Neubauvorstellung - Retro IOM von Graham Bantock

molalu

User
Ich glaube, dass sich mein faible für Retro-Modelle rumgesprochen hat.

Im Januar 2022 fand ich bei ebay die Verkaufsanzeige für eine IOM-Rumpfschale "RYTHM", die lt. mitgeliefertem Bauplan aus der Schmiede von Graham Bantock stammte und die im Jahre 1987 vom Meister designed wurde.

Es war mir fast schon peinlich zu welch unverschämt günstigen Preis ich die Rumpfschale nebst Bauplan erwerben konnte. Aber vielleicht, und zu meinem Glück, gibt es nicht so viele Verrückte, die sich wie meine Wenigkeit um den Erhalt, den Neubau, oder die Restauration solcher erhaltenswerter Schätze bemühen.

Bereits in 80-iger Jahren habe ich in Fachzeitschriften, oder durch HörenundSagen mitbekommen, das ein gewisser Graham Bantock die Regattaszene bei den Marbleheads und TenRatern weltweit "aufmischt". Bereits damals wurde bekannt, dass er diese Erfolge ausschließlich mit Eigenkonstruktionen erreichte, die auch sehr bald käuflich zu erwerben waren. Seine heute weltweit anerkannte und bekannte Firma "SAILSetc." gab es noch nicht. Man möge mich verbessern, sollte ich hier falsches wiedergeben.

Das einzige GB-Modell, das ich mir vor einigen Jahren leistete, war der 10R "DIAMOND". Ansonsten habe ich in meiner sehr langen Modellbau-Laufbahn etliche Marbleheads und TenRater, aus unterschiedlichsten Materialen und in unterschiedlichsten technischen Ausbaustufen gebaut habe.
Eine IOM stand immer auf meiner Wunschliste, aber irgendwie hat es nie mit dem richtigen Modell geklappt. Das sollte sich jetzt ändern. Mit der Rumpfschale war der Anfang für einen Neubau geschafft.

Nachdem die Rumpfschale bei mir eingetroffen war, ging es mit dem Kopfkino los. Lt. Bauplan sollte der komplette Rumpfausbau per Sperrholz erfolgen. Also Kiel- und Masttasche, Winden- und Servohalterung, Spanten, Deck, etc., etc. Auch die Kielflosse, sowie das Ruderblatt sollten aus einem profiliertem Sperrholz hergestellt werden.

Meine Entscheidung gegen einen Holzausbau wurde dadurch erleichtert, weil nahezu zeitgleich ein RCN-User in der Börse eine CFK-Kielflosse zum Kauf anbot und beinahe parallel ein weiterer RCN-User ein excellent erhaltenes IOM-Blei verkaufen wollte. Beide Teile fanden den Weg in meine Werkstatt.

Deshalb entstand bei mir der Arbeitstitel: "Retro meets Hightech".

Nach Erhalt der CFK-Kielflosse erhielt ich vom Verkäufer den Tipp, das F-works Design die exakt passende Kiel-/Masttasche aus GFK verkauft. Nach Erhalt der Bleibombe die nächste freudige Erkenntnis - die CFK-Kielflosse war so gut passend profiliert, das sie saugend in den Spalt in der Bleibombe passte.
Die CFK-Kielflosse erhielt am oberen Ende eine M3-Gewindestange für die Befestigung per Rändelmutter auf Deck und am unteren Ende ebenfalls eine M3-Gewindestange für die Befestigung der Bleibombe.

Damit fing alles an:

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Eine erste Sichtkontrolle der Rumpfschale bestätigte mir ein Problem, das jeder kennt, der sich mal mit GFK-Teilen aus den 70-igern/80-igern beschäftigt hat.
Formenbau in einer Qualität wie wir ihn heute kennen, gab es damals sicherlich nicht. Vermutlich wurden die Schalen im Positivverfahren von Urmodellen abgenommen. Dementsprechend schlecht war die Oberflächen-Qualität. Der Rumpf war übersät mit Lunker, Rissen und schadhaften Stellen. Es stand mir ein Spachtel- und Schleif-Marathon bevor.

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Auf diesem Foto, und nach dem spachteln/schleifen, sind stecknadelkopfgroßen Lunker gut erkennbar:


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molalu

User
Im nächsten Schritt ging es um den Rumpfausbau.

Die GFK Kiel-/Masttasche von F-works Design half mir, dass es relativ flott voran ging. Tasche ausgerichtet und sauber eingeharzt. Danach ging es weiter mit den Decksrandleisten, den Decksbalken und die diversen Verstärkungen für Wanten- und Staghalter.

