „Flugvermessung F3F“ unternommen, um vielleicht ein wenig professioneller weitere Erkenntnisse zu gewinnen.


Das neue Messflugzeug

… ist ein Hybrid, aufgebaut mit einem „Device“-Elektrorumpf und neuen selbst gebauten Flächen. Der Elektrorumpf wurde gewählt, um genügend Platz für den Einbau der Sensorik zu haben und um in der Rumpfspitze die Prandtl-Sonde einfach einbauen zu können.

Die Flächen basieren auf dem neu entwickelten JX-GS-Strak und sind in einer Hybrid-Schalenbauweise aus Holz und einigem CFK aufgebaut. Der JX-GS-Strak ist relativ dünn mit 7,6% Dicke abnehmend auf 7% und einer eher geringen Wölbung von knapp 1,5% („Wölbklappenprofil“).

Daten des Messflugzeugs:

Spannweite: 2,90 m (mit Rumpf)​
Flächeninhalt: 55,5dm²​
Streckung: 15,2​

GewichtFlächenbelastungRe * Sqrt(cl) an der Wurzel
2300g41,8 g/dm²136.000
3050g (ballastiert)55,5 g/dm²157.000

Der neue Messflieger bereit zum Start …

Device_JX-GS.jpg



Die Sensorik

Verwendet wurde wieder das bewährte Equipment von SM-Modellbau bestehend aus
  • Speedsensor
  • UniLog 2 zum Anschluss des Speed Sensors
  • GPS Logger 3 für die Aufnahme der Beschleunigungsdaten und Aufzeichnung aller Messwerte
(inzwischen gibt es von SM-Modellbau das MicroVario das alle benötigten Sensoren in einem Mini-Gehäuse vereinigt)

Die Sensoren wurden zusammen auf einem kleinen Board befestigt, so dass die ganze Einheit einfach in den Rumpf geschoben werden kann und dort dann verschraubt wird.

Sensor_Board.jpg


Das Sensor-Board liegt hinter dem vorderen Teil der Flächenwurzel mit dem Beschleunigungssensor ungefähr am Schwerpunkt des Flugzeugs. Dahinter kommen noch die Servos für das V-Leitwerk.

Sensors_in_Fuselage.jpg


Kurz vor den anstehenden Messflügen stellte ich mit zunehmender Verzweiflung fest, dass der GPS-Logger kein GPS-Signal empfängt … (ich Dubbeler! CFK-Rumpf. Thomas zeigt in einem Beitrag weiter oben, wie der Sensor in dem Fall richtig eingebaut werden muss) … das der GSP-Logger wiederum nutzt, um die Aufzeichnung zu starten. Ich musste daher den Servo-Signal-Eingang opfern, um die Aufzeichnung nun manuell einzuschalten. Daher konnte bei den Messungen leider nicht das Höhenruder-Signal mit aufgezeichnet werden. Schade!

Das Prandtl-Rohr befindet sich auch diesmal „ausfahrbar“ in der Rumpfspitze. Eine aus Messing gedrehte Rumpfspitze übernimmt die Führung des Rohrs und dient gleichzeitig als Ballast so dass nur wenig zusätzliches Blei notwendig war.

Prandtl_Tube_in_Tip.jpg



Der Pilot

Wie es der Zufall will 😉, fand zu Beginn meines Dänemark-Mess-Urlaubs der F3F-Wettbewerb „Sloping Denmark“ in Hanstholm statt. Für mich war es eine große Freude viele Piloten, die ich bisher nur vom Lesen oder durch Email-Austausch kannte, nun einmal persönlich kennenzulernen. Die Atmosphäre auf dem Wettbewerb war super entspannt – nicht zuletzt auch wegen viel Sonnenschein und wenig Wind an den beiden letzten Tagen...

Als ich die dänischen Piloten fragte, ob zufällig einer der Piloten hier in der Nähe wohnt und dann noch Zeit und Lust hätte, F3F-Messflüge zu unternehmen, hob direkt ein „echter Wikinger“ die Hand „Yes, that’s me!“.

Christian Gøbel ist einer der “Shooting Stars“, der es durch sehr intensives Training innerhalb kurzer Zeit in die dänische Spitzengruppe geschafft hat.

