Flugverhalten Hochdecker?

Nobs99

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Hallo zusammen,
ich fliege seit einigen Jahren verschiedene Motormodelle. Einen Tiefdecker (Focke Wulf 190a) einen Mitteldecker (Yak 55M) und einen Schulterdecker (WOT4). Hochdecker hatte ich immer ausgespart, da zu langweilig.
Nun hatte ich letztes Jahr eine Decathlon fliegen sehen und war vom Erscheinungsbild und dem gezeigten Kunstflug begeistert. Also musste auch eine Decathlon her. Hier hatte ich da auch schon drüber berichtet: http://www.rc-network.de/forum/show...thlon-von-Hype/page2?highlight=decathlon+hype
Und nun bin ich recht überrascht, über die vollkommen anderen Flugeigenschaften zu meinen bisherigen Modellen und frage mich, ob das normal ist. Im Simulator (Realflight 7.5) fliegt die Decathlon eigentlich recht einfach und alle Kunstflugfiguren funktionieren gut.
In der Praxis habe ich nun ein ganz anderes Verhalten: Kurven müssen immer mit Seitenruder eingeleitet werden, sonst eiert die mehr schlecht als recht durch die Kurve (ich weiß, es ist immer richtig eine Kurve mit Seitenruder einzuleiten, aber bei meinen anderen Modellen ist das kaum nötig). Messerflug ist nur mit extremen Einsatz von Querruder möglich sonst dreht die immer sofort wieder raus. Turns müssen auch mit Querruder gegengesteuert werden, sonst verdreht sie sofort in der Wende.

Ist das normal für Hochdecker? Oder speziell für die Decathlon? Oder hat mein Modell da ein Problem (nur welches)?
 

Eisvogel

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Nicht umsonst sind Kunstflugmodelle Tief- oder Mitteldecker!

Der Massenschwerpunkt weit unter der Fläche fordert beim Turnen seinen Tribut. Das (meist) auf Auftrieb ausgelegte Profil ist auch nicht gerade optimal für Figuren.
 

kioto

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Hallo Nobs99,

Ich glaube, der wesentliche Unterschied der Decathlon zu deinen bisherigen Modellen ist die V-Form. Yac 55 und WOT4 haben fast keine, auch die FW190 nicht, weil Tiefdecker. Wenn du die mir Querruder schräg legst, gehen sie in die Kurve und bei genügend Speed verlieren sie kaum Höhe, ansonsten steuerst du mit Seitenruder dagegen, damit die Kurve in gleicher Höhe geflogen wird. Bei einem Hochdecker mit V-Form kannst du die Kurven auch nur mit dem Seitenruder steuern (jetzt natürlich nicht entgegengesetzt). Der Hochdecker fliegt halt eigenstabiler, dafür ist er ausgelegt. Wenn man fliegen kann und das Modell kennt, kann man natürlich fast alles fliegen, aber ein Hochdecker mit V-Form ist halt wenig geeignet für Kunstflugfiguren.
 

Wilf

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... Ich glaube, der wesentliche Unterschied der Decathlon zu deinen bisherigen Modellen ist die V-Form. ..., auch die FW190 nicht, weil Tiefdecker. ....
Die FW190 habe keine V-Form, weil Tiefdecker??? Genau das Gegenteil ist richtig.

Drei-Seiten-Ansicht der Focke-Wulf Fw 190 A-8 aus Wikipedia:
220px-FW190_A8_3Seiten_Wiki2.JPG


Die einzige von den Genannten, die keine V_Form hat, ist die Bellanca Decathtlon.
austria.gif
 

Nobs99

User
Die FW hat schon eine V-Form, aber die Decathlon hat auch eine leichte V-Form.
Was mich auch etwas irritiert ist, dass das Flugverhalten im Simulator so gar nicht der Realität entspricht.
 

