Unser Sprit Vol.1
Unser Sprit Vol.1
Nach etwas längerer Pause jetzt mal zur Praxis. Oben habe ich schon geschrieben was die einzelnen Komponenten im Sprit bewirken bzw. warum diese verwendet werden.
Welche Mischung soll man nun verwenden?
Dies hängt natürlich in erster Linie vom Motor ab. Fangen wir beim Öl an.
Grundsätzlich gilt: Ein kleiner Motor braucht mehr Ölanteil als ein großer. Dies liegt darin begründet, dass das Volumen kubisch (hoch 3) die Oberfläche -also die zu schmierende Fläche- quadratisch (hoch 2) ansteigt. Ein Beispiel:
Verdoppelt man den Hubraum, so hat der Motor nur die ca. 1,6 fache Oberfläche.
Das erhebt jetzt natürlich keinen Anspruch auf absolute Korrektheit, dafür ist der Aufbau eines Motors zu komplex, es vermittelt aber ein ungefähren Eindruck über die Zusammenhänge.
Noch ein Beispiel:
Ein 125cm³ Motor hat das 19 fache Hubvolumen eines 6,6cm³ Pylonmotors, aber nur die 7,1 fache Oberfläche.
(Nochmal: Extreme Vereinfachung !!!)
Ein 125cm³ Motor wird auf Methanol mit 5% Öl betrieben ein 6,6cm³ Pylonmotor mit 20%.
Bei obigem Beispiel muss man darauf hinweisen das die Motoren unterschiedlich konstruiert sind. Das führt uns zu der Frage welches Bauteil im Motor eigentlich das meiste Öl braucht.
Die Kugellager sicher nicht. Im Motor werden ausschließlich offene Lager verwendet, das Öl kommt also sehr gut zu den Wälzkörpern. Der benötigte Flüssigkeitsfilm zwischen den Kugeln und der Lauffläche ist auch minimal.
Was ist mit dem Kolben bzw. der Laufbuchse? Oben haben wir gelernt das Rennmotoren fast immer eine ringlose Garnitur haben und die Passung zwischen Kolben und Laufbuchse so ausgelegt ist, dass ein minimaler Spalt vorhanden ist. Viel Reibung findet hier nicht statt. Zudem hat die Materialpaarung Chrom/Aluminiumkolben eine interessante Eigenschaft. Eine Hartchromschicht ist immer mikrorissig. Sprich auch eine absolut glatte, glänzende Chromschicht hat winzige Risse. In diesen kann sich das Öl "festklammern".
Ähnliches gilt für den Aluminiumkolben. Dieser ist mitnichten aus reinem Aluminium hergestellt. Die Kolben haben einen sehr hohen Siliziumanteil bis hin zu über 30%. Bis 12,6% Anteil wird das Silizium extrem fein verteilt in das Aluminium "eingebaut" (Diesmal drehen sich dem Metallurgen die Fußnägel hoch
). Alles darüber hinaus scheidet sich als feine "Körner" im Gefüge aus.
Anhang anzeigen 1688956
Hier mal ein Schliffbild von Dispal 226 (AlSi30CuMg, sprühkompaktiert) in 1000 facher Vergrößerung. Das weiße ist die Aluminiummatrix. Das dunkelgraue Silizium. Hellgrau zu erkennen sind noch irgendwelche metallische Phasen.
Die Aluminiummatrix ist sehr weich. Das Silizium hat annähernd die Härte von Chrom, also sehr hart. Beim Läppen des Kolbens oder spätestens beim Betrieb wird das Aluminium "abgenutzt" so das die Siliziumkörner vorstehen. Es bildet sich eine Mikrorauhigkeit die -richtig- das Öl hält.
Diese Technologie wird auch im Automobilbau eingesetzt, nur dort für die Laufbuchse. (
www.motor-talk.de/forum/aktion/Attachment.html?attachmentId=742495 )
Lirum Larum... die Garnitur braucht auch nicht viel Öl.
Um es abzukürzen: Es ist das untere Pleuellager was maßgeblich für den Ölanteil ist. Bei kleinen Motoren werden diese Lagerungen aus Platz- und Komplexitätsgründen als Gleitlager ausgeführt. Dort schmieren kann aber auch nur das Öl was tatsächlich dort hin kommt. Und das ist nicht sehr viel. Es muss dem Sprit viel Öl beigemischt werden damit ausreichend in den Spalt zwischen Pleuel und Kurbelzapfen kommt, so einfach ist das. Es gab und gibt auch kleine Modellmotoren mit einer Nadellagerung des Pleuels (z.B. OPS, CMB usw.)
Diese birgt aber diverse Nachteile:
- der Bauraum ist größer als bei einer Gleitlagerung
- die Abmessungen bedingen ultrakleine Toleranzen die aufwändig in der Herstellung sind
- ein Ausfall des Pleuellagers führt immer zu einem kapitalen Motorschaden weil die Nadeln durch den ganzen Motor gehen.