Wir verabredeten direkt eine erste Eingewöhnungsrunde sobald der Wind einigermaßen passen würde. Auch wenn wir beide später bei den Flügen ziemlich aufgeregt waren – ich, weil ich hoffte, dass der neue Flieger nicht plötzlich in der Luft in 1000 Sperrholzteile zerbröselt und Christian, weil es nicht einfach ist, einen fremdem Flieger so ranzunehmen – hatten wir viel Spaß miteinander und freuten uns sehr an den gemeinsamen „Sessions“.

Christians Flugstil ist sehr gleichmäßig und rund. Er fliegt die Wenden normalerweise „mittelhoch“ mit einer hohen Präzision wie er sie auch hier bei der Landung unter Beweis stellt …

Precision_Landing.jpg


Bereits an dieser Stelle:
Christian, tusind tak! Det var en stor fornøjelse at være sammen med dig!


Das Mess-Programm

Es wurde ein kleines Programm mit unterschiedlichen Einstellungen und Flugstilen geflogen, um dabei den Einfluss auf die erfassten Messgrößen zu untersuchen. Geflogen wurde mit einer Einstellung jeweils eine F3F-Runde (9 Wenden), dann ging es in eine hohe „Parkposition“, die Einstellung wurde geändert und die nächste Runde gestartet. Ab und zu wurde eine Runde wiederholt, wenn Christian nicht zufrieden mit dem Flug war.
  1. Soft-F3F vs. normalem, aggressiveren F3F
  2. Flap-Setting „Thermik“ (4Grad) vs. „Cruise” (1 Grad) vs. “Speed” (0 Grad)
  3. Snap-Flap “On” vs. “Off” (Einstellung: 15% Totband mit max. 7 Grad bei Höhenruder-Vollausschlag)
  4. Flache Wende vs. hoch geflogene Wende
  5. To Stall – schrittweise engere Wenden bis „Absteller“ oder „Stall“ - Snap-Flap “On” vs. “Off”
Das Programm wurde in einem Durchlauf geflogen, was für den Piloten viel Konzentration erforderte und ziemlich anstrengend war. Wie sich später erwies, was der Ansatz aber genau richtig …

Geflogen wurde das Programm am „Haushang“ von Christian auf Mors (für Insider „Das Haus am See“) bei 5-6Bft (9-11m/s) und ca. 5 Grad Cross-Wind.

Der Hang ist mit ca. 10m nicht sonderlich hoch, trägt aber durch die gleichmäßige Anströmung über den Limfjord sehr gleichmäßig. Durch die zunehmende Bewölkung gab es nur geringen thermischen Einfluss.

Mors_Slope.jpg


Leider machte einer der piCam-Tracker zunehmend Probleme beim Erkennen des Durchflugs, so dass Christian dann nicht mit Wendesignalen fliegen konnte. Da er aber diesen Hang wie er sagt „Im Schlaf fliegen kann“ wird die Abweichung der Flugstrecke bei den Messflügen eher gering sein. Die F3F-Zeiten bewegten sich abgeschätzt auf Basis der Messdaten zwischen 40s und 45s

Die Protokollierung während der Flüge erfolgt mit hoch moderner Multi-Media-Technik…

Flight_Protocol.jpg



So viel in diesem ersten Teil. Im zweiten Teil dieses Beitrags wird dann zunächst eine statistische Auswertung der Messdaten beschrieben, um danach einzelne Flüge auf der Zeitachse zu untersuchen.

Viele Grüße

Jochen
 

Jojo26

User
Eine neue Messreihe F3F – Teil 2

Nachdem in Teil 1 die Vorgehensweise für die Erfassung der F3F-Messdaten beschrieben wurde, soll es jetzt an die Auswertung dieser Daten gehen.

