Restauration und Aufarbeitung einer Frisch BO 209

Restauration und Aufarbeitung einer Frisch BO 209
Was man dabei so alles erleben kann

Thomas Alexander und Oliver Ladach


Aufarbeitung von Dezember 2015 bis April 2016

Im RCN fand ich durch Zufall eine Verkaufsanzeige einer BO 209 von Frisch in ausdrücklich flugfertigem Zustand. Mir gefällt dieses Modell schon seit Anfang an und so nahm ich Kontakt auf. Alles war so schön zu lesen und anhand der Fotos entstand so ein „muß ich haben“-Gefühl. Bald wurde am Telefon mit dem Verkäufer verhandelt und über Details gesprochen – Alles verlief so rund …… Das Modell wurde angezahlt und zu einem späteren Zeitpunkt vor Ort abgeholt.

Zuhause angekommen …..

Die BO stand auf dem Werktisch und wurde einer gründlichen Wartung und Restaurierung unterzogen. Leider war weniger schön, dass ich feststellen musste ein "Crashmodell" für viele Euronen gekauft zu haben. Schon nach Lösen von Teilen der Bespannung bei den Leitwerken sah ich einen kompletten unfachmännisch geflickten Bruch des Höhenleitwerks, welcher nicht wirklich als repariert zu bezeichnen war! Das Seitenleitwerk hatte erheblich gelitten und war an fast allen Klebestellen offen. Leichte Anbrüche am Rumpf, sicherlich durch wirklich viele Flugstunden wurden festgestellt. Die Flächen zeigten nach der Entfernung ihrer Haut (Oracover) viele Flickstellen und Ausbesserungen, die gleich so unfachmännisch wie stümperhaft ausgeführt wurden. Die Elektrik war auf den ersten Blick eher undurchsichtig wie auch mit keinerlei Sachverstand unter Zuhilfenahme von reichlich Heißkleber in das Modell geklatscht. Also im Hinblick der ersten Eindrücke, eine Dauerbaustelle!

Ich habe die entsprechenden Teile fotografiert und habe die Reparaturen und Aufarbeitung komplett dokumentiert. Hier nur ein kleiner Auszug aus dem, was uns zum Teil die Haare zu Berge stehen ließ.


Leitwerke:

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Nach dem Entfernen der Bespannung mit Oracover sah man zunächst nichts wirklich Schönes – Ein kompletter Bruch des HLW war eine Altlast!
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Seitenruder komplett neu verklebt. Ebenso wurde neu gespachtelt, da sehr vieles sehr Unsauber und Wellig war! Auch wurde die Hohlkehlenaufdickung erneuert, da die Alte einfach zu knapp bemessen, unsauber und unrund war!
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Die Leitwerke nach einer gründlichen Bearbeitung mit kleben, schleifen und spachteln (mein Spachtellieferant erfreut sich eines umfangreichen Umsatzes).

Alle Teile des Leitwerks wurden komplett überarbeitet, neu verklebt und verspachtelt. Die Verkastungen an allen Rudern wurden erneuert. Die Scharniere wurden neu gesetzt und ebenso erneuert.

Die Aufarbeitung der Leitwerke konnte somit abgeschlossen und diese zur neuen Bespannung bereitgelegt werden. Nun folgten die Tragflächen und ein leichter Schauder nebst Schüttelfrost vor dem kompletten Entfernen der alten Bespannung überkam mich …


Die Tragflächen

Ja, ich sollte Recht behalten und die anfängliche Vorahnung war begründet. Was ich mit weniger Überraschung zu sehen bekam, war nicht wirklich erfreulich!

Auch die Flächen hatten zumindest einen Anbruch ….. Reparaturversuche der erbärmlichsten Art mit zum Teil haushaltsüblichem Gips als Spachtelmasse und absolut ungeschliffenen Reparaturstellen waren ersichtlich – Was eine Bespannung mit Folie doch so alles verdecken kann!? Zudem waren an einer Flächenseite scheinbar die obere und untere Beplankung nachträglich wegen des Steckungsrohres und eines Problems damit getauscht worden. Ich kann mir hier nicht vorstellen, dass der ehemalige Hersteller solche Flächenteile mit gestückeltem Beplankungsfurnierholz erarbeitet!? Hier mal völlig abgesehen von der absolut schlechten Qualität des Furnierholzes an Flächen und auch Leitwerk!!!