Bei der RC-Technik habe ich auf eine Graupner Regatta aus meinem Technik-Fundus zurückgegriffen, sowie weiterhin auf ein digitales Ruderservo von Futaba. Die Ruderanlenkung erfolgt über ein Kohle-Rohr. Beide RC-Komponenten sind an einem Kunststoffwinkel befestigt. Die Kunststoffwinkel sitzen verschraubt auf einer 4mm Sperrholz-Sockelplatte mit M3 Einschlagmuttern. Somit können die RC-Komponenten bei Bedarf problemlos entfernt werden.


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In der Zwischenzeit hatte ich den Rumpf in "schwefelgelb" 2K-lackiert. Das Farb-Konzept = "gelb/grün".

Was mir noch fehlte war das Ruder. Die Preise für ein montagefertiges CFK-Ruder jüngster Generation war mir schlichtweg zu teuer. Ich hatte noch einen Ruder-Rohling aus profiliertem Balsaholz mit Alu-Ruderachse.
Beim Bau meines 2-motorigen Powerbootes hatte ich mit Erfolg 0,6mm starkes Sicht-Carbon verarbeitet, das man unter Heißluft verformen kann. Davon war noch genügend Material vorhanden. Also, Maße vom Ruder-Rohling abgenommen, CFK mit der Schere passend ausgeschnitten, mit dem Heißluft-Föhn in Form gebracht und beide Seiten des Ruderblatts belegt. Danach alles geharzt, gut gepresst und 24 Stunden gewartet. Leider habe ich kein explizides Foto vom Ruder angefertigt. Deshalb ein Foto der kompletten Rumpf-Unterseite mit Kielflosse.

Ich weiß das die aktuell im Regattabetrieb eingesetzten IOM längere und anders geformte Ruderblätter haben, aber das ist für mich im Moment mal nebensächlich. Denn diese IOM wird ein reiner "FUN-Racer" und ich bin mir sicher, dass die Ruderwirkung dafür ausreichend sein wird. Schaun mer mal:confused:

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molalu

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Weiter ging es mit dem Deck. Der Plan von Graham Bantock sieht vor, dass das Deck aus 1mm Flugzeug-Sperrholz angefertigt wird. Das ist sicherlich eine vertretbare Lösung, für mich aber nicht mehr zeitgemäß.

Ich habe mich für 1mm, grün eingefärbte GFK-Platten von Ahltec entschieden. Viele von Euch werden die Firma Ahltec kennen, weil der sündhaft teure Sender in einem CFK-Pult von Ahltec steckt!!!???

Die GFK-Platten werden mit dem Maß 500 x 300mm geliefert, sodass ich für das Deck 2 Platten passend zuschneiden mußte. Weil mir die Kaffedosen-Deckel im Deck nicht gefallen, habe ich ganz simpel einen rechteckigen Ausschnitt gewählt, der ausreichend dimensioniert ist, um an die RC-Komponenten zu gelangen, ohne mir die Finger zu brechen, bzw. die Komponenten bei Bedarf problemlos ausbauen zu können.
Im Heckbereich habe ich ein kreisrundes Loch geschnitten, das ausreichend dimensioniert ist, um per Imbusschlüssel an die Ruderbefestigung zu kommen, bzw. an den Umlenkblock für die Schot.

Vor dem einharzen der beiden Decksteile habe ich mit 2K klarlackiert.

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Mein langjähriger Schriftenmacher Andy von Andys Folienwelt hat es dann auch noch tatsächlich geschafft den original Schriftzug "RYTHM" nur aufgrund eines Fotos zu reproduzieren. Ich war begeistert.

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Und als Hommage an den großen Meister Graham Bantock, im Heck der Hinweis auf ihn als Designer und das dazugehörige Entwicklungs-Jahr.

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In Kürze geht es weiter mit dem Rigg.
 

molalu

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Bevor ich mit dem Rigg weitermache, möchte ich gerne über ein kleines, aber wichtiges Teil am Rumpf berichten - den "BUMPER" - die Stoßstange aller Regattaboote.

Alles suchen im Netz brachte mich nicht weiter. Ich fand keinen Anbieter für einen solchen Bumper, der üblicherweise und meines Wissens aus einem Silikon-Material abgeformt wird.
Ich erinnerte mich, dass in alten Zeiten solche Bumper auch aus Kork an den Regattayachten verbaut wurden. Das war die Lösung.

