Hallo Siggi,
Dein Schweigen zur Sache lässt mich irgendwie hoffen, ich könnte mit dem gebauten Flügel und den angesprochenen Veränderungen (stabilere Steckung)doch noch ein brauchbares gerät erzeugen.
Du wirst mit der Versteifung der Flügelmitte die Schwingungskatastrophe hinauszögern, das Wippen aber wird Dir erhalten bleiben. Die Verbindung aus hoher Streckung, geringer Pfeilung, MH-45 samt hoher Massenkonzentration nah an der Querachse (kurzer Rumpf, geringe Pfeilung) verursacht die Probleme.
Zur Auslegung: ich habe versucht, die Original-Umrisse zu verwenden, das ergibt für den Graupner-Rumpf 3,1m Spannweite. Außerdem habe ich die Auslegng des CO5 übernommen, weil mir der von Größe und Pfeilung am Ähnlichsten schien (MH45, 1,5° Schränkung). Steckung war der 8mm Stahlstift, der wohl bei Graupner verwendet wurde.
Gibt es eine Möglichkeit, diesen Flügel zu retten?
Das Wippen ist im Kern ein Nickdämpfungsproblem: Die einmal angeregte Schwingung wird gerade bei hochgestreckten Flügeln aerodynamisch nur wenig gedämpft, zudem durch den ausgeprägten Auftriebsanstieg infolge von Böen etc. sehr leicht angefacht. Was ist Dir passiert? Den Motor musstest Du nicht wegen des Wippens abschalten, sondern weil Du in die 1. Grundschwingung Deines Flügels reingeraten bist. Das war der HJUsche "Riesenhuber"
- nur dank Motor eben im freien Flug.
Das Wippen hat Dich lediglich in die Lage versetzt, allein durch Einschalten des Antriebs sofort in diese 1. Grundschwingung des Flügels zu geraten. Aber der Auslöser der nahezu sofortigen Resonanzkatastrophe ist einzig und allein die unzureichende Systemsteifigkeit! Ein ganz massiver Mittenverbinder wird das lösen, aber am Wippen wird sich nur wenig ändern. Du hast ganz klar zwei Probleme: Wippen UND zu weichen Flügel.
Wippen & Flügelschwingung
Das Thema ist unangenehm, weil es sich nicht mit einer geschlossenen Theorie erschlagen lässt. Aber da ich selbst drei notorisch wippende Pfeile gebaut habe, hier ein paar Hinweise auf Baustellen, an denen man schrauben kann:
- Massenverteilung über Längachse (Rumpf): Das Massenträgheitsmoment um die Querachse zu erhöhen senkt die Wippfrequenz dramatisch ab, möglicherweise in den erträglichen Bereich. Bau Akku und Motor so weit auseinander wie möglich - was der Rumpf hergibt.
- Massenverteilung über Spannweite (Flügel): Experimente mit verschiedenen Zusatzgewichten beeinflussen Deine Eigenfrequenzen im Flügel. Damit kannst Du Eigenfrequenz und Wippfrequenz so auseinanderlegen, dass Du trotz Wippen den Motor einschalten kannst, ohne dass es sofort in einer Resonanzkatastrophe endet.
- Momentenanstieg: Wir haben uns daran gewöhnt, dass cm=const mit alpha sein möge, aber in der Praxis haut das gerade bei unseren niedrigen Re-Zahlen nicht hin. Das MH-45 ist da leider ein etwas empfindlicherer Zeitgenosse und bei 3,1m und relativ originalem Maßstab kann Deine Flügeltiefe für dieses Profil bei der Streckung nur zu gering sein. Eine Lösung wäre Re-Zahl erhöhen über höheres Fluggewicht, ein zweiter Ansatz wären Experimente mit Turbulatoren, um das anstellwinkelabhängige Momentenverhalten zu verändern.
Aus meiner eigenen Erfahrung heraus kann ich nur sagen, dass Du beim Wippen etwas auf verlorenem Posten bist: Wenn ein Modell sich entschieden hat zu wippen, kannst Du es im besten Fall etwas beeinflussen, aber loswerden wirst Du es nicht. Nicht in diesem Leben. Als beste Waffe hat sich die Massenverteilung erwiesen und in dem Rahmen kann man sehr viel tun - sofern es die Statik hergibt.
