MODELLFLUG UND LUFTFAHRTGESCHICHTE

MODELLFLUG UND LUFTFAHRTGESCHICHTE

MODELLPROJEKTE HISTORISCHER SEGELFLUGZEUGE

DRESDEN DB 2 „DORIS" DRESDEN DB 10

Warum soll man sich immer nur in üblichen modellfliegerischen Themen bewegen. Der Blick darüber hinaus eröffnet manchmal Erstaunliches. Zum Beispiel in unserem Fall der luftfahrthistorische Vorgang des erfolgreichen Übergangs vom Modellflug zum bemannten Segelflug. Seit Da Vinci war Jahrhunderte lang Flugmodellbau und Modellflug Grundlagenforschung zum Ziel des Menschenfluges. Dies war der Anlass, die noch bekannten Vorbilder desjenigen Flugtechnischen Vereins, der diese Entwicklung 1920 angestoßen hat, sozusagen mit unseren Mitteln als Gedenk-Projekte nacherlebbar zu machen und damit das Verschweigen dieses einstmals so erfolgreichen Modell - und Segelflugvereins zu beenden.

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SÄCHSISCHE LUFTFAHRTGESCHICHTE TRIFFT AUF GEGENWART
DRESDEN D-B 2 „DORIS"
Baujahr 1921/22
Flugtechnischer Verein der TH Dresden
Modell:
Spannweite 3,20 m
Gewicht: 4,5 kg
D-B = Dresdner Baumuster
Besonderheit:
Steuerung der Längsachse nicht durch Querruder sondern durch Verdrehen der Tragflächen wie beim Original

Zur Geschichte:
Nach der Jahrhundertwende vor dem 1 .Weltkrieg galt der motorlose Flug nach O. Lilienthal als zu riskant und unsicher. Die Entwicklung des Flugwesens konzentrierte sich bis Ende des Krieges vorwiegend auf den möglichst kraftvollen Motorflug.
Infolge des Flugverbotes für Motorflug in Deutschland als Folge des 1 .Weltkrieges wendete sich vor allem die flugsportbegeisterte Jugend wieder dem Modellflug und dem motorlosen Gleitflug nach 0. Lilienthal zu.
Der „Flugtechnische Verein der TH Dresden" wurde ca.1914 gegründet und bestand ab 1924 als Dresdner AKAFLIEG bis 1933. Damals war schon wie seit L. da Vinci Flugmodellbau und Modellflug ausschließlich Grundlagenforschung zur Vision des Menschenfluges. Dieser Verein war nach dem 1. Weltkrieg der erfolgreichste und aktivste der deutschen Modellflug - Vereine und erhielt deshalb deren Präsidium im Jahre 1920. 1924 erfolgte als Zweigverein die Gründung der Dresdner AKAFLIEG, die den jährlichen Bau eines neuen Fluggerätes vorantrieb, von der DB 1 (Dresdner Baumuster) „Stehaufchen“ bis zur DB 10 als krönendes Projekt eines Hochleistungsseglers (Streckenweltrekord 1935) für die zunehmend hochrangigen Rhön - Wettbewerbe. Wegen politischer Aversionen löste sich der Verein 1933 sehr plötzlich auf und die Mitglieder zerstreuten sich in alle Richtungen. Dies hatte zur Folge ‚ das dann die im 3. Reich politisch aktive Segelflieger - Gemeinde ein weitgehendes Verschweigen des ehemals so erfolgreichen Dresdner Vereines praktizierten, welches bis heute fortgewirkt hat und dieses Stück sächsische Luftfahrt - Geschichte mit seinen studentischen Meisterleistungen in Vergessenheit geraten ist.
Mit dem Modell-Nachbau der Dresdner Segelflugzeuge möchten wir an dieses Stück sächsische Luftfahrtgeschichte erinnern. Da das Ziel nicht Scale - Wettbewerbe sind und Stilbruch zu unserer Gegenwart gehört, betreiben wir diese Modelle auch mit modernem E-Antrieb. Denn nur so ist im Flachland eine sichere Vorführung in Bodennähe möglich.
Die Dresdner Doris ist auch als Modell-Nachbau im Flugverhalten so kipplig und unruhig wie die Originale dieser Zeit. Windenhochstart und Flugzeugschlepp war noch längst nicht erfunden und mit den frühen Segelflugzeugen nicht möglich.
Deren Aufgabe war zunächst, an einem geeigneten Berghang (Rhönwettbewerb auf der Wasserkuppe, Vereins-Fluggelände am Geising im Erzgebirge) so lang und weit wie möglich gegen den Wind gerade aus zu gleiten nach einem Start mit einem Gummiseil und einer großen Startmannschaft. Zu der damals noch geringen Erfahrung in Konstruktion und Bau von Gleitflugzeugen kam noch das Transportproblem mit Pferdefuhrwerk und Eisenbahn, deren preisgünstigstes Sperrgut-Maß war 4,5 Meter. Das erzwang die gedrungenen Maße der frühen Segler mit meist zu geringen Hebelkräften. Außerdem wurden die Tragflächen mit sehr hohen und stark gewölbten Profilen für geringstmögliche Fluggeschwindigkeit ausgelegt wegen erhoffter besserer Überlebens-Chancen bei den ständigen Bruchlandungen und Abstürzen. Denn genau wegen dieser geringen Fluggeschwindigkeit war es hochriskant, in den Rückenwindkurs zu geraten, viele stürzten dann zu Boden wie ein Stein. Bei den Modell-Nachbauten solcher historischen Segler verwenden wir heute tunlichst nicht die Original-Profile sondern moderne mit besserer Penetration. Das verlängert das Leben wenigstens unserer Modelle doch etwas.
Vor allem in der Pionierzeit der Fliegerei jedoch flog der Tod immer mit. Selbst zur Weihe des Denkmals 1924 für die vielen toten Flieger auf der Wasserkuppe, dem Berg der Segelflieger, konnten mehrere tausend Besucher bei Starkwind auch tödliche Abstürze bestaunen.

