SOLIUS von Multiplex, eine Analyse
Hendrik Schneider
Der SOLIUS von Multiplex ist seit 1½ Jahren auf dem Markt. Natürlich hat inzwischen jede Fachzeitschrift zumindest einen Bericht abgeliefert. Auch im RCN-Forum gibt es einen eigenen SOLIUS-Thread, der mittlerweile fast tausend Beiträge umfasst und nicht nur Anfangsprobleme, Schwerpunktsfragen und Verbesserungsvorschläge enthält, sondern auch recht abstruse Flugvorführungen zeigt.
Ist damit alles gesagt?
Die anfänglichen Artikel haben sich auf das übliche Auspacken, fliegen und ein "OK, toller Flieger" beschränkt. Allerdings verdient das Modell doch eine etwas nähere Betrachtung. Von Anfang an wurden Vergleiche zum EasyGlider gezogen. Um es vorweg zu nehmen: Der SOLIUS ist kein aufgeblasener EasyGlider, sondern ein eigenständiges Flugzeug mit eigenständiger Charakteristik. Ich werde sie nicht vergleichen und dennoch:
Einordnung
Um meinen Blick auf den SOLIUS zu verstehen, muss man zunächst den EasyGlider-Elektrik (EGE) verstehen. Damit meine ich nicht so sehr seinen Aufbau, sondern das Anwendungsgebiet: Als Anfängerflieger ausgelegt, ist er bei sehr vielen Piloten zum „immer dabei“ und zum Feierabendmodell geworden. Vor allem Wildflieger schätzen ihn. Immer dann, wenn ein unbekanntes Gebiet erflogen werden soll, ist der EGE als Modell zum ersten Rauswerfen eine gute Wahl. Wer den EGE nicht dabei hat, tut dies aus verschiedenen Gründen:
- Allgemeine Abneigung gegen Foamies
- Flugleistungen des EGE nicht ausreichend
- Schlechtes Packmaß des EGE durch das nicht demontierbare Höhenleitwerk.
- Robustheit
- Ausreichende Flugleistungen
- Unglaublich zahmes Verhalten
Flugverhalten
Der SOLIUS erlaubt sowohl einfaches, unkompliziertes aber auch etwas anspruchsvolleres Fliegen. Wird der Schwerpunkt recht weit nach vorne gelegt, kann das Modell gut auf eine stabile Geschwindigkeit eingestellt werden und macht dann alle Manöver in gut kontrollierbarer Weise mit. Mit weiter zurück verlegtem Schwerpunkt wird er zunehmend anspruchsvoller und leistungsfähiger. Dieser Zusammenhang ist an sich nicht verwunderlich, interessant ist aber das Spektrum, das der SOLIUS dabei überstreicht.
Blick auf das Instrumentenbrett am bayrischen Voralpenhimmel
Ich finde das Flugbild sehr ansprechend. Da sich aber über Schönheit trefflich streiten lässt, kann sich jeder selbst anhand der Bilder seine Meinung bilden. Interessant ist, dass Multiplex dem SOLIUS ein T-Leitwerk spendiert hat. T-Leitwerke sind allgemein dafür bekannt, größere Belastungen auf das Rumpfende zu bringen als andere Leitwerkskonstruktionen. Dennoch sieht es sehr gut aus und hat sich gelohnt.
Was Multiplex unternommen hat, damit das T-Leitwerk mit Elapor funktioniert, wird weiter unten erläutert. Im Flugbild ist nur selten zu erkennen, dass es sich um einen Elapor-Flieger handelt. Deutlich wird das eigentlich nur an der spürbar begrenzten Höchstgeschwindigkeit und dem damit verbundenen geringeren Durchzug, sowie an der sichtbaren Biegung der Flächen bei Abfangmanövern oder Wenden.
Analyse
Der SOLIUS ist ein Elapor-Modell von Multiplex, in das die bisherige Erfahrung im Bau solcher Modelle eingegangen ist. Wie bei anderen unzähligen Foamies ist die Grundstruktur identisch: Die Form ist selbsttragend durch Hartschaum aufgebaut. Kräfte werden über eingeklebte Verstärkungen, Holme und Gurte eingeleitet. Auch wenn es heftige Diskussionen über die verschiedenen Qualitäten der herstellerabhängig verwendeten Hartschäume gibt, funktioniert jede Konstruktion doch erst in der Verbindung der Materialien und dem punktgenauen Einsatz der Verstärkungen. Dies erfordert das Wissen um die Grenzen des Materials.
