Hallo Peter,
V-Leitwerk könnte man machen, gerade beim Zweiachser ist es aber wirklich vorteilhaft, wenn man Seiten- und Längsbewegung praktisch getrennt voneinander auslegen kann. Beim V-Leitwerk ist das immer ein fauler Kompromiss und nicht so schlimm, wenn man auch Querruder benutzen kann...
Ich hatte ja angeboten, den Flieger noch mal nachzurechnen. Um mir das Leben etwas leichter zu machen, habe ich den Flügel als Dreifachtrapez modelliert, das Seitenleitwerwek als Doppeltrapez und das Höhenleitwerk als Einfachtrapez. Übrigens wäre das auch in der Praxis völlig ausreichend gut und vereinfacht den Bau wahrscheinlich. Die Pfeilwinkel habe ich so gewählt, dass beim Flügel das Dickenmaximum (bei ~28%) auf einer Linie senkrecht zur Rumpfmittellinie liegt. An der Position kann man einfach einen geraden Holm einbauen. Beim Höhenleitwerk ist die 60% Linie ungepfeilt (-> 40% Klappentiefe) und beim Seitenleitwerk die 40% Linie (-> 60% Klappentiefe). Die V-Stellung habe ich schon in der vergrösserten Version modelliert. Das ganze sieht dann so aus:
Geometrie des RESOpenS in AVL.
Nun kann man natürlich die Auftriebsverteilung berechnen. Die V-Stellung der Flügel ist hier auf jeden Fall nicht mehr zu vernachlässigen. Der stationäre Geradeausflug ist nicht der kritische Fall - viel spannender ist eigentlich der stationären Kurvenflug. Das geht nicht ohne Ruderausschläge, aber netterweise bietet das freie Programm AVL von Mark Drela (
http://web.mit.edu/drela/Public/web/avl/ ) die Möglichkeit den Kurvenflug zu trimmen. Dazu berechnet man den Neutralpunkt der Konfiguration und legt mit dem Schwerpunkt ein gewünschtes Stabilitätsmass fest - hier habe ich 12% gewählt (Abstand Schwerpunkt - Neutralpunkt bezogen auf die mittlere geometrische Flügeltiefe). Nach der Vorgabe des Hängewinkels, muss man noch die Trimmbedingungen um alle drei Achsen vorgeben. Das bedeutet, dass der Höhenruderausschlag so gewählt werden soll, dass das Nickmoment gleich null ist, der Seitenruderausschlag so, dass das Giermoment gleich null ist und der Querruderausschlag so, ... stimmt, hier fehlt was. Für die Bedingung mit dem Rollmoment gleich Null nutzt man beim Zweiachser das Schieberollmoment aus. Also soll AVL den Schiebewinkel so wählen, dass das Rollmoment genau Null wird.
RESOpenS getrimmt mit 12% Stabilitätsmass im Kurvenflug bei 40° Hängewinkel im Langsamflug
Schauen wir uns zunächst die erste Spalte an: Eingestellt sind ein Hängewinkel von 40° (bank 40deg), dabei braucht der Flieger knapp 4° Anstellwinkel und 8° Schiebewinkel mit etwa -8.5° Höhenruderausschlag (gezogen) und 1.6° Seitenruder (in Kurvenrichtung) um den Kurvenflug zu halten. Der Auftriebsbeiwert (CL) ist zu 0.7 eingestellt, was bei 500g Abflugmasse etwa 7m/s Fluggeschwindigkeit entspricht - typische Bedingungen beim Thermik kreisen also. Die grünen Kurven geben die Lastverteilung auf Tragflügel und Höhenleitwerk über der Spannweite an, die orange gestrichelten die lokalen Auftriebsbeiwerte. Der Vollständigkeit halben sind die induzierten Anstellwinkel noch blau gestrichelt dargestellt.
Interessant ist der rot markierte Bereich der lokalen Auftriebsverteilung am kurven-inneren Flügel. Ungünstiger Weise muss der Flügel dort etwas mehr Auftrieb leisten als überall sonst. Erhöht man den Anstellwinkel noch weiter, wird der Flügel aussen zuerst überziehen. Genau dieses Verhalten möchte man natürlich nicht. Man hat jetzt drei Möglichkeiten, die lokalen Auftriebsbeiwerte dort zu senken: die Flügeltiefe zu erhöhen, die V-Stellung erhöhen oder eine Schränkung einzubauen. Genutzt habe ich eine Kombination aller drei Massnahmen in geringstmöglicher Ausprägung.
RESOpenS V2 getrimmt mit 12% Stabilitätsmass im Kurvenflug bei 40° Hängewinkel im Langsamflug
Der Ergebnis bei den selben Bedingungen im Kurvenflug sieht schon besser aus. Die nochmals vergrösserte V-Stellung verringert zudem noch den nötigen Schiebewinkel beta, erfordert aber 1° mehr Seitenruderausschlag in Kurvenrichtung. Der induzierte Widerstand (CDi) ist identisch geblieben. Die neue Geometrie sieht nun so aus:
Geometrie des RESOpenS V2 in AVL
Die Geometrie des Flügels ist in der folgenden Tabelle angegeben. x, y und z sind die Koordinaten der Vorderkante, Tiefe ist die Flügeltiefe und twist die Verwindung. Wichtig: Alle Masse in Metern, die Verwindung in Grad, das negative Vorzeichen bedeutet, dass die Profilnase abgesenkt wird. Die Bezugsebene für die Schränkung ist der gerade Teil der Profilunterseiten!
Flügel
x_VK y_VK z_VK Tiefe twist Profil
0,0000 0,0000 0,0000 0,2200 0,0° AG35
0,0034 0,3930 0,0000 0,2080 0,0° AG36
0,0146 0,7400 0,0603 0,1680 -0,5° AG37
0,0342 0,9975 0,1483 0,0980 0,0° AG38
Die V-Stellung ist dann 10° im ersten Knick und nochmal 10° dazu im zweiten auf 20° für den Aussenflügel. Analog die Geometrie von Höhen- und Seitenleitwerk, wieder alles in Metern:
Höhenleitwerk
x_VK y_VK z_VK Tiefe
0,0000 0,0000 0,0000 0,1000
0,0240 0,2360 0,0000 0,0600
Seitenleitwerk
x_VK y_VK z_VK Tiefe
0,0096 0,0000 0,0000 0,0900
0,0000 0,0000 0,0340 0,1140
0,0216 0,0000 0,2700 0,0600
Hoffentlich war das jetzt nicht zu viel der Information und einigermassen verständlich bzw. hilfreich.
Viele Grüße,
Benjamin
PS: Im Sinne des Open Sorce Gedanken sind hier die AVL Dateien:
Anhang anzeigen res2.txt
Anhang anzeigen res_b40.txt
res2.txt bitte umbennen in res2.avl, res_b40.txt ist das case file für den hier gezeigten Kurvenflug Fall