Hallo,
ist hier zwar die Rubrik Fesselflug, aber Jugendgewinnung zählt für Modellflug allgemein.
Und es sollte auch nicht nur um Jugendgewinnung gehen - oft sind es auch Ältere, die in der Jugend Modell fliegen wollten, nie dazu kamen und jetzt, Kinder aus dem Haus oder gar schon in Rente, die Zeit dazu hätten.
Jugendgewinnung ist ein Thema für sich, mit vielen Facetten.
Leider wird dieses Thema meist viel zu oberflächlich behandelt.
Viele reden davon, aber nur mit Reden ist es nicht getan. Damit muss man sich, auch auseinander setzten (mit dem Thema UND den Jugendlichen/Anfängern).
Das braucht vor allem Zeit und Einsatz von engagierten Modellflieger Kollegen.
Wir machen bei uns im Vereins schon seit vielen Jahren Kinderferienprogramm. Immer am ersten Wochenende der Schulferien.
Als Programm bieten wir Lehrer/Schülerfliegen und Basteln.
Wir stellen vom Verein 8 Lehrer/Schüler Piloten mit 8 L/S Anlagen und 8 L/S tauglichen Modellen und eine Gruppenbetreuung und Hilfe beim Basteln.
Gebastelt wurde schon Balsa Gleiter, Raketen mit Brennstoffpatronen und seit 2 Jahren Wasserraketen ( ich hätte ich nicht gedacht, das die so ein Hit werden).
Dazu nehmen wir max. 16 Kinder an. Diese werden aufgeteilt in 2 Gruppen. Die Kinder sind meist so zwischen 10 und 14 Jahren alt, inzwischen auch viele Mädchen, wobei das Interesse am Modellbau bei den Jungs aber wohl doch stärker ausgeprägt ist.
Eine Gruppe mit 8 Kindern geht auf den Platz zum Fliegen, die andere Gruppe in die Hütte zum Basteln.
Fluggruppe: bekommt in der Gruppe eine kurze, einfache (wirklich sehr einfache) Einweisung ins Fliegen(nix mit Aerodynamik, Strömung und Auftrieb) - warum ein Flieger fliegt, wie der gesteuert wird mit dem Hauptaugenmerk - auf sich zu fliegen. ca.10Min.
Danach kommt je 1 Kind zu einem L/S Piloten - und ab in die Luft.
Beim Ferienprogramm fliegt jedes der teilnehmenden Kinder sicherlich 15-30 Minuten an einer L/S Anlage.
Bastelgruppe: baut die Wasserraketen. Wenn die fertig sind, machen wir eine kurze Pause, die L/S Piloten können sich bisschen erholen, wir lassen die ersten Wasserraketen fliegen und es gibt etwas zum Futtern.
Nach der Pause werden die Gruppen getauscht.
Nachdem auch die zweite Gruppe durch ist gibt es noch mal ein allgemeines, großes Wasserraketen fliegen. Da ist immer ganz schön was los.
Erfolgsquote - die ist sehr gering, aber vorhanden.
Man muss man aber auch ein paar andere Punkte sehen und mit bedenken.
1.) Computer, Internet, Handy ( der Tod des Hobbys)
Das sind einfache Optionen, die heutzutage jeder Jugendlich in der Regel nutzen kann und ohne grossen Aufwand sich damit beschäftigen kann.
- da muss er nix planen, vorbereiten, jemanden fragen oder gar einen Fremden um Hilfe bitten. Einschalten – Spaß und/oder Unterhaltung haben – ausschalten – fertig.
2.) Sport
Wird von manchen Kindern auch noch gemacht.
- dafür muss auch jede Woche Zeit eingeplant werden.
3.) Die Ausrüstung
Fernsteuerung, Flieger und das ganze Zeugs drum herum.
Das ist die wohl grösste Hobbybremse, aber auch mit dem größten Optimierungspotential.
- da muss man dann auch mal an die Eltern denken. Viele Kinder haben vielfältige Interessen. Wenn sich aber ein Elternteil überlegen muss, eben mal kurz 300-500€ in die Hand zu nehmen und für eines seiner Kinder auszugeben ( bei einem zweiten Kind muss man dann ja auch was tun.... ) und das ganze Equipment liegt nach einem halben Jahr in der Ecke, weil Filius keine Lust mehr hat, dann ist das Thema oft schon erledigt.
Das sind sicherlich Überlegungen, die bei den Eltern stattfinden.
Dann noch manche Modellflugkollegen, die aus ihrer Sicht ja nur das Beste für den Anfänger wollen.
