Modellflug kann auch fesselnd sein!
Wolfram Metzner
Wolfram Metzner
Wenn ich auf Modellflugplätzen zu Gast bin und im Gespräch auf das Thema Fesselflug komme oder mit meinen Modellen fliege, sehe ich oft erstaunte Gesichter. Die Älteren erinnern sich, dass es so etwas früher mal gegeben hat. Andere fragen aus Unkenntnis, ob ich nicht richtig Modellfliegen könne?
Was treibt einen Modellflieger im Zeitalter digitaler Technik, sein Modell an zwei oder mehr Stahlseile zu binden, den Flugraum damit auf eine Halbkugel zu begrenzen und trotzdem glücklich und zufrieden vom Fluggelände nach Hause zu fahren?
Fesselnd für mich ist die unmittelbare Verbindung zum Modell. Beim Steuern spürst du die durch Fluggeschwindigkeit und Modellmasse hervorgerufenen Kräfte.
Im Gegensatz zum RC-Flug wird der Flug des Modells auch durch die Körperhaltung des Piloten beeinflusst. Claus Maikis, einer der bekanntesten Fesselkunstflieger, hat das so beschrieben: „Das Modell fliegt dahin, wohin der Arm des Piloten zeigt.“ Beobachtet man unsere Spitzenpiloten beim Kunstflug kann man Ähnlichkeiten zu Yoga oder Turnübungen finden.
Beim Team-Race kommen die drei Piloten schon mal ins Schwitzen, wenn 100 Runden in etwa vier Minuten geflogen werden.
In weniger als 10 Sekunden müssen Speedpiloten 10 mal um die Gabel flitzen.
Wenn sich junge oder jung gebliebene Fesselflieger bei Weltcup-Fuchsjagdwettbewerben bemühen, dem Gegner den am Modell angebrachten Fuchsschwanz Stück für Stück abzujagen, bleiben Rangeleien der Piloten am Boden nicht aus.
Dabei wird es auch für Zuschauer fesselnd, wenn sie mit ihren Favoriten mitfiebern. Für Modelle und Piloten wird es mitunter auch im wahrsten Sinne des Wortes „fesselnd“.
Es gibt noch viele Faktoren, die dafür sprechen, Fesselflug zu betreiben.
Für mich ist besonders die geringe Größe des erforderlichen Fluggeländes wichtig. Maximal 60 x 60 m sind ausreichend und eine Überschreitung einer begrenzten Flughöhe ist auch nicht möglich. Beim Kunstflug ist die Gipfelhöhe, je nach Körpergröße des Piloten, für wenige Sekunden bei etwa 25 m erreicht.
Wenn der Eigentümer des Geländes nichts dagegen hat, kannst du mit Elektroantrieb überall fliegen. Das geht auf fast jedem Schulsportplatz und wenn die Schule eine Sporthalle hat, ist man sogar vom Wetter unabhängig. Die kurzen Wege zum Modellfluggelände sind besonders für die Kinder- und Jugendarbeit interessant. Die meisten meiner ehemaligen Schüler haben früher oder später zum RC-Flug gefunden. Schaut man sich die Entwicklung der Modellgröße an, dann stellt man fest, dass die Abmessungen der Fesselflugmodelle mit wenigen Ausnahmen so ausfallen, dass sie flugfertig in einem mittleren PKW zum Fluggelände transportiert werden können. Ein Zusammenbauen entfällt, es bleibt also mehr wertvolle Zeit zum Fliegen.
Zum Schluss noch die Scale-Enthusiasten.
Nicht selten, bevor der erste Flug gestartet wird, sind sie vom Anblick eines bestimmten Flugzeugtyps gefesselt. Dann wird gezeichnet und gebaut bis das Modell endlich flugfertig auf dem Arbeitstisch steht. Dabei sind sie immer bestrebt, das Modell so gut wie nur möglich dem Original nachzuempfinden.
Sie fesseln auch die Zuschauer beim Betrachten der Modelle, wenn immer mehr Details entdeckt werden. Das ist bei RC-Modellen ähnlich. Nur sind die Details beim Fesselflugmodell wesentlich filigraner.
Was spricht dagegen, sich einmal von der ältesten Art und Weise ein Flugmodell zu steuern, fesseln zu lassen.
„Ja aber...“ werden einige einwenden und genau so viele Argumente gegen das Fesseln von Modellen finden.
Aber nur wer eine Sache wirklich mal ausprobiert hat, kann sich ein fundiertes Urteil bilden.