Wiederverwertung im Modellbau, PET-Flasche als Kabinenhaube

PET-Flasche als Kabinenhaube

Martin Grabmayer


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Der schonende Umgang mit Ressourcen sollte jedem Einzelnen ein wichtiges Anliegen sein.
Oftmals steht man jedoch auch vor der Frage: Was kann ich tun?
Hier ist eine kleine Anregung, was man aus PET-Flaschen machen kann: Modellflugzeugteile!


Ich habe mich mein ganzes Modellbauerleben, also fast 30 Jahre, um das Thema Tiefziehen herumgedrückt.
Zum einen, weil mich die Anschaffung der Ausrüstung abschreckte, zum anderen hätte es in jungen Jahren zu Dissonanzen mit meiner Mutter geführt, wenn ich Ihren Backofen mit Plastik besudelt hätte. Heute möchte ich deswegen keine Verstimmungen mit meiner Frau riskieren. Auch ich kann kochen und backen, aber meine Frau kann das einfach um Welten besser.

Vor einiger Zeit habe ich mich über dieses Thema (nein, nicht die Küche) mit Stephan zu Hohenlohe unterhalten. Dabei erzählte er mir von einem Verfahren, bei dem die Eigenschaft des PET-Materials, bei Hitze zu schrumpfen, ausgenutzt wird.
Bei meinem letzten Bauprojekt, einer A6M Zero Replika aus einer gebrauchten AT-6 Texan von House of Balsa (siehe FlugModell 4+5/2020) konnte ich dem Thema einer Haubenherstellung leider nicht mehr ausweichen, daher fiel mir die Idee wieder ein.


Erste Versuche

Zuerst nahm ich eine leere PET-Flasche und bearbeitete sie mit dem Heißluftfön, um herauszufinden, ob das Material wirklich so gut schrumpft. Und siehe da, die Flasche halbiert etwa ihren Durchmesser und es geht noch weiter.

Als nächstes nahm ich einen einfachen Holzklotz als Form.

Um diesen in die Flasche zu kriegen, schnitt ich die Oberseite der Flasche ab und versuchte die Abformung.
Erste Erkenntnis: Im Prinzip geht es, aber die Schrumpfung erfolgt leider um alle Ausdehnungen im Raum – will heißen, dass die Flasche nicht nur schmaler wird, sondern auch kürzer!

Angespornt von dieser Erfahrung wollte ich aufs Ganze gehen und das Experiment in der Realität ausprobieren.


Das geeignete Material

Auf der Suche nach passenden Rohlingen wurde ich zuerst enttäuscht, da die PET-Mehrwegflaschen zum einen zu viele Kratzer aufweisen, zum anderen ist das Material für mein Vorhaben zu dick.
Die Wanddicken der gängigen Einwegflaschen, beispielsweise für das Mineralwasser vom Discounter, sind wiederum zu dünn, das wäre für die Haube meiner A6M-Replika zu wabbelig.

Mir fiel ein, dass die PET-Flaschen im Ausland teilweise dickwandiger waren, zumindest in meiner Erinnerung. Auf einer Reise in die Schweiz suchte ich einen größeren Supermarkt mit gut sortierter Getränkeabteilung auf und schlenderte mit suchendem Blick an den Regalen vorbei. Immer wieder tastete ich die diversen Getränkeflaschen ab, bis ich bei einem Sixpack Bio-Apfelschorle fündig wurde. Natürlich war dieses Getränk das teuerste im Regal…
Aber Qualität kostet, das Getränk war übrigens vorzüglich.
Wichtig ist auch, dass nicht zu viele Kratzer und Prägungen auf den Flaschen sind. Dagegen sind Einschnürungen in der Regel kein Problem.

Es ist eine schöne Situation, wenn man zusätzlich zum Modellbau auch gleichzeitig etwas Gesundes und Vitaminreiches zu sich nehmen kann! So leerte ich zielstrebig die ersten beiden Rohlinge. Die erste Flasche bereits auf der Heimfahrt, da ich neugierig war und baldmöglichst loslegen wollte.