Ich nahm einen Kork-Schleifklotz und brachte ihn mit der Japan-Säge in Form. Danach noch ein bisschen Nacharbeit mit 240er Schleifpapier, anpassen und mit Silikon auf die flache Rumpfspitze geklebt.
Damit der Kork nicht im Laufe der Zeit bröselt, habe ich den Bumper 2x mit dünnflüssigem Epoxidharz gestrichen.

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Das Ergebnis im verbauten Zustand:

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Ich finde, dass der Kork-Bumper gut zum Retro-Rumpf der IOM passt, bin mir aber nicht sicher, dass der Rumpf bei einer DSV-Vermessung durchgehen würde.
 
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molalu

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Jetzt zum Rigg - und wieder Kopfkino = selber bauen, oder einen professionellen Riggbausatz kaufen???????

Im März diesen Jahres stand ich vor dieser Entscheidung. Glücklicherweise fand am 26.03.2022 am Feringasee, nahe München, die IOM Ranglisten-Regatta des MYCM statt.

Weil ich bisher noch nie ein IOM-Rigg gebaut hatte, war das eine gute Gelegenheit, um mit den Profis zu sprechen, und um sich an den Modellen mit der Rigg-Technik im Detail vertraut zu machen.

Am See angekommen waren es dann doch erfreulicherweise viele bekannte Gesichter, auf die ich traf und die mir bereitwillig und sehr kompetent Auskunft zu meinen vielen Fragen gaben.

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Ich fotografierte diverse Details:

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Einer der Regattateilnehmer war Ralf, dem ich vor garnicht allzu langer Zeit meine Walicki Skalpel verkauft hatte. Ralf war es dann auch, der mich dazu ermunterte einen Riggbausatz 1 von SAILSetc. zu kaufen.
Beim Überschlagen der Kosten für ein Selbstbau-Rigg stellte sich heraus, das die Differenz für alle benötigten Riggbauteile, incl. Segelsatz nicht sehr weit von den Kosten für einen Riggbausatz 1 der Firma SAILSetc. (Graham Bantock) entfernt waren.

Anlauf-Adresse für einen Riggbausatz der Firma SAILSetc. war dann auch F-works Design.
 

molalu

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Ende April 2022 befand ich mich im online shop von F-works Design.

Auf der Startseite der Homepage schreckte mich die Nachricht auf, das F-works am 30.06.2022 seine geschäftlichen Aktivitäten einstellt. Ob das noch gut geht? Immerhin sollte man sich lt. F-works auf 6-8 Wochen Lieferzeit einstellen. Der Inhaber von F-works Design Thorsten Fischer beruhigte mich dann aber und versicherte mir, dass alle Bestellungen, die bis zum 30.06.2022 eingehen, auch abgearbeitet werden.

Die Lieferzeiten aus England, bedingt durch lange Aufenthalte beim englischen Zoll, aber auch beim deutschen Zoll, sind für ungeduldige Modellbauer pures Gift.
Anfang Juni hatte die Warterei ein Ende. Eines Tages stand der GLS-Fahrer mit einem 2mtr. langen, grauen Abwasserrohr vor meiner Haustür. Darin befanden sich alle Teile für den anstehenden Rigg-Bau.

Nach dem auspacken und der Sichtung aller Plastiktütchen hatte ich erst einmal Schweißperlen auf der Stirn. Die diversen Baubeschreibungen mit Zeichnungen komplett in englisch. Grundsätzlich habe ich mit der englischen Sprache keine großen Probleme, aber die vielen Fachbegriffe haben teilweise auch den Google-Übersetzer in Schwierigkeiten gebracht.

Die noch intakte Homepage von F-works Design lieferte zum Glück eine sehr gut gemachte Foto-Galerie. Insbesondere die Fotos von Groß- und Fockbaum halfen mir beim Verstehen der englischen Baubeschreibung.

Um eines vorneweg zu sagen - die Qualität des Riggbausatzes von SAILSetc. ist allererste Sahne. Die profilierten Bäume haben an exakt den richtigen Stellen alle notwendigen Bohrungen. Die Klemmschieber bewegen sich in den Aluprofilen wie auf Schienen. Alle Bohrungen im Mast sind präzise und mit dem richtigen Maß an der richtigen Stelle.

Für mich Neuland - keine Stahllitzen für Wanten und Stage. Dafür 50- und 70kg Climax Proline Leinen in gelb und rot. Ob das hält??? Ja, das hält und wiegt fast nichts.