Turbulatoren wären zumindest am Außenflügel mal zu testen, denn das MH-45 ist auf niedrigere Re-Zahlen leider nicht so gut zu sprechen, man kommt instationär schon bei 150.000 in unterkritische Umströmung und genau das ist ein wichtiger Faktor beim Wippen. Das Profil reagiert wie jedes unterkritisch betriebene Profil mit einem starken negativen Momentenbeiwert - dummerweise in der Abnickphase! Der Effekt verstärkt ganz extrem das Wippen. In Deinem speziellen Fall mit MH-45 und zu hoher Streckung ist ein Versuch mit Turbulatoren auf der Oberseite sinnvoll, bei überkritisch wippenden Nurflügeln dagegen nahezu sinnlos. Die Sprünge im Momentenbeiwert zwischen unter- und überkritischer Profilumströmung sind immens.
Wenn Turbulatoren es nicht bringen, bringt es eine rauhe Flügeloberfläche. Das ist die letzte, aber auch wirkungsvollste Variante und zwar weil sie die aerodynamische Güte versaut. Aerodynamische Güte versauen heißt zugleich Dämpfung einbauen. Eine mega-heftig rauhe Oberfläche ist die letzte Maßnahme vor der Mülltonne, die erprobenswert ist. Die Leistungen sind damit im schnelleren Gleiten natürlich richtig im Keller, aber wenigstens wippt man nicht.
Geben ist seliger denn Nehmen: Leistung zu verschenken!
Wenn Du in dem Spannweitenbereich eine Semi-Scale SB-13 bauen willst, wird das immer ein Spiel mit dem Feuer sein: Die Re-Zahl ist so knapp bemessen, dass lediglich abgefeimte oder endgültig ätzende Profile samt koddriger Oberfläche infrage kommen - oder eben völlig atypische Steifigkeiten und Gewichte. Leistungsverweigerung bei Profil und Oberfläche bedeutet in diesem Rahmen zugleich Chance auf Wippfreiheit. Ansonsten stehen leider Pfeilung, Streckung, Profilierung, Gewicht und Knubbelrumpf in einem so fürchterlich ungünstigen Verhältnis, dass Wippen zum Tagesgeschäft gehören wird.
Stichwort Knubbelrumpf: Kabinenhaube und Spalte abkleben kann erhebliche Konsequenzen haben, was das Nickverhalten angeht, das sind bösartige Druckbrücken. Das allein könnte ein Teil Deines Problems sein. Zackenbandversuche (0,5mm) sind hier nicht verkehrt...
Klarer Fall: 3m ist nicht 5m!
Steves SB-13 hat durch die Größe mit 5m komplett andere Verhältnisse was Masse, Trägheit, Dämpfung, Re-Zahl und Eigenfrequenzen angeht. Daher ist die Problemstellung eine andere. Siehe sein Hinweis auf negative V-Form usw. That's it! Deswegen würde ich einer Verkleinerung auf 4m eher skeptisch entgegen sehen. Das hat leider durchaus Potential, komplett in die Hose zu gehen...
Der Umbau
Der Umbau Deiner Flügelsteckung wird das Modell fliegbar machen. Du kannst danach sicherlich den E-Antrieb anschalten. Das Wippen allerdings wird bleiben. Bevor Du den Flügel dann endgültig wegwirfst, bügel bitte zum Abschluss grobe Gewebe-Bügelfolie auf. Oder auch Seide, GFK. Dann Finger weg! Wehe Du schleifst, lackierst, machst irgendwas glatter, als es rauh ist! Geh mit dem Teil im Rohzustand raus und flieg das mal. Du wirst die Kiste nicht wiedererkennen und erahnen, wie abgrundtief schlecht man ein Profil designen oder wenigstens bauen muss, um eine wirklich gut fliegende Semi-Scale SB-13 mit 3m Spannweite zu haben.
Das Wort zum Sonntag
Wer bei einer 3m SB-13 nach gewohnten Leistungsprinzipien denkt, plant und baut, hat schon verloren. Das beste Profil, die spiegelglatteste Oberfläche und der hübscheste Cockpitausbau werden bis zum jüngsten Gericht vor sich hinwippen, dass es eine wahre Pracht ist. Bleibt nur zu hoffen, dass Pilotenpuppen nicht kotzen können. Sonst stürzt man noch deutlich vor dem jüngsten Gericht ab - wegen überraschend heftiger Korrision in der RC-Elektronik...
Siggi