Mach 3: Einstellung CV und ES

Hallo Mach 3 User,

da ich immer mal Fälle habe, wo es auf die Einstellung der Funktion constant velocity (CV) ankommt, schreibe ich zum Austauschen nun mal meine Erfahrungen dazu. Das Thema ist hier neulich in einem Nachbarthread aufgekommen. Da es aber Potential für einen eigenen Thread hat gehts hier los.

Ich muss ehrlich sagen, dass ich mich bereits öfter mal mit der Funktion ES/CV beschäftigt habe und bis jetzt nicht so richtig durchblicke.

Da es neulich wieder einen Fall gab, bei dem meine Vorstellungen der Funktionsweise nicht mit der Realität übereinstimmten, möchte ich dieses Beispiel hierfür das bessere Verständnis mal diskutieren.

Das Projekt war eine Makrolonscheibe, die als Windschutzscheibe an die Harley eines Bekannten montiert werden sollte. Die obere Rundung ist ein Spline und die unteren Eckenrundungen normale Radien.

01.jpg

Ich habe die Geometrie mit Inventor konstruiert und über ein Makro in der Firma gleich eine dxf erstellt. Was ich vorher nicht wusste war, dass das Makro den Spline bereits gleich in Polylinien zerlegt hat. Die Auflösungen der Polylinien war scheinbar sehr grob eingestellt, sodass der ursprüngliche Spline nun aus geraden Linien mit einer Länge von bis zu 9 mm bestand.

Meine Einstellung für den CV Grenzwinkel (Stop CV on angles > X °) Stand auf 90°.

Das Ergebnis war eine sehr abgehackte Bewegung der Fräse, da diese scheinbar exact stop gefahren ist. Die Winkel der Geraden zueinander lagen zwischen 2 und 6° Richtungsänderung (Siehe Video 1).

02.jpg

Was mir nun nicht ganz klar war, was der einzustellende Winkel genau beschreibt. Ich war davon ausgegangen, dass es die Winkeländerung in Grad ist, was auch Sinn machen würde. Je größer die Winkeländerung, desto eher möchte man exakten Stop damit die Ecken nicht so stark verrundet werden.
Falsch gedacht. Ich habe das Programm also trocken durchlaufen lassen und den Winkel immer weiter erhöht. Erst als ich bei dem Maximalwinkel von 180° angekommen war, ist er die Kontur mit konstanter Geschwindigkeit gefahren (Siehe Video 2). Mit der Einstellung 179° fährt er die Kontur genauso ruckelig wie bei 90°.
Somit scheint dieser Wert nicht den Winkel zu beschreiben, der die Richtungsänderung angibt, sondern in Bezug auf die Richtungsänderung den Differenzwinkel zu 180°.
Warum das so ist und der Sinn dahinter, will sich mir leider nicht erschließen. Zumal es ja erst bei der Umstellung von 179 zu 180° mit CV lief, die Winkel in der Dxf aber zwischen 2-6° liegen...!?
Evtl. ist das Betriebsblindheit, ich lasse mich da gerne von einem Wissenden aufklären!!!

Übrigens ist mir bewusst, dass es unschön ist einen Spline derart ungenau in eine Polylinie umzuwandeln. Das sieht man schon im Fräsbild:

Kantenkontur_Makrolon.jpg

Nachdem das Fräsprogramm das erste Mal durchgelaufen ist, habe ich mir die Dxf genauer angesehen und dabei ist mir dann die sehr grobe Polylinie aufgefallen. Daraufhin habe ich die Dxf aus der Inventor Zeichnung direkt über "speichern unter" generiert und dabei ist der Spline dann auch erhalten geblieben. Die CAM Software Condacam hat eine schöne Funktion zum Umwandeln und Optimieren von Splines.
Es können Splines ausgewählt werden die dann mit Angabe mehrerer Genauigkeitsparameter in Polylinien umgewandelt werden. Dabei guckt Condacam sich die Konturen an und teilt Splines wo es möglich ist in einzelne Kreisbögen auf die dann mit Kreisbogenkoordinaten in den G-Code geschrieben werden. Das lässt die Fräse nicht nur ruhiger laufen, sondern spart noch ordentlich Codezeilen.
Diese neu generierte Datei konnte ich dann auch mit 179° Winkeleinstellung fahren, da es nichtmehr drauf ankam weil die Kontur nur noch tangentiale Übergänge hatte. Bei 90° eingestelltem Winkel hört es sich genauso an (Siehe Video 3). Bei dem Übergang der langen Geraden in die Rundung stockt die Fräse einmal kurz. Das Stocken ist dann wiederum verschwunden, wenn ich den Winkel von 179° auf 180° umstelle.

