Extremer Leichtbau! Eigenbau 700er Low RPM Heli mit 3s Antrieb

chris-t

User
Hallo Zusammen,

normalerweise findet man mich nicht im Bereich der Helikopter,
dennoch schwebte meinen Kollegen und mir schon lange ein Projekt vor, welches es so bisher noch nicht gegeben hatte.
Die grundlegende Idee stammt von Daniel Hör.

Normalerweise sind wir eher bei den Indoorfliegern zu finden, da alles extrem leicht gebaute unser zuhause ist. Irgendwann kam der Gedanke auf, ob es nicht möglich sei, einen leichten großen Heli auch in der Halle fliegen zu können (3D). Wenn die Antriebsleistung sehr gering ausfällt, vermidert es somit auch das Risiko, bei einem Crash / Unfall etc.

Anfangs hatten wir uns folgendes in den Kopf gesetzt:
  • 3s Lipo als Antriebsakku
  • Multicopter Pancake Motor mit niedriger kV und hohem Drehmoment als Hauptantrieb.
  • separater Brushless Heckmotor als Direktantrieb (auch an 3S betrieben)
  • 15-20g Servos auf der Taumelscheibe
  • Vollkohlefaser Chassis aus miteinander verklebten Platten.
  • CFK Hauptrotorwelle (Rohr)
  • 3D-gedruckte Bauteile für den Rotorkopf.
  • Extrem leichte Hauptrotorblätter der 700er Größe
  • Abfluggewicht: < 1000g
  • Drehzahl: 400-700 1/min
Da wir schon viele einzigartige Projekte verwirklicht haben, war für uns klar, dass zuerst der Antrieb funktionieren muss, bevor man überhaupt an die Konstruktion des Helis gehen kann. Daraus folgte dann die Herstellung von extrem leichten Rotorblättern um einen Schubtest mit verschiedenen Testantrieben durchführen zu können.


blatt.png


Zur Fixierung der Blätter sollten später M4 Schrauben zum Einsatz kommen.

Als das CAD Modell fertig war, konnte auch schon die Laminierform konstruiert werden.
Diese sollte später direkt als Negativ aus hochdichtem Ureol gefräst werden.

195063737_1622582384799679_2703615300956345685_n.png


Da die Rotorblätter sehr leicht werden sollen, durfte ein CNC-gefräster Stützkern aus Schaumstoff natürlich nicht fehlen.
Als Material kommt Styrodur mit geringer Dichte von BASF zum Einsatz. Die Kerne habe ich zweiteilig gefräst. Diese mussten dann nurnoch zusammengeklebt werden.

195131449_2657323297747625_678558390638130797_n.png


Am CAD Modell der Stützkerne ist die Aussparung im Bereich der Nasenleiste gut zu erkennen. Hier soll später ein Stab eingelegt werden, mit dem man den Vorlauf der Blätter einstellen kann. Im Bereich der Nabe wird einfach eine kleine Alu Hülse eingesetzt.

Hier sieht man den vorläufig geplanten Aufbau der Rotorblätter. Wir haben später verschiedene Varianten umgesetzt und getestet.

aufbau.png
 

chris-t

User
Dann konnte es auch schon mit den Formen für die Rotorblätter losgehen. Blockmaterial war vorhanden, die Fräsbahnen berechnet, also ab zum fräsen:

20210301_102159.jpg


20210301_103432.jpg


Leider waren die Einstellungen in Fusion360 nicht perfekt und kleine Rillen waren nach dem Schlichten zu erkennen.

20210301_111940.jpg


Dennoch kein Problem, da diese Unebenheiten nach dem Nassschleifen und späteren aufpolieren nicht mehr sichtbar sind.
 

chris-t

User
Einige Tage später war dann die Form mit Passdübel bestückt und die wichtigen Flächen geschliffen und poliert.
Nach einer gründlichen Reinigung der Form mit Isopropanol konnte dann die erste Schicht Trennwachs aufgetragen werden.


20210313_135933.jpg


Trotz der hohen Dichte des Blockmaterials und die sehr großzügig gewählte Dicke der Formhälften, wurden durch das einseitige Bearbeiten Eigenspannungen im Material freigesetzt und die Formhälften haben sich leicht gekrümmt. Dieser Verzug sollte aber spätestens beim Ansetzten der Schraubzwingen und verpressen beider Formhälten eliminiert werden.
Ein Planfräsen der Rückseite hätte ggf. diesen Verzug verhindert.

20210314_180345.jpg


Nach dem Lackieren des Vorgelat, wurden dann auch die ersten Rotorblätter laminiert.
Hier habe ich folgenden Aufbau versucht: Kohlefaservlies als Decklage, 2mm CFK Stab in der Nasenleiste.

