40 Jahre Brillant - mit kleinem Interview mit Herrn Derschug
Vor drei Tagen erfuhr ich am Hang von einem Modellfliegerkollegen von einem "Brillant-Treffen" in nächster Nähe. Herr Derschug wolle auch kommen, wurde mir mitgeteilt.
Also machte ich mich am 01. Mai auf den Weg zum Hang der Modellfluggruppe Viertäler e.V. Oberdiebach. . Am Nachmittag kam ich dort an und traf rund zwei Dutzend Modellflieger. Auf Nachfrage bei einem befreundetem Kollegen erfuhr ich, dass Herr Derschug seinen Flieger nach einer Außenlandung noch suchen würde... Wie - der alte Hase, der diesen berühmten Brillant V schuf, macht eine Außenlandung? Fand ich schon mal sympathisch!
Als Anhänger der Retro-Gruppe traf ich auf die kleine Ansammlung mit rund einem Dutzend Brillanten. Das war schon recht erfreulich - zumal hier nur Vereine aus der näheren Umgebung informiert worden waren!
Alle Versionen waren vorhanden, angefangen beim klassischen Brillant V mit Angelruten-Heck, über den aus Lieferproblemen entstandenen Voll-GfK Rumpf bis zum Brillant-T mit T-Leitwerk.
1972 wurde der Brillant V in Modell vorgestellt und bald zu einer Legende. Über 20 Jahre lang wurde er verkauft und ging besser als warme Semmeln. Mit 2800 mm Spannweite und einem Gewicht von 1300 g gehörte er zu den Leichtgewichten in seiner Größenklasse. Kombiniert mit dem Profil E385 mod. eroberte er sich seinen Platz unter den Thermik-Fliegern, war auf vielen Wettbewerben auch in angrenzenden Ländern vertreten, manchmal, so Herr Derschug, fast ohne "Konkurrenz".
Zwischenzeitlich war Herr Derschug wieder am Platz eingetroffen, seinen unversehrten Brillant hatte er gefunden. So ergab sich endlich für mich die Möglichkeit, ein paar Fragen zu stellen.
Stefan Hürter: Herr Derschug, was machen Sie heute?
Manfred Derschug: Ich bin Rentner.
SH: ?
MD: Nunja, gelegentlich unterstütze ich in der Schweiz Schulprojekte und bevor ich mich von der Langeweile bedroht fühle, baue ich Brillant-Flächen.
SH: Wie kam es eigentlich damals dazu, Flugmodellbauer zu werden?
MD: Nun, ich hatte schon immer Probleme mit einem "geregeltem" Ablauf. Hier konnte ich mich verwirklichen, hatte meinen Spaß am Bauen und bin viel herumgereist, war auf Wettbewerben und Veranstaltungen und konnte viele Menschen kennenlernen. Häufig war ich in Belgien und in der Schweiz. Und dass ich damals mit dem Brillant-V alles richtig gemacht hatte, sieht man ja heute noch.
SH: Erzählen Sie uns bitte etwas aus der Geschichte des Brillanten?
MD:: Tja, 1972 hatte ich mit dem Brillant V meinen Erfolgsbeginn. Wie man sehen kann, er wird durchaus auch heute noch gerne geflogen. Bis Anfang 1990 gab es eine rege Nachfrage, dann kam der Internethandel und die Auslandsfertigungen. Bis 1995 flaute das Geschäft dann ziemlich ab.
SH: : Es gab da noch einen Brillant III? (Anmerkung: auf Fragen nach I, II und IV wurde irgendwie nicht eingegangen )
MD: Das war der Vorgänger, aus dem der Brillant V entstanden ist. Der Tragflügel hat beim III-er ein E385, beim V-er wurde es modifiziert (er streckte dabei den Arm aus, peilte über den Daumen und bewegte ihn mit einem Lächeln nach unten und oben zeigend hin und her). Spätere Versionen bekamen Drehbremsklappen. Das Modell ist für Zweiachsbetrieb ausgelegt und erfüllt damit am besten die Anforderungen. Ich versuchte es auch noch mit Elektrifizierung, das brachte aber nicht den gewünschten Erfolg.
SH: Ein besonderes Merkmal ist dieser Angelrutenrohr-Rumpf...