Eine Form muss her

Um die Kabinenhaube tiefzuziehen, brauche ich natürlich auch eine Form.
Für diese Methode ist ein Positiv erforderlich, was mir die Arbeit enorm erleichtert.
Meine ersten Versuche mit Styrodur zeigten, dass dieses Material aus zweierlei Gründen untauglich ist: Einerseits schmilzt das Material schnell. Die Arbeitstemperatur für die Haube ist nur knapp unter dem Schmelzpunkt des Schaummaterials. Andererseits entwickelt das PET beim Schrumpfen eine enorme Kraft, so dass die Form zerdrückt wird.
Die Lösung entstand in Form eines Balsaklotzes.

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Für die Festigkeit und Formgenauigkeit habe ich zuerst einen kreuzförmigen Rahmen aus Pappelsperrholz erstellt. Der Rahmen wurde immer wieder am Modell angepasst. Als Muster zum Maßnehmen diente mir die originale AT 6-Haube, deren Frontpartie ich weitestgehend übernehmen wollte. Anschließend habe ich den Rahmen mit Balsaholz ausgefüllt.

Ich habe die Füllstücke, um Material zu sparen, bereits grob vorgeschnitten. Nach dem Trocknen begann die Schneid- und Schleiforgie, bei der die endgültige Form immer deutlicher erkennbar wurde. Ich ertappte mich bei dem Gedanken, diese Form zu bespannen und einfach auf den Rumpf zu kleben. Ich nahm aber einen Schluck Bio-Apfelschorle von glücklichen Äpfeln und spülte damit den Gedanken schnell wieder weg. Ich wollte schließlich transparente Bauteile erstellen!

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Erster Versuch mit Originalform

Nachdem die Form nun passgenau war, probierte ich den ersten Abdruck.
Zuerst spülte ich die Flasche mit Wasser aus, da ich keine klebrigen Anhaftungen riskieren wollte. Zusätzlich müssen natürlich alle Etiketten entfernt sein.
Wie gehabt schnitt ich die Flasche oben ab und legte die Form ein. Ich fönte und kam bald zu einer weiteren Erkenntnis: Die Schrumpfung reichte nicht aus, um die Form vollständig einzuschließen. Also legte ich Hartholz an die Unterseite der Form, so dass das Material bereits vorgespannt wurde und damit die Schrumpfung primär dem Formverlauf folgen konnte.

Ich legte immer wieder Holzkeile nach, um so die verschiedenen Abschnitte besser abformen zu können. Das erste Ergebnis näherte sich schon meinen Vorstellungen an, jedoch machte sich nun wieder der Verkürzungseffekt bemerkbar – die Form schaute aus der Flasche.
Eine weitere Erkenntnis war, dass der Flaschenboden nicht soweit schrumpft, damit auch die Frontscheibe sauber abgebildet wird. Auch war die zu kurze Rückseite noch zu beachten.

Beim Schrumpfen musste ich obendrein noch feststellen, dass zu große Hitze das Material durch leichtes Schäumen irreversibel trüb macht. Also penibel auf die Temperatur achten und vorsichtig an die Grenze herantasten.


Verfeinerung der Form

Da die ersten Versuche Hoffnung machten, wollte ich auch noch den Versuch wagen, die charakteristische Rahmenstruktur der Zero bereits auf der Form abzubilden.
Die Streben aus 0,8 mm dickem Sperrholz habe ich aufgeklebt und anschließend nochmals glattgeschliffen. Übrigens: Die Form wird weder lackiert noch gespachtelt. Das Material spannt sich gegebenenfalls auch über Unebenheiten und wird nicht in sie hineinlaufen. Das Spannen zeigte sich auch bald auf der Form, so dass ich an der Unterseite ein weiteres Stück Sperrholz aufbrachte, um weitere Abrundungen der Form zu verhindern.

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Vorbereitung macht den Unterschied

Nachdem die Form nun überarbeitet war, wollte ich einen neuen Versuch wagen.
Nun schnitt ich aber die Flasche am Boden ab, da die Halsseite bereits nahe der Form der Haubenrückseite entsprach.
Außerdem spannte ich die Form mit diversen Hölzern und Meterstäben soweit vor wie möglich.
Spätestens jetzt sollte ich erwähnen, dass meine Vorspannung mit Holz noch einen anderen hilfreichen Nebeneffekt hatte: An diesem Holz kann die Form in den Schraubstock festgespannt werden.
Zusätzlich bereitete ich noch Flach- und Spitzzangen vor, um das Material in Form zu ziehen.

