...aber reine Thermik am Hang fliegen stelle ich mir komisch, bzw. unfair vor. Je nach Gelände und Windrichtung muss die Thermik ja den Hang hoch.
(dass man in Spöck fliegen kann, hätte ich zunächst auch nicht geglaubt, aber man kann, sogar ganz nett.)
Da verstehst Du was falsch:
Hangwinde sind zwar auch thermisch, aber "Thermik" ist - zumindest für mich - immer noch der Bart irgendwo da draussen. Unabhängig vom HANGwind werden die Bärte von TALwind (kommt meist immer gleich, und meist leider quer zum Hang) und ÜBERGEORDNETEM Wind (Föhn, Bise, herannahende Front) versetzt, kaputt geblasen usw. Du ersparst Dir zwar den Kampf um den Einstieg, aber dafür erlebst Du den Bart hautnah auf Augenhöhe. Wenn Du in das zirkumthermale Abwindfeld gerätst kann Deine Höhe überraschend schnell negativ werden - in der Ebene würdest Du ohne neuen Bart dann gemütlich landen, am Hang fängt dann das Herz an zu klopfen.
Am Brämabüel ist der Hauptbart ("Dorfbart") sehr nahe, da kann man mit leichten Kleinseglern sogar die schweren Fünfmeter übersteigen, an den Colli di San Fermo sind i.d.R. links zwei und rechts ein Bart in Reichweite für F3x-Modelle, kleinere tun sich da schon schwerer. Die Hammerbärte sind dort aber nur für die grossen zu erreichen. Am Brämabüel ist meistens ein ständiger Wechsel zwischen starkem Wind an der Kante und kaputten Bärten und dann wieder Flaute an der Kante und dafür stark saugenden Bärten, an den Colli di San Fermo eher nicht, dafür ist dort öfter mal um 14°° ein "Loch".
So hat jeder Hang seinen eigenen Charakter.
Konstant stark angeblasene Hänge oder Kanten sind mitten auf dem Kontinent selten, weil selten so starker Wind herrscht. An der Meeresküste ist es da einfacher.
In den Alpen:
Bei ruhigem stabilen Wetter ist der reine Hang(erwärmungs)wind sanft, konstant, und reicht als eine Art aufsteigende Schicht von plusminus 100m Dicke sehr weit nach links und rechts, oben und unten. F3J-Bedingungen. Wunderbar im Herbst.
Gleicher Hang bei labilem Wetter ("Schönwetter" mit kleinen Cumuli), keine grossräumige Luftströmung: Entweder der Talwind bläst ab Mittag quer zum Hang, dann kannst Du den Hang leider vergessen, oder der Hang steht dem Talwind im Weg (häufig am Anfang des Tales): Dann trägt es sehr gut, aber abwechslungsreich.
Grossräumige Luftströmung bei stabiler Luftschichtung (keine Wolkenbildung), z.B. Föhn (Südwind) oder Bise (Nord- bis Ostwind): Bestimmte Düsenkessel oder Talschlüsse ermöglichen dann sagenhafte Flüge in einem schmalen Band etwa wie an der Küste, breite Hänge dann aber erstaunlicherweise nicht. Stabile Luftschichtung ist wie lauter Scheiben mit Kugellagern dazwischen: der Wind geht dann lieber dreizehn Mal seitlich um die Ecke als dass er freiwillig auch nur einen Meter steigt. Ich habe schon erlebt, dass man bei >80kmh direkt auf den Hang kaum oben bleiben kann!
Gleicher Hang bei grossräumiger Luftströmung und labiler Schichtung (Wolkenbildung): HAMMER! Brämabüel: bei Bisenlage, Colli di San Fermo, Erbalp: bei Föhnlage, Rinerhorn: vor der Front.
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Hier in Davos lassen sich Föhnflüge zwei, max. drei Tage vorausahnen, Flüge im starken Wind vor der Front einen Tag. Beide Starkwindwetterlagen zusammen genommen multipliziert mit meiner Freizeit ergeben pro Jahr ca. 2 solche aussergewöhnlichen Flugtage für die Heavyweights - und dass, obwohl ich sozusagen vor Ort lebe. Öfter klappt nicht. Die anderen 98% (
) sind dann nur "normales" Hang-/Thermikfliegen...
Chrima hat aber darauf hingewiesen, dass die Westalpen der Hauptwindrichtung (West) viel mehr ausgesetzt sind als Zentral- oder Ostalpen. Da wären meteorologisch gesehen "reine Hangwindkanten" wahrscheinlicher als hier.
Bertram