Auslegungsfragen für ein 2m Hangbrett

Auslegungsfragen für ein 2m Hangbrett

Hallo Zusammen,
seit einigen Tagen versuche ich einen 2m Brettflügel zu entwerfen. Da es mein erster Nurflügel in Brettauslegung ist, habe ich erst mal viele Infos aus den Foren zusammengelesen. Da bedanke ich mich bei allen die ihr Wissen so offen verbreiten. Dennoch bleiben bei mir einige Fragen offen. Die Auslegung mache ich mit FLZ_Vortex , ich habe die Profile von Peter Wick verwendet, die er für das 3m Brett gerechnet hat. Der Flügel soll am Hang eingesetzt werden und keinen Rumpf haben. Da mir die verschiedenen Bow`s so gut gefallen, habe ich versucht eine ähnliche Form zu erreichen die in Positivbauweise zu realisieren ist. Die Kerne sollen später von einem hier im Forum bekannten Schaumveredler CNC geschnitten werden.
Jetzt meine Fragen:
Passt der Grundriss so zu den Profilen oder muss ich mit grauenhaften Flugeigenschaften rechnen.
Ist die Klappenaufteilung und Größe so sinnvoll oder würde es sich lohnen daraus 6 Klappen zu machen um besser bremsen zu können.
Andere Fragen tauchen sicher später noch auf.
Gruß
Bernd

Polygon.JPGAnhang anzeigen Polygon3T04.flz
 

UweH

User
oder muss ich mit grauenhaften Flugeigenschaften rechnen

Hallo Bernd,

mit dem Grundriß von oben musst Du zumindest mit grauenhaften Abrißeigenschaften rechnen :eek:

Das lange Außentrapez hat zu starke Zuspitzung, damit ist die Auftriebsbelastung des Außenflügels zu hoch und beim überziehen reißt die Strömung zuerst am Randbogen ab. Bei dem gepfeilten Flügel ist das auch noch hinter dem Schwerpunkt, damit vergrößert sich beim Stall der Anstellwinkel des Innenflügels sehr stark und schnell, das verstärkt die unerwünschte Flugzeugbewegung und es entsteht plötzlich ein typischer, unangenehmer Tipstall, wie der Franzose sagt.

Der Außenflügel benötigt noch ein zusätzliches kurzes Trapez mit mehr Flügltiefe an der Trapezteilung, die Randbogentiefe kann bleiben.

Ich bin dabei einen Vorschlag als FLZ-Datei dafür zu machen und die Profilanordnung zu überprüfen, ich poste das Ergebnis hier und erklär noch ein paar Besonderheiten dazu, auch zu den Klappen. Die Innenklappen sind im Moment weitgehend momentenneutral, eine 6-Klappenversion bei 2 m Spannweite lohnt sich damit nicht.

Gruß,

Uwe.
 
Hallo Uwe,
danke schon mal im Voraus. Anfangs hatte ich auch eine Version mit 4 Teilstücken pro Hälfte, habe mich dann aber gefragt ob es das wert ist. Allerdings ist ein gutes Handling durch nichts zu ersetzen. Das mit dem Strömungsabriss am Außenflügel ist ja schon peinlich, hätte mir auch auffallen müssen. Bin gespannt auf deinen Vorschlag und die Erklärungen dazu.

Gruß
Bernd
 

UweH

User
Anfangs hatte ich auch eine Version mit 4 Teilstücken pro Hälfte, habe mich dann aber gefragt ob es das wert ist

Hallo Bernd,
die Frage ist nicht ob es das wert ist, sondern ob es funktioniert :rolleyes:
Meine neue Version die hier anhängt hat auch nur 3 Segmente pro Seite, aber eine andere Aufteilung und ein zusätzliches Strakprofil.
Für den Bau aus Formen würde ich noch etwas Optimierungsarbeit rein stecken, aber für den Positivbau kann ich das zum Nachbau empfehlen.

Wie bereits geschrieben ist Deine Ur-Variante aus der FLZ-Datei kritisch beim Abriß.
Das sieht man im FLZ_Vortex weil das Programm eine Routine hat die den Bereich des Strömungsabrisses zeigt.

Dazu sollte man aber auch so simulieren wie das Modell fliegt.
Ich stelle zunächst nach jeder Grundrißänderung des Flügels alle Klappen in den Strak und fixiere im Programm das gewünschte Stabilitätsmaß, beim Brettnurflügel sind das fast immer 4 %.
Dann fixiere ich den Schwerpunkt auf den Wert den das Vortex für 4 % Stabilitätsmaß / Klappen 0° errechnet hat, denn man kann den Schwerpunkt während des Flugs nicht verändern. Das Stabilitätsmaß verändert sich im Flug jedoch mit dem Trimmzustand durch die Druckpunktwanderung.
Bei der Version in der Datei des Eingangsposts wird der Maximalauftrieb bei 2,4 ° Höhenruderausschlag erreicht, das Stabilitätsmaß ist dabei nur noch 3,11 % und im Screenshot sieht man am roten Bereich wie eklig der Abriß dabei ist, ein typischer Tipstall und das auch noch hinter dem Schwerpunkt.