Hier 2 Fotos vom fertigen Groß- und Fockbaum:

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Hat man die Montageschritte erst einmal verstanden und verinnerlicht, ist der Riggbau in Kombination mit einem Imbus-Schlüssel und einer einfachen Knotentechnik ein Kinderspiel.
Ich könnte mir vorstellen, dass ein versierter IOM-ler so ein Rigg in 1 Stunde aufgebaut hat. Bei mir dauerte es 2 Nachmittage, aber auch nur deshalb, weil ich in einem kurzen Moment geistiger Umnachtung Großbaum und Fockbaum verwechselt habe. Stutzig machte mich der mächtige Segelbauch des Vorsegels. Als ich das Foto davon per WhatApp an Ralf schickte, bemerkte der meinen dummen Fehler sofort. Der Vorsegel-Baum ist länger wie der Großsegel-Baum.
Eigentlich hätte ich das selbst bemerken können, denn ich hatte zuvor noch im vermeintlichen Großbaum ein 1,5mm Loch für die Niederholer-Befestigung gebohrt. Und das, obwohl mir klar sein sollte, dass SAILSetc. alle Lochbohrungen bereits vorgenommen hatte. Autsch - erst Hirn einschalten, dann bohren.😡

Hier noch ein Foto vom kompletten Rigg:

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Zu guter letzt noch die Hochzeit Rumpf ./. Rigg. Foto liefere ich nach.

Für alle, die möglicherweise durch meinen Bericht und/oder die Fotos animiert wurden sich so ein Rigg zuzulegen. F-works-Design - Thorsten Fischer hat seine Aktivitäten per 01.07.2022 eingestellt. Die Homepage ist seit 2 Tagen nicht mehr erreichbar. Lt. Aussage von Thorsten Fischer werden langjährige Kunden, die über die Kontaktdaten verfügen, in einem stark eingeschränkten Umfang weiterhin bedient. Die Neukunden allerdings müssen direkt auf die Seite von SAILSetc. gehen und müssen dort online bestellen:


Es macht mich nicht glücklich, aber vermutlich war ich einer der letzten Kunden, den Thorsten Fischer mit einem Riggbausatz von Graham Bantock beliefert hat und die Liste der Lieferanten für Regatta-Zubehör (RC-Yachten) wird immer kleiner.😥

Ich erinnere mich das Peter Bohn in früheren Zeiten Segelsätze und Rigg-Zubehör geliefert hat. Aber der hat wohl seinen Laden auch abgegeben und die neuen Verantwortlichen widmen sich eher den manntragenden Yachten.


 
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molalu

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So, es ist geschafft - meine IOM ist segelfertig.

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Die Verwendung der KDH-Schienen ist nicht einmal ein Stilbruch, denn auch Graham Bantock hat in seinem Bauplan eine durchgehende KDH-Schiene für Fockbaum-Aufhängung und Schotführung vorgegeben.

Was nicht im Plan steht ist die von mir angebrachte Maststütze. Ebenfalls ein KDH-Bauteil, das sich in einer meiner Teilekisten wiederfand. Leider war das Gewinde vom Original Gabelkopf verschlissen, sodass ich Ersatz in meinem Schrauben-/Mutter-Sortiment suchen musste. Dabei kam leider nur dieser blau eloxierte Gabelkopf zum Vorschein.

Die modernen IOM-Rümpfe haben in der Regel auf Deck einen "Höcker" vor dem Mast. In diesem "Höcker" ist die Schraube mit großem Kunststoff-Kopf einlaminiert, mit der der Mast gehalten und verstellt wird. Verstellen des Mastes geht bei meiner Konstruktion nicht. Der Mast steht bündig saugend in der Decksdurchführung und unter Deck in der Mast-/Kieltasche.

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Die Experten werden es bereits gesehen haben - die gelbe Leine für die Vorliek-Spannung des Vorsegels hat sich gelöst. Dadurch der fette Segelbauch im Vorsegel. Die Dirk ist für den Moment wirkungslos. Problem ist bereits gelöst.

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So, damit endet meiner kleiner "Neubaubericht Retro IOM von 1987 und designed by Graham Bantock".

Das Interesse hielt sich in Grenzen. Kommentare und Beiträge blieben aus. Anscheinend holt man mit einer IOM keinen mehr hinterm Kamin vor!!!???

Egal - mir hat es Spaß gemacht diese Retro-IOM hier mal vorzustellen und vielleicht gab es stille Mitleser, die für sich und bestehende, oder anstehende Bauprojekte das eine oder andere an Informationen mitgenommen haben. Würde mich freuen.