Die Aufbereitung erfolgte nach der im ersten Beitrag dieses Themas beschriebenen Vorgehensweise:
  1. Mit „DataExplorer“: Selektion der relevanten Sensordaten und Zuschneiden des Betrachtungszeitraums von Einflug bis Ausflug aus der 100m langen F3F-Strecke (dies nur abgeschätzt über die Flughöhe)
  2. In „Excel“: „Taggen“ der Datensätze mit den jeweiligen Modelleinstellungen, Filtern und Glätten der Datenreihen, Ermitteln des Auftriebsbeiwerts und schließlich Darstellung mit Pivot- und Tabellengrafiken
Zunächst soll eine statistische Betrachtung der Daten erfolgen. Die Zeitachse spielt hierbei keine Rolle. Von Interesse ist hierbei vor allem, wie häufig sich das Flugzeug in einem bestimmten Flugzustand, beispielweise Geschwindigkeit und/oder Beschleunigung, befunden hat.

Es ist nicht ganz einfach, manchmal auch „gefährlich“, aus den gewonnenen Daten bzw. Darstellungen zu schnell Erkenntnisse ziehen zu wollen. Zum einen ist die Grundmenge des Datenmaterials noch relativ gering, zum anderen werden bei den Messungen weitere wichtige Einflussfaktoren nicht berücksichtigt. Beispielsweise bewegt sich das Modell dynamisch in dem (bewegten) System des Hangaufwinds. Unter anderem bemisst sich dadurch der Energiezustand des Modells nicht nur durch seine Höhe (Potentielle Energie) und seine Geschwindigkeit (kinetische Energie) sondern auch durch seine „Position im Hangwindsystem“ …

Daher werde ich im Folgenden meine vorsichtigen Folgerungen aus den jeweiligen Ergebnissen in kursiv schreiben und damit gerne zur Diskussion einladen.

Nun aber genug der Vorrede und rein in die Ergebnisse!


Geschwindigkeitsverteilung zweier Flüge

Eine erste, einfache Betrachtung der Geschwindigkeitsverteilung während eines Fluges eignet sich ganz gut zum Warmwerden für die späteren etwas diffizileren Betrachtungen.

Zunächst zwei Flüge, die mit den gleichen Vorgaben und Einstellungen geflogen wurden:
(Die Grafiken werden im Folgenden immer nur als Vorschaubild angezeigt, um den Beitrag kompakter zu halten)

Speed_Percentage_two flights.png
(Erläuterung: Der Datenpunkt mit (29m/s, 26%) sagt aus, dass 26% der Flugzeit zwischen 28,5 und 29,5m/s geflogen wurde)

Für mich hier erstaunlich zu sehen, mit welcher Konstanz Christian die beiden Flüge geflogen ist.

Welcher Flug war am Ende schneller? Es war Flug #0011, bei dem der Pilot häufiger mit 31 und 32m/s unterwegs war. Am Ende summierte sich das auf ca. 2s kürzere Flugzeit


Geschwindigkeitsverteilung bei gesetzten Klappen

Bei dem niedrig verwölbten Profil JX-GS entspricht eine Klappenposition von 0 Grad der Speedstellung, 1 Grad für schnelles Cruisen und 4 oder mehr Grad sind die „Thermikstellung“.

Speed_Percentage_flap_setting.png

Das Messergebnis überraschte dann doch – und doch nicht – da Christian bei den Flügen mit Speed-Stellung sagte „It’s faster!“. Die drei Flüge mit den 3 Klappenstellungen ergaben als ungefähre Zeit für Speed: 43s, für Cruise: 41s und für Thermik: 50s

Oh!

In der Geschwindigkeitsverteilung erkennt man gut, das die „Mitten-Geschwindigkeit“ bei Cruise höher ist als in der Speedstellung. Wenn’s richtig schnell wird mit über 30m/s ist wiederum die Speedstellung wiederum häufiger zu finden (die kurzen Abschnitte reichen aber nicht für den „Gesamtsieg“).

Wahrscheinlich führten diese kurzen schnellen Abschnitte für die Einschätzung „Speed is faster“. Und vielleicht spielt da auch die Psychologie mit rein …
Von der Auslegungsseite bestätigte sich das Bild, wo die 0 Grad-Stellung der Klappen erst bei Geschwindigkeiten höher 30m/s mehr und mehr Vorteile bringt.


