Rezension: Modell-Magazin online. Ein Traum wird wahr?
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am 14.12.2011 um 22:09 (8737 Hits)
So lange, wie es RC-Network gibt, wird immer mal wieder über das für und wider von online- und Printmagazinen diskutiert. Der Neckar-Verlag ist da jetzt einen Schritt weiter: er bietet beides.
Dass Printmedien online verfügbar gemacht werden, ist zwar keine ganz neue Idee, aber für unsere Fachmagazine hatte ich das bisher noch nicht gesehen. Und da seit heute mit der Modell 1/2012 offiziell beide Versionen verfügbar sind, drängt es sich geradezu auf, die alten Argumente zu überprüfen - zumal inhaltliche Aspekte außen vor bleiben können, denn da gibt es bei den beiden keinen Unterschied.
Die aktuelle Modell 1/2012 kann bei KEOSK.DE abgerufen werden. Für PC und Notebooks gibt es eine Flash-Version, Besitzer von iPhone & iPad können sich eine passende App herunterladen. Aber zum mobilen Lesevergnügen komme ich noch.
Zurück zu den angesprochenen Diskussionen. Ein Argument für Print-Magazine war immer das entspanntere Lesen, im Sinne von Schriftklarheit und -Schärfe, Qualität der Bilder etc.
Nun, diese Überlegungen sind teilweise weitaus älter als mein Monitor. Zumindest bei meinem mittelpreisigen LCD-19-Zöller kann ich dieses Argument ad acta legen. Zwar ist zufällig auch noch der Keosk-Holzhintergrund optisch fast identisch mit meinem Schreibtisch, aber daran liegt es nicht- beide Magazine sind in den Abmessungen praktisch gleich groß, und die Unterschiede in Schärfe und Lesbarkeit sind marginal. Einzig die Bilder gefallen mir in der Print-Ausgabe ein klein wenig besser. Auch das Blättern ist fast die gleiche Handbewegung..
Ein Argument wiederum für online-Magazine sind die Hyperlinks. Ich habe mich immer gefragt, wie sinnvoll es ist, Webadressen auf Papier zu drucken: man kann so oft drauftippen wie man will, es tut sich nichts. Oder tippt die wirklich jemand ab?
Das ist bei der online-Version der Modell anders: sie hat die gleichen Anzeigen wie die gedruckte Ausgabe, aber wenn man sie anklickt, geht in einem neuen Tab die Webseite des Anbieters auf. Zumindest bei den meisten Anzeigen. Noch besser wäre natürlich die direkte Verlinkung auf Produkte zumindest in den Anzeigen, die mehrere Produkte auflisten - aber das kommt bestimmt noch.
Auch Weblinks im Text funktionieren. Sehr praktisch.
Ein weiteres Argument für alles, was auf dem Computer vorliegt, ist die Suchfunktion. Die bietet die online-Version der Modell, auch wenn sie noch etwas merkwürdige Ergebnisse liefert. So führt die Suche nach "Amigo" mit nur einem Treffer auf eine Anzeige, obwohl der Amigo IV ein Titelthema ist. In diesem Zusammenhang wird es auch interessant sein, ob und wie Abonnenten später einmal Stichworte über mehrere Ausgaben hinweg suchen können.
Etwas komplexer ist das Argument, dass online-Magazine nicht den klassischen Beschränkungen hinsichtlich Format, Seitenzahl und Textmenge unterliegen, die nun mal für Print typisch sind. Das sollte in diesem Fall für die online-Version genauso gelten, da sie ja den selben Inhalt hat wie das Heft.. stimmt aber nicht!
Auf den bebilderten Artikelseiten gibt es ein kleines Kamera-Icon. Klickt man es an, geht eine Galerie mit einer ganzen Menge zusätzlicher Bildern auf, die es nicht in die Print-Ausgabe geschafft haben, online aber abgerufen werden können. Und zwar richtig schön groß - ein dicker Pluspunkt!
Von solchen Icons gibt es noch mehr, sei es für Internetlinks, Zusatzinformationen (PDF), direkten Einkauf oder Videos.
Überhaupt, Videos!
