Hallo, liebe 80A-Interessierten,
ich möchte euch über Ostern mit ein paar geschichtlichen Hintergründen zur 80A versorgen.
Die von mir für den Nachbau ausgewählte Variante ...
"hat eine erfüllte und vielfältige Laufbahn hinter sich – vom Luxusliner zum Arbeitspferd, vom Schwergewichtstransporter in der Wildnis von Alaska zum Schrott auf einer Müllhalde. Es wurde von dort durch einen Sammler antiker Flugzeuge 1960 gerettet, der erkannte, daß sein Status sich im Laufe der Zeit von einem nutzlosen Stück Müll zu einem wertvollen Gegenstand verändert hatte. – ein Juwel auf dem Schrottplatz."
Es ist die "80A-1".
"Das Modell 80 von Boeing wurde 1928 eingeführt und im regulären Flugbetrieb bis 1934 eingesetzt. Dann wurde es von einem neuen Boeingmodell ersetzt. Es wurde von einem führenden Flugzeughersteller – der Boeing Airplane Company aus Seattle, Washington – hergestellt, exklusiv für eine einzige Fluglinie, die Boeing Air Transport System, eine Tochtergesellschaft des Herstellers. Eigentlich wirkte sie veraltet, weil es ein Doppeldecker war, in der Zeit als die anderen führenden Flugzeuge, die dreimotorigen Ford und Fokker, Eindecker waren.
Obwohl sie nur an eine Fluggesellschaft verkauft wurde und nur auf einer Strecke, San Francisco-Chicago, eingesetzt wurde, war die 80´er bedeutend, weil sie der erste dreimotorige amerikanische Transporter war, der als solcher entwickelt und schließlich auch gebaut wurde. Es war auch der erste amerikanische Transporter, der als Dreisitzer entwickelt wurde – zwei Sitze auf einer Seite des Ganges und einer auf der anderen.
Auch wurde das Modell 80 nicht in der üblichen Art und Weise entwickelt – also etwas neues und besseres zu entwickeln als das, was in Gebrauch ist, und dann nach Käufern zu suchen. Das Modell 80 wurde von der Boeing Airplane Company im Hinblick auf ein bereits vorgegebenes Ziel entwickelt: Den erhöhten Bedarf an Passagierplatz auf der Strecke der Boeing Air Transport System zu befriedigen."
/.../
"Ein einfacher Weg, ein neues Passagierflugzeug zu entwickeln, war, einen bereits existierenden Armeebomber zu einem Passagierflugzeug umzubauen, wie es Curtiss mit seinem B-2 „Condor“-Bomber machte. Boing verfügte aber über keinen Bomber, den man hätte umbauen können. Daher wurde eine vollkommene Neukonstruktion in Angriff genommen. Das hatte außerdem den Vorteil, dass die Nachteile, die sich durch einen Umbau ergaben, nicht in Kauf genommen werden mussten."
/.../
"Das erwähnenswerteste Merkmal des Modell 80 im Vergleich zu anderen Doppeldeckern war, daß der Rumpf den Freiraum zwischen der oberen und unteren Tragfläche komplett ausfüllte. Dies war ein Vorteil einer kompletten Neuentwicklung gegenüber einem umgebauten Bomber: Ein tieferer Rumpf gab den Passagieren mehr Kopffreiheit.
Jedoch schien die Verwendung von zwei Tragflächen zu dieser Zeit ein Rückschritt in die Vergangenheit zu sein. Aerodynamisch effizientere Eindecker waren seit Lindberghs berühmten Flug vom Mai 1927 stark im kommen, und auch die zwei zu dieser Zeit führenden dreimotorigen Transporter, beide von 1925, waren Eindecker.
Boeing hatte aber seine Gründe. Die geringere Geschwindigkeit eines Doppeldeckers gegenüber einem Eindecker gleicher Leistung war kein Nachteil auf einer Strecke, auf der es keinen Wettbewerb mit anderen Fluggesellschaften gab. Ein Doppeldecker hatte bestimmte Vorteile auf der Strecke von San Francisco nach Chicago. Ein Großteil der Strecke führte über bergiges Gelände, wo die Notlandeplätze klein waren und sogar größere Plätze wie Rock Springs oder Cheyenne, Wyoming auf Höhen zwischen 6000 und 7000 Fuß lagen. Die schnelleren Eindecker waren hier im Nachteil, so daß Boeings scheinbarer Rückschritt unter diesen Umständen ein Schritt in die richtige Richtung war.
Die Entwicklung des Modell 80 für 12 Passagiere, bestückt mit den 410 PS starken „Wasp“-Motoren, begann Ende 1927, und das erste von vier Exemplaren wurde ab August 1928 im Linienbetrieb eingesetzt. Obwohl sie von Boeing für Boeing gebaut wurden, und von keiner anderen Gesellschaft benutzt wurden, wurden sie zu einem Preis von 75.000 US-$ beworben.
Das Modell 80 war so erfolgreich, dass Boeing die Arbeit an 12 weiterentwickelten Modellen, der 80A, aufnahm. Diese wurden mit neuen 525 PS starken „Hornet“-Motoren von Pratt & Whitney bestückt und erhöhten die Passagierzahl auf 18. Die weiterentwickelte Struktur und die stärkeren Motoren erhöhten den Preis einer 80A auf 93.819 US-$.
Eine 80A wurde, in Anlehnung an die Tradition der Piloten der alten Riege, die „den Flugwind fühlen“ wollten, mit einem offenen Cockpit anstelle der normalen geschlossenen Kabine fertiggestellt, wurde aber bald in ein Standardmodell mit geschlossenem Cockpit umgebaut. Eine andere 80A, eine Deluxe-Ausführung, speziell für die Chefs der Standard Oil Company of California hergestellt, hatte so viel zusätzliche Ausstattung, dass sie eine eigene Modellnummer, 226, bekam.
Obwohl es keine spektakulären Auftritte oder irgendwelche berühmten Flüge machte, hat das Modell 80A eine einzigartige Bedeutung in der Luftfahrtgeschichte. Am 15. Mai 1930 führte Boeing Stewardessen auf dieser Maschine ein. Andere Gesellschaften hatten gelegentlich auch schon männliche Stewards als Flugbegleiter in den größeren Transportern, aber die heutzutage übliche Stewardeß nahm ihren Anfang in der Boeing 80A vor über einem halben Jahrhundert."
(Quelle: Auszüge aus "Flying the Boeing Model 80", Peter M. Bowers, Museum of Flight, Seattle". Ins Deutsche privat übersetzt.)
Viele Grüße, bis zum nächsten Bauabschnitt,
Gerhard.