Differenzieren. Oder lieber doch nicht?

Es geht, wie der Titel schon vermuten lässt, um die differenzierte Ansteuerung der Querruder eines Segelflugmodells. Insbesondere soll es das Ziel sein, in der Thermik mit möglichst wenig Höhenverlust zu kreisen.

Bei meinen Segelflugmodellen, alles reine Zweckmodelle mit 4-Klappen-Flügeln, mache ich es im allgemeinen so, dass ich die Querruder nach oben ungefähr doppelt so weit ausschlagen lasse wie nach unten. Die Wölbklappen benutze ich nicht zur Unterstützung der Kurvensteuerung.

Jetzt meine Überlegung:

Ist eine derartige Differenzierung überhaupt immer günstig? Zum Einleiten der Kurve ist Differenzieren sicherlich vorteilhaft, weil das weiter nach oben ausgeschlagene Querruder stärker bremst als das weniger stark nach unten ausgeschlagene und deshalb dabei hilft, den Segler in die Kurve einzudrehen. Aber wenn der Segler sich erst einmal in Kurvenlage befindet, neigt er dazu, noch weiter in die Kurve zu rollen. Man muss deshalb mit dem Querruder stützend gegensteuern. Jetzt aber wirkt die Differenzierung eigentlich ungünstig, weil die ungleichen Ausschläge der Querruder den Rumpf entgegen der Kurvenrichtung herausgieren möchten. Wäre es jetzt nicht besser, ohne Querruderdifferenzierung zu steuern?

Wie machen es andere Modellsegelflieger? Fliegt ihr immer mit Differenzierung? Und wie machen es eigentlich die Großsegelflieger? Die können ja nicht so einfach wie wir Modellflieger die Ruderausschläge unterschiedlich mal so, mal so programmieren.

Ich bin gespannt auf eure Antworten.

Gruß
Gerald
 
Hi Gerald,

eine interessante Fragen mit vielen Möglichkeiten.
Ich bevorzuge beim Thermikfliegen eine geringe Differenzierung und nehme die WK's mit. Die WK's werden soweit mitgenommen, das fast kein Spalt zwichen den Querrudern und WK's vorhanden ist.
Somit habe ich eine geringere Bremswirkung und eine bessere Ausnützung der Fahrt in der Kurve.
Der Strömungsabriss kommt mit dieser Programmierung etwas heftiger, lässt sich aber durch beherzten Grif in die Querruder abfangen.
Ich fliege dazu noch einen relativ weit nach hinten gelegten SP.

Gruß
Herwig
 
Hallo Gerald,

nun meine Meinung


wie viel du differezieren mußt hängt vom Modell und dem Profil ab. Wenn du - bei den meisten Modellen - nicht differenzierst, wirst du nie saubere Rollen fliegen können bzw. wird das Modell immer in die andere Kurvenrichtung gieren. Durch die Wölbung entstehen an der Flügelober- unterseite unterschiedliche Strömungen/Kräfte. Achso, der Ausschlag nach unten bremst mehr, deshalb nach unten weniger.

Die Differenzierung stelle ich so ein, daß das Modell bei Quer keine Richtungsänderung macht. Für's Kurvenfliegen muß dann das Heck mit Seite gezielt in die Kurve gesteuert werden. Habe zwar nur einmal einen manntragenden Motorsegler gesteuert, da war es aber genauso. Schon mal den Wollfaden an der Kabinenhaube bei Großseglern gesehen? Der dient zur Hilfe/Anzeige ob der Segler giert bzw. ob der Einsatz des Seitenruders richtig dossiert ist.
 
Weyershausen schrieb:
Aber wenn der Segler sich erst einmal in Kurvenlage befindet, neigt er dazu, noch weiter in die Kurve zu rollen. Man muss deshalb mit dem Querruder stützend gegensteuern.

Das Problem hat man vor allem als Kombiquatsch-Flieger. Ob er weiter rollt oder nicht, hängt wohl stark von der Flügelgeometrie ab und dem effektiven V-Winkel. Bin zwar noch keine grosse Fox geflogen, aber ich denke dass die besser "weiter in die Kurve rollt" als ein Discus 2 mit den Bananen.

