Hi Michael!
Unser kleiner "Streit" geht zwar am eigentlichen Thema vorbei (mini SB-13 von Graupner), aber trotzdem noch einige Gedanken und Anmerkungen von meiner Seite. Zunächst mal etwas grundsätzliches: Ich gehöre zwar nicht zu der Generation von Akafliegern, die sich für den Bau eines schwanzlosen Segelflugzeuges entschlossen haben, und habe auch selbst nicht daran mitgebaut, aber ich kann dir versichern, dass das Ziel bei der Entwicklung der SB-13 sicherlich nicht war, ein serientaugliches Flugzeug zu entwerfen (das war bei Akaflieg-Prototypen fast nie so). Vielmehr geht es eigentlich bei jedem Prototypen darum, neue Wege zu gehen oder neue Detaillösungen zu entwickeln, die für einen Hersteller mit zu hohenm Entwicklungsrisiko oder auch mit zu hohen Kosten verbunden wären. Als Beispiel kann ich die Einführung neuer Werkstoffe oder neuer Technologien nennen (GfK bei der fs-24 Phoenix, CfK bei der SB-10, Hochmodul-CfK bei der SB-13, Blasturbulatoren bei der SB-12, variable Flügelgeometrie bei der fs-29 oder SB-11, Rettungssysteme...). Nicht alles, aber vieles hat dann doch den Weg in die Segelflugzeugindustrie gefunden.
Auf dem Gebiet schwanzloser Segelflugzeuge gab es so gut wie keine aktuellen Erfahrungen. Und das hochgesteckte Ziel war natürlich, ein konkurrenzfähiges Flugzeug in der Standardklasse zu bauen (15m Spannweite, keine Wölbklappen).
Dann liegt ein Konstruktionsfehler vor, wenn die gepfeilte SB13 weniger Dämpfung hätte, als z.B. ein ungepfeilter Brettnurflügel, der ja üblicherweise beim Einfliegen in Thermik kein Rodeo aufführt.
Das habe ich nicht geschrieben, die Dämpfung eines Brettnurflügels wäre sicherlich noch geriger. Aber ein Brett zeigt das Nicken beim Einflug in die Thermik nicht, da er mit der gesamten Spannweite zeitglich in den Aufwind fliegt und nicht mit dem Innenflügel vor dem Außenflügel wie bei der gepfeilten SB-13.
Nein, Begriff wie "Dämpfung", "Neutralpunkt" und "Stabilitätsmaß" machen nur bei starr bleibenden Flächen den Sinn, welche die Schulbuchaerodynamik angibt. Beim großen "Gepfeilten" , wo bereits die Flügeldurchbiegung zu starken Nickmomenten und ggf. Resonanzen führt, müssen andere Wege beschritten werden. Die SB13- Entwicklung zeigt, daß hier bislang weder Experten noch mathematische Modelle richtig lagen und daß das "Wippen" immer noch ein Hauptproblem der großen und hochgestreckten Nurflügel ist, es reduziert die Höchstgeschwindigkeit gegenüber Normalsegelflugzeugen drastisch.
Bevor immer auf den "Mathematikern" und "Experten" herumgehackt wird: Solch ein "manntragendes" Segelflugzeug muss ja nicht "nur gut fliegen", sondern auch die Bauvorschriften erfüllen. Da wird z.B. gefordert, dass die Steuerkräfte mit zunehmender Geschwindigkeit stetig zunehmen müssen, was beim Modell ziehmlich egal ist, denn die Steuerkraft erzeugt die Feder des Senders. Diese Forderung lässt sich z.B. nicht ohne weiteres mit momentenfreien Profilen erfüllen. Die Bemessungshöchstgeschwindigkeit wird ebenfalls durch die Bauvorschrift festgelegt. Bis zum 1,2-fachen dieser Bemessungshöchstgeschwindigkeit muss mittels Standschwingungsversuch und Rechnung nachgewiesen werden, dass das Flugzeug flatterfrei ist. Auch muss ein manntragender Nurflügel in einem weiteren Schwerpunktbereich zu fliegen sein, während man beim Modell immer mit der selben SP-Lage fliegen kann. Ich könnte jetzt noch eine Reihe von Punkten nennen, die man beim Modell vernachlässigen kann oder wo man mehr Ermessensspielraum hat, weshalb nicht jede Lösung aus dem Modellflug übertragbar ist (was nicht heißt, dass man einfach aus Prinzip alles, was sich bei Flugmodellen bewährt, über Bord werfen muss).