20210315_120658.jpg


Später stellte sich heraus, dass der CFK Stab in der Nasenleiste nicht den gewünschten Blattschwerpunkt erzeugt und das Rotorblatt einen starken Nachlauf aufwies.

20210315_202318.jpg


Zu diesem Zeitpunkt, war leider meine Temperbox noch nicht groß genug. Also wurden die ersten Rotorblätter alternativ und eher unprofessionell nachgetempert. 😅
 
Zuletzt bearbeitet:

chris-t

User
24 Stunden später zeigte sich, ob sich der Aufwand gelohnt hat.

Die Blätter ließen sich sehr gut entformen. Die Lackierung hat ebenfalls geklappt und das Gewicht pro Rotorblatt belief sich auf 45g. Ausreichend biegefest waren die Blätter auch.

Lediglich die Torsionssteifigkeit ließ zu wünschen übrig. Im Nachhinein kein Wunder, da beim Kohlefaservlies die Fasern in keine festgelegte Richtung orientiert sind.

blatt1.jpg


cloeup.jpg


Kleine Unschönheiten an der Nabe. Dennoch war ich sehr zufrieden mit dem Ergebnis.

profil.jpg

Auch die Endleiste wurde super gleichmäßig und schön scharf.
 

chris-t

User
Hier sieht man nochmal den Schaumkern und das fertige Rotorblatt im Vergleich.

Der Flügel oben im Bild gehört zu einem anderen Projekt.

20210323_141916.jpg


Nachdem die ersten Rotorblätter einsatzbereit waren, konnte es mit der Antriebsauslegung weiter gehen.
Einige Stunden Antriebsauslegung mit ecalc.ch später war dann schon in etwa klar, welche Motoren in Frage kommen.

Für den ersten Test hatten wir folgendes Setup:

  • Motor: 5010 750kV Pancake Motor (80g)
  • Riemen: HTD 3M
  • Untersetzung: 1:5,55 (18t / 100t)
  • Akku: 3s Lipo

Um die späteren Ströme besser einschätzen zu können, haben wir die Rotorblätter zunächst mit 10° Pitch Anstellung fixiert und Standschübe gemessen.
Der Versuchsaufbau war denkbar einfach: die 3D-gedruckte Antriebseinheit wurde auf einer Linearachse montiert. Diese lässt nur den axialen Freiheitsgrad um den Standschub des Antriebes mittels Kofferwaage zu messen.

20210316_150619.jpg


20210316_150647.jpg


In dieser Konfiguration wurden maximal 2,6kg Standschub gemessen (26N) bei 30A Strom.
Dies zeigte, dass bereits eine geringere Drehzahl für unser Projekt ausreichend sein müsste und ein Motor mit weniger kV, oder eine größere Untersetzung besser wäre.

Letztendlich haben wir uns für den gleichen Motor mit weniger kV entschieden, da somit das Hauptzahnrad später nicht unnötig groß werden sollte.
 
Moin,
da habt Ihr euch aber ein Ziel gesetzt :eek:
Ob das wirklich so umsetzbar ist bei dieser Größe so extrem leicht zu bleiben?
Stabilität muss ja dennoch vorhanden bleiben...-3d fähig- glaube das wird schwierig.
2 Nummern Kleiner würde ich sagen das passt, wird was besonderes der Marke Eigenbau, aber 700er bei dem angestrebten Gewicht?
Es gab vor zig Jahren mal einen MPX Fun-Copter ca. 80cm Rotordurchmesser der lag bei 3s Direktantrieb bereits bei 1,3kg glaube der war auch nicht 3d fähig..
Bin gespannt wie Ihr das alles umsetzen werdet...
viel Erfolg , gutes gelingen...👍
 
Zuletzt bearbeitet:
Einen Hab ich noch,
Ihr seid Technisch vollkommen ausgestattet so das Ihr alles wirklich selber herstellen könnt. 👍
Ich verstehe nicht wie man gerade bei den Blades anfangen kann ?
Bei der angestrebten Drehzahl braucht Ihr vielleicht vollkommen andere Blades ?
Wenn dies hier mit Zeichnungen / Plänen angefangen hätte, so das man Vorhaben nachvollziehen kann, wäre vielleicht besser gewesen.
Ich habe gerade Kopfkino....
Wie soll das funktionieren....
 

chris-t

User
Ich verstehe nicht wie man gerade bei den Blades anfangen kann ?