Noch mehr freue ich mich auf die Erstwasserung und die ersten Schläge - schaun mer mal😀
 
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Take5

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Hallo Ingolf,
schönes Projekt mit schönem Ergebnis! Der Traffic in dieser Abteilung passt scheinbar leider zur Realität, die Betreiber dieses Hobbys werden immer weniger...

Grüße Chris
 
Hallo,

die Rhythm ist ein Knickspanter in Holzbauweise, den es damals als Bausatz von Ian Cole und später eben Sailsetc. gab (als Ian da eingegliedert war). Deine Schale sieht eher nach der Nachfolgerin JAZZ aus, denn bis auf den Heckbereich sehe ich da nicht die typischen durchgehenden Knicke eines Knickspanters. Die JAZZ war dagegen für GFK-Bauweise als Rundspanter gebaut, mit verbliebenem kurzen Knick im Heckbereich (das dient dazu den Heckbereich relativ breiter und flacher zu halten, ohne oben rum (zu) breit zu werden), war aber ansonsten wie die Rhythm aufgebaut. Die JAZZ gab es nicht als Linienriss oder Bauplan, nur als GFK-Schale (bis hin zum Fertigboot). Aber es gab eine abgeänderte Version als Bauplan für konventionelle Leistenbauweise, die nannte sich glaube ich BIKINI, die etwas voluminöser ausgeführt war. Sollte es eine originale sailsetc. JAZZ-Schale sein, wäre die Oberfläche sicher auch heute noch i.O. , denn die wurde damals sehr sauber in einer Negativform gefertigt, nix mit Lunkern oder so, mit extra farbiger Gelcoatschicht, und zudem wäre da auch ein einlaminierter Rumpfzettel von sailsetc. im transparenten Glaslaminat drin zu finden. Aber vielleicht hat es von der Jazz ja irgendwo auch mal Kopien gegeben, oder lizensierte Nachbauten und es handelt sich um sowas hier.

Die Decks damals waren „massiv“ aus 3 mm Sperrholz (ich meine es war damals gutes, ausgesuchtes Pappelsperrholz, nicht die billige „ich verzieh mich schon beim Anschauen“-Version, die man früher in vielen Bausätzen einer ehemaligen, mal recht großen Modellbaufirma fand), die direkt bündig in die Rumpfschale eingeklebt wurden und die hatten als Gewichtsreduktion großflächige Öffnungen, die mit Nummerntuch zugeklebt wurden. Diese Konstruktion war quasi selbsttragend, es waren keine Leisten oben an der Deckskante in der Rumpfschale nötig, auf die ein dünneres Sperrholzdeck sonst aufgeklebt wird. Auch keine Decksstringer/-spanten oder anderer Unterbau, der sonst meist zu finden ist. Dazu gaben sie der Rumpfschale definitiv die gewünschte Decksform rundum. Da zudem alles plan war, die Decks keinerlei Wölbung hatten, konnte man auch einen Verzug der Rumpfschale beim Aufkleben ausschliessen. Eine sehr einfache, nur auf den ersten Blick „billig“ wirkende Konstruktion, die seinerzeit auch bei anderen damaligen Konstruktionen in Engelland Verwendung fand. Ob sie originär von Graham stammt kann ich nicht sagen, aber könnt gut sein, wäre so eine typische Lösung nach seiner Art.

Diese damaligen, quasi ja allerersten IOMs waren noch zumeist mit simplen geraden Kielflossen originär aus dickem Sperrholz mit satten 10% -12% Dicke versehen, die es aus dem Flugbereich gab (Rotorblätter, aber sehr breite). Bei der Dicke waren alle Flossen auch in Holz mehr als ausreichend steif und man konnte auch problemlos sowas selbst bauen. Statt Sperrholz fanden sich auch gleichartige Versionen in GFK (z.B. bei Graham im Programm), die genauso dick waren (und damit in Sachen Performance auch keinen Vorteil hatten, ausser einen gewissen besseren Feuchtigkeitsschutz). Auch die Ruder waren oft aus diesen fertig kaufbaren Profilen. Dünner wurde es erst um 1994 herum, nachdem „plötzlich“ einige damals sehr dünne Kohleflossen aus dem M-Boot-Bereich auftauchten und (natürlich) einige Vorteile mitbrachten. Zumindest in Engelland wurde dann sehr fix alles auf diese neuen, allerdings natürlich auch deutlich teureren Flossen umgerüstet. Das Attribut von wegen der notwendigen ganzen Vorschriften wegen Fokus auf bewusst und betont „günstiger“ Segelklasse wurde da ad absurdum geführt. Einen Antrag auf Regeländerung zur Vermeidung solcher eigentlich widersinnigen Entwicklung von Bauteilen/Veränderung wurde (knapp aber doch deutlich) abgelehnt (mit Mehrheit der Engelländer, die damals eben ihre Boote ziemlich alle eben schon umgerüstet hatten…) Danach war Selbstbau der Rumpfschalen in Holz zwar noch möglich, aber an die dünnen, steifen Flossen trauten sich nur wenige im Selbstbau ran. Vorher konnte man wirklich mit einfachen Hausmitteln alles selbst machen, da fuhren auch Baumarkt-Alurohre noch im Feld mit. In meinen Augen auch heute noch eine bedauerliche Entscheidung, deren Zustandekommen entgegen der eigentlich gesetzten Klassenlogik mich heute noch ärgert. Ein bisschen zumindest. Aber rationale Entscheidungen sind ja auch heute nicht immer das Maß der Dinge ,-)