Hier spielt die online-Version ihre Trumpfkarte aus. Keine DVD mehr in den Recorder stecken und mit der Fernbedienung den passenden Beitrag suchen. Einfach anklicken! Die DVD ist in der online-Version gänzlich überflüssig, weil an passender Stelle nur das Video-Icon angeklickt wird. DAS ist Multimedia, da kommt einem die Print-Ausgabe doch plötzlich etwas ..nun.. eingeschränkt vor
Soweit, so gut.. aber es gibt ja noch dasKillerargument, das irgenwann bei allen Diskussionen zu diesem Thema auftaucht, und auf das die online-Anhänger nie die passende Antwort hatten: "ICH NEHME DOCH MEINEN MONITOR NICHT MIT AUFS KLO!"
Weniger direkt formuliert geht es darum, dass man die Möglichkeit schätzt, seine Lieblingslektüre überall hin mitzunehmen.
Merkt ihr was? In Zeiten von Smartphones und Tablet-PCs löst sich dieses Argument in Luft auf - zumindest, so lange man das Papier einer Print-Ausgabe nicht zu hygienischen Zwecken zu mißbrauchen gedenkt.
Leider, und das kann ich nur dreimal unterstreichen, wird die online-Version nicht für Android angeboten, mein Smartphone bleibt also außen vor. Immerhin konnte ich bei einem Freund einen Blick darauf werfen, wie das auf einem iPhone 4 aussieht, und das verdoppelt mein Bedauern. Die Umsetzung ist wirklich gut.
Der "Traum", auf den ich in der Überschrift anspiele, ist natürlich, überall und wenn es mir gerade passt, in der Modell blättern zu können. Ob jetzt irgendwo unterwegs im Zug oder im Wartezimmer beim Doc - das Smartphone hat man immer dabei, die Zeitschrift nicht unbedingt. Damit ist es erst mal nichts, zumindest für mich. Ich kann nur hoffen, dass es irgendwann auch eine Android-App geben wird, die Flash-Version auf dem Smartphone macht nicht wirklich Spaß.
Aber das gilt natürlich nicht für iPhone-Nutzer.. die können das schon jetzt wirklich genießen. Und falls sie ihr Gerät aus der Hand geben mögen, können sie die neueste Ausgabe sogar am Vereinsstammtisch herumreichen.
Fazit
Für mich ist die online-Ausgabe der Modell schon jetzt praktischer als die Print-Ausgabe, auch, wenn ich nicht über einen Tablet-PC oder ein iPhone verfüge. Klar, eine Android-App würde das noch mal steigern, aber meistenteils lese ich Zeitschriften doch am Schreibtisch. Von der Haptik unterscheiden sich da Online und Print fast nur noch durch die Kopfhaltung, und deswegen sprechen die Vorteile der Verlinkung, der Bildergalerien und vor allem der Videos klar für Online.
Ich bin gespannt darauf, ob und wie sich diese Medienform durchsetzt. Laut Neckar-Verlag werden auch die nächsten beiden Ausgaben der Modell noch noch kostenlos zugänglich sein, wie auch die nächste Elektro-Modell. Das ist mutig, weil die Kiosk-Verkäufe darunter leiden werden, aber vielleicht gewinnt man auf diese Weise auch neue Leser.
Danach werden die bisherigen Abonnenten im Rahmen ihres Abos die online-Ausgabe zusätzlich nutzen können. Ich bin gespannt, ob es dann auch ein Abo nur der online-Ausgabe geben wird; da Druck- und Versandkosten entfallen, müsste die spürbar günstiger angeboten werden können. Dazu gehört auch die Frage der Archivierung: die Hefte kann man im Keller stapeln, ein Download der online-Ausgabe scheint aber (außer bei Besitzern von iWare) nicht vorgesehen. Das wäre kein Problem, so lange man stets auf alle Ausgaben zugreifen kann - aber ob das dauerhaft garantiert wird?
Ich persönlich empfinde es jedenfalls als echte Bereicherung für meinen Medienkonsum und hoffe, dass sich das Konzept durchsetzt. Zumal den Anhängern bedruckten Papiers dabei nichts genommen wird![]()