Modellflug braucht Konsens
Kolumne von
Claus Eckert
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Claus Eckert
Am 4. August 2020 feiert der DAeC sein 70-jähriges Bestehen. Der DMFV blickt auf eine inzwischen fast 48-jährige Geschichte zurück. Zwei Verbände, die in Deutschland die meisten Modellflieger vertreten.
Verbände sind ein Zusammenschluss von Personen oder Vereinigungen gleichartiger Interessen. So die allgemeingültige Definition. Die originäre Aufgabe ist die Vertretung der Interessen ihrer Mitglieder. Die heterogene Verbandslandschaft in Deutschland zeigt allerdings eine völlig unterschiedliche Interessenslage der einzelnen Verbände.
Verbandsarbeit ist Konsensmanagement. Das bedeutet innerhalb der durchaus unterschiedlichen Mitgliederinteressen eine Einigung zu finden. Was Verbände gegenüber ihren Mitgliedern nicht haben, ist eine Weisungsbefugnis.
Als Modellflieger nutzen wir gerne die Leistungen der Verbände, wie beispielsweise
- die Versicherungen,
- die Unterstützung in Rechtsfragen,
- die Jugendarbeit,
- die Wettbewerbe und
- andere Veranstaltungen.
Warum gibt es zwei große Modellflugverbände in Deutschland?
Massive Änderungen ergeben sich oft aus Unzufriedenheit. Anfang der 70er Jahre bestand eine zunehmende Unzufriedenheit mit der Vertretung der Modellfliegerinteressen seitens des DAeC. Seit etwa zwanzig Jahren waren damals wieder fliegerische Aktivitäten erlaub. Daher lag der Fokus des DAeC auf der „großen“ Fliegerei. Die Modellflieger wurden eher als Anhängsel betrachtet. Zwar mit Meinungen, aber ohne Gehör im DAeC.
Dieser Situation geschuldet, entstand die Abspaltung wesentlicher Teile der Modellflieger. Am 3. November 1972 ist daher der DMFV gegründet worden. Damit begann ein rasanter Aufstieg dieser Gruppierung. Heute ist der DMFV nach der Mitgliederanzahl gemessen die größte Vereinigung der Modellflieger.
Der DAeC hatte damals zu spät erkannt, dass ein erfolgreiches Konsensmanagement auch die Belange „kleinerer“ Interessensgruppen berücksichtigen muss.
Das war eine Fehleinschätzung, die auch ein halbes Jahrhundert später noch ihre Spuren hinterlässt. Nach wie vor ist der DAeC für alle FAI-Lizenzen und Wettbewerbe in Deutschland zuständig. Aufgrund seiner Mitgliederstärke im Bereich Allgemeine Luftfahrt mit positiver Wahrnehmung in Politik und Öffentlichkeit. Die einst Handelnden im DAeC sind längst durch eine neue Generation ersetzt, die auch sehr aktiv für Modellfluginteressen eintritt.
Auf internationaler Ebene kann nur ein Verband pro Nation die Interessen seiner Mitglieder vertreten. Das ist im Bereich des Luftsportes bei der FAI und CIAM, aus der geschichtlichen Entwicklung heraus, der DAeC.
Alles paletti?
Das ist für uns Modellflieger eigentlich eine gute Konstellation. Zwei Verbände, die unsere Interessen vertreten. So könnte man meinen. Wäre da nicht die immer wieder auftretende Frage, ob es nicht besser wäre, unsere Interessen würden nur von einem Verband vertreten?
Blickt man nach vorne, so zeichnen sich in nicht allzu langer Zeit Veränderungen ab. Motor dieses Wandels ist, wie so oft, die EU. Im Grundsatz geht es darum, wo und unter welchen Bedingungen Modellflug innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten betrieben werden darf.
Genau in diesem Bereich werden die Verbände künftig neue Aufgaben übernehmen. Damit kommen sie aber in eine neue Situation.
Der in Abstimmung befindliche § 16 der Verordnung (EU) 2019/947 beinhaltet in seinen Optionen „A“ und „B“ die Neuregelung des Modellfluges.
Im DAEC wird die Option „B“ bevorzugt. Frank Tofahrn hat das in seinem sehr informativen -Magazinartikel folgendermaßen zusammengefasst:
„Die Option „§ 16 Option B“ würde den Modellflug in weiten Teilen in die Verantwortlichkeit des Verbands als „Operator“ übergeben – selbstverständlich mit der nötigen staatlichen Aufsicht bzw. Kontrolle. Die Regeln des Modellflugs würden durch den Verband initiiert und von behördlicher Seite lediglich geprüft.“
Der DMFV ist mehr der Option "A" zugeneigt.
Der Verband als Operator für den Modellflug
Was bedeutet das konkret?
Wie oben erklärt, sind Verbände ein Zusammenschluss von Mitgliedern gleicher Interessen. Wenn aber ein Verband eine Betriebserlaubnis für den Betrieb des Modellfluges eines oder alle seiner Mitglieder erteilt, dann drängt sich die Frage auf, ob damit nicht die Zuständigkeit des Verbands massiv erweitert wird? Steht dahinter nicht eine kritisch zu hinterfragende, versteckte Weisungsbefugnis?
Natürlich hat diese Regelung ihren Charme. Sie wäre immer noch besser als die Option „A“. Auch die Durchführung wäre möglich. Aber wird die Verbandsarbeit damit nicht mit unzulässigen Optionen erweitert?
Warum müssen die beiden großen Verbände in Konkurrenz die Betriebserlaubnisse für die Vereine erstellen? Wird da ein Abwerben stattfinden?
Im Rahmen gesetzlicher Regelungen gibt es durch juristische Auslegungen erfahrungsgemäß immer Handlungsspielräume. Werden diese Spielräume künftig genutzt, um gegenseitig Vereine abzuwerben? „Bei uns bekommst Du Deine Betriebserlaubnis.“
Mut zu Neuem
Hätten wir Modellflieger an dieser Stelle nicht die historische Chance, etwas völlig Neues zu machen?
Wenn DAeC und DMFV gemeinsam einen Verband oder eine Vereinigung gründen, dessen oder deren Aufgabe es zunächst ist, die Betriebserlaubnisse für alle Modellflugvereine zu erstellen, so würde ein positives Signal an alle Modellflieger gesendet:
„Wir ziehen gemeinsam an einem Strang und zwar in die gleiche Richtung.“
Nach fast 50 Jahren, oder einer Generation nach der Trennung der Modellflieger, wird es Zeit, eindeutige Zeichen zu setzen, um die kommenden Aufgaben gemeinsam zu bewältigen.
Modernes Konsensmanagement findet immer Lösungen. Zum Wohle aller Modellflieger.
Der Autor ist 1. Vorstand des -Modellsport e.V. (der Verein ist Mitglied im DAeC und DMFV) und 1. Vorstand der Modellfluggruppe Achental e.V. (der Verein ist Mitglied im DMFV)
Diese Kolumne stellt, unabhängig von meinen Funktionen, meine Meinung dar und behandelt thematisch nur die beiden oben erwähnten Verbände mit den meisten Mitgliedern.