Der Durchbruch kam dann mit der Arbeitsreihenfolge.
Zuerst schrumpfte ich die Unterseite. Das hat eine Art „Bananenkrümmung“ zur Folge, so dass sich die Flasche mehr der Oberseite anschmiegt. Mit etwas zusätzlicher Zangenarbeit – ich habe mit einer Spitzzange das Material am offenen Ende, hier also dem Haubenheck, aufgerollt und so unter Hitzeeinwirkung um die Form gezwungen. So konnte ich wirkungsvoll das Verkürzen der Haube verhindern. Ähnlich verfuhr ich mit dem Flaschenhals.
Nachdem die grobe Form nun vorgegeben war, konnte ich mit Hitze auf die Oberseite einwirken.
Im Prinzip erfolgt die Führung des Föns ähnlich wie beim Bespannen, allerdings mit dem Unterschied, dass PET wesentlich träger reagiert, sowohl beim Erhitzen und Spannen als auch beim Abkühlen.
Man sollte sich für den Einschrumpfvorgang also genügend Zeit nehmen.

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Wenn alles geschafft ist, und auch die Ränder sauber umspannt sind, sollte man erneut prüfen, ob sich nicht irgendwo eine kleine Beule gebildet hat. Solange die Haube auf der Form ist, kann das behoben werden. Dazu ruhig auch großzügig um die Beule herum erhitzen, so dass die Spannungen gleichmäßig verteilt werden. Wenn alles passt, sollte nun von außen grob die Kontur der Haube für den Zuschnitt angezeichnet werden.

Jetzt endlich kann die Haube von Ihrer Form befreit werden.
Bei meinen Hauben schnitt ich zuerst die Unterseite auf, um dann mit einer Schere die Kontur grob vorzuschneiden. Danach muss die Haube in kleinen Schritten dem Rumpf angepasst werden.

Wenn alles sitzt, empfiehlt es sich, die Umrisse der fertigen Haube auf die Form zu übertragen, so dass beim nächsten Abformen der Zuschnitt leichter fällt.
Die Lackierung der Haube erfolgte mit einem Lackstift aus dem Autozubehör, in meinem Fall mit VW-Reflexsilber. Ich habe nach dem Abkleben der Haube mit Lackierband die Stellen leicht mit einem gebrauchten Schleifschwamm angeraut. Danach erfolgte der Lackauftrag.
Geklebt habe ich die Haube punktuell mit Sekundenkleber, was allerdings weiße Schlieren zur Folge hatte. Das Gemeine war, dass diese erst mit einiger Verzögerung entstanden sind.
War mir fast klar, dass das passieren würde, ich war aber zu ungeduldig.

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Mittlerweile würde ich für die Hauben UHU-Alleskleber nehmen.
Die langen Stellen habe ich zusätzlich mit Weißleim verklebt. Das hält auf der gesamten Fläche recht gut und trocknet klar aus. Man kann damit auch gute Fugen machen, was der Haube zusätzlich ein schönes Äußeres gibt.

Ich freue mich auf Eure Kommentare und Erfahrungen zu dem Thema, insbesondere beim Formenbau und beim Verkleben.
 
Hallo Martin,

Klebstoff habe ich noch nichts wirklich passendes gefunden, vielleicht ist meine französische Wasserflasche auch besonders widerspenstig. Sekundenkleber wollte gar nicht. Laminierharz trotz Aufrauen auch nicht. Pattex klar ließ sich auch abziehen. Heißkleber haftet mäßig, aber ist in der Dicke schwierig einzustellen. UHU por geht noch am besten (gut aufrauen!), mal sehen, wie lange.

Grüße Stefan
 
Der weiße Anschlag von CA-Kleber kann mit (Näh-)Maschinenöl entfernt werden (ggf. 1-2 mal wiederholen, falls der Anschlag nach einigen Tagen erneut sichtbar wird).
 
Canopy glue

Canopy glue

Ich nehme für klare Kabinenhauben nur noch Canopy-Glue. Beispiel Gibt es auch von ZAP und bei Krick
Das Zeug ist in flüssiger Form weiß, härtet aber vollkommen durchsichtig aus und ist dabei noch elastisch. Damit sind verschmierte Kabinenhauben nicht passe... aber man sieht es nicht mehr ;-)
Ob das bei PET funktioniert, werde ich bei Zeiten ausprobieren.

Viele Grüße
Stephan
 
Das ist das erste Mal das ich eine Anleitung zum Haube erstellen per PET Flasche verstanden habe. :-) Danke dafür.
 

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