Oder anders ausgedrückt: Ein Schaumstoffflieger wird durch drei Aspekte gut:
- Gute Aerodynamik, Leistungsfähigkeit ohne kritisch zu werden.
Die Konstruktion muss die typischen, in der Bauweise bedingten Probleme aufnehmen oder kaschieren. - Versteifung an den richtigen Stellen mit Augenmerk auf den Leichtbau.
- Gute Ausstattung. Dazu gehören funktionale Teile, wie zum Beispiel die Tragflächenaufnahme oder optisch ansprechende Teile, wie beispielsweise die Klarsichthaube. Gut auch, wenn beide Aufgaben gleichzeitig erfüllt werden, wie beim Hauptrad oder der Spornradattrappe.
Rundgang
Durchsicht: Gut sichtbar sind der Holm, die Aufhänge- und Justierpunkte des Holms,
Servoausschnitt, Kabelkanäle und Querruderstrukturen
Servoausschnitt, Kabelkanäle und Querruderstrukturen
Kaum sichtbar: Die Abdrücke der Aufschäumdüsen - Oberseite
Gut sichtbar: Die Servoausschnitte, Kabelkanäle, QR-Scharnier, Holmstützen - Unterseite
Ein Baubericht verbietet sich bei einem nahezu fertigen Modell. Egal in welcher Ausbaustufe man den SOLIUS kauft, der Weg bis zum ersten Flug ist ein kurzer. Oder ein sehr kurzer. Ich habe mir die Version „BK“ angeschaut, da hier zumindest noch ein paar Einblicke in das Innenleben und die Ideenwelt der Multiplexkonstrukteure möglich sind.
Tragflächen
Der SOLIUS hat einen Aluholm mit rechteckigem Querschnitt. Dieser ist fest in die Tragfläche eingeschäumt. Damit ist die Krafteinleitung aus zwei Gründen anders als bei einem steckbaren Rohrholm. Zum einen ist das Material fest verbunden, damit werden also Scherkräfte direkt in das Elapor eingeleitet.
Zum andern wird Torsion (Drehkräfte) vom Elapor leichter in den Holm eingeleitet. Dies ist bei einem gesteckten Rohrholm nicht möglich.
Der Gefahr einer Beulung und damit des Einknickens begegnet man mit einer Kunststoffauskleidung des Holms. Betrachtet man den SOLIUS im Flug, so scheint der Holm recht elastisch zu sein: Die Flügel bewegen sich bei Belastung ohne weich zu erscheinen. Vergleicht man die Bruchdehnung von Duraluminium (22%) mit Glasfasern (5%) oder Kohlefasern (1,5%), sieht man, dass bei diesem Holm viel größere Durchbiegungen erlaubt sind, als es mit anderen, in diesem Segment gebräuchlichen, Materialien möglich ist.
Die Querruder sind relativ breit, also weit bis an den Rumpf herangezogen. Die Breite der Querruder ist durch eine Versteifung möglich. Hier wird ein sehr dünnwandiges Aluminiumrohr eingeklebt und ermöglicht so die Einleitung der Servostellkraft auf einer großen Breite.
Selbstverständlich sind die Aussparungen für die Servos passgenau. Die Kabelkanäle sind inklusive Ausbuchtung für die Steckverbindung auf die Verlängerung und einem Staufach für eine Kabelschleife vorbereitet. Endlich gibt es auch eine Servoabdeckung, die eine Hutze für die Ruderanlenkung angeformt hat.
Die Außenflügel sind ganz leicht nach oben gewölbt und geben so ein wenig Querstabilität. Der Pilot wird nicht unterfordert.
Tragflächenverbindung
Tragflächenverbindung Detail | Tragflächenverbindung gesteckt |
Wirklich gut gelungen ist die Tragflächenaufnahme des SOLIUS.
Der geteilte Holm wird in der jeweils gegenüberliegenden Wurzelrippe gehalten. Die Führung in der Wurzelrippe ist recht kurz und benötigt eine passgenaue Verriegelung. Diese ist vor dem Holm durch zwei Ösen und einen Bolzen gegeben. Die Montage und Demontage sind so extrem vereinfacht.
