ABER: Ich habe die Felgen der Corsair aus GT Pro gedruckt.das Design sieht keine Kugellager vor. Passiert ist folgendes: Die Felge hat sich nach nur 10 Metern auf der Startbahn um den Stift des Fahrwerks aufgelöst/ist geschmolzen ob wohl das schön leichtgängig war. Aus dieser Erfahrung heraus habe ich nunb so meine Zweifel an der Hitzebeständigkeit dieses Materieals. Das müsste sich nach nur 10 Metern auf jenseits der 150 Grad erhitzt haben, damit das passiert.
Die Corsair hob dann ab, das Rad rollte weiter. Die Bauchlandung hat sie nicht überlebt.
Dieser Bericht hat mich jetzt denn doch veranlasst, mal einen kleinen Test zu starten:
Ich habe Druckteile aus GTpro, PLA, PETG, TPU und ABS auf ein Backblech gelegt und im Ofen erstmal eine Stunde auf 120°C aufgeheizt (nur um sicher zu sein, dass auch alle Teile durchgängig auf Zieltemperatur kommen). Ergebnis:
PLA und PETG haben bereits vor Erreichen der 100°-Marke begonnen, sich zu verformen. Bei 120° war ihre Konsistenz ähnlich Kaugummi bei Zimmertemperatur.
ABS hat etwas länger durchgehalten, war dann aber bei 120° auch schon "gut knetbar".
TPU war von 120° noch weitgehend unbeeindruckt - das kann aber täuschen, da das Material ja eh weicher ist.
GTpro hielt seine Form absolut getreu bei. ABER wenn man dran rumgebogen hat, stellte man fest, dass die Layerhaftung, die bei GTpro ja eh der Schwachpunkt Nr. 1 ist, sich deutlich verschlechtert hatte. Beim Biegen im 90°-Winkel zur Layerebene waren sehr leicht Teile abzubrechen.
Als nächstes habe ich die Temperatur auf 150° hochgeregelt und wieder eine Stunde da belassen. Das ABS musste vorher noch raus, das fing nämlich an, meinen Ofen vollzustinken. Danach präsentierte sich folgendes Bild:
PLA und PETG waren komplett dickflüssig zusammengeschmolzen, sah aus wie Camembert in der Sonne (was ja nun niemanden wundern wird).
TPU und GTpro zeigten ein ähnliches Verhalten: Beide hatten ihre Form in keiner Weise verändert, aber die Layerhaftung war komplett im Bobbes. GTpro ließ sich einfach aufbröseln, als wäre die einzelnen Layer mit einem Prittstift verklebt; bei TPU war es nicht gaaanz so schlimm, aber auch da ließen sich die Teile zwischen den Layern mit den Fingern auseinanderreißen.
Als Fazit würde ich sagen:
Wir können wohl bei 3D-Drucken die Glasübergangstemperatur nicht als Anhaltspunkt für alle Aspekte der Temperaturbeständigkeit nehmen. Bei PLA, ABS und PETG funktioniert das zwar offensichtlich - die Teile haben sich beim Hitzetest praktisch genauso verhalten, wie sich Spritzgussteile verhalten würden. Bei TPU und GTpro dagegen zeigt sich, dass die Formbeständigkeit zwar erhalten bleibt (Drucklast mag ich da mangels spezifischer Testmöglichkeit einfach mal weitgehend einschließen), aber die Materialintegrität eines 3D-Drucks mit der eines dimensional gleichen, aber tatsächlich massiven (i.e. gegossenen) Teils absolut nicht zu vergleichen ist.
Im Umkehrschluss dürfte das bedeuten, dass man für GTpro bei Teilen, deren mechanische Belastung bei der Benutzung nicht irgendwie "kinetisch" (also reibend etc.) ist, durchaus die angegebene Temperaturfestigkeit für bare Münze nehmen kann. Der Motorspant aus GTpro dürfte also auch weiterhin kein Problem sein. Bei Erhitzung durch (oder im Zusammenspiel mit) Reibung dagegen wird GTpro nicht einfach weich wie andere Kunststoffe, sondern erstmal bröselig in der Layerhaftung.
Das soll nicht die (ganze) Erklärung sein, dass die Felge der Corsair sich nach 10m Rollen selbständig gemacht hat. Da können ja durchaus noch andere Faktoren mitgespielt haben. Aber zumindest ziehe ich daraus den Schluss, dass GTpro für Räder (ohne Kugellager) wohl so oder so ziemlich schlecht geeignet ist. Was man ja auch nicht vergessen darf: Hier hat sich das Rad beim Start verabschiedet, nicht etwa bei der Landung. Vergleicht man damit die typische Belastung bei der Landung, sieht es da ja eher noch deutlich kritischer aus.
Tschöö
Stephan