Mysterium Endleiste

Hallo,

Ich bekam gerade die FMT vom Januar diesen Jahres in die Hände. Im Testbericht über die Alpina Carbotec gibt es einen Extra-Artikel mit der Überschrift "Dichtung und Wahrheit". Da wird auch über die Endleistendicke geschrieben. Es heisst dort, dass Dietrich Altenkirch (FAG Kaltenkirchen) die These vetrat: Alles, was nicht dicker ist als 1,5mm, geht bei unseren Modellen in Ordnung. Erinnert mich an die Diskussion bei der ersten RES-DM über den Picares-evo, der dort erfolgreich geflogen wurde. Der Flügel fiel durch eine fast 2mm dicke Endleiste auf. Gegenwärtig versuchen wir, die Endleiste möglichst dünn auslaufen zu lassen und handeln uns damit eine große Empfindlichkeit für Verzüge ein. Mich würden fundierte Meinungen und Erkenntnisse zu dem Thema interessieren.

Gruß Hans
 

Meier111

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Dix

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Moin,

Selbstverständlich ist die "rückseitige Fläche" (=Endleistendicke mal Spannweite) für den Widerstand des Modells von Bedeutung. Der dort herrschende Luftdruck beaufschlagt die dortige Kontaktfläche zum Modell. Da der Druck aber geringer ist als der Umgebungsdruck, bremst er das Modell ab. (Anschaulich: Dort befindet sich ja das geschleppte Lee hinter dem Flügel.)

Solche Aussagen wie die von Hr. Altenkirch zitierte sind natürlich trotzdem richtig, aber eben kompromissbezogen!
+ Wer wenig Widerstand will, der baut so dünn wie er kann.
- Gleichzeitig handelt er sich dabei aber natürlich Probleme struktureller Natur ein.

--> Also liegt der beste Kompromiss dort, wo der Einfluss der Endleistendicke buchstäblich in der Grenzschicht am Flügel untergeht. Ob beispielsweise die Endleiste 1,0 oder 0,5mm dick ist, hat auf die Auftriebsentwicklung irgendwann keinen nennenswerten Einfluss mehr.

Wie dick die Grenzschicht ist, kann man ausrechnen oder simulieren oder raten. Ich persönlich würde einfach so dünn bauen, wie ich es noch vernünftig hinbekomme.

Viel wichtiger ist, dass die Endleiste scharfkantig ist. Also theoretisch ausgeschliffen wie eine Klinge. Oder wenigstens wie "mit dem Messer" sauber abgeschnitten. Auf gar keinen Fall soll da was verrundet sein.
Grund: (siehe auch die zuvor verlinkte gif-Zeichnung)
Beispiel: Die Kugel mit ihrer runden Lee-Seite hat einen höheren Widerstand (c_w 0,4) als die gerade abgeschnittene Kugel (c_w 0,3) ! Und die "rückwärts fliegende" Halbkugel ist mit 1,3 gaaanz mies.

Merke:
- Vorne immer rund.
- Hinten immer kantig.
- Luftwiderstand wird hinten gemacht!

Und, Mysterium gelüftet?
 
Hallo Hans

Bei den langsamen RES Modellen die ja bekanntlich bei höheren Ca-Werten geflogen werden, ist der
Profil Wiederstand nicht die dominante Größe. Er ist wesentlich kleiner und damit weniger bedeutend als der Induzierte Wiederstand, der durch die hohen Auftrieb verursacht wird.
Dr. Martin Hepperle hat am MH 43 den Einfluss von Bauungenauigkeiten auf die Eigenschaften von Profilen untersucht.
Seine Empfehlung für eine Re-Zahl von 200 000 lautet für die Endleistendicke einen Wert von 1% der Profiltiefe auf gar
keinen Fall zu überschreiten. Er empfiehlt unter 0,5% zu bleiben!
Für RES-Modelle mit höher gewölbten Profilen die wesentlich kleineren RE-Zahlen fliegen kann man
aber eine Endleistendicke von 1% der Profiltiefe noch ohne größer Gesamtwiderstandszunahme akzeptieren.
Das heißt bei einer mittleren Profiltiefe von 150,00mm kann die Endleiste bis zu 1,5mm betragen.
Eine Dicke von 0,75mm (0,5%) wird bei einer reinen Balsaendleist schon sehr labil.
Hier empfiehlt sich eine Sandwichbauweise mit unten 0,6 - 0,8 Buchensperrholz und darauf Balsaholz in der nötigen
Stäke geklebt und dann Hinten bis auf Sperrholz herunterschleifen. Oder sogar noch etwas vom Sperrholz abtragen.

Mfg
Georg
 

Dix

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Aber die c_a sind doch gar nicht hoch.

Mit Abflugmasse klein und Flügelfläche groß sind die Flächenbelastungen dermaßen im Keller, dass auch das c_a klein bleibt und damit cw_ind auch.

Folglich ist man wieder im Bereich mit dem Profilwiederstand.
Oder hab ich da was übersehen?
 