Thoemse

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Ja das ist normal. Die Qualität der Simulatoren (ich habe verschiedenste) ist leider alles andere als gut. Masse stat Klasse bei den Modellen. Ich habe einen Sim bei dem man 20kg Turbinenjets in Schrittgeschwindigkeit landen kann.

Ich fliege auch Tief und Mitteldecker und habe mir gerade erst eine Hangar 9 Carbon Cub aufgebaut. Auch die braucht Seite um sauber zu fliegen und natürlich auch viel mehr Korrekturen beim Kunstflug. Spaß macht sie mir trotzdem, ist halt mal was anderes.

Man sollte das Positive dabei auch nicht vergessen. Klappen nach unten und langsam und entspannt landen. So geht das zumindest bei meiner Spitfire bzw Yak 54 nicht.
 
Einfach ein schlechter Simulator.

Ein Tiefdecker braucht viel V-Form, weil der Schwerpunkt hoch über der Tragfläche liegt (das wäre sonst instabil). Ein Hochdecker kommt ganz ohne V-Form aus, weil der Schwerpunkt weit unter der Tragfläche liegt. Beim Mitteldecker ist alles neutral.

Im Falle "Tiefdecker+V-Form" ist das Verhalten im Rückenflug genau so stabil oder instabil wie im Normalflug je nach Abstimmung. Im Falle "Hochdecker ohne V" ist der Normalflug immer überstabil und der Rückenflug instabil. "Hochdecker+V" macht die Sache noch schlimmer. Deswegen gewinnen Hochdecker keine Kunstflugwettbewerbe.

Vergleicht bitte mal einen Airbus A320 mit einem A400.

Und ja: ein Hochdecker ist wirklich ganz anders zu fliegen als ein Tiefdecker. Ganz besonders im Messerflug oder auf dem Rücken. Ist so.

Ludwig

(der am liebsten Katana als Mitteldecker ohne V fliegt)
 

Thoemse

User
Den Nick des Vorredners kann man beim Hochdecker übrigens sehr ernst nehmen. Beim Hochdecker musst du auf dem Rücken (sehr viel) drücken). :p
 

Eisvogel

User
Was mich auch etwas irritiert ist, dass das Flugverhalten im Simulator so gar nicht der Realität entspricht.

Der Simulator kann ja auch nicht wissen wie "deine Realität" ausschaut!

Antrieb, Fluggewicht, Schwerpunkt sind individuell und beeinflussen das Flugverhalten stark.
Es spielt es auch eine nicht unwichtige Rolle, wo die schweren Einbauten wie z.B. der Flugakku untergebracht sind. Ganz am Boden? mittig in Rumpf, Unter der Tragfläche?

Extremen Einfluss hat auch die Querruderdifferenzierung. Je nach Einstellung vom sauberen Kurvenflug bis zu nur schieben.
 
Das Entscheidende ist das unterschiedliche cl_beta (Rollmoment infolge Schieben), aber das ist ja wieder Theorie und hat auch noch mit Flugmechanik zu tun, das will ja keiner wissen, geschweige denn verstehen!
 

Eisvogel

User
Das Entscheidende ist das unterschiedliche cl_beta (Rollmoment infolge Schieben), aber das ist ja wieder Theorie und hat auch noch mit Flugmechanik zu tun, das will ja keiner wissen, geschweige denn verstehen!

Lieber Rainer,

kann es sein, dass du zum alten Grantler mutiertst :confused:

Das was du in ein paar Jahren Studium erlernt hast, kann man nicht in ein paar posts dem "Normalmodellflieger" (also mir!) eintrichtern. Das heißt aber nicht, dass ich davon nichts wissen will und schon gar nicht, dass ich es nicht verstehen will!!! Neben Arbeit, Büro, Familie, Haus, Garten, Enkelkindern und Hobbys hat man halt nicht die Zeit für tausende Seiten Fachlektüre, die man oft eh nur mit dazugehöriger Erläuterung und praktischem Beispiel versteht.