In der Kurve selber brauchst Du kaum noch QR bzw. musst sogar ein wenig stützen, da wird die QR-Differenzierung nicht so schaden. Mit sauberem SR-Einsatz (den auch ich noch nicht 100% beherrsche) wirst Du sicher mehr herausholen als mit Differenzierungs-Optimierung.

Interessant fand ich den Ansatz, nur so weit zu differenzieren, dass der Segler sauber geradeaus rollt. Ich habe bisher bei den Thermikschaukeln stärker differenziert und bei den Hangfräsen etc. manchmal gar nicht. Ich werde noch mal dran arbeiten. @Robert: Machst Du zum Einstellen Stechflüge und rollst dann?

Bertram
 
Hängt auch vom Schwerpunkt ab, ob ein Modell mehr oder weniger in die Kurve fällt.

Stechflüge müssen nicht sein, etwas Fahrt aufholen reicht doch für eine Rolle. Wenn man mehrer Rollen am Stück fliegt - "Stechflüge" - sieht man das auch besser ob die Differenzierung passt.
 
Robert G. schrieb:
Hängt auch vom Schwerpunkt ab, ob ein Modell mehr oder weniger in die Kurve fällt.

Stechflüge müssen nicht sein, etwas Fahrt aufholen reicht doch für eine Rolle. Wenn man mehrer Rollen am Stück fliegt - "Stechflüge" - sieht man das auch besser ob die Differenzierung passt.

BertramRadelow schrieb:
Das Problem hat man vor allem als Kombiquatsch-Flieger.
:D :D

hallo,

ich finde man siehts am besten am hang, wenn man den flieger genau von hinten zu sehen bekommt, und dann in quer richtig reinlangt (ich stelle wie robert ein - oder robert wie ich, je nachdem wie mans sehen will :) )

die eigentliche frage ist aber (und da grübel ich auch), ob man beim stützen nicht durch zuviel differenzierung die optimale profilierung stört. wenn einer was weiß - das würde mich richtig interessieren.

ich mache deshalb gerne die anlenkung schon differenzierend (geometrisch an den hebeln), dann hast du bei kleinen ausschlägen keine differenzierung, bei großen aber schon. mit der differenzierungsfunktion am sender mache ich nur die feineinstellung.

irgendeine super xxxyyyzzz fernsteuerung kann das vielleicht programmieren, aber ich hab schon die ersten grauen haare :D .

grüße
hannesk
 
Hi,
na mein Vorschlag hat auf meine F3J abgezielt und nicht auf Kunstflug.
Wenn Du bei der Thermikstellung nicht die WK's mitnimmst, so verlierst deutlich an Leistung beim Kreisen.
Wurde am Stork II pro oder an den Ghosts festgestellt.
Ich fliege ohne Kombi.

Gruß
Herwig
 

haki

User
Hallo,

ich fliege meine F3b/J ler mit einer Differenzierung für optimales Rollen auch beim Kreisen in der Thermik.
Einmal aus dem Grund alle Achsen sauber getrennt steuern zu können und eben wie Gerald sich überlegt hat, beim Stützen das Modell nicht aus der Kurve herauszudrehen.
Bei zerissener Thermik muss man oft mit grossen Querruderausschlägen "dagegenhalten"; hat man hier eine zu hohe Differenzierung dreht das Modell sofort in eine Kurve hinein (ähnlich Kombiswitch).

Gruss Hannes
 
Danke Benjamin für den Link auf rcgroups.com. Heute hatte ich die Muße, den englischen Thread einmal in Ruhe durchzulesen. Am liebsten hätte ich das ganze sofort in der Praxis ausprobiert, wenn nur das Wetter nicht so schlecht wäre :( .

Mark Drela verzichtet beim Thermikfliegen komplett auf jegliche Differenzierung der Querruder. Die Querruder seines Supra schlagen ±14 mm aus, die Wölbklappen ±12 mm, wenn der Querruderknüppel voll betätigt wird. Das negative Wendemoment kompensiert Dr. Drela ausschließlich mit dem Seitenruder. Er begründet es damit, dass es weniger Energie verbraucht, das negative Wendemoment mit Auftrieb (Seitenruder) zu kompensieren, als mit Hilfe von Widerstand (stark nach oben ausgeschlagenes Querruder).