Meier111

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Flügelspannweite: 1,2 m
Dicke der Endleiste: 3,42 mm
Grauer Rechteck = Fläche der Endleiste
endlst2-jpg.11882175

Bei 1,2m Spannweite entspricht eine Endleiste von 3,42mm dicke der Fläche von 6,4cm * 6,4cm als "Bremsklappe".
Da muss man sich nicht mal um den CW-Wert Kopp machen...
 
Anbei mal der Versuch, den Einfluss der Endleistendicke an einem Beispiel mittels XFLR5 etwas konkreter zu betrachten.

Dicke Endleiste.jpg


Die Grüne Kurve ist das Profil des NORES mit seiner 0,5 mm dicken Endleiste Die Rote Kurve das gleiche Profil, aber mit aufgedickter Endleiste von 1 mm. Zum Vergleich der Größenordnung habe ich noch das AG 35 (mit Endleistendicke 0 mm) dazugestellt. Alles bei Re 100000.

Bei hohen Auftriebswerten (niedrigen Geschwindigkeiten) zeigt sich, dass die Endleistendicke sich kaum auswirkt. Bei niedrigen Auftriebswerten (hohen Geschwindigkeiten) sieht man jedoch, dass sich diese schon geringfügig dickere Endleiste deutlich auf den Widerstandsbeiwert auswirkt. Da verliert man schon mal nahezu ein Viertel des Vorteils gegenüber dem AG 35. Da die gängigen Profile, die wir nutzen, alle nicht so ganz schlecht sind, sind es eben die kleinen Unterschiede, die wir suchen, um noch etwas mehr heraus zu holen.

Gruß Norbert
 

Dix

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Flügelspannweite: 1,2 m
Dicke der Endleiste: 3,42 mm
Grauer Rechteck = Fläche der Endleiste
endlst2-jpg.11882175

Bei 1,2m Spannweite entspricht eine Endleiste von 3,42mm dicke der Fläche von 6,4cm * 6,4cm als "Bremsklappe".
Da muss man sich nicht mal um den CW-Wert Kopp machen...

3,5mm!?? Wer baut denn so nen Quark?

Ja das ist eine sehr grobe äh plakative Betrachtung. Aber letztlich ist es nicht so, dramatisch, wie dargestellt, weil ein Teil des Widerstandes ohnehin durch den Grenzschichtaufbau entsteht.
Und erst ab einer gewisse Dicke der Endleiste entsteht ein Widerstandszuwachs.

Die Kunst ist, diesen Wert zu kennen und zu unterbieten. Der Kommentar von Georg geht in diese Richtung.
 

Dix

User
Da bist Du wieder bei den zwei Punkten angekommen:
1. Dicke vs. Strukturfestigkeit.
2. Dicke der Grenzschichte abhängig von Oberflächenqualität.

Zu 1. Schaum also dick, weil nix fest.
Zu 2. Hier RES. Die Jungs können schon bauen und haben unterwegs keine Kraterlandschaft wie bei einem extrudierten Schaum mit Nupsis und Fugen im Wechsel...

PS: mit Deimem Gedöns da bist Du hier falsch. ;)
 

Meier111

User
Bei hohen Auftriebswerten (niedrigen Geschwindigkeiten) zeigt sich, dass die Endleistendicke sich kaum auswirkt. Bei niedrigen Auftriebswerten (hohen Geschwindigkeiten) sieht man jedoch, dass sich diese schon geringfügig dickere Endleiste deutlich auf den Widerstandsbeiwert auswirkt. Da verliert man schon mal nahezu ein Viertel des Vorteils gegenüber dem AG 35.
Das habe ich so erwartet.
Wenn man mit einem RES herumschleicht, ist es so ziemlich Wurst, ob die Endleiste 2 oder 3 mm dick ist.
Will man so schnell wie möglich "Strecke machen", so ist es dann nicht mehr egal.

Interessante Lösung bei meinem 3m Segler gesehen. Junior SZD von VEB Anker.
Da war eine dünne Alu-Leiste im Baukasten. Die sollte in die Endleiste geklebt werden.
Im Prinzip wie hier:
Hier empfiehlt sich eine Sandwichbauweise mit unten 0,6 - 0,8 Buchensperrholz und darauf Balsaholz in der nötigen
Stäke geklebt und dann Hinten bis auf Sperrholz herunterschleifen. Oder sogar noch etwas vom Sperrholz abtragen.
 
Servus

Ist schon lange her.
Bei den damaligen Eppler Profilen hieß auch immer ganz dünn hinten.
Da diese Profile unten nach innen gewölbt sind war es immer ein Kamp diese gerade hinzukriegen.
war schon sehr dünn die Endleiste.
Hab dann einen ganz simplen Test gemacht.
Modell Kaiseradler, Spannweite 3,3 Meter.
Hab einfach eine Fläche hinten um einen Cm abgeschnitten.
Also stumpfe Endleiste und einen ganzen Zacken weniger Fläche.
Das Teil ist trotzdem geradeaus geflogen, auch beim Kreisen kein unterschied.
Nur beim Strömungsabriss ging er immer auf die abgeschnittene Seite.
Aber bei 3,3 Meter Spannweite und 1200 Gramm Gewicht muss man schon beherzt ziehen
um einen Strömungsabriss hinzukriegen.
Hab den Vogel lange Jahre so geflogen.

Gruss Franz
 
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