Der als Modellflugverein seit ca 1914 organisierte Flugtechnische Verein Dresden als Inhaber des deutschen Präsidiums war Initiator des 1 .Gleit-und Segelflugwettbewerbes 1920 auf der Wasserkuppe gemeinsam mit Oskar Ursinus mit einem Aufruf in dessen Zeitschrift „Flugsport" im März 1920. Civilingenjeur Ursinus, genannt „Rhönvater" war gebürtig in Weißenfels, studierte am Technikum Mittweida, war Konstrukteur des 1. deutschen Großfluggerätes des 1. Weltkrieges und einer der umtriebigsten Geister des aufkommenden deutschen Flugwesens.
Nachdem der FTV Dresden zum 1. Rhönwettbewerb 1920 voll mit Präsidiumsaufgaben und noch ohne eigenes Fluggerät auf dem Berg der Segelflieger war, konstruierte und baute man für 1921 den sehr erfolgreichen Schulgleiter D-B1 „Dresdner Stehaufchen".
Für 1922 obsiegte dann der Wunsch nach einem Leistungssegler. Es entstand 1921/22 die „Dresdner Doris", nach dem Namen der Freundin einer der Konstrukteure. Ebenfalls erstellt von Studenten und Mentoren der Technischen Hochschule. Der Erstflug zur „Rhön" 1922 endete jedoch mit Bruchlandung. Die flugtechnischen Erkenntnisse waren zu der Zeit noch nicht ausgereift. Ein zwar geniales aber ungewohntes Steuersystem war die Ursache.
Erstflüge sind immer unberechenbar. Nach der Reparatur flog die Doris auf dem Vereinsgelände am Geising doch noch zufriedenstellend. Überliefert ist auch, dass die Dresdner ihre älteren Segler mit Motoren nachrüsteten und als Motorsegler flogen. Das dürfte etwa so wie unser Motorbetrieb der Doris ausgesehen haben.
Der von den Dresdnern initiierte Segelflug-Rhönwettbewerb entwickelte sich zum bekanntesten europäischen Segelfliegertreffen). Die flugtechnischen und aerodynamischen Erkenntnisse des Segelfluges beeinflussten den Weg zur modernen Verkehrsluftfahrt bis heute.
1920-2020 100 Jahre Dresdner Aufruf zum 1. Gleit-und Segelflugtreffen auf dem Berg der Segelflieger.