Was sich mir bisher ebenfalls noch nicht vernünftig erschlossen hat ist, was folgende Einstellungen genau bewirken.

Rundung begrenzen: X Einheiten (Schritte)
konstante Geschwindigkeit: X mm/min

Nach dem rumspielen mit diesen beiden Werten während verschiedener Frässituationen bilde ich mir für beide Einstellungen ein, dass das je nach Kontur hin und wieder auftretende rucken besser wird oder er die Ecken weniger oder stärker abrundet, je größer die Einstellung für die Einheiten (Schritte) und/oder der eingestellte Grenzvorschub gewählt wird. Warum das so ist konnte ich mir bisher in verschiedenen Fällen auch nicht schlüssig erklären...

Sicher ist das immer eine Einstellungssache und verschiedene Situationen benötigen unterschiedliche Einstellungen. Nur ich habe Mühe die Parameter richtig einzustellen, wenn sich mir die Funktionsweise und der Einfluss der Parameter nicht richtig erschließt.

Mal sehen ob ich der einzige bin, dem es so geht... Falls jemand Antworten hat die zur Aufklärung dienen bitte her damit. Ich freue mich über eine sinnvolle Diskussion.

Videos siehe unten.

Gruß Marc
 
Video 3

Video 3

Das dritte Video ist die Splinekontur in Radien Umgewandelt mit dem Winkel in der General Config auf 179° eingestellt.
Da Laufgräusch der Fräse ist Konturbedingt sehr gleichmäßig. Lediglich bei dem Übergang von gerade zur Rundung hört man ein kurzes stocken der Fräse. Dies ist nach der Umstellung des Winkels in der General Config auf 180° auch verschwunden.

 

jonasm

User
Hi Marc,

hier gibts eine sehr gute Zusammenfassung zum Thema: http://www.machsupport.com/wp-content/uploads/2013/02/Mach3_CVSettings_v2.pdf

Das beschreibt die Funktionen sehr gut. Wir haben bei "StopCV at angles >..." 90° eingestellt -> sprich ist der Winkel zu Deinem nächsten Vektor kleiner als 90° macht die Fräse Exact Stop, ist der Winkel größer bleibt er im Constant Velocity mode. Stellt man hier nur 180° ein bleibt die Fräse immer im Constant Velocity mode.

In dem Pdf steht auch was von Stufen die von der CAM-Software erzeugt werden können, dann funktionierts nicht mehr, da die Fräse immer einen spitzen Winkel sieht. Wieviel darf Deine Fräsbahn laut CAM von der Bauteilkontur abweichen? Wenn da die Toleranz zu groß ist, werden Splines als recht grobe Polylinie dargestellt und dann halt auch gefräst.

Wie viele Zeilen hast Du bei look ahead eingstellt? Bei uns sind's 200.
 

Tich

User
Look-Ahead wahrscheinlich zu gering

Look-Ahead wahrscheinlich zu gering

Hi Marc,

es sieht für mich so aus, als wäre dein Look-Ahead viel zu gering eingestellt. Es hat sich gezeigt, dass
  1. der "Feed-Override" nicht signifikant 100 Prozent überschreiten sollte. Scheinbar wird für die Fahrtplanung (Stichwort Trajectory Planning) die Geschwindigkeit aus der GCode Datei entnommen. Wenn nun der Feed-Override zu hoch eingestellt ist, passen die berechneten Bremsrampen nicht mehr und die Software führte harte Bremsmanöver durch.
  2. Der Look Ahead ausreichend groß sein sollte. Ich habe mit 200 Segmenten gute Erfahrungen gemacht. Kleine Werte für den Look-Ahead führen insbesondere zu Problemen wenn ein Spline oder Kreisbogen in viele kleine Stücke zerhackt wurde.