Hallo Gecko11,

ich kann deine Bedenken verstehen, da wir uns auch unsicher waren ob es überhaupt funktionieren würde. Aber deswegen haben wir es einfach einmal ausprobiert. Mit den Rotorblättern angefangen haben wir, weil zunächst der Antrieb funktionieren muss, bevor man das "Modell"drum herum bauen kann.

Obwohl ich davor noch keinen Heli konstruiert habe, schien es mir sinnvoll wie folgt vorzugehen:

  1. Rotorblätter konstruieren und laminieren.
  2. Test Antrieb bauen und Werte messen.
  3. Antrieb mit den besten Werten im CAD übernehmen und den Rest dazu konstruieren.
 

chris-t

User
Um die Konstruktion ein wenig einfacher zu beginnen, habe ich zunächst das Heck samt Heckmotor konstruiert.
Anfangs hielte ich es für eine gute Idee den Motor mittig am Ende vom Rohr zu plazieren. Optisch wäre es auch eine schöne Lösung gewesen, dennoch stellte sich heraus, dass der Heckrotor viel Lärm verursacht, wenn er so nah am CFK Heckrohr dreht.

Der erste Prototyp war zwar schon gebaut, dennoch wurde nochmal alles abgeändert.

195082197_505106104070629_7719917624749530812_n.png



195645419_4096143500476239_9092966536249526176_n.png


194661266_2822768608034093_6465327061717412382_n.jpg


Letztendlich habe ich mich für diese Variante entschieden, da so der Heckrotor ein wenig mehr Abstand zum Heckrohr hat.
Lediglich zwei kleine 3D-gedruckte Abstandshalter im inneren des Heckrohrs sorgen dafür, dass man die extra langen M2 Schrauben anziehen kann, ohne das dünnwandige Cfk Heckrohr kaputt zu machen.

heck aktuell.png
 
Es wird hier sicherlich richtige Experten geben auf diesem Gebiet.
Habe mal geschaut was ihr überhaupt so veranstaltet, deinen Link dann zu Youtube.
Wahnsinns Sachen die ihr da baut.
Heli ist aber eine vollkommen andere Baustelle.
Auch die Vorgehensweise kann ich noch nicht so nachvollziehen.
Wenn ich mir doch etwas bauen möchte, brauche ich eigentlich erst mal eine Vorstellung wie und wo es enden soll.
Da würde ich nun nicht gerade mit dem Antrieb und den Blades anfangen und dann mal schauen wie ich den Antrieb nun nutzen kann.
Ich würde da anders vorgehen.
Modell / Rahmen / Mechanik Größe/Gewicht?
Dies muss einem 3d Flug erstmal Stand halten.
Welche Lager ? Welchen Rotorkopf / Taumelscheibe ?
Selber Drucken ?
Es gibt so vieles zu beachten, ich denke ihr spannt das Pferd von hinten vor dem Karren.... oder wie heißt das noch gleich ?
 
Hallo Zusammen,
sehr interessantes Projekt. Ich fliege auch einen 700er Heli (Thundertiger Raptor E700) , allerdings mit 6s anstatt der ursprünglich vorgesehenen 12s. Der Heli macht alles mit was ich fliegen kann, bis zu Rücken Rückwärts, allerdings keine heftigen Ticktocks oder ähnliches. Euer 3S Projekt ist aber natürlich nochmal eine ganz andere Hausnummer. Bin sehr gespannt ob es klappt. Ich drücke Euch die Daumen.

LG Martin
 

chris-t

User
Vielen Dank,

ja, das ist richtig. Heli ist normalerweise nicht unser Fachgebiet. Es gab natürlich von Anfang an eine Baugruppe im CAD, welche die groben Maße unseres Vorhabens abgebildet hat. Später stellte sich heraus, dass sich der Großteil aller Maße und Geometrien von ganz alleine ergeben.


LG Chris
 

Claus Eckert

Moderator
Teammitglied
Hallo

Macht mal. Der Weg zum Ziel ist egal, wenn der Erfolg am Ende wartet.
Man lernt mit jedem Projekt und entwickelt sich weiter.
Modellbau ist mehr als Vorgefertigtes zusammen zu schrauben. Scheitern gehört zwar auch dazu, aber das ist nur eine Etappe auf dem Weg.

In jedem Fall ein hochinteressantes und spannendes Projekt. Auch für Nicht-Hubi-Flieger. 👍
 

chris-t

User
Nachdem die Komponenten für den Hauptantrieb festgelegt waren, konnten auch die ersten Bauteile des Chassis konstruiert werden.
Die Größe von Hauptzahnriemenrad gab hierbei die Geometrie der Aussparungen im Chassis vor. Der Achsabstand zwischen Hauptrotorwelle und Motorwelle legte die Position vom Motor fest.