- die Wartung ist komplexer. Mal eben zerlegen und wieder montieren ist nicht. Es müssen zig Nadeln wieder an Ihren Platz gesetzt werden. (Die kleinen Lager sind meist "vollnadelig" d.h. ohne Käfig)
Jetzt haben wir all diese Nachteile in Kauf genommen und einen superduper Motor gebaut der mit 10% Öl oder weniger auskommt. Klasse, 10% mehr Brennstoff gleich 10% mehr Leistung. Pustekuchen!
In den Grundlagen habe ich ausgeführt, dass das Öl auch zu einem großen Anteil für den Wärmeaustrag aus dem Motor verantwortlich ist. Weniger Öl---> Weniger Wärmeaustrag. Schlimmer noch: Weniger Öl, mehr Energie im Motor---> mehr Wärme.
Aus diesem Grunde wird der Vorteil schon wieder geschmälert weil man den Motor fetter laufen lassen muss um ihn nicht zu Überhitzen.
Bitte nicht falsch verstehen: Weniger Öl ist schon sinnvoll da es immer einen Leistungsanstieg mit sich bringt, allerdings wird der Effekt gerne durch eine rosarote Brille gesehen. Der tatsächliche Leistungsgewinn ist in der Regel deutlich niedriger als die Zahlen vermuten lassen würden.
Soviel Vorwort und die Frage "Wie viel Öl?" ist immer noch nicht geklärt.
Die allermeisten Rennmotoren können mit 20% Ölanteil sicher und gut betrieben werden.
In der FAI-Rennklasse F3D ist eine Mischung von 80% Methanol und 20% Riziniusöl vorgeschrieben. Dies ist unter anderem darin begründet, dass die Grundsubstanzen weltweit verfügbar sind und die Motoren schmierungs- und Wärmetechnisch damit sehr gut klarkommen.
In F3T (Q40) wurde in den letzten Jahren umgestellt. Dort wird nun eine Mischung aus 67% Methanol, 18% Aerosynth und 15% Nitromethan geflogen.
Das führt wieder einmal zu
DER Frage bei Verbrennungsmotoren überhaupt:
Rizinus oder Synthetik?
Eigentlich wollte ich die Frage umschiffen weil das ganz schnell zu einem Glaubenskrieg ausartet. Geht aber nicht...
Über Rizinusöl gibt Wikipedia jede Menge Auskunft.
Zunächst einmal ist Rizinusöl ein natürliches Produkt und besteht als solches aus einer Mischung unterschiedlicher Stoffe. (Siehe Wiki) Darunter sind Stoffe die wir gebrauchen können und solche die wir nicht brauchen.
Gehen wir mal zum Olivenöl. Wohl um kein anderes Pflanzenöl wird so ein Bohei gemacht. Es gibt die erste (kalt)Pressung, dann eine weitere (heiß)pressung und dann noch die chemische Extraktion. Alle 3 Verfahren ergeben ein Öl das für den Verzehr geeignet ist. Außer bei der ersten schonenden Pressung (extra vergine) wird das Öl noch raffiniert (gereinigt, veredelt usw.) Die Verträglichkeit für den Menschen ist in allen Fällen gegeben, trotzdem unterscheiden sich die Öle deutlich im Preis.
Warum ich was über Olivenöl erzähle? Ganz einfach, hier geht es um ein Produkt zum Verzehr was tendenziell höhere Anforderungen an Reinheit und Verträglichkeit erfüllen muss als der Schlotz der durch einen Motor geht.
Damit zum Rizinusöl. Alle 3 Extraktionsverfahren werden auch beim Rizinusöl angewendet. In fast allen Fällen wird das Öl ebenfalls raffiniert. Sprich entschleimt und aufgehellt. Damit ist das Zeug alle mal gut genug für die motorische Verwendung. Punkt aus. Ein großer Hersteller von Rizinusöl ist Alberdingk Boley. Da bekommt man
unterschiedlichste Sorten, die -oh Wunder- alle für die Verwendung als Schmierstoff geeignet sind. Die Verwendung von Pharmaqualitäten ist da sicher wie Perlen vor die Säue zu werfen.
Sehr bekannt ist auch das Castrol M, welches aber nicht mehr hergestellt wird.
Warum aber überhaupt Rizinus und kein Sonnenblumenöl?
- Rizinusöl ist Methanollöslich (Mineralöle nicht)
- es besitzt eine Hydroxygruppe die eine sehr gute Haftung an Metall ergibt
- es ist thermisch hoch belastbar
Darüber hinaus besitzt es eine bemerkenswerte Notlaufeigenschaft: Wird es zu heiß, verdampft es nicht, es spaltet es sich auf, und zwar in Komponenten die weiter eine Schmierwirkung haben. Wenn hier jemand ist der das genauer erklären kann, bitte.
