DH 82a "Tiger Moth"

Ein Modell von Toni Clark (T.C.) mit 1,86 m Spannweite

von Knut Zink.

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Eines Tages rief mich ein Freund an und erzählte mir, er wüsste jemanden, der den Rohbau einer Tiger Moth von T.C. mit 1,86 m Spannweite verkauft. Der Bauplan sei auch dabei.
Na ja, Doppeldecker sind meine heimliche Leidenschaft und ein Modell von T.C. – da kann man eigentlich nichts falsch machen. Der Preis schien auch annehmbar und so wurde der Deal gemacht.


Es handelte sich um den Rohbau mit GfK-Motorhaube, Flächentank mit Flächensteckung, fertig gelötetem Fahrwerk und zwei Rädern mit Ventil. Die Ruder (Querruder, Seitenleitwerk und Höhenleitwerk) hatte anscheinend jemand anders gebaut als den Rumpf, das Balsaholz war viel heller. Offenbar handelte es sich um ein älteres Objekt an dem sich mindestens zwei Modellbauer versucht hatten. Flächenstreben, Flächenverspannung, vordere Rumpfbeplankung, Ruderbefestigung einschließlich Ruderhörner und Anlenkungen, Cockpitklappen und Cockpitausbau und Anpassung der Motorhaube mussten noch gemacht werden.

Rohbau am 24.8.15 gekauft.
Die Motorhaube ist nur aufgesteckt, deshalb etwas schief.
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Rohbau am 20. 10. 15
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Bauzustand am 26.2.16
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Zustand am 18.3.16.
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Und dann war Schluss mit langweilig.
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Cockpits mit Kartentasche von Scale-Cockpits.at
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So schnell wie hier in der Übersicht ging es aber dann doch nicht.


Flächen

Doppeldecker haben ja leider immer vier Flügelhälften, das nervt mich immer sehr. Viermal das Gleiche bauen!

Da mir die Stabilität der nicht beplankten Flächen zu gering schien, habe ich als erstes die Holme mit 3 mm Balsa verkastet. Die Löcher in den Rippen, die für die Schubstangen zur Querruderbetätigung vorgesehen waren, habe ich mit Sperrholzplättchen mit einem 3,5 mm Loch verstärkt. Durch diese Öffnungen verläuft dann das Servokabel. In der Wurzelrippe liegt ein D-sub-Stecker für das Servo. Das Gegenstück sitzt im Flächenmittelstück, das am Rumpf unten angeschraubt wird. Nur die untere Tragfläche hat Querruder. Die Flächen sind mittels Schrankschlössern am Rumpf befestigt.

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Die Querruderservos passen gerade in die doch recht dicken Flügel und sitzen auf abnehmbaren Deckeln.

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Zum Befestigen der N-Streben sind im Plan Bleche eingezeichnet. Diese habe ich aus Messingblech ausgesägt und zweckmäßig gebogen. Diese Bleche werden dann mit den Streben aus Kiefernleisten verbunden und können mit M3-Schrauben auf die Flächen geschraubt werden. Dafür habe ich Einschlagmuttern auf Sperrholzstreifen gesetzt und diese zwischen den Rippen verklebt.

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In die Bleche können die Spanndrähte mit Gabelköpfen eingehängt werden und, im rechten Winkel dazu, werden gekreuzte Stahldrähte von der hinteren zur vorderen Strebe gelötet.

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Damit die Bleche fest mit den Kiefernstreben verbunden werden können, habe ich ein Kupferblech wie eine Spitztüte gebogen und mit dem Messingblech verlötet. In diese Spitze wurde dann die zugespitzte Strebe eingeharzt und zusätzlich verschraubt. Man erhält am Ende zwei komplette N-Streben als feste Einheiten.

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Die Steckungsröhrchen waren noch nicht in die Flächen geklebt. So musste erst ausführlich gemessen werden bezüglich V-Form und Abstand der oberen zur unteren Fläche. Bei dieser Gelegenheit fiel mir eine Besonderheit im Plan auf, die mich ins Grübeln brachte. Das Höhenleitwerk sollte + 4,5° haben, die Flächen + 2,5°! Das ergibt eine EWD von – 2°. Kann denn das stimmen, fragt sich der geübte Segelflieger?

Steckungsrohre und Klötzchen für die Schrankschlösser.

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Flächenmittelstück mit D-sub-Steckern.

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Die Recherche in diversen Foren brachte nur dürftige bis gar keine Antworten. Irgendwann stieß ich dann doch auf eine plausible Aussage: Durch die Anströmung des Höhenleitwerks durch die beiden Flächen ergibt sich aerodynamisch eine positive EWD und man muss sich bedingungslos an die Angaben im Plan halten! Eine ähnliche Auskunft erhielt ich auch über die Schwerpunktlage. Der liegt nämlich an der Hinterkante des Flächentanks (zwischen den oberen Flächenhälften). Und der ist unbedingt einzuhalten, da erstens die Flächen nach hinten gepfeilt sind und zweitens durch den weit über der Rumpfmitte liegenden Unterstützungspunkt ein langer Hebel zum Schwerpunkt im Rumpf entsteht. Kleine Abweichungen des Unterstützungspunktes können dadurch große Wirkungen haben. Und so habe ich es dann auch gemacht.