Btw: Willst du mit der zusätzlichen Stütze den Mast hochstemmen, oder für was soll die sonst tun? Als Stütze nach vorne kann es bei dem geringen Winkel zum Mast ja nicht groß Wirkung zeigen. Dreh doch mal den Schieber in der Schiene um, damit die wenigsten ein Tick mehr schräg nach vorne geht.
Bzw. mach sie wieder weg, denn da der Mast ja fest in einem Rohr steht, bringt sie nichts. Wäre das Rohr dagegen oval, und man könnte so den Mast in der Neigung verstellen, dann wäre sie hilfreich.

Gruß
Thomas
 
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Hier eine originale Rhythm, 1991 von Ian Cole, aber bereits mit GFK-Flosse. Man kann die durchgehenden Längskanten des Knickspanterns noch ganz gut erkennen.

Hier der Bausatz dazu: (rechts oben ein Stapel an den Holzprofilen für Kielflossen)
bausatz rhythm.JPG


Und noch vom fertigen Boot von Ian:
rhythm+blues - ian cole--2.JPG


rhythm+blues - ian cole--3.JPG
 
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Und dagegen Bilder von Grahams JAZZ:

jazz bantock-2.JPG


hat bereits eine Kohleflosse, aber eben noch dick (fett ,-)), wie auch die damaligen Bleigewichte kürzer und dicker waren.

Sehr cleanes Deckslayout. Mast steht in einem Ovalrohr, ohne Stütze, aber mit abgestimmten Einsätzen, die das Rohr auch verschlissen. Die Stützen waren in Engelland damals wenig verbreitet, die haben schon sehr früh die Masten in Mastrohren im Rumpf gefahren. Sehr stabil und auch sicher gegen Wantenriss oder Vorsegelriss...

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Der Meister beim Trimm:
jazz bantock-3.JPG


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Alles von 1991.
 
Hallo Ingolf,
vielen Dank für diesen tollen Baubericht. Du hast einfach zu schnell berichtet, dann hat man gar keine Zeit mehr zum antworten. ;-)
Die Yacht ist wirklich sehr schön geworden, recht viel perfekter kann man das glaube ich nicht bauen.
Auch finde ich die historische Abhandlung oben sehr interessant und lesenswert- danke dafür.
Ich habe vor kurzem auch ein paar Kleinteile bei Sailsetc bestellt und eigentlich ging das problemslos; so ca. 1 Woche Lieferzeit.
Also, jetzt wünsche ich Dir viele schöne Segelstunden mit diesem tollen Boot,
Schöne Grüße,
Johannes
 
Ich möchte mich meinem Vorredner aus München anschließen. Habe heute erst den gesamten Baubericht entdeckt, da ich in den Bereich Rennyachten eher selten reinklicke. Danke, Ingolf, für die erhellenden Einblicke in deine Projekte. Wäre schön, wenn du uns auch zukünftig daran teilhaben lässt. Auch wenn es im Bereich der RC Boote wohl nur noch wenige Interessierte gibt.

Schöne Grüße aus dem Bayerwald!

Oliver

PS: Muss Andys Plotter jetzt nochmal ran um aus dem Ryhtmus den Jazz zu machen? 😂
😉
 

molalu

User
Hallo Thomas,
aus diesem Grund habe ich den Neubaubericht der angeblichen "RYTHM" hier eingestellt. Um nämlich eine dermaßen kompetente Beschreibung zu bekommen, die wir hier bestimmt nie ohne meine Bauvorstellung erhalten hätten. Vielen Dank dafür und vielen Dank für die Zeit, die Du Dir genommen hast.

