Mir ist noch kein einziges Standardservo und auch kein Digitalservo untergekommen, die die 6,6V nicht vertragen hätten.
Wenn man ein Graupner Standardservo der C-Serie (für 4,8V zugelassen) mit 6,6V betreibt, wird das Motörchen nach Abzug der Schalttransistordurchlassspannung von 0,2V mit einem Anstieg von 4,6V auf 6,4V betrieben. Also ein Plus von 39% der Spannung, und damit der des Stromes ebenso. Die im Motörchen verbratene Leistung steigt also auf 1,39² = um
94%! (Für Prozentnichtversteher: also auf fast das Doppelte.) Jetzt guckt mal mit einem Mikroskop oder einer
sehr starken Lupe bei einem beliebigen alten Servo in Eurer Restkiste das hauchdünne "Kollektor" genannte Kupferdrähtchen an...
(Die Rechnung ist vereinfacht und dient nur der Veranschaulichung des Problems.)
Das wird ein GRP C-508, C-5055 und andere wie Hitec HS-81(MG) usw. sicher eine ganze Weile mitmachen ohne dass sie gleich in Rauch aufgehen - aber es wird ihre Lebensdauer so weit senken, dass ein Modelltod durch Servotod wahrscheinlicher wird als der Modelltod durch sonstige Pilotenblödheit.
Ich selber fliege grundsätzlich
NIE mit höheren Spannungen als auf den Servos aufgedruckt ist. Ich will keinen
whataboutism bemühen, aber wenn
ich als für eine Versicherung tätiger Gutachter/Berater feststellen würde, dass bei einem Unfall mit Personenschaden ein Modell unkontrollierbar geworden war und mit auch nur 0,2V über der vom Hersteller zugelassenen Spannung betrieben wurde - ich würde das Eintreten in diesen Versicherungsfall ablehnen. Sorry mit 3!!!
Was ist denn soooooo schwer daran, Servos nur mit der Spannung zu betreiben, für die sie zugelassen sind? Anders als früher gibt es inzwischen doch unzählige Spannungsreduzierer/-regler, die auch noch winzig klein sind. Ein beliebiger 2s900 Lipo mit einem beliebigen kleinen SBEC ist einer Retro-Stromversorgung mit 4 oder 5 Eneloops doch haushoch überlegen.
Ich kaufe extrem wenige gebrauchte Segler. In den letzten 10 Jahren waren es nur zwei - ein F3F/DS und ein 5m-Scalesegler. Obwohl ich die vorherige
ja ach so gute 5-Zellen-Stromversorgung gegen 2s Lipos mit SBEC ausgetauscht habe sind mir beide Segler nach gar nicht so vielen Flügen wegen stehengebliebener HR-Servos eingeschlagen. Ich weiss nicht, wieviele Flugstunden sie drauf hatten, aber es waren gut erhaltene aber viel geflogene Modelle. Beim Scalesegler waren vorher schon zwei Flächenservos ausgestiegen, das konnte ich noch kompensieren, aber HR war
final error.
Demgegenüber habe ich bei selber aufgebauten Modellen
noch nie einen Modellverlust wegen stehen gebliebenem Servo gehabt (wegen eigener Blödheit oder wegen im Winter eingefrorenen NiMH-Eneloops natürlich schon - ich bin ja kein Heiliger).
In den letzten Jahren meine Ausfallquote eindeutig wegen stehengebliebener Servos:
2 gebraucht gekaufte Segler: 100%
ca. 40 selber aufgebaute Modelle: 0% (natürlich sind wie erwähnt etliche davon aus anderen Gründen in den ewigen Himmel eingegangen)
Zynisch könnte ich jetzt sagen: wieso probiert ihr nicht, ob Eure Servos 9V aushalten? Kleine gut passende 9V-Blockbatterien gibt es in jedem Supermarkt für wenig Geld, und ihr Innenwiderstand ist möglicherweise gleich schlecht/gut wie der der Eneloops. Ich bin völlig sicher, dass es immer wieder "Standardservos" geben wird, die nicht gleich in Rauch aufgehen.
Bei so kleinen Modellen ist es ja egal (oder auch nicht nach 200 Baustunden), aber wenn Modelle sich dem 5-stelligen Preisbereich nähern, fängt man an,
alles zu tun um die Lebensdauer des Modells zu
erhöhen. Das Betreiben von Servos über der spezifizierten Spannung - im Glauben, der Hersteller hätte sicher 20% Sicherheitsmarge eingeplant - gehört nicht dazu. Es ist gut möglich, dass bei den Steuerelektroniken der Servos die MTBF (mean time before failure) nicht so dramatisch sinkt, wenn man sie mit mit 40% Überspannung betreibt. Aber es gibt noch Motor und Getriebe: Da freuen sich die bekanntermassen eher zarten Zahnrädchen doch wahnsinnig über den Betrieb mit dem doppelten Drehmoment (siehe oben, 94%).
Bei Wegwerfmodellen wäre mir das egal, bei wertvollen nicht.
LG Bertram