Höhen- und Seitenleitwerk

Die Leitwerke nach T.C. bestehen aus Balsaholzbrettern mit großen Aussparungslöchern, auf die oben und unten Halbrippen, Nasen- und Endleisten geklebt werden. Mein Vorgänger hatte die Leitwerke dagegen in klassischer Stabbauweise erstellt – auch nicht schlecht. Auch hier sieht man die Rippen durch die Bespannung. Ich musste noch meine bewährten Scharniere aus 2 mm Gfk und Bowdenzugrohr mit 2 mm Gfk-Draht herstellen. Die beiden „Höhenruder-Verlängerungen“ auf dem Rumpf machte ich aus Vollbalsa. Wozu die dienen, konnte mir niemand erklären. Man dachte damals wohl, dass das die Ruderwirkung des Höhenruders verstärkt oder haben die Teile vielleicht etwas mit der seltsamen EWD zu tun?

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Die Anlenkung der Ruder geschieht mit abenteuerlichen Seilen außen am Rumpf. Die Seile für die Höhenruder, rechts und links je eines oben und eines unten, laufen durch Metallösen in einem Sperrholzbrett hinten außen am Rumpf. Da das jeweilige obere Seil auf der Nasenleiste des Höhenruders aufliegt, muss es durch Drahtösen geführt werden.

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Die Seile für das Seitenruder laufen auch durch Ösen im Rumpf kurz hinter der unteren Fläche und verschwindet dann durch ein Stück Bowdenzugrohr in der Rumpfwand nach innen. Für einen Segelflieger ist das schon eine merkwürdige Anlenkungsstrategie, für einen Oldtimer-Doppeldecker aber die Regel. Rückstellgenauigkeit der Ruder Fehlanzeige. Hauptsache, sie bewegen sich überhaupt!

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Servos für Höhe und Seite.

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Motorisierung

Da meine Verbrennerzeit schon über 30 Jahre zurückliegt, habe ich mich zeitgemäß für einen BL-Motor der Größe 50-55 mit 700 U/V (oder G60) mit einem 17x8" Propeller und sechs LiPo-Zellen entschieden. Ob diese Motorisierung bei etwa 5 kg Modellgewicht reicht, wird sich zeigen.

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Der Motor passte fast genau auf den Verbrennungsmotorträger, die beiden drei-Zeller liegen darunter auf einem Sperrholzbrett, darauf liegt der 80 A-Regler. Zum Glück verschwand der Motor unter der Gfk-Motorhaube, der Propeller dreht sich ungefähr 3 mm davor.

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Auf der rechten Seite hat die Motorhaube eine Klappe, die ich mit vier Messingscharnieren (sogenannten Schatullen-Scharnieren) und je vier Stück M2-Schrauben befestigt habe. Man muss nun nur zwei M3-Schrauben lösen und kann dann die Klappe hochklappen. So kommt man gut an die Akku-, Motor- und Regler-Stecker.

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Finish

Die Flächen habe ich mit Koverall und ADLER-Soloplast-Lack bespannt. Das wäre aber für den Rumpf und die Leitwerke sehr aufwändig gewesen, da hier viele Ösen und Streben usw. im Wege stehen. Deshalb habe ich diese Teile mit SOLARTEX-natur bebügelt. Und das war schon nicht einfach!

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Bezüglich Farbgebung habe ich das Internet bemüht. Oh Gott, denkt man da! Anscheinend wurde jede jemals gebaute Tiger Motte anders lackiert! Von Tarnlackierung über knallgelb und –rot bis dunkelblau, flaschengrün und viele Zweifarblackierungen ist alles vorhanden.

Ich habe mich dann für die Zweifarbvariante entschieden. Obere Rumpfhälfte und Motorhaube in taubenblau, untere Rumpfhälfte, Flächen und Leitwerke in hellelfenbein. Weil mir langweilig war, habe ich Flächen und Leitwerke auf der Oberseite mit einem taubenblauen, 1cm breiten Rand verschönert.

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Die Baldachinstreben und Fahrwerksdrähte wurden anthrazit gestrichen, die N-Streben nur farblos lackiert, damit man das Kiefernholz sieht.
Sauber aufgeräumt!

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Die Einstiegsklappen.

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Anbauteile und Räder mit Verkleidung.

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Flugerprobung?

Die fiel zunächst aus, irgendwie habe ich mich nämlich nicht getraut, obwohl ich früher schon HoBo geflogen hatte. Da ich ein "Vereinsverweigerer" bin, habe ich keine schön gemähte Wiese zur Verfügung.
Ich habe die Motte dann dem Sigi Schuster "aufgedrängt" und der hat sie geflogen. Er hat sogar ein Video davon gemacht - einfach mal ansehen. Der Sigi war jedenfalls angenehm überrascht, wie leicht die Motte zu fliegen war.

Immerhin hatte ich eine lange Zeit was zum Bauen - in Holz natürlich.



