NEMESIS - „Die Göttin der Rache“
Michael Sieck
Michael Sieck
Ja, wenn man mal ringsum die Modellflieger fragt, ob sie eigentlich auch Rennflugzeuge kennen, dann kommt von den meisten ein Achselzucken:…..“Hmmm weiß nicht…“, oder „Ja, da gibt es doch das Red Bull Airrace.“
Also denke ich, hier müsste ich dem geneigten Leser etwas mehr Information geben. Zunächst die Feststellung: Red Bull hat es nicht erfunden, das Airrace, nein, auch die Schweizer waren es diesmal nicht, sondern die Amerikaner.
Seit den frühen 30er Jahren - ja das ist schon eine ganze Weile her - misst man sich im Luftrennen mit anderen waghalsigen Piloten. Dabei werden drei im Abstand von je drei Meilen aufgestellte Pylone umflogen. Der Start erfolgt fliegend. Das bedeutet, alle Flugzeuge starten nacheinander, sammeln sich in der Luft und beim Startschuss hofft bereits jeder Pilot, die Nase vorn zu haben. Dabei gibt es verschiedene Klassen.
- Die Formula One: Hier fliegen alle Flugzeuge mit Vierzylindermotoren und einem Gewicht von weniger als 500 Pfund.
- Die AT 6-Klasse für die alten AT 6-Flugzeuge.
- Die T 28- Klasse für die T 28 Trojan-Flugzeuge.
- Die Biplane-Klasse für Doppeldecker.
- Die Unlimited-Klasse für alles, was sonst noch schnell ist.
- Seit 2005 gibt es auch eine Klasse für Jets
So weit die kleine Einführung in die Welt der Rennflugzeuge. Die bekannteste Konstruktion dürfte wohl die Gee Bee sein, das rot-weiße Fass mit dem riesigen Sternmotor aus den 30er Jahren.
Aber in diesem Bericht geht es um den Nachbau der Nemesis.
Die Firma Air-C-Race baut seit vielen Jahren ausschließlich Rennflugzeuge nach. Einige Leser, die zu Beginn des Berichtes nicht mal wussten, dass es neben der Gee Bee auch noch andere Rennflugzeuge gibt, werden sich nun fragen: „Wer zum Geier ist Air-C-Race?“
Air-C-Race hat sich dem Nachbau von Rennflugzeugen verschrieben und macht dies seit 2000 professionell. Michael Sieck, Inhaber, Modellbauer und Konstrukteur der Modelle, kommt eigentlich aus dem Autobereich. 40 Jahre Modellbauerfahrung und technisches Hintergrundwissen ermöglichen es ihm, diese speziellen Modelle perfekt zu gestalten.
So haben sich in den vergangenen Jahren einige Modelle angesammelt. Um eines dieser Modelle geht es nun.
Der Name Nemesis kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Göttin der Rache“. Wen Jon Sharp, Konstrukteur, Pilot und 15maliger Weltrekordhalter damit rächen wollte, weiß ich nicht. Fest steht jedenfalls, dass er mit der Nemesis zwischen 1989 und 2000 rund 40 von 45 Rennen gewann und dabei 15 Weltrekorde aufstellte.
Michael Sieck machte sich bereits 1998 daran, die Nemesis nachzubauen. Heraus kam ein Modell mit atemberaubenden Flugleistungen, 270 cm Spannweite, 17 kg Abfluggewicht und einer mittels GPS-bestätigten Geschwindigkeit von über 383 km/h. Aber Moment mal, hier soll es doch um die kleine Nemesis gehen.
Ja, viele Modelle und einige Jahre später kam dann der Zufall zu Hilfe. Michael bekam ein Modell, das nach seinem Plan verkleinert gebaut und erfolgreich in der DMFV Reno-Klasse mit 8,5 cm³ geflogen wurde. Schnell war klar, daraus baut Michael ein Elektromodell.
Aber es sollten noch über drei Jahre ins Land gehen, bis das umgesetzt werden konnte. Die Bauteile wurden aufgearbeitet, verstärkt, grundiert, lackiert, poliert, gewachst und dann wurden Formen gebaut.
Hört sich einfach an, das Ganze fand aber nicht im heimischen Keller und auch nicht beim bisherigen Zulieferer der GfK-Teile statt, nein, sondern im fernen China. Jeder, der schon mal ein Urmodell erstellt hat, kann nachvollziehen, wie viel Arbeit darin steckt. Die Tragfläche war aus Styro mit Balsa beplankt, da musste erst mal eine Glasmatte drauf und anschließend verspachtelt werden. Klar ist auch, dass man beim Einmessen des Modells sehr genau vorgehen musste, es muss ja später alles passen.
Komplette Handarbeit war angesagt. „Das ist doch kein Problem!“, denken sich nun vielleicht einige. Ja, ok, wer aber schon mal auf Reisen war, der wird wissen, dass es bei Anderen auch andere Sitten und Gebräuche gibt.