Außerdem würde eine Differenzierung der Querruder immer auch wie ein gedrücktes Höhenruder wirken und müsste mit dem Höhenruderausschlag nach oben ausgeglichen werden.

In meinen Augen die interessanteste Aussage aber ist die über die Entstehung des negativen Wendemomentes. Es entsteht in der Hauptsache durch eine Drehung des Auftriebsvektors, und eben nicht durch einen Unterschied im Widerstand der nach oben und nach unten ausgeschlagenen Querruder. So habe ich das noch nie gesehen. Wenn die Aussage von Dr. Drela richtig ist, wovon ich ausgehe, dann wird das in vielen Publikationen schlicht falsch dargestellt.

Um es noch einmal zu betonen: es geht mir ausschließlich um die Thermikfliegerei und nicht um das Fliegen von Kunstflugfiguren.

Gruß
Gerald
 
Hallo Christian,

ich weiß nicht, ob mir der Link weiterhilft. Die Überschrift lautet dort: "How To Set-Up a Racing Glider". Mir geht es aber eher um das langsame Kurbeln in der Thermikblase, wie man es mit F3J-Modellen macht.

Gruß
Gerald
 

CHP

User
Ich weiß, aber vielleicht stößt auch mal jemand auf diesen Thread, den die Vorgehensweise für F3F interessiert. Passt doch sehr gut zum Thema.
 
Wie maches die Großen?

Wie maches die Großen?

Hallöchen,

fühle mich bei der Frage angesprochen. Bei der manntragenden Fliegerei wird grundsätzlich differenziert, nach welchen Regeln ist mir nicht genau bekannt, aber dies dürfte hersteller- und musterspezifisch sein. Man findet nach meiner Erfrahrung bei der Großfliegerei schlicht und ergreifend Flugzeuge, die sich unterschiedlich angenehm handhaben lassen: Die einen wollen beim Kreisflug gestützt bzw. sauber geflogen werden, die anderen machens von alleine. So hat die LS4 zumindest in meinem alten Verein immer den Ruf eines alt Herren / Damen Flugzeugs gehabt, weil bei der Else die Ruderabstimmung einfach gut gelungen ist. Ich wage zu behautpen, dass die Hersteller hier auch mit Versuch und Irrtum operieren mit dem einen Ziel, das neg. Wendemoment zu kompensieren.
Im übrigen hat man natürlich ganz andere Möglichkeiten, wenn man selbst im Flugzeug sitzt, denn wandert beim Kreisflug der Faden aus, muss man die Ruder eban korrigieren. Das ist alles völlig unkritisch und man lernt die verschiedenen Muster unterschiedlich zu fliegen, ganz einfach.
Gruß
Heiko
 
Hallo Heiko,

ich habe gerade mal bei DG-Flugzeugbau mit dem Stichwort "Differenzierung" gesucht und bin auch fündig geworden.

Unter dem Titel "Verbesserung der Querruder-Bedienung an der DG-505 ORION" findet man dort: "So haben wir die Mischwelle der Querruder umkonstruiert mit der Folge, dass das Querruder bei gleichem Knüppelausschlag nur noch 90% des bisherigen Weges ausschlägt. Die Querruder-Differenzierung von 2:1 bei Vollausschlag wird jetzt schon bei den verringerten Ausschlägen erreicht, so dass die Querruder-Kräfte sich deutlich stärker als im Verhältnis der veränderten Ausschläge verringern."

Es spielen dort also auch Dinge eine Rolle, die für uns Modellflieger irrelevant sind, wie z. B. zu hohe Kräfte für die Betätigung der Querruder.

Ich werde sobald wie möglich mal die Einstellungen von Mark Drela ausprobieren, also in der Thermikflugphase die Querruder ohne Differenzierung, aber unter Einbeziehung der Wölbklappen anzulenken.

Interessant ist auch die Einstellung, in der Startphase die Querruder zu 100% zu differenzieren, so dass sie nur nach oben ausschlagen, damit es nicht zum Strömungsabriss kommt. Auch das werde ich demnächst einmal testen.