Technische Daten: DH 82a "Tiger Moth"
Einheit
Maß - Bemerkung
Spannweite
mm​
1.860
Länge
mm​
1.530
Fluggewicht
kg​
5,05
Fläche
dm²​
105
Flächenbelastung
g/dm²​
~ 48
EWD
°​
-2 (s. Text)
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Eins verstehe ich nicht:
"...Das Höhenleitwerk sollte + 4,5° haben, die Flächen + 2,5°! Das ergibt eine EWD von – 2°...". Für mich ergibt das eine durchaus korrekt erscheinende EWD von +4,5° – (+2,5°) =
 
EWD ist doch der Unterschied der Anstellwinkel von Flügel und HLW.
Flügel: +2,5°
HLW: +4,5°
Ergibt eine EWD von -2° (Flügel-Winkel - HLW-Winkel)
Ich mache das immer so, daß ich das HLW waagerecht stelle (0°) und dann den Winkel des Flügels messe/berechne - mit Tangens.

Aber du hast die Winkel umgedreht: HLW-Winkel - Flügel-Winkel. Das wären dann +2°.

Irgendwann stieß ich dann doch auf eine plausible Aussage: Durch die Anströmung des Höhenleitwerks durch die beiden Flächen ergibt sich aerodynamisch eine positive EWD und man muss sich bedingungslos an die Angaben im Plan halten!
Knut
 
Zitat: " Die beiden „Höhenruder-Verlängerungen“ auf dem Rumpf machte ich aus Vollbalsa. Wozu die dienen, konnte mir niemand erklären."

Das waren sogenannte "Anti Spin Strakes", die ein unbeabsichtigtes Trudeln verhindern sollten, schließlich war die Motte ein Basistrainer und den Flugschülern wollte man eine ungewollte Trudelerfahrung ersparen. Schön gedacht, geholfen hat´s aber nix.

Gruß, Peter
 
Zitat: " Die beiden „Höhenruder-Verlängerungen“ auf dem Rumpf machte ich aus Vollbalsa. Wozu die dienen, konnte mir niemand erklären."

Das waren sogenannte "Anti Spin Strakes", die ein unbeabsichtigtes Trudeln verhindern sollten, schließlich war die Motte ein Basistrainer und den Flugschülern wollte man eine ungewollte Trudelerfahrung ersparen. Schön gedacht, geholfen hat´s aber nix.

Gruß, Peter
Entsprechend sind auch nicht alle Motten mit den Anti Spin Strakes ausgerüstet, sieht man auf der TC Hompage in der Mottengalerie
LG
Michael
 
Schöner Bericht, Knut. Tiger-Motten sind unsterblich.
Hier eine die vor 18 Jahren in Warngau abgelichtet hatte.
Leider sind wir damals früher abgeflogen weil wir noch ein paar Stunden zu fliegen hatten. So waren Air to Air-Bilder nicht möglich.
 
Wie ursprünglich entworfen, hatte der DH.82 Tiger Moth unvorhersehbare Trudeleigenschaften. Viele Flugzeuge gingen verloren, weil das Abfangeb nach dem Trudeln zu lange dauerte (d. h. zu großer Höhenverlust). Viele Exemplare dieses Typs wurden mit Anti-Trudel Straken nachgerüstet, die sich vom Leitwerk aus nach vorne entlang der Rumpfoberseite erstrecken.
 
Klasse Flieger !
Der hat nur einen Nachteil:
Der sieht zu "neu" aus!
Wenn man sich so viel Mühe gibt wie du, gehört da ein ordentliches Weathering drauf.
 
Hallo Knut

Ich sehe da noch Diagonlstreben zwischen den Rippen.
das hatt meine UrUralte Motte von Toni noch nicht.
Der Einzelflügel ist so lapperich, dass man meint das hält niemlas.
Sind die streben jetzt so im Baukastten von TC?
Obwohl, bei meiiner hat das jetzt seit fast 50 Jahren gealten.
bei mittlerweile 7.5 Kg Fluggewicht.
 
Da kann ich leider nichts dazu sagen.
Ich hatte die Motte ja gebraucht im Rohbau gekauft, oben das 2. Bild.
Ich kann also über den Baukasten nicht sagen.

Bis dann.
Knut
 
Schöner Bericht, traumhaft schön gebaut.
Ich hab auch so einen gekauften Rohbau zu Hause. Muss ich mich endlich mal drüber wagen.
Braucht es die Verspannung wirklich oder ist das für die Optik?

Liebe Grüße
Werner
 
Die Verspannung ist tragend und unbedingt erforderlich. Sonst würden die Flügel runterhängen oder flattern.

Knut.
 
Spannend! (im wahrsten Sinne des Wortes).
Liegt aber vielleicht daran dass bei meinem Rohbau die untere Tragfläche durchgehend ist.
Hast Du eine Mailadresse von scale-cockpits? Im Netz finde ich nur eine Webseite ohne jede Kontaktmöglichkeit.

Werner
 
Servus Werner.
Im Augenblick hat der Pavol seine Tätigkeit wg. Krankheit auf Eis gelegt. Wann er wieder anfängt, ist noch nicht klar. Ich schicke dir eine PN mit seiner eMail-Adresse.
Bis dann.
Knut
 

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