Auch nach gut 45 Jahren Bau- und RC-Erfahrung saug ich immer noch alles in mich rein, was einigermaßen allgemeinverständlich übers fliegen geschrieben wird. Mit Fachausdrücken wie z.B. cl_beta und Formeln dazu kann ich leider nichts anfangen. Mit vereinfachten Umschreibungen sehr wohl.

Trotzdem versuche ich mein Laienwissen so gut es geht weiterzuvermitteln. Was ist an meinen Ausführungen zum Kunstflugverhalten von Hochdeckern gegenüber "Kunstflugmodellen" falsch?
 
Was falsch ist, ist die Aussage dass die Lage des Schwerpunkts unter oder über dem Flügel eine Rolle spielt.

Der Auftrieb ist immer senkrecht zum Flügel, und nicht senkrecht in den Himmel!

Gruss
Felix
 

Nobs99

User
Danke schon mal für die Beiträge.
Eigentlich dachte ich,dass der Realflight schon ein guter Sim ist,aber das gilt wohl hauptsächlich für den Helibereich. Wahrscheinlich sind aber auch nur einzelne Modelle nachlässig programmiert.
Auf dem Rücken ist erstaunlicherweise nur recht wenig Drücken notwendig.
Den Tipp mit der Querruderdifferenzierung werde ich noch mal ausprobieren. Die Anleitung schlägt zwar symmetrisch Ausschläge vor, aber das ist ja kein Dogma.
Ansonsten heisst es wohl üben, um den richtigen Seitenrudereinsatz zu lernen.
 
Der Hinweis von Rainer (Rollmoment infolge Schieben) und mein Hinweis können einen Ansporn sein, sich tiefer mit der Flugmechanik zu befassen. Bitte dies jetzt nicht als arrogante Aussage werten; ich selber versuche seit 40 Jahren diese Materie zu verstehen und tue es immer noch nicht! :D

nur noch das: SP-Verschiebung längs der Hochachse der Tragfläche -> kein Rollmoment (meine erste Aussage anders ausgedrückt)

habt einen wunderschönen Tag!
Grüsse
Felix
 
Servus Felix,

auch ich habe mir mal das Schiebe-Rollmoment erklären lassen, weil ich wissen wollte, warum Zweiachs-Segler mit Doppel-V so schöne Rollen fliegen.
Das Schiebe-Rollmoment entsteht vor allem durch die V-Form. Gut.

ABER:

Dass der Rumpf dabei keine Rolle spielen soll stimmt aber ganz sicher nicht. Auch die Seitenfläche des Rumpfes erzeugt ein Schiebe-Rollmoment und da ist es halt dann doch entscheidend, ob der Lateralschwerpunkt über oder unter der Tragfläche liegt. Weil davon nichts weniger als die Richtung (!!!) des Moments abhängt.
Kurz mal nachgedacht: Schiebeflug ohne V-Form ==> Tiefdecker drehen in die Kurve hinein. Hochdecker aus der Kurve heraus.

Früher mal wurden Kunstflugmodelle für Messerflug sauber ausgetrimmt. Das Zusammenspiel von V-Form, EWD, Rumpfform und Schwerpunkt-Höhenlage(!) wurde in vielen Trainingsflügen so justiert, dass der Vogel aus der Messerlage nicht herausgedreht hat und eine gerade Linie geflogen hat. Gibts ganze Bücher drüber wie man das einstellt. Heute nimmt man da ein paar Mischer, ein bisschen Fluglagenstabi, brutal viel Motorkraft und dann macht man am Flugtag Messerflug mit der Piper. Wie viel der Pilot trotzdem noch in den Rudern hängt sieht der Zuschauer nicht.

Trotzdem wurde noch nie eine Piper bei ernsthaften Kunstflugwettbewerben gesichtet. Scheint also doch einen Unterschied zu machen wo die Fläche sitzt.

Schifferlbauer und maritime Segler wissen da viel mehr über Seitenflächen.
Wozu trimmen? Kann man doch aussteuern!

Grüße vom Ludwig
 
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