Eine kleine Geschichte vom Sehen...
Eine kleine Geschichte vom Sehen...
Hallo Roland,
Kann es sein, das es garnicht mal so sehr die Farbe, sondern die Form ist, die ins Auge fällt,...
Stimmt,- nur ist das hier bisher nicht behandelt worden!
Für kürzere Distanzen hast du völlig recht,- eine in der Natur kaum vorkommende Form wie z.B. ein Qudrat
reizt schon zum Hingucken. Bei weiten Entfernungen geht es aber nur noch um die
hauptsächliche Form, nämlich das Flugmodell.
Bisher wurde immer nur der Augapfel (Linse, Stäbchen, Zäpfchen...) in Betracht gezogen.
Die optische Wahrnehmung findet aber in verschiedenen blitzschnellen, unbewussten Verarbeitungsstufen im Gehirn statt.
Einer der archaischsten und daher ersten Verarbeitungsschritte besteht darin, das Gesehene immer wieder mit unserem
(seit der frühen Kindheit angefüllten) Silhouettengedächtnis abzugleichen.
Eine
Begrifflichkeit klammert sich daran ("da Mami,-
Flugzeug"!).
Räumliches Sehen (auch mit nur einem Auge) bedeutet im Hirn ständiges Überprüfen der Vollständigkeit von Silhouetten.
(Der Gegenstand mit vollständig geschlossenem Silhouettenumriss wird als
vor dem unvollständigen liegend interpretiert.
Ich sehe ein ganzes Haus, aber an die eine Seitenwand ist ein halbes Auto geklebt… - nein, es schaut dahinter hervor.)
Wird die Silhouette "verhackstückt" durch kleinflächige Dekormuster, erschwert man sich damit das Fixieren und Verfolgen.
Der Blick "ruht" nicht auf dem Modell, sondern ist versucht, doch immer wieder neu zu interpretieren,- sich zu vergewissern.
All das läuft blitzschnell und unbewusst,- wir merken in der Regel nichts davon, haben aber evtl. nach 30 Min. Kopfschmerzen...
Die Art u. Weise wie wir sehen / optisch verarbeiten hat sich evolutionär bis zum heute erforschbaren Prozess entwickelt, weil
es unserer Art schlichtweg beim Überleben geholfen hat. Neue "Sehgewohnheiten" der direkten, intuitiven Art gibt es nicht,-
wir kommen aus diesem Korsett / Muster nicht heraus.
Wann können unsere Augen ein Objekt gut fixieren,- wann ist die Gefahr gering, es aus dem Blick zu verlieren?
Eine
gut erkennbare Objekt-Silhouette vor einem wirren Hintergrund (Gebirgshang / Wolkengebirge / Waldrand) hilft sehr.
Auch hilft es, dass sich das Modell ständig bewegt,- also die Silhouette vor wechselndem Hintergrund immer wieder
neu und als davor befindlich (weil vollständig) in Relation zum Umfeld "bestätigt" wird.
Für das Folgende möchte ich noch etwas weiter ausholen:
Der Mensch guckt nicht flächig im ganzen Gesichtsfeld gleichzeitig, sondern in sog. "Sakkaden".
Das sind punktförmige Fixationen auf Bilddetails, die in einem flüchtigen Zwischengedächtnis zu einem
(durch "Datenreduktion" und Ergänzung mit subjektiven Seherfahrungen) "interpretierten" Bild (quasi für einen "Augenblick")
zusammengesetzt werden.
Dreht man in der Mitte eines Personenkreises einen Probanden auf einem Bürostuhl Im Kreis herum,
so können die im Kreis sitzenden Beobachter das Zucken der Augäpfel gut erkenne, mit denen das Hirn der Testperson
die Gesichter der Umgebenden zu fixieren versucht.
(Die Muskelbänder, die unsere Augäpfel bewegen, sind die schnellsten, die wie wir am ganzen Körper haben.)
Mithilfe von sog. Viewtrackern (Videobrillen mit Messfunktion der Pupillenpositionen) lässt sich nachvollziehen,
was genau eine Sakkade,- also ein Hingucken erzwingt.
Es sind im Wesentlichen 4 Faktoren:
Zunächst einmal sind es Objekte, die sich
bewegen (tut das Flugmodell), dann die
hellsten Punkte im Blickfeld, z.B. Reflexe,
(aber von der Silberfolie im Gebirgsflug ist man wieder abgekommen, weil der Winkel zur Sonne eben allermeistens nicht stimmt),
weiterhin sind es sind Bildbereiche in denen helle an dunkle Flächen stoßen, also Bereiche mit harten
Helligkeitskontrasten,
und es sind Bereiche, in denen hoher
Farbkontrast herrscht, also z.B. Komplementär-Farben aneinanderstoßen.
(Auch Suchmuster z.B. nach Nahrung oder geeignetem Geschlechspartner lenken den Blick intuitiv, spielen aber hier ja keine Rolle.)
Noch ein Wort zur Farbe Rot:
Rot ist eine Farbe, die in der Natur kaum großflächig, sondern eher als Warn- u. Lockfarbe unsere erhöhte Aufmerksamkeit weckt.
Es ist die langwelligste Farbe im für uns sichtbaren Spektrum, und daher von allen Farben am besten in der Lage, Dunst und Diesigkeit,
die sich immer zu gewissem Prozentsatz in der Luft befinden, zu durchdringen. (Beispiele: Nebelschlussleuchte, SAR Leuchtorange...)
Was wir mit adaptierten Augen (ohne färbende Brille) als Himmels
grau wahrnehmen ist gemessen im Gesamt-Farbspektrum allerdings
immer schon deutlich blau.
Mein Fazit aufs Flugmodell angewand:
Silhouette nicht zu sehr unterbrechen, Helligkeitskontraste nutzen, Farbkontraste nutzen (mehr als 2-3 Farben verwirren)!
Nach all diesem Oberlehrer-Vortrag
(hab beruflich damit zu tun...) könnte ich mir also z.B. einen Segler vorstellen, der - ohne sich groß
in der Sonne am Boden erhitzen zu müssen - auf der Oberseite weiß also möglichst hell ist, Flügelenden, Nase und SLW in Leuchtorange,-
(Einheitslook der 70'ger / 80'er Jahre-Segler. Die haben sich auch schon so ihre Gedanken gemacht…
) und weil leuchtorange zwar einen guten
Farb- aber keinen so guten Helligkeitskontrast liefert, (ist ja chemisch schon auf Helligkeit unter UV getrimmt), könnte man die leuchtorangen
Felder noch durch breite schwarze oder sonstwie dunkle Streifen absetzen .
Die Flächen-Unterseite könnte einen breiten, schwarzen Umlauf (End-u. Nasenleiste) haben, der eine größere leuchtorange Fläche umschließt.
Ob einem das nun gefällt ist natürlich wieder eine ganz andere Frage,-am Himmel gut sichtbar ist es jedenfalls.
Ich hab mal was nach diesen Gesichtspunkten grob gebastelt, und das kam dabei heraus (leuchtorange kann mein Rechner leider nicht...) :
Gruß Jan