Erste eigene Leitwerksauslegung, neues Flugverhalten richtig interpretiert?

Hallo Zusammen,
ich habe für den 3D Druck Flieger Easymax einen neuen Rumpf und Leitwerk (V) in Holzbauweise mit Oracover Bespannung erstellt um die Landungen weniger bruchanfällig zu gestalten. Soweit, so erfolgreich. Da ich beim selbst-auslegen von Fliegern jedoch Anfänger bin, hätte ich gerne mal gefragt ob meine Eindrücke richtig sind.

Erkenntnis 1: Mit original Rumpf und LW war er extrem gutmütig beim überziehen. Irgendwann ging er beim aushungern in einen Sackflug über, der aber mit Querrudern immer noch kontrollierbar war. Mit dem neuen Rumpf und Leitwerk lässt er sich soweit aushungern bis er einfach über eine Seite abkippt. Ich hätte gesagt das liegt an einem höheren max. Höhenruderausschlag bzw. entsprechende Wirksamkeit?

Erkenntnis 2: Lässt man ihn deutlich Fahrt aufnehmen, beginnt er ab einer bestimmten Geschwindigkeit um die Hochachse zu pendeln. Nicht unkontrollierbar, aber deutlich. Hier vermute ich meine extrem vereinfachte V-Leitwerkskonstruktion, ich habe als Leitwerk einfach 3mm Balsaholz genommen so wie es bei meinem meistgenutzten Querruder-Hangsegler vor etlichen Jahren gelöst war - Ridge Runt falls ihn jemand kennt. Dort war das kein Problem, war allerdings auch keine Rakete. Ich schätze die fängt dabei das Flattern an oder gibt es andere mögliche Ursachen?
Wenn dem so ist, hätte ich in Version 2 ein vollsymetrisches Profil gewählt und die Rippen mit 1,5mm Balsa beplankt - sollte dann verwindungssteifer sein denke ich.
 
Leitwerksauslegung

Leitwerksauslegung

Ich habe mich immer an eine Faustregel gehalten. Der Öffnungswinkel soll 110 Grad sein und die Draufsicht soll der Größe eines Normalleitwerks entsprechen. Hier gilt bei normalen Hebelverhältnissen ein Leitwerksinhalt von 10 bis 12 % der Flügelfläche. Eine gesunde Profildicke beim Leitwerk ist sehr oft um 2 % dünner als das Flächenprofil. Verwinden soll es sich allerdings auch nicht. Brettleitwerke kann man ja mit 25 Gramm Glas beschichten und dies diagonal.
 
Ich habe die projezierte Leitwerksfläche 1:1 vom Original übernommen, daraus hat sich auch der aktuelle Winkel von 112° ergeben. Der Abstand Tragfläche-Leitwerk ist ebenso unverändert. Die 110-120° habe ich auch mit anderen V-Leitwerken verglichen und als üblich beurteilt. Daher meine Idee mit dem flattern :confused:

Eine gesunde Profildicke beim Leitwerk ist sehr oft um 2 % dünner als das Flächenprofil.

Gemessen in % wie man sie am Tragflügel verwendet oder absolut? Also wenn die Tragfläche 10% Dicke hat das LW 8%?
 
Für einen stabilen Sackflug brauchst du ein dann immer noch gut wirksames Seitenleitwerk. V-Leitwerke sind im Spurhalten generell nicht so wirksam wie ein Kreuz; da muss man einfach Abstriche machen (oder mehr Reserven vorsehen). Kommt noch dazu, dass die Anströmrichtung im Sackflug auf die einzelnen Leitwerksflächen zumindest problematisch ist. (Ein reines Seitenleitwerk wird immer noch sauber von vorne angeströmt, wenn auch vom Rumpf abgeschattet. Die Flächen des V-Leitwerks haben hohen Anstellwinkel und je nach dem abgerissene Strömung.)

Die Regel mit der projizierten Fläche ist nicht verkehrt, sagt aber im Detail nicht alles. Genau betrachtet nimmt die Wirksamkeit einer LW-Fläche mit cos^2 ab, die projizierte Fläche ist eine cos^1 Kompensation.

Pendeln ist oft ein Hinweis auf Überstabilität (Starkes Rückführmoment, aber schwache Dämpfung). Tritt gerne bei gepfeilten Flächengeometrien auf. Ungünstige Massenverteilung (schwere Aussenflügel) können auch einen Beitrag leisten. 3D Druck ist da generell nicht unbedingt vorteilhaft.
 
Da werdet ihr wohl recht haben mit der Leitwerksgröße. Das Original kommt auf ein Leitwerksvolumen von 0,4, mein Eigenbau mit V auf 0,32 laut XFLR. Wie gesagt ausgelegt was es auf gleiche proj. Spannweite. Als Größenordnung zum Vergleich hätte einem wohl die Reduktion auf 80% zu denken geben können.
Dann wird es wohl im ersten Versuch ein etwas größeres Leitwerk werden. Dumm das dabei der Schwerpunkt bei gleichem Stabilitätsmaß noch weiter nach hinten rutscht, hab jetzt schon Blei im Heck..
 
Um das Thema ordentlich abzuschließen, hier meine Ergebnisse mit dem V-Leitwerk "v2".
Statt dem 3mm Balsa Brett ist es jetzt ein etwas größeres Leitwerk mit NACA0007 Profil. Beplankt mit 1,5mm Balsa, Rippen, Nasenleiste, Randbogen und Ruder sind aus ABS gedruckt. Die Ruder sind mit einem 0,8mm Draht in einer Hohlkehle gelagert statt wie davor mit Tesa angeschlagen. Das ganze ist immer noch leichter als voll-3D Druck a-la 3D LabPrint.
Da ist jetzt nichts mehr labrig wie mit dem 3mm Brett, dank NACA0007 ist das jetzt bocksteif. Schlagunempfindlich ist es sowieso.

Flugergebnis: Der Schnellflug ist jetzt pendelfrei, ich behaupte mal der trat davor durch die Weichheit auf. Das Überziehverhalten war bei gleichen Ruderausschlägen wie bei "v1", jedoch haben sich die Ausschläge bei dem Testflug als jenseits allen guten herausgestellt. Mit denen konnte man den Flieger mit Lichtgeschwindigkeit 90° um die Querachse umlenken. Nachdem ich die Ausschläge um 40% reduziert habe fliegt er jetzt manierlich und kontrollierbar.

Fazit: Finger weg von Brettleitwerken, sofern es nicht etwas werden soll das ausschließlich langsam geflogen wird. :p
 
Deinen letzten Satz würde ich gar nicht unterschreiben wollen. Ich habe schon erfolgreich schnelle Modelle mit Brettleitwerk gebaut, ohne Flattern, mit exaktem Steuerverhalten, ohne Strömungsabrisse. Das geht schon... Muss aber natürlich nicht überall zum Ziel führen. Das ist schon klar.

Gruß Mirko
 
Sehe ich ähnlich, das Brettleitwerk muss kein Problem sein, aber steif sollte es natürlich sein, da taugt die v1 mit 3mm Balsabrett eher nicht und kann durchaus verantwortlich sein für die beschriebenen Probleme.

Dann viel Spaß mit dem "neuen" Flieger!
 
Ansicht hell / dunkel umschalten
Oben Unten