OK, ich musste das irgendwie richten und auf einen guten Stand bringen. Erst wurde mit Schleifpapier und Leiste die Fläche so verschliffen, dass es eine brauchbare und gerade Grundlage gab. Jetzt und nach dem Schleifen sah man erst einmal die wirklichen Reparaturstellen und schlecht verklebten Bruch- und Reparaturstellen.
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Völlig unsachgemäß gemachte Bruch- und Reparaturstellen an einer der Flächenteile (rechte Fläche)
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Nach ablösen der Bespannung - Zum Teil ungeschliffene bzw. schlecht verschliffene Reparaturstellen – Spachtelmasse löste sich in Teilen einfach vom Untergrund ab und war aus einfachem Gips!? (rechte Fläche)
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Auf den ersten Blick OK, ….. aber kaum verschliffen bzw. sehr schlecht verklebte Reparaturstellen (rechte Fläche)

All das was ich zu sehen bekam stimmte mich erheblich Nachdenklich und zeigte mir wieder …. Auf nichts ist Verlass!
Mein Sohn mit inzwischen viel Modellbauerfahrung, war ebenfalls recht schockiert über den Zustand eines Modells, welches als technisch Einwandfrei verkauft wurde.
Wir wären und würden so nicht auf den Modellflugplatz zum Fliegen gehen und schon gar nicht den F-Schleppbetrieb beginnen!!!

OK …. Durchatmen und weitermachen. Nach dem verschleifen und neu verkleben der Bruchstellen mit 24 Stundenharz und Gewebe wurde erneut mit Feinspachtel gearbeitet. Alle entsprechenden Stellen wurden mehrfach neu bezogen und wieder verschliffen. Eine Arbeit für Kollegen, die selbst unter erzieherischen Maßnahmen nicht Brav waren … ;-) Der Staubsauger hatte zumindest mehrfachen Kellereinsatz im wahrsten Sinne seines Namens! Nach den „kleinen“ Leitwerken waren die Flächen und deren Aufarbeitung eine wirkliche Herausforderung, wurden aber gut gemeistert.
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Schleifen und erneut spachteln war angesagt – Wie schon beschrieben, eine wirkliche Spachtelorgie

Nach nun doch einigen Stunden der Spachtel- und Schleifarbeiten waren die Flächen mit ihren Rudern und Klappen wieder bereit, eine neue Bespannung zu bekommen. Wir haben aus Tradition wieder die bewährte Oracover Scale Folie verwendet und aufgebracht.


Der Rumpf und die Anbauteile ……

OK, hier war alles recht einsehbar und zunächst Klar zum Überarbeiten. Doch wie es im Leben so ist kommt beim Öffnen einer Baustelle gleich eine 3te und 4te dazu. Lockere oder unverklebte Leisten und Brettchen bzw. ausgerissene Schrauben einer Servobefestigung veranlassten uns dann doch einen Rundumschlag zu machen und alles erst einmal aus dem Rumpf zu entfernen. Natürlich …. Was auch sonst – Eine komplette Entkernung!

Überraschung!!!!! …… Nein wir hatten es irgendwie im Gefühl – Da waren Verlängerungskabel mit weiteren Verlängerungskabeln und noch weiteren …. Verlängert! Das geht so nicht …. Zumindest nicht wirklich lange und nicht sicher!!!

An der eingebauten Weiche war ein Patchkabel über die Spiral-Schutz-Ummantelung durch scheuern so beschädigt, dass der orangene Impuls-Leiter fast komplett durch war! Hier war der Funktionsausfall des jeweiligen Servos schon 100prozentig vorprogrammiert. Ein schauerlicher Gedanke …. !
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Der Ausfall war voreingestellt … !
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Wir haben dann erst einmal alles ausgebaut und auf den Tisch gelegt, um hier mal eine Sicht der Dinge zu bekommen. Ein Sammelsurium des Grauens, sofern eine dichtere Betrachtung erfolgt!

Der Haufen an linker Seite besteht aus Heißsiegelkleberresten und Spiralschutzmantel in großer Menge.