Ich bin kein Chemiker und wäre über eine genaue Erklärung sehr dankbar.
In einem Beitrag des amerikanischen RC-Modeller heißt es:
Rizinusöl erfüllt für Modellmotoren alle diese Anforderungen mit einer Einschränkung, es ist thermisch unstabil. Diese unübliche Unstabilität ist aber gerade der Grund für die hervorragenden Schmierungseigenschaften von Rizinusöl bei Temperaturen, bei denen andere Schmierstoffe, z.B. Synthetiköle schon nicht mehr einsatzfähig sind. Rizinusöl ist eine etwa 87%ige Triglyzerin-Rizinolein-Säure, die deshalb einzigartig ist, weil sie eine Doppelbindung an der neunten Position und ein Hydroxil an der elften Position besitzt. Steigt die Temperatur, verliert die Säure ein Molekül Wasser und wird ein "trockenes Öl. Rizinusöl hat hervorragende Lagerstabilität bei Raumtemperatur, bei höheren Temperatuten polymerisiert es jedoch rasch. Bei der Polymerisation formt es noch schwerere Öle, die reich an Estern sind. Diese Ester beginnen nicht einmal sich zu zersetzten, bevor die Temperatur 340° erreicht. Rizinusöl formt dann riesige Molekülstrukturen bei diesen für uns relevanten Temperaturen - in anderen Worten, bei steigender Temperatur wandelt sich Rizinusöl in einen noch besseren Hochtemperatur-Schmierstoff um.
In wie weit diese Angaben stimmen entzieht sich meiner Kenntnis.
Weiterhin verdickt das Öl mit der Zeit und bildet so einen sehr guten Korrosionsschutzfilm im Motor. Das ist auch der Grund warum alte, ungepflegte Motoren so fest gammeln.
Alles in allem eine Kombination von Eigenschaften die das Öl wie geschaffen für unseren Zweck erscheinen lässt.
Nun zum Synthetiköl.
Diese sind in der Regel aufgebaut auf Polyglykolen und/oder Syntheseestern mit zusätzlichen Additiven.
Und hier fängt genau das Problem an. Außer dem Hersteller weiß niemand was genau drin ist.
Jetzt schlägt die Stunde der Werbefritzen.
Eine Bütte mit schmierigem Schlotz wird auf einmal zur DEM Mittel wenn es darum geht den Motor ewig leben zu lassen, ihn zu reinigen, die Leistung zu steigern und sonst alle möglichen Dinge zu schaffen. Dies beziehe ich mal auf alle Öle zur Verwendung in Verbrennungsmotoren. Da wird auch nicht davor gescheut Öl mit "magnetischen" Eigenschaften zu bewerben die es länger am Metall haften lassen. Was ein Unsinn....
Was will ich damit sagen?
Gerade beim Öl hat der Endverbraucher immer einen Zielkonflikt:
1. Es ist für ihn nicht nachvollziehbar welche Eigenschaften a) das Öl hat und b) welche wirklich nötig sind
2. Er möchte für seinen Motor nur das Beste vom Besten.
Da kommt der Ölhersteller zur Traum-Marge die ihn Nachts vor Lachen nicht mehr in den Schlaf kommen lässt...
Nachdem ich mich jetzt wieder beruhigt habe, zur eigentlichen Erkenntnis für unseren kleinen Rennmotor.
Die Synthetiköle auf dem Markt funktionieren, auch in Rennmotoren.
Die weiteren Eigenschaften wie Korrosionsschutz oder Schmiereigenschaften können nur durch eigene Versuche im eigenen Rennmotor herausgefunden werden.
Was sind die Unterschiede zwischen Rizinus und Synthetik im praktischen Einsatz?
- Ein Motor wird mit gleichem Anteil Synthetiköl etwas höher drehen (mehr Leistung freisetzen) als bei Rizinus. Dies ist dem Umstand geschuldet das Rizinusöl nun mal eine festgelegte Viskosität hat, Synthetiköl in Richtung niedrigere Viskosität getrimmt werden kann.
- Das Einstellen des Gemischs über die Rauchfahne (siehe weiter oben) ist mit Synthetiköl ungleich schwieriger.
- Die Notlaufeigenschaften von Rizinus sind so ziemlich ungeschlagen.
- Rizinus ist immer verfügbar. Stellt ein Hersteller die Produktion eines Synthetiköles ein, hat man erstmal ein Problem.
Argumente wie Preis oder Reinigungsaufwand lasse ich im Rennbetrieb nicht gelten. Punkt aus.
Später dann weiter mit dem Nitroanteil.
Gruß
Stefan