Bei genauerer Betrachtung sind natürlich noch zwei weitere Aspekte beachtenswert:
Wie ist die Sollbruchstelle ausgelegt und wie die Servoanbindung?
Beim SOLIUS sind die Ösen der Verriegelung in Spannweitenrichtung offen. Sie werden im Wesentlichen durch jeweils einen Gummiring gespannt und zusammengehalten. Auf seitlichen Zug können sie also auslösen und die Tragflächen freigeben. Das funktioniert hervorragend. Im Flug löst sich diese Verbindung nicht, ein Schlag auf die Tragflächenvorderkante oder eine Stecklandung löst die Tragflächen zuverlässig und ohne allzu großen Kraftaufwand. So sollte gewährleistet sein, dass die Flächenaufnahme im Rumpf, die lediglich aus Elapor ohne weitere Verstärkung besteht, einige solcher Missgeschicke wegsteckt.
Betrachtet man sich dieses Lösen der Tragfläche vom Rumpf, ist klar, dass eine automatische Servoverbindung schwierig zu realisieren gewesen wäre. Also werden die Servokabel einfach vor der Montage der Tragfläche in die im Rumpf fest eingeklebte Buchse gesteckt. Je nach Auslösen der Tragflächenverbindung lösen sich diese Kabel dann auch (und sollten danach auf Schäden überprüft werden). Häufiger ist die Landung nur etwas zu hart, so dass sich die Flügel nur leicht aus der Verriegelung lösen und die Kabellänge reicht. Die Stecker sind dann weiterhin in Kontakt.
Rumpf und Leitwerk
M-Space: In der Schnittebene liegende GFK Gurte (rot)
und die in der seitlichen Kontur liegenden Gurte (blau)
und die in der seitlichen Kontur liegenden Gurte (blau)
Multiplex nennt die Verstärkungsstrukturen im Rumpf M-Space Technologie. Dabei handelt es sich um Gurte aus vollflächig in Nuten eingeklebten GfK-Stäben, die Kräfte im Rumpfbereich verteilen. Im vorderen Rumpfbereich bleiben dabei die Außenflächen glatt, alle Verstärkungen liegen innen. Die Lage der Gurte stellt sicher, dass mit leichter Entkopplung über Elapor-Bereiche Kräfte vom Motorträger bis in den Leitwerksträger und von dort in die Struktur des T-Leitwerks eingeleitet werden. Wo ein Gurt endet, wird überlappend ein anderer eingesetzt. Das ist gut und leicht gelöst.
M-Space: Übergang vom
Rumpfrohr (rot) in die
Leitwerksgurte (blau,
hier noch geteilt), über
das HL-Lager (grün) bis
in den HL-Holm (schwarz)
Rumpfrohr (rot) in die
Leitwerksgurte (blau,
hier noch geteilt), über
das HL-Lager (grün) bis
in den HL-Holm (schwarz)
Am Leitwerk mussten die Gurte in die Außenhülle, um so die Biegelast des T-Leitwerks als Torsion auf den Leitwerksträger und dort auf das Alu-Sechskantrohr abtragen zu können.
Auch hier ist anzunehmen, dass kein GfK- oder CfK-Rohr verwendet wurde, um Torsion besser in das Elapor einleiten zu können. Zudem passen die Steckverbindungen der Servokabel gerade so in das Alurohr. Bei gleich großem Innendurchmesser hätte ein faserverstärktes Kunststoffrohr einen größeren Außendurchmesser gehabt.
Höhen- und Seitenruderservos
im Leitwerk. Das Alurohr reicht
fast bis zum Ende des Rumpfes
im Leitwerk. Das Alurohr reicht
fast bis zum Ende des Rumpfes
Die Servos direkt in das Leitwerk zu setzen ist bei einem Höhenruder in T-Form sinnvoll, da ansonsten immer mit Anlenkungsspiel zu rechnen ist. Das Seitenruderservo ist gleich mit gewandert. Der übliche Nachteil des größeren Gewichts im Leitwerk tritt beim SOLIUS mit Motor nicht auf: Er wird über Ballast im Leitwerk getrimmt. Dieser Ballast fällt dann entsprechend kleiner aus oder, wie bei mir, ganz weg. Bei mir kamen allerdings auch die nano Pro MG zum Einsatz. Das Metallgetriebe bringt hier das notwendige Gewicht.