Allein der Durchmesser der Hauptrotorwelle (12mm Cfk Rohr) bestimmte alle weiteren Teile der Taumelscheibe.
Das passende Kunststoff Kugelgelenk von IGUS gab widerum die Größe der Dünnringlager vor.
Somit ergaben sich nach und nach alle Teile.

TS.png


Alle mechanischen Teile, welche wir nicht selbst angefertigt haben, stammen vom T-Rex 500.
Hier zu sehen ist die Blattlagerung vom T-Rex 500 übertragen ins CAD um unseren eigenen Rotorkopf zu konstruieren.

Blattlagerung.png


195577335_528944928131778_5807948602833876183_n (1).jpg


Dann kamen auch schon die ersten Teile per Post:

Die oberen Lager sind Bundlager für die Hauptrotorwelle, die zwei großen Dünnringlager für die Taumelscheibe.

195649317_485373195873576_3499769143136025625_n (1).jpg
 
Naja,
ich habe schon einiges umgebaut, experimentiert, und mir auch mal einen Heli gebaut ,mit einem 3,5ccm Nitro. Motor.,so vor 15 Jahren...
Allerdings waren das alles fertige Teile von verschiedenen Herstellern. Selbst da gab es eine Menge Hindernisse bis er tatsächlich geflogen ist, dennoch war nicht an 3d zu denken.
Der Weg ist das Ziel, ....ähm okay,
aber Leute Wege rennen zu lassen die so eigentlich nicht umsetzbar sind
-- zumindest aus meiner Sicht --
wäre schon fast gemein.
----------------------------
 

chris-t

User
aber Leute Wege rennen zu lassen die so eigentlich nicht umsetzbar sind
-- zumindest aus meiner Sicht --
wäre schon fast gemein.
----------------------------

Hallo Gecko,
keine Angst, wir hätten uns das Projekt nicht vorgenommen, wenn es technisch nicht realisierbar ist. Zu Beginn haben wir auch erstmal getestet, ob man einen Brushless Regler überhaupt am Flybarless System anstatt eines Heckservos betreiben kann. So konnten wir sicherstellen, dass später keine bösen Überraschungen auftreten. Letztendlich waren für mich nur der Antrieb und die Steuerung die großen Knackpunkte, welche zu überwinden waren, damit das Projekt realisierbar ist.
 

Dix

User
Moin,

ist ein Fixpitch-Heckmotor überhaupt in der Lage, dynamisch angemessen dem sich "spontan" und heftig ändernden Drehmoment des Hauptrotors paroli zu bieten beim 3D-hampeln?

Käsemanns Rundflüge gerne, aber Hardcore-3D?
 

chris-t

User
Für die Servoanordnung im Chassis, wurde das MKS DS97 ins CAD übertragen. Ich habe direkt den maximalen Servoausschlag mit in die Konstruktion übernommen, sodass es keine Kollisionen am echten Modell später geben sollte.

Hierbei ist gut zu erkennen, dass ich versucht habe, die Servos so weit wie möglich nach vorne zu platzieren, einfach aus dem Grund, da sonst am Ende Schwerpunktprobleme auftreten könnten.

Um das Gewicht des Rotorkopfes und der Taumelscheibe gering zu halten, habe ich mich gegen einen Taumelscheibenmitnehmer für beide Teile der Taumelscheibe entschieden.
Die Verdrehsicherung der äußeren Taumelscheibe erfolgt durch die Lagerung des Nickservo Gestänges mittels Langloch im Chassis.
Das Gestänge wurde einfach zusätzlich mit einer Kunststoffhülse versehen, damit es besser gleitet und keinen Abrieb erzeugt.

Die Verdrehsicherung des inneren Teils der Taumelscheibe erfolgt durch die DFC Anlenkung vom Rotorkopf.

Servoanordnung1.png


Servoanordnung2.png
 
Zu Beginn haben wir auch erstmal getestet, ob man einen Brushless Regler überhaupt am Flybarless System anstatt eines Heckservos betreiben kann.

Dies gibt es schon gefühlte Ewigkeiten,..... aus meiner Sicht das aller kleinste Problem.
Kann nun eigentlich nur noch auf Beiträge 7,8,11 verweisen.
Vielleicht funktioniert dies so mit diesen Ultra/Leicht Flugzeugen, oder mit Quadcopter aber Heli ?
Diese Größe mit diesem Gewicht hin zu bekommen ?
3d Fähig mit 3s ?
Stabilität ?
 
Ansicht hell / dunkel umschalten
Oben Unten