Aber solche Beratungen wie - nix Gebrauchtem kaufen – mit 500- 600 € ist man dabei, sonst ist doch alles nur Schrott, kein China Billig Zeugs - taugt nicht und man kauft zweimal, Segler oder Motorflieger - und dann im Detail die Fachbegriffe - wieviel Kanäle, welche Ausstattung, Mischer, Ladegerät, 3 oder 4S Akku…
Für die Eltern alles böhmische Dörfer – klingt verflixt kompliziert – ob das was für das Kind ist, wenn man selbst wie ein begossener Pudel da steht und nix verstanden hat.
Damit wird nicht unbedingt der Weg zum Hobby geebnet – eher Steine in den Weg gelegt.
Dabei kann ein etwas erfahrener Modellflieger und nicht der Papa oder die Mama gerade mit gebrauchter Ausstattung die finanzielle Grenze enorm nach unten drücken.
Ich geh da inzwischen sogar bisschen in Vorleistung. Wenn ich irgendwo einen geeigneten günstigen Sender oder Flieger sehe, kauf ich den, leg den in den Hobbyraum – der nächste Jugendliche ist sicher glücklicher kurzfristig einen eigenen Flieger zu bekommen.
Und für den allerersten Anfang reicht ein eigener Flieger – geflogen wird mit der L/S Anlage.
Da hält sich die Einstiegsinvestition noch in einem überschaubaren Rahmen.
Dann ist schon mal eine Zeitspanne von ein paar Wochen abgedeckt und man kann evtl. schon erkennen, ob es wirklich Interesse oder nur ein Strohfeuer ist.
4.) Die Entwicklung eines Jugendlichen
- das ist einfach so - die entwickeln sich noch weiter, wenn die erst 10 oder 11 Jahre alt sind.
Lasst die mal 14/15 und die Hormone aktiv werden - da kann Modellflug einfach abstinken.
Das ist aber die normale Entwicklung - war bei mir nicht anderst - mit 9 angefangen, war ich Feuer und Flamme, bis 14 - die erste Freundin, Mofa, Moped (sind heute kaum noch oder fast nicht mehr verbreitet), Führerschein, das erste Auto/Motorrad - kurz, bis 22 war mir Modellbau sowas von schnuppe... danach ging es erst wieder weiter...
Keine Regel ohne Ausnahme - es gibt auch die Jugendlichen, die über diese ganze Phase dem Modellbau treu bleiben.
- sitzt aber erstmal mal der Modellbau Virus drin, kommt der im späteren Lebensweg oft wieder zum Ausbruch.
5.) Wenn sich beim Ferienprogramm Interesse entwickelt, dann geht der eigentliche Aufwand erst los - dazu muss man bereit sein und auch Modellfliegerkollegen haben, die mithelfen, sich mit den Jugendlichen weiterhin auseinander zu setzten und mit L/S Fliegen weiterhin zu unterstützen.
Weiter sollte man bedenken – wir sind für die Anfänger ganz am Anfang alles Fremde, da gibt es mal mehr, mal weniger Hemmschwellen um nach Hilfe zu fragen. Es liegt an uns, auf die Anfänger einzugehen.
In den letzten 3 Jahren hatten wir ganze 2 Jugendliche, die aus dem Ferienprogramm heraus aktiv angefangen haben.
Beide sind erst nach dem 2ten Jahr Ferienprogramm richtig eingestiegen.
Wobei der Erste inzwischen 16 ist und sich wohl in seiner "normalen" Entwicklungsphase befindet. Abwarten, in 5-10 Jahren wird sich zeigen, ob der Virus noch wirkt...
Dann gibt es noch mehr als genug andere Probleme, die das Leben für einen Anfänger nicht gerade leichter machen.
Das Mode Problem und keine Kompatibilität zwischen den Herstellern.
Ist der passende Lehrer Pilot nicht da, kann nicht geflogen werden.
Wenn ein Anfänger auf den Platz kommt, sollte er auch fliegen können.
Wir haben inzwischen einen L/S Anlage mit passendem Modell immer vor Ort, eingestellt auf den bei uns überwiegend verwendeten Mode und können damit Jugendliche und auch ältere Interessierte spätestens nach der Ladezeit für den Akku sofort fliegen lassen.
Das hat uns in den letzten auch neue Mitglieder gebracht.
Mal sehen wie es weitergeht…
Und ich hab keinen Schimmer, wie viele Stunden meine Kollegen und ich in letzten Jahren L/S geflogen sind, manchmal das eigene Modell gar nicht ausgeladen. Es waren aber sehr viele Stunden. Das hat aber auch Freude gemacht, die Entwicklung zu verfolgen, die ersten Flüge ohne Einzugreifen, der erste Start, die erste eigene Landung und dann der erste Flug ohne die Sicherheit des Lehrersenders.
Aber dafür muss man etwas tun. Und es entstehen trotzdem keine „Zustürme“ an neuen Mitgliedern.
Gruss Klaus
puh - das wurde jetzt aber lang - aber das ist so wie mit den Anfängern - es brauch Einsatz und Zeit...