20200522 Bernd Urversion CAmax.jpg



Was örtlich an Auftrieb fehlt lässt sich am einfachsten durch mehr Flügeltiefe ausgleichen, deshalb habe ich als erste Maßnahme für die Gutmütigkeit an dem roten Bereich einen zusätzlichen Trapezknick mit mehr Flügeltiefe eingefügt. Dafür müssen die Klappentiefen angepasst werden um die Scharnierlinie wieder zu begradigen. Als Klappentiefe der roten Klappen habe ich am Innentrapez jetzt durchgängig 25 % gewählt, durch die größere Zuspitzung des letzten Trapez muss die Klappentiefe am Randbogen 35 % sein um eine gerade Scharnierlinie zu erreichen. Diese größere Klappentiefe außen führt zu einer geometrischen Schränkung beim Ziehen und macht den Flügel dadurch im Langsamflug gutmütiger, also genau dann wenn ich es für das Thermikfliegen und die Landung brauche.
Man sieht im Screenshot, dass der Abriß jetzt viel weiter innen erfolgt und der Außenflügel eine Auftriebsreserve zum Stall bekommt.
Damit kündigt sich der Abriss durch weich werdende Ruder an und man kann rechtzeitig nachdrücken.
Für Hyperstall, also den stabil wippenden Sackflug statt einseitigen Strömungsabriß reicht es wahrscheinlich noch nicht, aber wenn das Prinzip mal verstanden ist kann jeder selbst entscheiden wie gutmütig das Brett werden soll. Diese Version hat noch einen Strak mit nur 2 Profilen, der Strak des PW-Bretts Wipe von dem die Profile stammen hat aber noch ein zusätzliches Zwischenprofil.


20200522 Uwes Version 1 -Bernd-PWs CAmax.jpg

Im nächsten Schritt habe ich das zusätzliche Zwischenprofil "PW2019 Strak 1 3m v3" in den selben Grundriß eingefügt, es befindet sich zwischen der gelben und der roten Klappe.
Im Screenshot des Maximalauftriebs CAmax sieht man das damit der Flügel ungefähr gleich gut ausgenutzt ist als mit den zwei Profilen, obwohl das neue Strakprofil dünner, weniger gewölbt und damit widerstandsärmer als das alte Profile an der Stelle ist.

20200522 Uwes Version 2 -Strak-PWs CAmax.jpg

Kommen wir zur Klappenaufteilung. Die Innenklappen sind mit ihrer Länge und durch die Pfeilung mit ihrem Abstand zum Neutralpunkt jetzt so bemessen, dass sie fast momentenneutral sind.
Das bedeutet erst mal dass man kaum mit Höhenruder ausgleichen muss wenn man sie zum bremsen nach unten fährt. Ein bisschen was muss man da zwar immer programmieren, aber die Außenklappen sind in ihren Ausschlägen beim landen nicht durch einen notwendigen Gegenausschlag eingeschränkt. Damit kann man sich die 6-Klappenkonfiguration sparen. Das ist der Pfeilung zu verdanken und funktioniert beim geraden Brett nicht.

Die Momentenneutralität bedeutet aber auch, dass die Innenklappen keinen nennenswerten Beitrag zur Höhenruderwirkung mehr leisten können.
Man kann das überprüfen indem man sich den Auftriebsbeiwert von 0,744 für alle Klappen auf -2,15° im Scrennshot oben merkt und dann die Innenklappen simuliert auf 0° fährt. Hier der Screenshot dazu:

20200522 Uwes Version 2 -Strak-PWs Innenklappen 0°.jpg

Man sieht dass der geflogene Auftriebsbeiwert jetzt 0,747 ist, sich also trotz Innenruder runter auf neutral sogar leicht erhöht hat.
Die Innenklappen kann man sich für die Höhenruderfunktion sparen und gewinnt sogar noch mal ein bisschen Maximalauftrieb wenn man Höhe nur mit den Außenklappen steuert.


Ich häng die FLZ-Datei des letzten Stands meines Vorschlags für dieses Pfeilbrett hier an, dann kann jeder der möchte selbst noch ein bisschen mit den Klappen spielen und versuchen die Ergebnisse für seine optimale Klappenmischung zu interpretieren.

Gruß,

Uwe.
 

