Liebe Freunde der Bristol M1,
nach langen Wehen, vielem Fluchen, gelegentlicher Freude in der Werkstatt, aber immer mit wohlwollendem, erfreutem Auge auf dieses wunderschöne Flugzeug: heute war Erstflug!
Und er war schlicht und einfach perfekt!
Das hätte ich nicht erwartet, waren doch auf der Zielgerade noch etliche Detailprobleme zu lösen, nicht zuletzt die korrekte Schwerpunktlage. Dazu später mehr.
Zunächst: ich hatte ja berichtet, dass ich eine Möglichkeit gefunden hatte, die Flug- und Landebänder nicht verlöten zu müssen, sondern mittels zweier Reeves Gabelköpfe aneinander zu schrauben. Das sah elegant aus! Allerdings riss beim ersten Erstflugversuch bereits - gottseidank - beim Zusammenbauen als Spannung auf die Geschichte kam, eine Bohrung aus, was mich dazu bewog, alle Verbindungen mit Hartlot zu sichern. So bin ich wenigstens nicht davon abhängig gewesen, eine Hartlötung quasi mehr oder minder stumpf zwischen Schraube und Stahlband herzustellen, die ja wohl alsbald bruchgefährdet sein würde, schon beim Transport.
Der erste Erstflug fand also gar nicht erst statt, ich hing in der Sonne rum und wartete auf die Gelegenheit, meinen Lärmpass zu bekommen, also wenigsten war der Tag und schon gar nicht der Aufbau des Modells am Platz für die Katz gewesen!
Aber heute dann der zweite Anlauf. Die Bänder sitzen perfekt und sind nun auch sicher haltbar! Sie sehen einfach viel besser aus als Seile, und außerdem machen sie im Speedflug schöne Pfeiftöne - wie beim Original in Old Warden.
Nach beherztem Anrollen liess ich das Gas stehen, und alsbald erhob sich das Hinterteil der eleganten Dame, worauf sie kurz danach in ihr Element stieg. Etwas Tief-Trimm war notwendig, und nach drei, vier bangen Runden - immerhin stecken vier lange Jahre Arbeit in dem Flugzeug - begann der Spaß!
Dank des vielfach diskutierten und mehrfach ausgewogenen Schwerpunkts liegt sie ausgezeichnet an allen Rudern.
Also auf Höhe und aushungern. Keinerlei zickige Tendenzen die Dame! Dann erste Landung einleiten. Sie landete wie ein Stück Butter, was heißt, dass sie so präzise zu fliegen ist, dass die Räder erst mal das Gras für zwei, drei Meter streicheln, bevor der Auftrieb keine Lust mehr hat, und sich die Fuhre ins Fahrwerk setzt. So soll das sein, es sieht scale und toll aus und macht einfach richtig, richtig Freude.
Nach einem gründlichen Check trat nur ein Scharnierdraht einer der beiden Rumpfklappen (unter der der RC Schalter liegt) unliebsam in Erscheinung, wurde kurzerhand mit einem Klebeband gesichert und auf ging's zum zweiten Flug. Jetzt durfte die Dame auch mal richtig flott in Aktion treten. Der ZG 80 ist noch nicht eingelaufen, aber das Flugbild ist wirklich identisch mit dem der Originalmaschine von Shuttleworth, inklusive dem Singen der Flächenbänder! Das ist scale pur und erwärmt das Herz!
Die zweite und alle anderen Landungen des Tages zeigten, dass die erste Butterlandung kein Zufall gewesen war. Jetzt kann ich sagen: alle Mühe hat sich sehr gelohnt! Es ist ein ganz besonderes Flugzeug mit einem ganz besonderen Flugbild, und es macht Riesenspaß, sie zu fliegen!
Noch ein Wort zum Schwerpunkt. Ich hatte nach ersten Schätzungen Sorge, dass viel Blei an den Kopfspant geschraubt werden müsse, was dann auch so gewesen wäre, wenn ich den vorderen der drei Vorschläge im Plan genommen hätte. Ich bekam aber vom Profi die Einschätzung, dass aufgrund der Flügelgeometrie (und die ist ja der eigentliche Hammer an dieser Maschine!) der Schwerpunkt sicher weiter hinten liegen könne. Also machte ich gleich Nägel mit Köpfen und wog die Kiste nochmal deutlich hinter der hinteren Schwerpunktangabe aus. Sowohl der einschlägige Excel File wie auch zur Kontrolle das elektronische XiCoy forderten mich auf, von den ursprünglich 1,6kg Blei gut und gerne rund 800g zu entfernen. Ich nahm erst mal die Hälfte raus, und ich denke, dabei bleibt es auch. Die Maschine fliegt optimal.
Fazit: auch hier ist der angegebene Schwerpunkt viel zu weit vorn! Man würde enorm Flugleistung verschenken, und das Fahrwerk ist bei den Landungen immer stark gefordert.
Die hinterste Schwerpunktlage im Plan ist bei 168mm hinter Nasenleiste angegeben. Ich liege jetzt bei 210mm!
Leider gibt es (noch) keine Flugfotos und/oder -filme. Spätestens beim Oldtimerflugtag in Bad Langensalza wird sich das ändern!
Viele Grüße!
Tilman