3D gedruckte Negativformen
Für mich war der Einstieg in den 3D-Druck ein Game-Changer. Plötzlich hat man neue Möglichkeiten und sieht neue Anwendungsbereiche. Da ich zu der Zeit noch keine CNC-Fräse hatte bzw. später dann nicht eine die größere 3D Fräsarbeiten ordentlich erledigen kann, war der 3D-Drucker immer wieder im Einsatz.
Man hat damit eine exzellente Möglichkeit eines
Rapid-Prototyping. Bei Formen z.B. am Computer entworfen, ausgedruckt, evtl. schleifen/wachsen und schon zur Verwendung bereit.
Hier in RCN gibt es bereits seit einiger Zeit positive Berichte zu dem Thema, allerdings hatte ich noch nichts zum direkten Druck von Negativformen entdeckt. Bei
Easy Composites gibt es eine eigene
Learning Area. U.a. werden dort auch gedruckten Negativformen behandelt. Generell gibt’s dort sehr aufschlussreiche und interessante Infos!
Vor einem Jahr habe ich erstmals für eine spezielle Energija Version („
Alpine(a) Edition“) eine Seitenleitwerksform gedruckt. Nachdem nur eine einmalige Verwendung geplant war, habe ich gar nicht großes Augenmerk auf die Oberfläche gelegt, sondern nur die gröbsten Rillen weggeschliffen und dann sofort gewachst und eingetrennt. Es sollte sowieso an einem noch zu bearbeitenden Rumpf angebracht werden und konnte dann gemeinsam mit diesem fertiggestellt werden. In diesem Fall habe ich bewusst PVA als endgültigen Trennfilm verwendet, denn damit trennt sich alles
.
Das ganze Flugzeug gibt's hier zu sehen.
Als Material habe ich normales PLA verwendet, da ich davon vom letzten Halloween Sale einen richtigen „Haufen“ bestellt habe. PLA ist sehr hart und dementsprechend beim Schleifen fordernder als z.b. Plexiglas, welches fast schon zu weich ist. Außerdem und in dem Fall ist das nachteilig – verbindet es sich wunderbar mit allen möglichen Klebstoffen. Daher ist auf eine sorgfältige Vorbereitung vor dem Laminieren zu achten. Erleichterung: Wie oben erwähnt… PVA und alles trennt
Möglicherweise wäre PETG besser geeignet, aber davon hatte ich nichts auf Vorrat. PETG ist ein wenig zäher und sollte nicht so leicht zu verkleben sein. Irgendwann werde ich das selbst auch mal testen. Bis dahin sind noch einige Kilo PLA vorhanden.
Aus den vergangen positiven Erfahrungen sollte diesmal viel mehr mit dem 3d-Drucker gemacht werden. Mein Plan war, dass ich die Prototypenformen für Seglernasen selbst fertige und gegebenenfalls danach diese von Mario professionell in Plexiglas fräsen lasse.
Bevor ich noch irgendein Teil (Rumpf, Fläche, Leitwerk etc.) bekommen habe, konnte ich es schon nicht erwarten und habe mal auf meiner Seite anzufangen.
Zuerst ganz klein mit dem Bürzel für den gekürzten Rumpf.
Virtuelle vs. reale Welt
Daumen halten, dass keine Luftblasen übersehen wurden - Nein, wurden nicht
Vergleich CFK vs. PLA Mockup
Man kann erkennen, dass die Druckauflösung schon ganz gut ist. Trotzdem ist noch die übliche Prozedur der Formaufbereitung notwendig. D.h. Schleifen, polieren, wachsen.
Allerdings, und das ist der Unterschied zu hochwertigeren Materialien ist die Struktur des Werkstücks nicht homogen. D.h. es kommen immer wieder Schichten mit Mikroporen zum Vorschein. Und damit verbunden, wird man durch reines Schleifen nie eine Hochglanzoberfläche erreichen.
Die Oberfläche müsste noch irgendwie versiegelt werden. Ich habe dazu folgende Methoden probiert:
- Nach groben Schleifen mit dünnflüssigem Harz einstreichen und dieses dann auf Hochglanz polieren. Das ergibt eine großartige Oberfläche. Allerdings läuft man Gefahr beim Entformen, diese ganz dünne Harzschicht wieder abzulösen und damit die Form zu beschädigen.
- Selbige Prozedur mit Klarlack. Selbes gutes Ergebnis aber auch dasselbe Probleme.
- Spezieller Porenfüller (dichtol AM Spray), welches PLA wasserdicht macht. Das hat allerdings nicht viel für die Oberflächenqualität gebracht.