DRESDEN D-B 10
Baujahr 1931/32 AKAFLIEG TH DRESDEN
für die Segelflug - Rhönwettbewerbe
Modell:
Spannweite: 5m, ca. 8 kg, Rumpf: Holzspanten‚ Leistenkonstruktion: Sperrholzbeplankung
Flügel: HoIm-Rippenbauweise, Sperrholzbeplankung
Bespannung Antik-Gewebe
Zur Geschichte des Originals:
letztes Projekt der historischen Akaflieg Dresden vor ihrer Auflösung 1933.
Die Parameter des Leistungssegelfluges sind hier dem Stand der 30ger Jahre zukunftsweisend umgesetzt:
hohe Flügelstreckung mit aerodynamisch ausgebildeten Flügel-Rumpf-Übergang, große Leitwerks-Hebelarme, trotz Vollholz-Bauweise extreme Festigkeit, vollverkleidete Kabinenhaube, ein entwickeltes Tragflächen-Profil für großen Geschwindigkeitsbereich und bestes Gleiten (Gleitzahl 30), abwerfbares Fahrwerk für komfortablen Start des schweren Seglers—bis auf eine aerodynamische Todsünde; der klobige Kastenrumpf. Mit soetwas konnte man sich damals eigentlich nicht mehr sehen lassen. Der Flügel jedoch ist umso hochwertiger - genau das aber sorgt für das charismatische Erscheinungsbild des Flugzeugs. Dessen Leistungsfähigkeit bewies vor allem der Schulleiter des Deutschen Luftsportverbandes in Dresden, Otto Bräutigam nach 1933 mit bemerkenswerten Strecken-Flügen und 1935 mit dem Weltrekord von 504 km von der Wasserkuppe nach Brünn im Gruppen-Streckenflug als erster gelandeter Segler.
Beim direkten Flugvergleich der Modelle Dresdner Doris und Dresden DB 10 ist deutlich zu erkennen, welche Entwicklung der Segelflug zwischen 1922 und 1932 genommen hat, da die Flugeigenschaften der Originale in etwa auch bei den Modell-Nachbauten zu beobachten sind. Gegenüber des etwas kippeligen, unruhigen und windanfälligen Fluges der Doris liegt die DB 10 viel ruhiger und ausgeglichener in der Luft. Deren wesentlich bessere Gleitzahl bringt viel längere Flugzeiten, vor allem auch wegen des besseren Annehmens von thermischen Aufwinden. Hier kann das Konzept der Doris natürlich noch nicht mithalten.

April 2018 A. Lorenz Erksdorf

Flugvideos gibt es auf dem YouTube Kanal: Zeit Flug Dresden DB10

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Weitere Historische Quelle:

Buchtitel: "Segelflug erobert die Welt" von Georg Brütting, Erstauflage erschienen 1940,
Zeitzeugenbericht: "Der Anfang einer Weltbewegung - Der Weg zur Rhön" Erich Meyer Dresden
 

SZD 22 Mucha

User gesperrt
Hast Du auch einen Namen,

Hast Du auch einen Namen,

....ein sehr schöner Beitrag,

Korrektur, der besseren Lesbarkeit wegen :

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Olaf
 
Hallo hallo ja hab ich andi aus radeberg.... wir befassen uns in einer IG mit regionaler luftfahrthistorie in sachsen, das ist ein sehr umfangreiches thema... zu zeit auch mit retromodellen aus ddr zeit...im bestand sind zur zeit 12 originalmodelle zwischen 1956 und 1987...leider bin ich nicht sehr computerfirm....das holpert alles noch sehr...bestgruss andi
 

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