Rad und Spornradattrappe sehen nicht nur gut aus, sondern helfen auch, die Rumpfunterseite zu schützen. Das klappt natürlich je nach Gelände, in dem gelandet wird, mehr oder weniger gut. Das Seitenruder und dessen Servo wird über eine Rumpfverlängerung unter dem Ruder geschützt. Viel wichtiger für die Alltagstauglichkeit ist das abnehmbare Höhenleitwerk. Dabei wird der Anlenkungsdraht einfach seitlich in das Ruderhorn eingeschoben, das Leitwerk wird dann mit zwei Kunststoffschrauben befestigt. Das ist wirklich schnell und gut zu handhaben. Auch hier ist das Gewicht nicht problematisch.
Motorisierung
Der Antriebsstrang | Spinner, Mitnehmer und Propeller liegen dem SOLIUS schon bei. Dazu habe ich den Antriebssatz Li-BATT powered verwendet, der mehr als ausreichend Leistung für den SOLIUS bietet und mit der beigelegten Klappluftschraube angenehm leise zu Werke geht. Der Standstrom liegt bei 27 A, im Flug sinkt der Strom auf etwa 26 A, das ergibt dann etwa 310 W. Damit werden die benötigten Motorlaufzeiten kurz, und es kann ausgiebig gesegelt werden. |
Alles perfekt?
Hartschaum lässt keine sehr dünne Strukturen zu. Dementsprechend sind alle Hinterkanten relativ dick. Wo bei anderen Flugzeugkonstruktionen auf eine möglichst dünne Flügelhinterkante Wert gelegt wird, wirkt diese bei Modellen aus Hartschaum recht grob. Diese „aerodynamische Katastrophe“ wird durch eine senkrechte, nicht abgerundete Kante optimiert. Das funktioniert erstaunlich gut und der SOLIUS zeigt ansprechende Flugleistungen. Mit einer Profildicke von 13% ist er auch nicht auf hohe Geschwindigkeit ausgelegt.
Aluminium als Holm und Rumpfrohr ist für die meisten Modellbauer in diesem Bereich zumindest ungewohnt. Im Vergleich zu sonst üblichem GfK/CfK oder Holz wird Aluminium ab einer gewissen Dehnung duktil: Es verbiegt sich bei einer Belastung, die seine Elastizitätsgrenze überschreitet. Vor- und Nachteile lassen sich abwägen und, wie man den entsprechenden Diskussionen entnehmen kann, zeigen sich persönliche Vorlieben für oder gegen dieses Verhalten. Sicherlich nimmt Aluminium bei der Verformung mehr Energie auf, so dass Schäden beim „Bruch“ geringer ausfallen als dies mit Standardmaterialien der Fall wäre. In gewissen Maßen lässt sich Aluminium dann auch wieder in Form bringen: Man biegt den Flieger wieder gerade.
Beim Bauen gab es nur zwei beachtenswerte Punkte:
- Die Gurte in der äußeren, vorderen Rumpfkontur muss man beim Verkleben dort halten, weil die Kontur gebogen ist und sich die GFK-Stäbe aufgrund ihrer Spannung sonst aus der Verklebung heraus drücken (Schritt 3, Abb. 4 der Anleitung).
- In der Anleitung sind die Servos (in der Bebilderung) falsch beschrieben: die Nano gehören in das Leitwerk, die Tiny in die Flügel.
Die Kritikpunkte nochmals zusammengefasst:
- Begrenzte Höchstgeschwindigkeit
- Diskussion der Endleistendicke
- Diskussion des Alu als Holm und Rumpfversteifung
- Keine Automatische Servokabelsteckung im Flügelanschluss
Alles in Allem
Der SOLIUS ist nicht einfach nur ein Feierabendflieger oder eine Testboje für einen neuen Hang. Ich habe ihn mittlerweile immer dabei. Seine Flugleistungen und, nicht zu unterschätzen, das Fachsimpeln mit Fliegerkollegen über den SOLIUS machen einfach Spaß.
Spannweite | 2160 mm |
Länge | 1100 mm |
Gewicht | Angabe MPX: 1450 g -- real: 1330 g |
Elaporteile
Kleinteile Bug
Kleinteile Rumpfmitte
Kleinteile Leitwerk
Zubehör
Alle dargestellten Materialien wurden von Multiplex für diesen Bericht zur Verfügung gestellt.