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  • 20200522 Polygon3T04-UH_PW-Strak_CAmax.flz
    38,8 KB · Aufrufe: 136
Hallo Uwe,
danke für Deine Mühe und die Erklärungen. Werde den Grundriss 1:1 auf Papier bringen und dann auch so bauen. Bei Gelegenheit stelle ich ein paar Bilder hier rein aber einen Baubericht mache ich nicht, das können andere besser. Wenn er fliegt berichte ich noch mal, dann wird es draußen aber schon wieder kälter sein. Jetzt geht es erst mal an den Hang.
Gruß
Bernd
 

UweH

User
Alles klar Bernd,

viel Spaß beim bauen und ich bin gespannt wie das Pfeilbrett fliegen wird ;)

Gruß,

Uwe.
 
Hallo Uwe,
da gibst Du Dir so viel Mühe und dann kommt so ein „Dahergelaufener“, will auch mal einen Nurflügel bauen und schmeißt alles wieder über den Haufen. Zuerst ist die Pfeilung im Mittelteil gefallen, ok die ist auf meinem Mist gewachsen. Um Schwerpunktneutral ein Ballastrohr einzubauen (15x10 mm Wolframkupfer) musste der Schwerpunkt nach vorne, aus 6° an der Endleiste sind nun 5° geworden. Dazu gleich eine Frage, wieviel Ballast ist bei einem solchen Brett sinnvoll. Dann gefällt dem Herrn das letzte Trapez nicht und er versucht sich daran Deinen Bauvorschlag so zu verändern das es ihm gefällt. Natürlich gelingt es nicht, oft leidet die Leistung, oder es reißt die Strömung am Randbogen zu früh ab, oder Beides. Jetzt hat das blinde Huhn aber scheinbar ein Korn gefunden. Vielleicht kannst Du da auch mal darüber schauen.
Gruß
Bernd
Anhang anzeigen Polygon2.7.flz
Polygon2.7.JPG
 
Hallo Zusammen,

gestern hat der, das Polygon seine ersten Flüge an der Flitsche absolviert. Das es bis zum Erstflug wieder kälter wird hatte ich ja schon geschrieben, aber das wir auch ein neues Jahr schreiben hätte selbst ich nicht gedacht. Vieles ist nicht so geworden wie ich es mir gewünscht hätte. Zuerst ist die Geometrie irgendwo zwischen meinem Rechner und der Schneidemaschine leicht verändert worden. Ein nachrechnen mit FLZ Vortex ergab dann, alles halb so wild, sogar das geringste Sinken ist etwas besser als bei meinem Entwurf. Dann vergesse ich beim Pressen der linken Flächenhälfte den Ballast Dummy. Die dadurch entstandene Delle zeigt jetzt von außen schön die Position des Ballastrohres an. Beim Besäumen der Endleiste schneide ich einfach mal einen Knick aus derselben raus und beraube so das Vieleck um eines seiner geliebten Ecken.

Einmal in der Luft verhält sich der Flieger trotz all der beim Bau veranstalteten Missetaten recht brav. Die Reaktion auf alle Ruder ist sehr direkt. Er beschleunigt sehr gut, lässt sich gut Kreisen, beim vorsichtigen Überziehen wackelt er erst um die Längsachse, um dann durchzusacken. Weitere Test und Einstellflüge werden sicher am Hang erfolgen da die ersten Handstarts sich als unkritisch erwiesen haben. Einziger Wermutstropfen ist das Flitschen. Beim ersten Versuch ist der Flieger, nachdem er aus dem Haken war, fast senkrecht in den Himmel geschossen. Daraufhin habe ich den SP etwas nach hinten gelegt und die Trimmung verringert. Beim zweiten und dritten Start habe ich weiter Richtung Neutral getrimmt. Beim Verlassen des Hakens hat er ca. 2m Höhe gehabt und ist dann ohne mein zutun im 30° Winkel gestiegen. Der vierte Start war dann auch der vorerst Letzte. Mutig geworden habe ich die Gummis weiter ausgezogen, nach dem ersten beschleunigen begann der Flieger zu „ wippen“, das sah für mich aus wie Anstellwinkel Schwingungen. Ob dabei auch die Fläche geflattert hat kann ich nicht sagen. Allerdings hat sich dadurch das SLW gelöst und pendelte nun mal nach rechts mal nach links. Anfangs im Stil eines einarmigen VLW dann komplett auf 180°. Dabei waren die Flugeigenschaften immer beherrschbar und die Landung gelang ohne Probleme. Woran kann das verhalten beim Flitschen liegen, ist der Flieger zu weich aufgebaut? Belegt ist der Kern mit 93g Karbongewebe im 45° Winkel, Holmgurt oben und unten aus DU Gelege, anfangs 30mm breit, zum Randbogen auslaufend ca. 0.8 mm dick. Gewicht 1050g, Flächenbelastung ca. 25g/dm. Ok, wenn ich das so lese da könnten 2 F3B Gummis von EMC Vega doch etwas zu viel sein. Vielleicht ergibt sich beim Fliegen am Hang ja noch die eine oder andere Erkenntnis.

P1030433 (2).JPG
P1030435 (2).JPG




Gruß

Bernd
 
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