MD: Ja, es gab auch eine Zeit, da gab es Lieferschwierigkeiten bei den Angelrutenrohren, da musste ich den Rumpf vollständig aus GfK in der Form machen. Daran hatte ich keine so große Freude...
SH: Gab es noch weitere Flugmodelle aus Ihrer Hand?
MD: Nicht viele. Da gab es noch den Zirkon, sozusagen ein Brillant in Kleinausführung. Dessen Tragflächenprofil wurde vom Brillant V übernommen. Gedacht war er als kleiner, praktischer Urlaubsflieger, der wenig Platz in Anspruch nimmt. Und den Jargon als flotten Hangsegler mit Querrudern.
SH: Was kam nach der Modellflugzeit?
MD: Ich habe meinen Traum in der manntragenden Fliegerei erfüllt. Ich habe Melos, einen Motorsegler, konstruiert und gebaut, der auch von einem Amateur nachbaubar ist. Mit zweigeteiltem Holzflügel, 11 m Spannweite und einem GfK-Rumpf. Der Motor war etwas schwach konzipiert. Als ich mit Zelt, Schlafsack und weiterer Urlaubsausrüstung unterwegs war, gab es durchaus Startprobleme, manche Startbahn war zu kurz und ich brauchte lange, um Höhe zu gewinnen, wenn ich nicht gleich Thermik fand. Das war eine schöne Zeit und ich war viel unterwegs, in Frankreich, Spanien...
SH: Herr Derschug, ich Danke für das Gespräch bis zum nächsten Treff.
Hier war also eine nette kleine Runde in der Ursprungsregion des Brillant zusammengekommen, bestens versorgt mit Kaffee, Kuchen und gekühlten Getränken. Diese waren auch dringend notwendig, wettermäßig hätte man es mit strahlendem Sonnenschein nicht besser treffen können. Der Wind flaute am Nachmittag ab und machte somit Platz für Elektrifizierte. Als er wieder etwas auffrischte, sah man wieder einige Brillanten in der Luft. Kommentiert mit: "Welcher Flieger ist meiner?" - "Weiß ich nicht, ICH habe einen Brillant!". Ein Zwischenfall in der Luft ging glücklich aus, der eine Brillant verlor seine Haube und den Akku, flog danach ein paar Loopings, um unentschlossen trudelnd mit einem Radschlag zu Boden zu kommen. Glücklicherweise ohne weitere Schäden!
Von Kay Saueressig, einem der Initiatoren, habe ich erfahren:
SH: Wie kamt ihr auf die Idee mit dem Brillanten-Treffen:
KS: Ein paar Neulinge haben sich letztes Jahr einen Brillant gekauft - der stammt ja von hier und dann haben wir uns gedacht, die "Jungen" haben solch einen Spaß und Erfolg dabei - Nicht dass wir nicht wüssten, welche Segler heute Stand der Technik sind, aber wir wollen einfach mal sehen, ob in der Region diese alten Kultsegler noch zu finden sind.
SH: Und 40 Jahre Brillant?
KS: Hm, nein - das ist Zufall. Das war uns jetzt nicht bekannt. Aber schön, dann hat das wohl so sein sollen!
SH: War dies das erste Brillant-Treffen und sind Wiederholungen geplant?
KS: Sie sind nicht ausgeschlossen - wir sind zufrieden mit dem Verlauf, es war teils schon anstrengend. Mal schauen, was die Zukunft bringt. Für uns war es die erste Veranstaltung dieser Art.
Es wurde ein klares Fazit (seitens des Veranstalters) gezogen: 25 Piloten im Flugbuch, bis zu 50 Personen (viele Besucher) auf dem Platz. Wenn es viel mehr werden, könnte es eng werden...
Auf Anfrage wird der Brillant V noch geliefert (rohbaufertige Version), Herr Derschug hat allerdings keine E-Mail und ist auch häufig unterwegs!
Stand 2014-05-05:
Manfred Derschug
Gemeindegarten 7
55442 Daxweiler
0160 95 45 35 66
auf dem Handy ggfs öfters probieren. Nicht immer dabei/an...
Anmerkung des Autors: Die Interviews sind keine wörtliche Wiedergaben sondern versuchen, so gut es geht inhaltlich korrekt zu sein.