Viele Grüße
Christian
 

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Hi Marc,

klasse Beitrag. Auch wenn ich nicht Mach3 nutze (sondern LinuxCNC) finde ich das Thema sehr spannend.
Aber was mir noch nicht ganz klar ist - sicherlich hab ich da eine alte offene Wissenslücke - ist der Zusammenhang der Mach3-Einstellung mit "G64" (Klick) im Gcode. Übersteuert die Winkeleinstellung die Angabe von G64 im Gcode? Ich habe es so verstanden, dass Mach3 dann je nach Einstellung zwischen den Modi wechselt (egal ob G64 im Gcode steht?)?

Grüße

Andreas
 
Moin Jonas, Christian, Andreas,

ich habe mal nach der Einstellung für den Look Ahead geschaut. Bei mir stand die Einstellung auf 100. Ich habe sie hochgesetzt und kurz getestet. Bisher hat sich dadruch keine Änderung eingestellt. Hätte mich auch gewundert, da es in diesem Fall an dem Winkel liegt, bei dem er CV abschaltet.
Andreas, ob G64 in G-Code einfluss auf Mach 3 hat werde ich ebenfalls testen. Momentan stehen andere Projekte an die Wichtiger sind, aber da das Thema nun angestoßen ist werde ich das auch weiter verfolgen.
Man kann den Grenzwinkel ab dem Mach 3 CV abschaltet ja auch generell deaktivieren. Dann läuft es ja auch. Da mir die genauen Einflüsse der verschiedenen Einstellungen bei den verschiedenen Geometrien noch nicht klar sind werde ich hier aber weiter versuchen. Ich werde mal eine dxf Datei mit treppenstufen erzeugen und evtl. einen Stift einspannen um das Verhalten besser sichtbar zu machen.

Gruß Marc
 
Hallo Marc,

vielen Dank für deinen Beitrag! Das Thema ist super spannend.
Ich habe gerade nach deinen guten Anregungen ein wenig mit meinem mach3-Installation herumprobiert und jetzt einen klasse smoothen Lauf hinbekommen.
Vorher hatte er bei mir immer jedes Polygonstück nacheinander mit Geschwindigkeitsreduktion abgefahren.
Ich werde noch ein wenig feintunen, aber es ist bereits jetzt schon um Klassen besser.
Vielen Dank!!! :) ... auch an jonasm für den Link!

Grüße -- Jürgen
 
Moin Jürgen,

bitte schreibe hier doch mal deine Einstellungen rein. Ebenfalls wäre es hilfreich zu wissen was für einen screen du verwendest. Ebenfalls hilfreich zu wissen wären die Einstellungen und der Screentyp von Jonas und Christian.
Man könnte sich dann sehr gut einen Überblick verschaffen.
Zum Beispiel spricht Christian von feed override. Diese Einstellung suche ich im Schmidt screen bisher vergeblich. Bitte um Info, am besten mit Screenshot.

Gruß Marc
 
Moin
Evtl.Immo direkt anschreiben.Er hat die Zusammenarbeit mit Bryan Barker eingestellt.Er verkauft also nicht mehr, sondern macht nur noch Beratung für seine "alten" Kunden.Ich komme bei dem Link direkt auf den Beitrag. Bin aber im Forum angemeldet.Sorry wenn das nicht klappt.
mfg Hermann
 
Moin,

Zur Info: Das Tutorial von Herrn Winckler ist sehr informativ! Er hat dort anhand einer Testdatei genau die Versuche dokumentiert, dich ich auch geplant hatte. Das spart arbeit!

Gruß Marc
 
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