Kräfte an Rudern und Klappen
Bernhard Rögner
Erstveröffentlichung 09.04.2005
Bernhard Rögner
Erstveröffentlichung 09.04.2005
Meine Suche im Internet nach dem Begriff „Rudermoment“ hat mich zu mehreren Seiten geführt, die dieses Thema behandeln. Ich konnte auch einige Rechenprogramme finden, die eine Berechnung von erforderlichen Servogrößen zulassen. Leider habe ich feststellen müssen, dass alle diese angebotenen Rechner und Theorien nicht wirklich brauchbar, ja vielfach sogar falsch sind. Darüberhinaus musste ich feststellen, dass nach wie vor Momente mit Kräften verwechselt werden und vielen nicht bewusst ist, dass es gesetzlich vorgeschriebene Einheiten gibt, die nun einmal einzuhalten sind. Besonders bedenklich finde ich es, wenn in Katalogen (immerhin öffentliche Publikationen) ein Servomoment zum Beispiel mit 40N/cm angegeben wird. Diese Leute ticken wohl nicht richtig! Ich weiß schon, was damit gemeint ist. Nämlich dass bei Verwendung eines Hebels mit 1cm Länge dann das Servo eine Kraft auf das Gestänge von 40N aufbringt. Aber wenn ich von Moment spreche, so ist ein Moment eben Kraft mal Abstand, also Newton mal Zentimeter. Gewichte werden leider auch noch immer in Kilogramm angegeben, so als würde man am Markt Äpfel oder Kirschen kaufen. Das mag ja dort seine Berechtigung haben, weil es da tatsächlich auf die Masse ankommt, die eingekauft wird und es nicht von besonderem Interesse ist, welche Kraft auf eine den Einkaufskorb tragende Hand einwirkt. In der Technik müssen wir aber sauber zwischen Masse und Gewichts(kraft) unterscheiden, sonst geht bei einer Rechnung schnell mal was schief. Man mag mir entgegnen, dass ich uns nicht durch solche Kleinlichkeiten unser Hobby vermiesen sollte. Ich halte dem drei Argumente entgegen:
- der Modellflug ist kein Kleinkinderkram oder eine Spielerei von Spinnern,
- unsere Modelle werden immer größer und damit ist für ihren sicheren Betrieb ein immer größer werdendes Maß an Können und Wissen erforderlich und
- wir nehmen durch den Betrieb unserer Modelle aktiv an der Luftfahrt teil und sind deshalb verpflichtet, alle Vorkehrungen zu treffen, um einen störungsfreien Betrieb dieser Luftfahrt zu gewährleisten.
Soweit es nachvollziehbar war, gehen die erwähnten Rechenprogramme davon aus, dass ein ausgeschlagenes Ruder oder eine Klappe je nach Ausschlagsgröße eine mehr oder minder große projizierte Fläche ergibt, die quer zur Anströmrichtung steht, auf die dann der Strömungsdruck wirkt. Mit Hilfe der Formel für den Luftwiderstand kann die auf die Fläche wirkende Kraft berechnet werden. Um zum Rudermoment zu kommen, wird die so errechnete Kraft mit der halben mittleren Rudertiefe multipliziert. Wenn das so gemacht wird, dann wird die Richtung der Widerstandskraft senkrecht zum Ruderblatt angenommen, was natürlich falsch ist, denn er wirkt parallel mit der Strömungsrichtung. Richtigerweise müsste mit der halben Höhe der Projektionsfläche das Moment bestimmt werden. Geht man davon aus, dass die maximal zu erwartende Ausschlaggröße 45° ist, so müsste in diesem Fall der Widerstand mit der Rudertiefe dividiert durch 2 mal Wurzel 2 multipliziert werden (=lR/2,83). Für einen beliebigen Ausschlagwinkel ist die halbe Rudertiefe mit dem Sinus des Ausschlagwinkels zu multiplizieren. Die nach der vorgestellten Methode errechneten Rudermomente sind also zu groß berechnet, was vielleicht manchem Modellflieger doch noch das richtige Servo in die Hand gespielt hat. Abgesehen von dem im Rechengang aufgezeigten Fehler liegt bei der ganzen Angelegenheit noch ein grober aerodynamischer Irrtum vor. Man kann nicht einfach einen umströmten Körper darauf reduzieren, dass sein Widerstand gleich groß wäre wie der einer ebenen Platte mit der Größe der von ihm projizierten Fläche.
Mein Ansatz zum Thema: Theoretische Grundlagen
Das Ausschlagen einer Klappe ändert die Wölbung der Skelettlinie eines Profils und es entsteht gegenüber der am Flügelschnitt bei Nullausschlag vorhandenen Druckverteilung, eine der Ausschlagsgröße entsprechende neue Druckverteilung. Die Druckverteilung um ein Profil wird aber nicht nur von der Größe der Wölbung beeinflusst, sondern auch von der Wölbungsrücklage. Die Ausschlagsgröße (ζ) ist somit ein Maß für die Wölbung, und das Verhältnis zwischen der Tiefe der Klappe (lK) zur Flügeltiefe (l) ist ein Maß für die Wölbungsrücklage. Der für einen Flügelschnitt gemittelte Druckverlauf ist gleich dem Auftriebsbeiwert ca. Er entspricht der unter der Verlaufskurve liegenden Fläche und der entstehende Auftrieb greift im Schwerpunkt dieser Fläche an. Die Fläche des Rechtecks 0-100-C-D ist gleich der schraffierten Fläche des Bildes. Die Strecke 0-D ist das mittlere cp bzw. der Auftriebsbeiwert ca. Der Schwerpunkt der schraffierten Fläche hat vom Ursprung den Abstand xD, entspricht also dem Druckpunkt des Profils bei einem gegebenen Anstellwinkel.