Der Sachverhalt ist spannend genug, um noch ein wenig tiefer einzutauchen. Betrachtet man die mittlere Geschwindigkeit während 4s über die Zeitachse ergibt sich folgendes Bild bei den beiden Flügen in Speed- und Cruise-Stellung:

Mean_Speed_During_Flight_flap_setting.png

In der Speed-Stellung kam es rund um Sekunde 20 zu „Hängern“. Die Geschwindigkeit pendelte sich bei 28m/s dann ein und konnte nicht wieder aufgebaut werden. In der Cruise-Stellung kann dagegen eine konstante Geschwindigkeit von 29m/s gehalten werden – dafür scheut sie höhere Geschwindigkeiten. Es könnte daher eine Strategie bei ähnlichen Bedingungen sein, in Speed einzufliegen und nach 2-3 Runden auf Cruise zu gehen…


Geschwindigkeitsverteilung bei unterschiedlichen Wenden-Stilen

Die Flugaufgabe war, den Kurs mit unterschiedlichen, ausgeprägten „Wende-Stilen“ zu fliegen:
  • low turn – sehr niedrig geflogene Wenden
  • high turn – bewusst hochgezogen geflogene Wenden
  • normal – normal geflogene Wenden des Piloten
Das Ergebnis entspricht praktisch den Erwartungen. Hoch gezogene Wenden führen zu einem breiteren Geschwindigkeitsspektrum (vor allem nach unten) – während man sich bei tiefen Wenden eher in einem konstanten, schmalen Geschwindigkeits-Korridor bewegt:

Speed_Percentage_turn_style.png
Die dazugehörigen Flugzeiten: #normal 43s, #lowturn 46s, #highturn 50s


Beschleunigungsverteilung

Dargestellt wird nun die Beschleunigung des Modells in z-Richtung (ist gleich der Hochachse). Die Beschleunigung wird als Vielfaches n von g, der Erdbeschleunigung 9,81m/s², angegeben. Für den stationären Horizontalflug gilt n = 1 (mit der Masse ergibt sich daraus die Gewichtskraft die dann in Balance mit der Auftriebskraft ist).

Im Kurvenflug erhöht sich das Lastvielfache abhängig vom geflogenen Kurvenradius (die Formeln dazu sind hier zu finden)

Zunächst wird die Beschleunigungsverteilung bei den 2 Flügen betrachtet, die auch eingangs bei der Geschwindigkeitsbetrachtung als Grundlage genommen wurden.

Bemerkenswert sind dabei in meinen Augen 4 Aspekte:
  1. Die schon erwähnte Konstanz, mit der der Pilot die Flüge steuert
  2. Die zu erwartenden 2 Höcker in der Beschleunigungsverteilung, die sich aus Geradeausflug und Kurvenflug ergeben sollten, sind praktisch nicht zu sehen
  3. Das Flugzeug bewegt sich nur ganz wenig mit n=1 (stationär) – vielmehr ist es permanent im Kurvenflug unterwegs. Die Verteilungsspitze bei n=2 entspricht dabei ungefähr einem Kurvenradius von 50m.
  4. Mit Spitzenwerten von 6-8g geht es immer wieder richtig zur Sache
Acc_Percentage_two flights.png

Mit Christian habe ich diesen 3. Punkt diskutiert. Er sagte, dass er bemüht ist, nach der Wende möglichst schnell an die Hangkante zu kommen, um dann gerade entlangzufliegen. Ist es „optische Täuschung“, dass nicht doch auch an der Kante ein großer Kreis geflogen wird bis dann bereits die nächste Wende eingeleitet wird?

Einen interessanten Hinweis auf diese Frage ergibt sich, wenn man sich die Beschleunigungsverteilung bei den unterschiedlichen Wende-Techniken anschaut:

Acc_Percentage_turn_style.png

Bei flach geflogenen Wenden bekommt man eher die zu erwartende Verteilung mit der Spitze bei n= 1 und einem 2. Höcker bei n = 5 durch die Wenden.
Bei den hohen Wenden kommt augenscheinlich noch die Beschleunigung durch die „Rauf-Runter-Kurven“ (ein besseres Wort fällt mir gerade nicht ein) hinzu, während die Beschleunigungsspitzen geringer sind, da im höchsten Punkt der Wende auch die Geschwindigkeit starker abgenommen hat.