Also, die Biegverformung des Flügels ggf. zusammen mit der Torsionsverformung sind die Verantwortlichen für das Wippen der Gepfeilten und die konstruktive Gestaltung ihres Zusammenspiels weist auch einen Weg zu dessen Beherrschung. Ich habe dazu schon Versuche mit Teilerfolg gemacht und werde gelegentlich darüber berichten.
Aus diesem Grund sind die Holmgurte bei der SB-13 aus HM-CfK und der Holm weist innerhalb des Flügels eine geringere Pfeilung auf als der Flügel selbst. Der Holm läuft also nach außen hin weiter in Richtung Flügelnase.
Die fast dreiecksförmigen Horten-Flügel hatten es mit der geringen Masse am Flügelende und der großen Flügelsteifigkeit in der Mitte wohl statisch etwas leichter, aber ich bin fast sicher, daß die hochgestreckten Versionen (Horten 15?) auch aeroelastische Probleme hatten, angefangen beim "Wippen" in moderater Geschwindigkeit.
Ein Nurflügel nach dem Horten-Prinzip hätte allerdings keinen Leistungsvorsprung erbracht oder nicht einmal an den Leistungsstand in der Standardklasse anschließen können. Hier hatten konventionelle Segelflugzeuge ja einen Know-How Vorsprung von über 40 Jahren.
Ich beziehe mich auf einen Scheideck-Vortrag, erinnere mich noch an einen Aka Flieger namens "Berns", jedenfalls sagte einer der Aka- Vortragenden, daß die SB13 aus Kostengründen niemals in Serie gehen könne. Er hat dann die (natürlich ohne Bezahlung) erbrachten Arbeitsstunden (abzüglich Entwicklung) und die gesponserten extrem teuren Materialien hochgerechnet und kam auf den Millionenbetrag.
Das wird wohl bei jedem Prototypen so sein. Erst recht, wenn man den Aufwand für den Formen- und Vorrichtungsbau mit einbezieht, den man ja nicht auf eine Serie von vielleicht einigen Hundert Exemplaren umlegen kann. Hinzu kommt, dass HM-Fasern zur damaligen Zeit noch um ein Vielfaches teurer waren als mittlerweile. Hier muss auch der Aufwand für die Zertifizierung dieses Materials mit berücksichtigt werden.
Natürlich finde ich toll, dass die SB13 gebaut wurde, finde es andererseis tragisch, dass immense studentische Arbeitleistungen und Sponsorenmittel letztlich auf Sand gelaufen sind.
Ich finde es auch toll, was die Akaflieger damals geleistet haben und dass dieses Flugzeug in die Luft gebracht wurde, trotz aller Prellböcke, die sich im Laufe der Entwicklung gezeigt haben. Dass hier etwas auf Sand gelaufen ist, würde ich trotzdem nicht sagen: Man hat an diesem Flugzeug sehr viel gelernt. Und glaub mir: Vieles, dass man nicht an Modellen hätte lernen können. Und genau darum ging es bei diesem Projekt. Natürlich wäre es besser, wenn ein völlig normal fliegendes Segelflugzeug dabei herausgekommen wäre. Es ist aber keinesfalls so, dass hier Geld vergeudet wurde. Immerhin konnten die HM-Fasern erfolgreich eingeführt werden und die SB-13 war das erste Segelflugzeug mit einem Gesamtrettungssystem. Nicht, weil es ein solch gefährliches Flugzeug ist, sondern, weil es sich angeboten hat, diese neue Technologie zunächst an diesem Flugzeug zu testen, da keine Gefahr besteht, dass sich die Fallschirme beim Öffnungsvorgang am Leitwerk verheddern.