Es folgen viele völlig unnötige Verlängerungskabel unterschiedlicher Querschnittausführung und verlötete Kabelverbindungen aus unterschiedlichsten Querschnitten zusammengestellt!? Wichtige, um nicht zu sagen lebenswichtige Steckverbindungen wurden mit Panzerklebeband umklebt …… Ein LiPo Akku wurde einfach mit Heißsiegelkleber auf den Rumpfboden geklebt … Aua! Das macht man so nicht wirklich!
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Die Weiche und deren Hauptschalter …..

Hier wurde der Stecker des Schalters einfach per Kleber am Brett verklebt und die Weiche wurde mit Gummitüllen verschraubt, ….. Da ist Logisch! – Die Weiche kann sich bewegen und der Stecker eben nicht! Was passiert? Die elektrische Verbindung leidet und unterbricht. Weiteres möchte ich nicht ausführen.
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Nein, bitte so nicht!!! Der Ausfall ist schon mit eingebaut! Solche Verbindungen waren Standard in diesem Modell ….. Schauerlich – Ein Gruselfilm läuft da in meinem Kopf … !
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Das Seitenruderservo auf einem 3mm Weichholz-Brettchen mit ausgeschlagenen Servoschrauben. Da war nichts mehr wirklich fest! Das Brett wurde komplett entfernt und das Servo wird neu gelagert. In solch einer Grundlage hält kein Servo wirklich fest!
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Auch die Reifen (alle Drei (3)) machen einen Eindruck, dass diese ihr wirkliches Ende der Lebenszeit erreicht haben. Die Lagerung der Achsen war zudem ausgeschlagen!

Die inneren Werte, sprich alle Spanten und Streben des Rumpfes haben wir kontrolliert, neu verklebt bzw. komplett erneuert. Die Kabelverbindungen in die Heckseite haben wir erneuert und in Gewebeschlauch eingezogen. Das Höhenruderservo haben wir ebenso wegen zu viel Spiel erneuert.

Die Aufnahme des HLW wurde neu verklebt, da hier bei genauem Hinsehen ein Riss des Spant´s zu erkennen war. Hier hätte sich demnächst das HLW komplett verabschiedet! Gleich so wurde die Abdeckung aus was auch immer, oder das, was man so nennen darf, erneuert. Sowas ist bei einem solchen schönen Modell ein „no go“! Ein aus leichtem Sperrholz gefertigtes Teil macht da einen wirklichen schöneren Eindruck.

Die Seitenruderachse, also das Achsen-Rohr mit der Verschraubung war aufgerissen. Auch hier einmal NEU!
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Heckteil mit allen Rudern – Neu restauriert, bespannt und angelenkt, mit neuer Abdeckung und neuen Scharnieren

Nun stellte sich heraus, dass auch das Servo für das Bugfahrwerk einen Schaden hat. Es stellte nicht genau zurück und hakte beim Lauf immer wieder an einer bestimmten Stelle. Also raus damit und ein neues Servo rein!

Immer mehr verstärkte sich der Gedanke, dass ein absolutes Fiasko eine wahre Tatsache geworden wäre, sofern wir mit den Modell nach dem Kauf einfach fliegen gegangen wären …… Ich bekomme immer noch eine Gänsehaut!

Nun kamen die elektronischen Bauteile an ihren Platz im Modell. Empfänger, Weiche, Schalter, Kabel, Akku und weiteres wird wieder eingebaut. Der Tank kommt an seinen alten Platz, allerdings auch hier mit neuen Halterungen. Alle Schläuche des Tanks wurden selbstverständlich auch erneuert und gesichert! Im Motorbereich wurden alle Kabel überprüft und gesichert.
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Alles erneuert: Sauber und aufgeräumt sieht es nun aus mit einwandfreien elektrischen Verbindungen
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Neue Kabel und neue Schutzhüllen – Alles neu gesichert und befestigt

…. Und Fertisch! Komisch sieht alles aus als wäre es schon immer so gewesen ;-) Somit können wir diesen Part abschließen!

Nun noch die Tragflächen bespannen. Nach einer Kontrolle der Servos, deren Funktion und der Befestigung, kommt die neue Bespannung aus Oracover Scale!