Die nachstehenden Formeln sind maßgebend:
für das Rudermoment
für den Rudermomentenbeiwert
Untersuchung
1.
Zunächst wurde das symmetrische Profil NACA 0009 (mit 9% Profildicke) bei verschiedenen Klappenlängen und Ausschlagsgrößen untersucht.
Die Berechnung der Druckverteilungen erfolgte am PC mit einem Berechnungsprogramm für Flügelprofile. Aus den für die Ober- und Unterseite des Profils errechneten Druckwerten wurde mit einem Tabellenkalkulationsprogramm die lokal längs der Profiltiefe wirkende Druckverteilung gebildet und der Druckverlauf in einem CAD-Programm als Kurve in einem Koordinatensystem mit der Profiltiefe als Abszisse und dem Druck als Ordinate gezeichnet. Um den mittleren Druckwert bzw. Auftriebsbeiwert im Bereich der ausgeschlagenen Klappe zu bestimmen, wurde die Ordinate an den Drehpunkt der Klappe verschoben und die, von der Ordinate, der Abszisse und der Druckkurve eingeschlossene Fläche, sowie deren Schwerpunkt ermittelt. Die Flächen, sowie die Schwerpunktsabstände ergaben unter Berücksichtigung der verwendeten Maßstäbe die Werte für cp und xr. Nach Multiplikation von cp und xr erhält man für jede Kombination aus Klappentiefe und Ausschlagsgröße die Momentenbeiwerte Cmr.
2.
Bei der ersten Berechnung wurde davon ausgegangen, dass bei 0° Klappenausschlag auch kein Auftrieb am Profil entsteht. In weiterer Folge sollte nun untersucht werden, wie sich der Rudermomentenbeiwert ändert, wenn bereits ohne Ausschlag Auftriebskräfte wirksam sind. Zu diesem Zweck wurde zunächst für ein lK/l von 0,25 gerechnet. Das Diagramm „Faktor zur Berücksichtigung des Auftriebsbeiwerts“ für diese K-Faktoren zeigt auch die Gleichungen der sich ergebenden Kurvenscharen.
Führt man die selbe Rechnung für ein lK/l von 0,15 durch, so zeigt sich, dass der Faktor um den sich der Beiwert des Rudermoments ändert gleich ist mit den Ergebnissen für lK/l=0,25.(Gleichungen der Kurvenscharen stimmen überein). Der Einfluss des Auftriebs ist also für alle Verhältnisse von Klappentiefe zu Flügeltiefe unabhängig.
3.
Eine weitere Untersuchung hinsichtlich des Einflusses der Profildicke wurde dahingehend angestellt, dass für ein NACA 0015 (15% Dicke) der Druckverlauf für eine ausgeschlagene Klappe ermittelt wurde und bei den selben Parametern mit dem Profil NACA 0009 verglichen wurde. Der Einfluss der Profildicke ist gemäß den gewonnenen Ergebnissen gering und daher vernachlässigbar.
Diagramme zur Bestimmung des Rudermomentenbeiwerts:
Beispiel: Klappenausschlag 20 [°], Verhältnis Klappentiefe zu Flügeltiefe lK/l=0,35, bei Auftriebsbeiwert ca=0,4, Klappenfläche 3 [dm²], Fluggeschwindigkeit 28 [m/s]; (Luftdichte r=1,225 [kg/m³] ….Meeresniveau, Standard).
Bei der Ermittlung des wirksamen Rudermomentenbeiwerts aus den Grafiken ist eine richtige Ablesung mitunter schwierig und für zwischen den Kurven liegende Winkel müsste man interpolieren. Ich habe deshalb versucht eine Formel zu finden, mit der man eine rechnerische Lösung durchführen kann. Für jede Kurve eines Diagramms lässt sich eine Trendlinie (Formel für die Kurve) berechnen, die so sein soll, dass eine möglichst gute Übereinstimmung zwischen einer mit dieser Formel gerechneten Kurve und der Originalkurve vorhanden ist. In den vorliegenden Diagrammen wurde für das obere Diagramm eine Trendlinie 3. Ordnung und für das Diagramm „ca-Einfluss“ eine Trendlinie 2. Ordnung (quadratische Gleichung) verwendet. Jede der beiden Grafiken beinhaltet vier unterschiedliche Kurven, sodass man jeweils vier Formeln erhält, für deren einzelne Glieder wiederum der Trend ermittelt werden muss. Nun sind alle konstanten Faktoren bestimmt und wir erhalten:
Für das obere Diagramm gilt:
Für das untere Diagramm gilt:
Eingesetzt erhält man für das Rudermoment (ohne Auftriebseinfluss):
Für das Rudermoment (mit Auftriebseinfluss):
FORMELZEICHEN und DIMENSIONEN:
MR ……..……..Ruderklappenmoment [Nm]
MRca ………….Ruderklappenmoment unter Berücksichtigung des Auftriebs [Nm]
lμK …….….…..(mittlere) Ersatzflügeltiefe der Ruderklappe [m]
lμ(K) …….…...(mittlere) Ersatzflügeltiefe im Ruderklappenbereich [m]
ζ ………......…Ausschlagwinkel [°]
v ………....…..Fluggeschwindigkeit [m/s]
r ………....……Luftdichte [kg/m³]
sK …….…...…Spannweite (= Länge) der Ruderklappe [m]
Rechnung unseres Beispiels:
Dieses Rechenschema ist unter www.mbsroegner.bizland.com zu finden.