Verteilung des Ca-Wertes

Wir kommen nun zu der Frage mit diese Flugvermessung begonnen hat: „Mit welchen Ca-Wert fliegen wir eigentlich?“

Der momentane Ca-Wert kann recht einfach aus aktueller Fluggeschwindigkeit und Beschleunigung und der Grundgeschwindigkeit des Modells bei Ca=1 bestimmt werden – siehe hier.

Für die mittlere Geschwindigkeit von 29m/s und einer Flächenbelastung von 55g/dm² ergibt sich ein theoretischer Ca-Wert von 0,105 – dies als Anhaltspunkt.

Zunächst ein Vergleich der Ca-Verteilung bei verschiedenen Flugstilen. Der Kurs einmal geflogen im Soft-Stil und einmal mit richtig „Druck“:

Cl_Percentage_flight_style.png

Im Soft-Stil gut zu erkennen, wie die Kurvenvorsichtig mit Ca um 0,35 geflogen werden. Sogar ein gewisser Geradeausflug mit Ca = 01,15 deutet sich an. „Normal“ geflogen befincen wir eher wieder in einer Dauer-Kurve mit kurzzeitig richtig Druck mit Ca bis 0,85.

Dieses Ergebnis ist für mich im Vergleich zu Messungen letzten Jahres doch überraschend. Es wird deutlich, dass der Pilot (ich) vor allem im Soft-Stil unterwegs war/ist …


Verteilung des Ca-Wertes nach Wendetechnik

Vergleicht man die Ca-Verteilung bei den verschiedenen Wende-Techniken sind Ergebnisse nach Kenntnis der unterschiedlichen Beschleunigungswerte fast schon vorhersehbar …

Cl_Percentage_turn_style.png


Verteilung des Ca-Wertes – Snap Flap

Eine kleine Überraschung: Die Ca-Verteilung unterscheidet sich nur wenig zwischen einem Flug mit und ohne Snap Flap:

Cl_Percentage_snap_flap.png

Die sehr hohen Ca-Werte sind bei Snap Flap etwas prominenter, aber bei Weitem nicht so ausgeprägt wie gedacht.

Ein Hinweis für den geringen Unterschied wird in der Geschwindigkeitsverteilung der beiden Flüge deutlich:

Speed_Percentage_Snap_Flap.png

Was auf einen geringeren Widerstand von Snap Flap bei hohen Ca Werten schließen lässt. Der Pilot versuchte offensichtlich auch ohne Snap Flap ähnlich „knackig“ die Wenden zu fliegen und „bezahlte“ dafür mit Geschwindigkeitsverlust. Um diese Annahme vielleicht verifizieren zu können, müssen dann später noch die Messdaten entlang der Zeitachse betrachtet werden.


So weit die statistischen Betrachtungen

… wieder einmal habe ich den Zeitaufwand für Aufbereitung und Darstellung der Ergebnisse ziemlich unterschätzt (zum Glück war heute Regentag in Dänemark). Es gäbe sicher noch viele interessante Blickwinkel auf die summarische Betrachtung der Mess-Ergebnisse, aber ich denke, spannend sind auch detailliertere Betrachtungen über die Zeitachse eines Fluges. Dies dann im 3. Teil!

Wie bereits gesagt, würde ich mich über weitere Aspekte und Interpretationen zu den Messergebnissen sehr freuen!

Jochen
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Jochen und Christian

wow. Vielen vielen Dank für die tollen Einsichten!

.......wenn ich das richtig sehe, fliegt man also quasi die ganze Zeit mit einer erhöhten g-Belastung (2+), was man ja so interpretieren könnte, dass der Flieger quasi immer mit einer höheren effektiven Flächenbelastung unterwegs ist? Wenn du nun den Ca Wert aus der Geschwindigkeit ermittelst, dann hast du wahrscheinlich die momentanen g Belastungen mit in die Rechnungen einbezogen (hast du glaub ich auch irgendwo beschrieben). Das ist für mich doch recht erstaunlich, dass selbst auf den "geraden" Strecken g bei etwa 2 liegt.....hätte ich so nicht erwartet. Erklärt aber auch die recht hohen Ca´s auf diesen Abschnitten (0,15 - 0,2). Cool!!!!!
 
Ansicht hell / dunkel umschalten
Oben Unten