OK, … nach der Bespannung und Wiedereinbau der Flächenservos, habe ich doch Bedenken mit den „alten“ Servos in der Fläche bekommen. Zuviel Spiel und schlechte Rückstellung bewegten mich hier doch neue Servos zu nehmen. Habe wieder neue HITEC 645MG genommen und eingebaut – Spiel ist keines mehr vorhanden. Also eine richtige und sichere Entscheidung!
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Neue Kabel und Stecker mit Schutzschlauch an den Flächen
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Neue Kennungen an Rumpf und Fläche – Trittschutz auf der Flächeninnenseite …. Wie beim Original
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Auf dem Modellflugplatz vor dem ersten neuen Start nach der Restauration
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…. Und schon in der Luft!

Nach einigen Monaten des wirklichen Kampfes mit den Details und unvorhergesehenen Baustellen am Modell, haben wir mit vereinter Kraft die BO 209 wieder bestens flugfertig gemacht! Es war eine wirklich harte Nummer, wir haben es aber geschafft und sind überglücklich – Sie fliegt und alles funktioniert ohne Probleme! Schon viele Schlepp´s wurden gemacht und alle hatten Freude am schönen Modell!

Notwendige Neuteile waren unter anderem: Mehrere neue Servos – Neue Kabel inklusive Schutzmantel – Neue Stecker – Neue Räder – Neue Scharniere – Neue Folie – Neue Akkus – Neuer Empfänger inkl. Weiche und Schalter – Neue Anlenkungen – Holzteile – Spachtelmasse – Klebstoff – Reinigungsmittel – Putzlappen - Viel Geduld und Zeit – Viel Nerven – Hilfe von Freunden

Danke an ALLE unsere Helfer!

Thomas Alexander Ladach, April 2016/Dezember 2017

<span style="color:#ff0000">Wichtiger Hinweis: Dieser Bericht soll Nichts und Niemanden anklagen oder auch beleidigen! Ich möchte hiermit nur zum Ausdruck bringen, schaut genau hin und lasst euch nichts vormachen – Vertrauen ist Gut und Kontrolle ist besser! Dann klappt’s auch mit vielen erfreulichen Flugstunden mit einem gebrauchten Modell … ;)</span>
 
Hallo, danke für den Bericht. Trotz des anständigen Hinweises am Schluss, von mir die Bemerkung, dass wir es mit einem klassischen Gewährleistungsfall zu tun haben. Ansprüche aud Minderung oder Wandlung bestehen auch bei Gewährleistungsauschluss und bei Kauf von Privat. Wenn man derartige versteckte Mängel findet, sollte man nicht weiter machen sondern den Verkäufer kontaktieren. Oder man schluckt den Ärger herunter und restauriert. Dafür mein Respekt, Stefan
 
Thomas, schön daß Du durchgehalten hast aber wenn man die Bilder so sieht, dann haette ich wahrscheinlich aufgegeben. Eher haette ich von Null auf neu gebaut, denn ein schiff aus dem falschen Fahrwasser holen ist nicht so einfach, grade wenn teilweise auch gewichtbringend repariert bzw versucht wurde. Hoffe Du hast nun Jahrzehnte Freude daran und vergisst die Mühen, aber nicht ganz und beim naechsten mal besser selber bauen ;-)
 
Ganz ehrlich ? Wenn ich in ein Modell reinschaue und so einen Kabelpfusch sehe, dann kann ich davon ausgehen dass der Rest genau so sch....e ist. Bei Selbstabholung kann man sich davon ein schönes Bild machen und die Finger davon lassen...
Gruss Günter
 
Wenn es DAS Traummodell ist ?!

Aber mal im Ernst: Hat der Vorbesitzer das Modell in diesem Zustand selbst geflogen ? Ist er der Erbauer ? Wurde das Modell als Bruchfrei angeboten ?
Oder der Erst- oder n+1.Besitzer ? Waren die Reparaturen stabil ? Eigendlich müßten sie recht ordentlich durchgeführt worden sein, denn sonst hätte die Folie diese Stellen nicht kaschiert....Die Methode durch-oder angebrochene Tragflächen und Höhenleitwerke mit harzgetränkten Kohlefasern zu reparieren galt Ende der 1970er Jahren als gute und richtige Reparaturmethode....Der einzige wirkliche Mangel ist das 1/2 bis 9/10 durchgescheuerte Servokabel, das hätte natürlich schon bei einem Flugversuch reißen können !
Der Verfasser hat aber hervorragende Arbeit geleistet und darf stolz auf sich sein. Aber er sollte den Vorbesitzer nicht verurteilen.
 
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