Ich bin davon ausgegangen, dass ich die Schale einer "RYTHM" vor mir liegen habe, weil der mitgelieferte Plan, oben links und groß geschrieben, die Überschrift "RYTHM" trägt (siehe erstes Foto).
Der Plan trägt im Plan aber auch einen Hinweis auf die "JAZZ" in Verbindung mit dem Entstehungsjahr 1991. Ich meine mich daran zu erinnern, dass Nigel auch schon mal etwas zu den beiden Rümpfen geschrieben hat. Nicht aber in dieser Klarheit und Ausführlichkeit.

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Willst du mit der zusätzlichen Stütze den Mast hochstemmen, oder für was soll die sonst tun? Als Stütze nach vorne kann es bei dem geringen Winkel zum Mast ja nicht groß Wirkung zeigen. Dreh doch mal den Schieber in der Schiene um, damit die wenigsten ein Tick mehr schräg nach vorne geht.
Bzw. mach sie wieder weg, denn da der Mast ja fest in einem Rohr steht, bringt sie nichts. Wäre das Rohr dagegen oval, und man könnte so den Mast in der Neigung verstellen, dann wäre sie hilfreich.

Der Mast sitzt, wie ich schon geschrieben habe, saugend und "bombenfest". Die von mir angebrachte Maststütze ist ein "nice to have", letztlich auch, um das Retro-Design ein wenig hervorzuheben. Obendrein, weil ich die Schiene vor dem Mast habe und mir die Oese für die Fockschot alleine etwas verloren vorkam.

Mir ist bewusst, dass die Maststütze mit diesem Anstellwinkel praktisch wirkungslos ist, hätte ich im Deck eine erweiterte, ovale Öffnung für den Mast angefertigt.

Ich möchte mich nochmals recht herzlich für Deine ausführliche Kommentierung zu "RYTHM" und "JAZZ" bedanken👏
 

molalu

User
Also, jetzt wünsche ich Dir viele schöne Segelstunden mit diesem tollen Boot,
Hallo Johannes,

schön von Dir zu hören und vielen Dank für Deine freundlichen Worte.
Wenn Du in ca. 1 Woche die Teile aus England bekommen hast, dann vermutlich weil der Warenwert unter € 150 war. Dann entfällt die Verzollung und ist möglicherweise der Grund für eine schnellere Versandabwicklung.

Wann lädtst Du mich zum gemeinsamen segeln ein????
 

molalu

User
Muss Andys Plotter jetzt nochmal ran um aus dem Ryhtmus den Jazz zu machen?

Hallo Oliver,

nach dieser kompetenten Aufklärung komme ich wohl nicht drumrum die IOm neu zu taufen. Ist zwar Andys Plotter, aber die Arbeit hat immer Andrea.
Ich muss Dich enttäuschen - von mir wierden ncht mehr viele Bauberichte kommen. Nach 50 Jahren Schiffsmodellbau haben zwischenzeitlich andere Dinge Priorität.
 

molalu

User
Hallo Thomas,
ich möchte mich nochmals dafür bedanken, dass Du in dieser kompetenten Weise, und mit Fotos unterlegt, meinen Fehler aufgedeckt hast. Ich muss dazu sagen, dass ich im Schiffsmodellbau sehr breit aufgestellt bin, ohne mich über die Jahrzehnte auf eine Modellrichtung zu konzentrieren und die auszuleben. Deshalb bezeichne ich mich selbst bei den Regatta-Yachten als fortgeschrittener Anfänger.

Ich habe heute den Bauplan nochmals intensiv studiert und mit Deinen Fotos abgeglichen. Dabei ist mir eine Querschnitt-Zeichnung vom Mittelschiff aufgefallen, die eindeutig zeigt, dass es sich bei dem Bauplan-Rumpf um einen Knickspanter handelt. Mit 2 durchgehenden Knicken an jeder Bordwandseite.

Auch das Decks-Layout mit RC-Einbauten, bei dem Modell von Ian Cole, passt präzise zu meinem Bauplan. Lediglich bei den Decksausschnitten und den Segelstoff-Pads gibt es geringfügige Abweichungen.

