Warum braucht ein Impeller so viel mehr Leistung als ein Propeller?

Hallo,

ich mache mir nach wie vor grundlegende Gedanken über den Bau einer Tupolev TU-134. Zum Erforschen ihres Flugverhaltens plane ich vorerst einen zirca 800 g schweren Versuchsträger mit Druckpropeller am Heck. Mein 80 W-Brushless-Motor mit 500 g Standschub dürfte für nen Airliner ja ausreichend sein (Schub/Gewicht = 0,625).

Ich befürchte ja, dass Triebwerke am Heck, negative V-Stellung und starke Pfeilung ohnehin unfliegbar werden. Aber im Original klappt es ja komischerweise auch.

Sollte das doch vielversprechend enden, so würde mich natürlich ein vorzeigbares Modell der Tupolev mit Impellerantrieben reizen. Nun hab ich mir auf Empfehlung hier im Forum die Zeitung "FMT-extra - Impeller" zugelegt. Da steht so einiges wichtiges drin. Dennoch bleibt eine Frage:

Warum braucht ein Impeller so viel mehr Leistung als ein Propeller für den gleichen Schub? Ist das immer so, oder gibt es Einsatzgebiete, in denen der Impeller besser da steht? Kann mir einer das physikalisch erklären? Eigentlich sind ummantelte Propeller doch im Wirkungsgrad höher. Liegt es an der hohen Strahgeschwindigkeit? Aber warum? Impuls ist doch da.

Vielen dank schonmal.

Grüße, Chris
 
Hi !

Mit dem Impeller liegst Du von der Strahlgeschwindigkeit her immer weit über der optimalen Geschwindigkeit Deines Modells. Also verbläst Du einen Großteil der zur Verfügung stehenden Energie nutzlos.

Macht also eigentlich nur bei sehr flotten Modellen Sinn - wir Impellerflieger leben notgedrungen mit einem gewissen Kompromiss.

Gruss
Hans-Willi
 
Hi,
Die Gesetze der Aerodynamik lassen sich nicht nach Belieben von manntragenden Flugzeugen auf Modelle skalieren. Modelle benötigen relativ zur Modellgröße viel größere Propellerkreise als die Originale.

Ansonsten ist Propellergröße eine Auslegungssache zur Geschwindigkeit des Modells. Wo z.B. ein 600gr 3D Modell mit 10" fliegt (=schubstark), hat ein gleich schweres Speedmodell vielleicht nur einen 4-5" Prop bei 4-facher Drehzahl (=Strahlgeschwindigkeit).
Impeller sind ähnlich, sie müssen fehlende Fläche durch höhere Strahlgeschwindigkeit ausgleichen. Das lohnt sich eben nur nur für schnelle Modelle. Für langsame Airliner, Bomber, Transporter und ähnliche sind daher Modellimpeller die schlechteste Wahl bezüglich des Gesamtwirkungsgrads. Wenn es irgendwie geht, versuche einen größtmöglichen Impeller einzubauen (Durchmesser, nicht Leistung), auch wenn man bezüglich Maßstäblichkeit mit den Zähnen knirscht...

Claus
 

freudi

User
Hallo,

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Ich befürchte ja, dass Triebwerke am Heck, negative V-Stellung und starke Pfeilung ohnehin unfliegbar werden. Aber im Original klappt es ja komischerweise auch.

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Vielen dank schonmal.

Grüße, Chris

Hy Chris,
die negative V-Form ist bei der TU-134 so gering das man sie beim Modell sicher vernachlässigen kann.
Das Vorbild hat auch auf der Flächenoberseite mehr negative V-Form als auf der Unterseite.
Mein Vorschlag: Flächen-Unterseite gerade Flächen-Oberseite negative V-Form.
Das mit den Düsen am Heck sollte kein Problem sein, jeder Learjet hat das so und es funktioniert. (EWD und Sturz alles 0° )
 
Hallo,

vielen Dank für die schnellen Antworten. Das Impeller für schnelle Modelle mehr Sinn machen, sieht man ja oftmals. Rein von Gefühl her, macht das auch Sinn. Aber rechnerisch?

Ich hab mal ein wenig recherchiert und bin dabei auf ein paar ganz nette Gleichung der Propellertheorie gestoßen. Im Stand ist das Quadrat der Geschwindigkeitsänderung am Propeller ebenso wie das Quadrat des Propellerdurchmessers proportional zum Schub. Somit verhalten sich im Stand bei konstantem Schub die Geschwindigkeitsänderung proportional zum Propellerduchmesser. Sprich: Wenn ich den Rotordurchmesser halbiere muss ich die Geschwindigkeitsänderung am Propeller verdoppeln um den gleichen Schub zu produzieren.

Die Leistung hingegen ist proportional zum Schub aber auch der Strahlgeschwindigkeit. Und genau da liegt die Lösung. Eine hohe Strahgeschwindigkeit bei gleichem Schub ist immer mit einem Mehraufwand an Leistung verbunden.

Gerade im Standschub schneidet der Impeller somit immer schlechter als der große Propeller ab. Dies ändert sich formal auch bei gößeren Geschwindigkeiten nicht, verbessert sich jedoch merklich.

Aber warum tendiert man bei schnelleren Modellen immer zu kleineren Propellern? Liegt das einzig und allein an der Blatzspitzenumfangsgeschwindigkeit, die nicht zu groß werden sollte. Oder gibt es da noch andere Gründe?

Eben diese würden ja dann ganz klar für den Impeller sprechen, auch wenn er viel Leistung frisst.

Vielen Dank für die Antworten.

Grüße, Chris

PS: Vielen Dank für die Hinweise betreffs der Tupolev. Ich werde es ausprobieren und sehen, ob es fliegbar ist.
 