Ich könnte mir jetzt noch speziellere Füller/Versiegler, die genau für derartige Zwecke gemacht würden vorstellen, allerdings hatte ich zu dem Zeitpunkt keine Lust mehr für weitere Experimente. Entdeckt habe ich in der Zwischenzeit z.B. den „
Advanced Board & Mould Sealer“ der es irgendwann in Zukunft wohl mal in meine Experimentierkiste schaffen wird.
Draus resultiert, dass das Endprodukt eine teilweise matte Oberfläche hat, welche aber durch Polieren ohne weiters auf Hochglanz gebracht werden kann. D.h. für Prototypen oder wenn‘s nur um eine Handvoll Entformungen geht, (für mich) absolut vertretbar.
Noch weitere beachtenswerte Punkte:
- Ausrichtung auf Druckbrett. Durch optimierte Ausrichtung am Druckbett können die horizontalen Stufen entweder ganz vermieden werden oder zumindest an eine Stelle kommen, welche unproblematisch ist. Eine liegende Form würde die Stufen direkt in der Form verewigen und man hätte eine „tollen“ Zeitvertreib, diese wieder auszuschleifen. Daher ist hier eine stehende Orientierung angesagt.
- Mit der stehender Ausrichtung der Form ist bei Druckern, welche das Druckbrett bewegen zu beachten, dass die Form auch im oberen Bereich nicht flext und/oder vibrieren kann. Das würde zu einem schlechten Druckbild führen. Ich habe daher sowohl einen breiten Standfuß als auch eine Stütze vorgesehen. Diese werden nach dem Druck wieder entfernt und dienen nur der Stabilisierung beim Druck.
- Bei der Nasenform hatte ich für die Verstiftung nur drei Bohrungen vorgesehen. Falls die Löcher nicht ausgebuchst werden, kann dies zu wenig sein und mindestens vier, besser sechs Bohrungen verhindern ein seitliches Auswandern der Form unter Druck.
- Die Nasenform-Hälfte wurde in vorder- und Hinterteil geteilt. Diese zwei Teile werden separat endbehandelt (geschliffen, poliert) und dann erst, mit Verstiftung, verklebt. Damit behält man eine saubere, scharfe Kante am Übergang zum Teil welches in den Rumpf eingesteckt wird.
- Beim Schleifen von PLA aufpassen, dass es nicht zu heiß wird, sonst schmiert es. Daher nach Möglichkeit mit Wasserzusatz schleifen.
- Die Polierkante habe ich aus dem Grund nicht geschliffen, sondern geschnitten. So kam bei mir nach Jahren wieder die Balsahobel in Einsatz. Danach musste nurmehr fein plangeschliffen werden.
- Wie bereits erwähnt, gut wachsen. Nachdem die Nasen sowieso noch nachpoliert würden, habe ich anfangs mit PVA gearbeitet. Inzwischen verwende ich, ein Tipp von Mario, dafür das „Wässriges Hochglanz-Trennmittel | HP-HGR5“ von HP-Textiles. Extrem einfach zu verarbeiten und für Rümpfe und andere Teile perfekt geeignet. Allerdings würde ich es für Flächen/Leitwerke nicht verwenden, da es zu gut trennt und so zu vorzeitigen Entformungen führen würde. Von EasyComposites gibt’s auch etwas in der Richtung. „CR1 Easy-Lease Chemical Release Agent“ welcher preiswerter ist und welches ich demnächst probieren möchte.
Nachfolgend die entsprechende Bilderserie:
Für diese beiden Teile, also Seglernase und passende Kabinenhaube sollten die Negativformen entstehen
Zweiteilig (Vorder- und Hinterteil) gedruckte Nasenform sowie die Kabinenhaubenform inkl. der Füße gegen Wackeln am Druckbett.
Stehende Ausrichtung
Im nachfolgenden Bild sieht man sehr deutlich, die Problematik, wenn das Bauteil auf dem Druckbett durch mangelnde Unterstützung in Vibration gerät.
Unten: Besseres Druckbild durch großzügigere Unterstützung gegen Vibration/Wackeln auf dem Druckbett
Ganz brauchbare Druckergebnisse
Bevor ich noch "richtige" Formen von Mario bekommen habe, habe ich selbst schon produziert
Schneiden statt schleifen
Zweigeteilte Formen mit Verstiftung
Verbüchsung. Teilweise Fleißarbeit
Mikroporen durch inhomogenes Material
Mein Fazit für 3D-Druck für derartige Formen:
Jederzeit wieder!
Grüße,
Christian
PS: Frage: Was macht man, wenn noch ein paar Zentimeter Filament übrig sind?
Kleine Mischbecher kann man immer brauchen
PPS: Eines der vielen
Outtakes.
Shit happens