Gruß
Gerald
 

ghu

User gesperrt
Differenzierung

Differenzierung

Ich fliege 99% meiner Segelflieger mit 2 Stellungen
Phase1 Start und Thermik 100 % Differenzierung nach unten 0 Ausschlag
Phase 2 Kunstflug je nach Modell 5-15 mm Ausschlag nach unten
und ich fliege sehr viel und ca 50 versch.Modelle
und ich erzähl hier keinen "Testberichtkäse" fliege seit 30 Jahren
von der 1,5m Micro Espada....bis zur 6m Ventus
am Hang wenn es schwach trägt ist der Unterschied zu meinen Kollegen krass
das Modell mit 100 % Diff. verliert in der Kurve einfach weniger Höhe

probiert es doch aus Flugphasen über Schalter programmieren
dann kann man ja jederzeit umschalten

besonders bei kleinen Modellen geht das Klasse (Foka 2m... Duo Discus 2,5m..)
 
Testflüge

Testflüge

Jetzt wollte ich es wissen. Ich habe meinen Milan auf die "DRELA-Einstellungen" umprogrammiert:

1. Startphase: 100% Differenzierung, die Querruder schlagen nur nach oben aus, die Wölbklappen werden auch als Querruder eingesetzt mit 50% des Ausschlagwinkels der Querruder.

2. Flugphase: 0% Querruderdifferenzierung, der Ausschlagwinkel nach oben und unten ist gleich groß. Auch hier unterstützen die Wölbklappen wieder mit 50% des Ausschlagwinkels die Querruder.

Ich habe drei Testflüge über jeweils ca. 8 min. durchgeführt. Hochstart an der Winde mit etwa 240 m Ausgangshöhe, Windstärke 4 bis 5.

Beobachtungen:

Das Modell ist jetzt sehr unkritisch im Hochstart. Korrekturen um die Hochachse beantwortet der Segler sehr ruhig und ohne Abkipptendenz.

Auch das Kurvenverhalten in der Flugphase hat sich deutlich verändert. Ich habe das Gefühl, das der Segler ohne Querruderdifferenzierung in der Kurve nicht mehr so stark gebremst wird wie vorher mit 65%iger Differenzierung. Das negative Wendemoment muss natürlich durch Seitenrudereinsatz kompensiert werden, aber das ist durch entsprechende Programmierung kein Problem. Dr. Drelas Aussage scheint sich zu bestätigen: "Die Querruderdifferenzierung nutzt Widerstandserhöhung, um ein Giermoment zu erzeugen, während das Seitenruder Auftrieb nutzt. Per definitionem vermindert Widerstand die Energie des Segelflugmodells, eine Auftriebskraft dagegen nicht."

Eine endgültige Aussage lässt sich sicherlich erst nach längerer Flugzeit treffen. Aufgrund des starken Windes war die Anzahl der geflogenen Kurven zudem noch recht begrenzt. Aber im Ansatz war das ganze sehr, sehr aufschlussreich.

Gruß
Gerald
 
Weyershausen schrieb:
Auch das Kurvenverhalten in der Flugphase hat sich deutlich verändert. Ich habe das Gefühl, das der Segler ohne Querruderdifferenzierung in der Kurve nicht mehr so stark gebremst wird wie vorher mit 65%iger Differenzierung. Das negative Wendemoment muss natürlich durch Seitenrudereinsatz kompensiert werden, aber das ist durch entsprechende Programmierung kein Problem.
Gruß
Gerald


Und was ist, wenn man das negative Wendemoment bei zu wenig Differenzierung mit einem extra großen Seitenruderausschlag korriegieren muß? Das bremst...

Ich denke, es kommt immer auf das verwendete Profil an.



Die Querruderdifferenzierung nutzt Widerstandserhöhung, um ein Giermoment zu erzeugen

Falsch: mit mehr Differenzierung wird der Widerstand verringert da der Ausschlag nach unter geringer wird. Der Ausschlag nach oben bleibt ja gleich.

Da du bei deinem Test die Wölbklapen nun mit angesteuert hast, ist das eh ein ganz anderes fliegen als ohne Wölb. Mit Wölb dazu wird das Modell um die Längsachse agiler. Man braucht in der Regel weniger Ausschlag da nun mehr Fläche steuert. Meniger Ausschlag bremst weniger auch wenn die Fläche der Klappen größer ist.
 
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