Aber warum tendiert man bei schnelleren Modellen immer zu kleineren Propellern? Liegt das einzig und allein an der Blatzspitzenumfangsgeschwindigkeit, die nicht zu groß werden sollte. Oder gibt es da noch andere Gründe?

Eben diese würden ja dann ganz klar für den Impeller sprechen, auch wenn er viel Leistung frisst.
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Naja,

der Trick bei der Nummer ist, die Strahlgeschwindigkeit des Antriebs in die Nähe des Geschwindigkeitsbereich des Modells zu bringen.

Dazu benötigt man bei schnellen Modellen wenig Durchmesser aber viel Steigung und Drehzahl. Das führt schon dazu, dass die Propeller an diesen Modellen recht klein sind. Das ist natürlich immer ein Kompromiss zwischen Standschub und Strahlgeschwindigkeit.

Bei den Impellern wird die Strahlgeschwindigkeit so hoch, dass wir je nach Modell (und eine TU-134 gehört auch dazu) viel zu viel Strahlgeschindigkeit haben und das Modell nie in den Bereich kommt, dass wir von dieser profitieren könnten.

Also verschenken wir (bewußt) einen Großteil der Leistung, die normalerweise mit einem vernünftig auf die Geschwindigkeit angepassten Propeller möglich wäre.

Aber Ok, da ein Jet mit Propeller nicht so toll aussieht (und wir sind ja schließlich Ästheten) ist uns das egal und wir leben damit, dass wir in einen Impellerantrieb ungleich mehr Leistung rein stecken müssen...



Gruss
Hans-Willi
 
Die Frage lautet ja: Warum sind schnelle Modelle schnell?

Weil sie wenig Querschnittsfläche und Reibung, und damit wenig Luftwiderstand haben, in Relation zu ihrer Antriebsleistung. Sie benötigen wenig F bei viel v. Ein dicker Flieger braucht viel F um mäßiges v zu erreichen.
Gemäß P = F * v (Leistung = Kraft * Geschwindigkeit) ist im Stand die tatsächliche Leistung auf das Modell immer = 0, der Wirkungsgrad = 0. Somit sind Abhängigkeiten "X Leistung bringt Y Standschub" praktisch wertlos. Erst mit zunehmender Geschwindigkeit nimmt das Modell tatsächlich mechanische Leistung auf. Somit nimmt der Gesamtwirkungsgrad in Richtung Endgeschwindigkeit immer weiter zu. Erreicht das Modell nicht die für den Antrieb optimale Geschwindigkeit, bleibt der Wirkungsgrad immer unter den Möglichkeiten.

Da nun der Wirkungsgrad eines bestimmten Props nur für bestimmte Schub/Geschwindigkeits-Verhältnisse optimal ist:
- zu großer Prop Durchmesser bei ausreichend Steigung und Drehzahl: schnell genug fürs Modell, aber zieht im Stand übermässig viel Eingangsleistung (die nicht in mechanische Leistung aufs Modell übertragen wird)
- zu kleiner Prop: Modell zu langsam, weil der Luftwiderstand für die gewünschte v nicht überwunden werden kann. Man kann nun im Dickschiff mit Impeller die fehlende Kraft begrenzt durch Strahlgeschwindigkeit ersetzen (höhere Steigung + Drehzahl), fährt den Antrieb dann aber bei einem miserablem aerodynamischen Gesamtwirkungsgrad.

Claus
 
Um noch was hinterherzuschieben, bevor die erhobenen Zeigefinger kommen:

Ich habe bewusst unterschlagen, daß das Modell bei Beschleunigung ja auch Leistung aufnimmt und in Form kinetischer Energie speichert. Das spielt aber für die Auslegung auf Endgeschwindigkeit keine Rolle, und würde die Rechnung unnötig verkomplizieren. Ich habe oben nur den statischen Arbeitspunkt bei konstanter Geschwindigkeit betrachtet.
Will man die gegebene Antriebsleistung gut in Beschleunigungsleistung (P = m*a*v) umsetzen, muss man a erhöhen. Da F=m*a, brauche ich nun wieder hohes F und muss den Antrieb erst recht kraftstark auslegen und P=F*v zugunsten von F verschieben. Wieder ein Minus für den Impeller.
 

Eci

User
Noch mal zum Thema Pfeilung, Hecktriebwerke, negative V-Form:
Norbert Rauch hat die ähnlich ausgelegte Tu-154 gebaut und fliegt sie offensichtlich ohne Probleme, wie man an den Fotos auf seiner Homepage sieht.
 
Hallo nochmal,

vielen Dank für die weiteren Antworten. Das klingt alles sehr logisch und der Kreis schließt sich so langsam in meinem Kopf. Ehrlich gesagt, muss ich da nochmal in einer ruhigen Minute genauer drüber nachddenken.

Das mit der Flugstabilität der TU ist so ne Sache. Das es funktioniert, sieht man ja am Original. Aber warum? Wo liegen die Grenzen. Ich möchte nicht ein Modell genau nach dem Original bauen, was dann aber im Maßstab 1:20 völlig unfliegbar ist. Daher werde ich mich wohl erst mal theorietisch und mit einfachen Versuchsmodellen der Sache nähern. Es eilt ja nicht. Ich lese nebenbei ein feines Buch "Fundamentals of Aerodynamics" von John D. Anderson, in der Hoffnung mir damit ein feines Rechenwerkzeug basteln zu können. Ich bin erst beim ersten Drittel des Buches und befürchte, dass ich kaum so viel Zeit haben werde, um das Ganze umzusetzen.

Grüße, Chris
 
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