Michael hatte seine Sachen gepackt und war nach China geflogen. Wer es noch nicht selbst erlebt hat, wird es nicht glauben. Es gibt dort eigentlich nichts. Keinen Baumarkt um die Ecke, wo man mal eben ein 10er Alurohr kaufen kann. Schleifpapier? Schleifklotz? Leichtspachtel? Vakuumpumpe? Alles Fehlanzeige! Ganz banale Dinge zu besorgen, kann schon mal eine Tagesreise erfordern. Ich hab das nicht glauben wollen, es ist aber wahr. Da kommt man in einen Raum, eine Fabrikhalle – so etwa 500 m² groß - hat sich ein paar Elektrowerkzeuge mitgebracht und sucht nun eine Steckdose. Ja, da ist zwar eine: Gleich 20 m neben der Werkbank - aber eben nur eine für den ganzen riesigen Raum.
Das Formenharz haben wir bei der Firma Huntsman bestellt. Die hat in China 3.000 Mitarbeiter und vier Niederlassungen. Das Material musste sie aber in Deutschland beschaffen. Die eben genannte Firma liefert auch das Harz, hat etwa 300 verschiedene Sorten im Programm, es muss aber ebenfalls alles aus Deutschland importiert werden (hat Topfzeit- und Festigkeitsgründe). Keiner hat sich träumen lassen, dass es dort auch keine Füllstoffe wie Baumwollflocken, Mikroballons oder Thixomittel gibt – kommt wieder alles aus Deutschland. Airex wird auch in China hergestellt, kann man aber nicht in 2 und 1,2 mm Dicke kaufen… Leute, ihr macht euch keine Vorstellung, mit welchen Kleinigkeiten man sich hier beschäftigen muss, über die man sich in Deutschland überhaupt keine Gedanken macht, weil die Verfügbarkeit eine Selbstverständlichkeit ist.
Nachdem dann alles gerichtet und importiert war, ging es daran, die Leute, die das verarbeiten sollten, zu trainieren. Natürlich waren es schon fortgeschrittene Laminierer, Lackierer, Bodyworker und Formenbauer. Diese Fabrik fertigte aber bis dato Schaufensterfiguren aus Polyesterharz, da kommt es auf Stückzahl und nicht auf Genauigkeit oder Gewicht an. Die Puppen müssen ja nicht in die Luft, und wenn die schwerer sind als 25 kg meckert auch keiner….. Aber Übung mach bekanntlich den Meister, und man kann sagen, so nach 3-4 Teilen konnte man die Sachen schon anschauen. Wir mussten glücklicherweise, zumindest was die Arbeiter betraf, nicht bei absolut Null anfangen.
Man kann abschließend feststellen: Wenn man den fertigen Bausatz in Händen hält, hat sich die Mühe gelohnt. Das fertige Produkt spricht für sich und wird sicher viele Anhänger finden.
Das Modell kommt, wie man auf den Bildern sehen kann, gut verpackt und bereits weit vorgefertigt beim Kunden an. Beim Motoreinbau bleibt es dem Kunden überlassen, ob er lieber elektrisch oder, wie bereits beim Urmodell, mit einem Verbrennungsmotor fliegen möchte. Alle Teile sind aus GfK gefertigt, einige Teile mit recht viel Kohle verstärkt (Tragfläche, Rumpf und Höhenleitwerk). Alle Teile sind bereits in der Form lackiert, die Flächenbefestigung sowie der Servoeinbaurahmen im Rumpf sind bereits eingebaut.
Die Ruder sind, wie heute allgemein üblich, spaltfrei mit Elasticflaps angeschlagen und auf der Unterseite spaltfrei ausgeführt.
Bezüglich Fliegen ist noch zu sagen, dass Erfahrung mit 3-achsgesteuerten Modellen vorhanden sein sollte. Das Modell ist, je nach Motorisierung und natürlich auch abhängig vom Gewicht, bei der Landung nicht gerade langsam, überfordert den Piloten aber nicht. Ein Anfängermodell ist die Nemesis sicher nicht. Wer aber mal etwas Rennfeeling haben möchte, für den ist die Nemesis sicher das richtige Modell.
Übrigens ist die Firma Air-C-Race der einzige Hersteller, der auf seine Modelle „Nemesis“ und „Nemesis NXT“ draufschreiben darf. Jon Sharp hat dieser Firma ausdrücklich erlaubt, das Design, den Namen sowie die Bilder von ihm, seiner Frau und seinen Flugzeugen offiziell zu verwenden. Das ist eine Auszeichnung, die wohl im Modellbaubereich einmalig ist. In diesem Sinne: Go fast and turn left.
Infos über Jon Sharp und Nemesis und Nemesis NXT: www.nemesisnxt.com
Infos über Air-C-Race unter www.air-c-race.de
Anfragen bezüglich der Modelle info@air-c-race.de , Telefon 07256 8147 oder 0176 22152173
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Anmerkung der Redaktion
Der Autor ist der Inhaber der Firma Air-C-Race