Das Foto von Grahams JAZZ, schräg liegend auf dem Ständer, zeigt anhand des Heckprofils, das mein Rumpf ein "JAZZ" ist. Auch bei meinem GFK-Rumpf befanden sich 2 Lochausschnitte im Heckspiegel. Für die Notwendigkeit dieser beiden Löcher, außer Gewichtseinsparung, habe ich keine Erklärung gefunden. Ich habe eine 1mm GFK-Platte auflaminiert und den Heckspiegel damit dicht gemacht.

Sollte es eine originale sailsetc. JAZZ-Schale sein, wäre die Oberfläche sicher auch heute noch i.O. , denn die wurde damals sehr sauber in einer Negativform gefertigt, nix mit Lunkern oder so, mit extra farbiger Gelcoatschicht, und zudem wäre da auch ein einlaminierter Rumpfzettel von sailsetc. im transparenten Glaslaminat drin zu finden. Aber vielleicht hat es von der Jazz ja irgendwo auch mal Kopien gegeben, oder lizensierte Nachbauten und es handelt sich um sowas hier.

Diese Aussage macht mich nachdenklich. Die Qualität meiner Rumpfschale ist meilenweit von Deiner Beschreibung entfernt. Ein laminiertes Firmen-Label im Rumpfinneren gibt es nicht, geschweige denn ein Gelcoat. Möglicherweise ist es ein lizensierter Nachbau, ggf. auch ein "Schwarzbau". Trotzdem bleibt die Frage nach dem Original Bauplan. Alle Querverweise lauten GB - kein Hinweis auf Lizenzbau, oder ähnliches.

Egal, der Rumpf hatte nicht annähernd die von Dir beschriebene GB-Qualtität und war obendrein sehr weich. Deshalb die von mir angebrachten Decksbalken.

Im nächsten Schritt bin ich auf die Segeleigenschaften gespannt.
 

Ragnar

User
Moin Ingolf,

da hast Du ja wieder ein Meisterwerk hingelegt.
Gratulation.
 
Ahoi Ingolf,

wie gewohnt von dir, haste mal wieder saubere Arbeit, hin gelegt.
Glaube auch das deine IOM gut segeln wird.
Schafft leider, nicht Jeder.

Die sogenannten Löcher, waren auch da um Gewichtseinsparung zu erreichen.

Holz/Sperrholz wiegt mal nee menge.
4000g Gesamtgewicht/Segelfertig, war der Clou.

Ein Hobbymodellbootsbauer schaffte es locker, eine Wettbewerbsfähige IOM zu fertigen.

Auch die guten Bauhausmasten, (billig), trugen dazu bei, bei Wettfahrten konkurrenzfähig zu sein.

Es änderte sich Jahre später, bis heute rasant.
Vor- oder Nachteil lass ich mal weg.

Graham Bantock wurde x mal Weltmeister mit seinen IOM Designs, (Logisch, auch mit seinen diversen anderen Designs, M-Boat, Tenrater, etc.).

Graham's Firma hatte Werkssegler, die Regattaerfolge heim holten.

Es wurden Fertigmodelle /Bausätze an geboten.

Weltmeister Boote wurden gern auch hier u. dort, mal nachgebaut.
Ja das mit der Lizenz, wurden mal beim Einzelbau die Augen, zu gedrückt ?
Weis nicht.

Nochmal zum Bootsgewicht.
4000g ist sehr großzügig. Kann man schon mal etwas mehr Spachtel/Kleber auftragen wie sonst.

D.h. wenn man sehr leicht bauen will, muss im Bootsinneren ein Zusatzgewicht eingeklebt/laminiert werden, um 4000g zulässiges Gewicht zu erreichen.

Schwerer darf das Boot werden, nicht leichter, will man an Regatten teilnehmen.
Ist heut noch so.

Ich segelte vor x Jahren, ein späteres Nachfolgemodell von Graham, die schöne NIMBUS.
Wurde in Holz oder auch in GFK gebaut.

Sie war ein Rundspanter. Decklayout fast ähnlich wie JAZZ u. Co.

Ich habe selten, ein so gutmütiges Boot, auf allen Kursen, (Kreuz, Halbwind, vor dem Wind), gesegelt.
Mittlerweile, so einige verschiedene Bootstypen.

NIMBUS, steht oben, ja dann noch, M-Boat, etc.

Mein Boot wurde von einem sehr guten Hobbymodellbootsbauer gebaut.

Gewicht war nur een paar Gramm über 4000.
Ist ok.

Schiet, das Boot habe Ekke nicht mehr.
Trauer.

So Ingolf, du auf hören ?
N E I N.
Abgesagt.
Geht nicht.
Ahoi.
Viele Grüße Gerd.








 
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