Schuld haben auch die Experten und Mathematiker, die ihre mangelhaften Rechenmodelle fahrlässig anwenden und deren Leistungsfähigkeiten vorgaukeln, die schon bei wenig Hinterfragung in sich zusammenfallen. Strömungsabriss, Aeroelastizität und Resonanzen das sind die wahren Probleme der großen Nurflügel und Nurflügelmodelle und kein Mathematiker hat bislang "die" Lösung.
Also die theoretischen Arbeiten zur Auslegung sind ebenfalls von den Studenten erbracht worden. Betreut wurden diese Arbeiten von den Instituten der Uni und des DLR und nicht von "Mathematikern". Dazu gab es umfangreiche Vorversuche (u.a. mit einem 5m-Modell, Windkanalversuche, Standschwingungsversuche...). Ich gehöre sicherlich nicht zu denjenigen, die behaupten, dass man alles vorher ausrechnen kann und mir fällt auch niemand ein, der das bei der Entwicklung der SB-13 behauptet hat.
Da lobe ich mir die Modell-Nurflügel- Gemeinde, deren Entwicklungen reichlich gefahrloser verlaufen und die beginnen, auf die bemannte Nurflügelszene einzuwirken- nicht umgekehrt.
Natürlich ist es gefahrloser, Erfahrung an unbemannten Modellen zu sammeln. Aber wie ich schon schrieb: Nicht alle Erfahrungen sind auf bemannte Flugzeuge übertragbar. Da will auch niemand einen Grabenkampf führen, bei dem es darum geht, wer mehr Ahnung von Nurflügeln hat. Ich möchte aber auch nicht die SB-13 als gefährliches Flugzeug bezeichnen, sonst wäre ich nicht damit geflogen. Spannend war's vor meinem ersten Start trotzdem, dabei erfolgte mein erster Start an einem Spätsommertag in völlig ruhiger Luft. Und da verhält sich die SB-13 wie ein ganz "normales" Flugzeug. Die meisten der Kinderkrankheiten, die während der Flugerprobung auftraten, waren bis dahin ja auch schon behoben oder man wusste, wie man damit umzugehen hatte. Allerdings muss man auch eingestehen, dass die SB-13 nicht uneingeschränkt praxistauglich ist. Das liegt aber eher an Randeffekten wie der eingeschränkten Sicht nach vorne unten, was beim gemeinsamen Kreisflug mit anderen Flugzeugen stört oder den Problemen mit dem Bugfahrwerk, was bei Außenlandungen regelmäßig abgeknickt ist. Trotz allem hat die SB-13 mehrfach auf Wettbewerben ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt und hat beachtliche Streckenflüge absolviert (der weiteste immerhin fast 650 km).
Betrachten wir die SB-13 also als Technologieträger, der leistungsmäßig seiner Zeit um mindestens 10 Jahre voraus war. Dazu hat sie durch die Einführung hochsteifer Kohlefasern im Flugzeugbau und durch den erstmaligen Einsatz eines Gesamtrettungssystems Meilensteine gesetzt. Als Erfolg würde ich sie persönlich alleine deshalb bezeichnen, weil sie überhaupt geflogen ist. Würde man solch ein Projekt nochmal beginnen, wüsste man sicherlich vieles besser, aber da haben die Akaflieger mittlerweile ganz andere Probleme (z.B. fehlender Nachwuchs aufgrund der Einführung von Studiengebühren, aber das ist ein ganz anderes Thema und hat mit der mini SB-13 von Graupner wirklich gar nichts mehr zu tun
).
Viele Grüße und nichts für Ungut!
Yeti