Darf's ein wenig scale sein? (ASH 26 von Hobbyfly)

ASH 26 - Hobbyfly

Darf's ein wenig scale sein?

Hendrik Schneider


Eleganz in der Luft: Das sind die CfK-Superorchideen, die im Segelflug Schönheit, Anmut und Leistung vereinen. Mit enormen Spannweiten, wenig umspülter Fläche und schlankem Erscheinen wurden Gleitzahl und, mit aerodynamischen Hilfen, auch das geringste Sinken optimiert.

So etwas als Modellbauer zu besitzen: Ein Traum.

Wie aber kann man den Einstieg in dieses Gebiet schaffen? Auf den ersten Blick erscheinen die Hürden groß: Ein Überblick über die vorbildähnlichen Segelflugmodelle im RC-Network-Wiki zeigt, dass man im Mittel mit 4 m Spannweite rechnen muss. Die kleinen Flieger sind dann eher Kunstflugsegler, wie Salto, Swift oder Fox. Die richtig schönen Superorchideen, wie die ASH 26, fangen bei 2.600 mm Spannweite an. Also scheint das der ideale Einstieg zu sein?

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Spannweitenstatistik

Nun gibt es bekanntermaßen ja ein Problem mit der Skalierung von Flugzeugen: Die Re-Zahlen müssen in der gleichen Größenordnung bleiben, um vergleichbare aerodynamische Bedingungen zu bekommen. Wichtig dabei ist, dass die Re-Zahl proportional zur Flügeltiefe und proportional zur Fluggeschwindigkeit ist. Macht man also die Flügeltiefe kleiner, um das Original zum Modell zu skalieren, muss die Fluggeschwindigkeit wachsen, um wieder auf die gleichen Verhältnisse zu kommen. Das kann natürlich nicht funktionieren, und so arbeiten Original und Modell in sehr unterschiedlichen aerodynamischen Bereichen. Die Auslegung muss also zwangsläufig deutlich anders ausfallen.

Das sollte uns aber nicht stören, weil wir ja ein vorgefertigtes Modell kaufen, das vom Hersteller für den Modellflug optimiert wurde.

Hier kommen allerdings jene Unterschiede zum tragen, die ein Modell vorbildähnlich, aber eben nicht „scale“ machen. Nahezu jedes Flugmodell muss im Vergleich zum Original mit geändertem Flügelprofil ausgestattet werden. Meist werden auch noch andere Anpassungen vorgenommen: Die Flügeltiefe wird erhöht, das Höhenruder wird in Größe und Streckung angepasst, und das Seitenruder bleibt meist ebenfalls nicht verschont. Daneben müssen alle Steuerflächen angepasst werden: Während beim Original 15% und weniger Flügeltiefe für die Querruder ausreichen, sind es beim Modell im Normalfall 25% oder mehr.

Also ist die Frage: Wie viel Scale darf ich erwarten, wenn ich einen Einstieg wage?

Eines der Modelle in diesem Segment ist die ASH 26 von Hobbyfly (http://hobbyfly.de/), die mir für diesen Bericht zur Verfügung gestellt wurde.
Die dazugehörigen Daten aus den Seiten das Anbieters (Stand April 2011):


ASH-26 Delux ARF 2600mm mit Störklappen und Einziehfahrwerk
119,00 EUR inkl. MwSt

Technische Daten:
  • Spannweite: 2600 mm
  • Tragflächeinhalt: 29 dm2
  • Flächenbelastung: 41-45 g/dm²
  • Profil: HX 83-Nase 3 Modify
  • Gesamtlänge: 1190 mm
  • Fluggewicht: 1200~1300 g
  • Konstruktion: Balsaholz und Glasfasern
  • Fernsteuerung: 6 Kanal Fernsteuerung (wird benötigt)
  • Servo: 6 Servos (wird benötigt)

Produktinformation:

Der Rumpf der ASH-26 Delux wurde aus hochqualitativen Glasfasern hergestellt. Er wird komplett in weiß gehalten, um Ihnen die Möglichkeit zu bieten, ihn nach eigenen Vorlieben mit den mitgelieferten Klebebilder zu gestalten. In dem Paket sind auch Einziehfahrwek und Bremseklappen enthalten. Der Zusammenbau beschränkt sich lediglich auf das Zusammenbauen der Elektronik. Die Flügel aus Balsaholz sind komplett vorgefertigt und überzogen. Der High-Quality-GFK-Rumpf hat bereits alle Öffnungen eingearbeitet, um die Stangen der Flügel leicht anbringen zu können.


Lieferumfang:
  • 1 x vorgebauter und lackierter Flugzeugrumpf aus Glasfaser
  • 1 x Vorgebauter und bespannter Balsaflügel
  • 1 x Einziehfahrwerk
  • 2 x Bremsklappen / Airbreak
  • 1 x Durchsichtiger Kabinenhaube
  • Alle Schubstangen, Scharniere, Holzschrauben, Muttern und Schrauben
  • 1 x Klebebilder
  • 1 x Bauanleitung
Zusätzlich wird benötigt:
  • 1 x 6-Kanal Fernsteuerung (Futaba 6EX oder 7C)
  • 1 x 6-Kanal Empfänger (Futaba R-617 oder R6106HFC)
  • 6 x Mini Servos (Towerpro MG-90 Digital)

Also keine Schaumwaffel und dann auch noch mit Einziehfahrwerk und Störklappen! Das verspricht ein schönes Modell zu werden!

Wie eingangs schon erwähnt, sind bei vorbildähnlichen Flugzeugen vor allem die Änderungen gegenüber dem Original zu beachten, die darüber entscheiden, ob das Modell genügend Ähnlichkeit besitzt und ob es dabei noch fliegbar bleibt. Das Augenmerk fällt also auf das Profil: „HX 83-Nase 3 Modify“. Eine Recherche im Netz erbringt mehr Fragen als Antworten, und so ist ein wenig tieferes Graben angesagt, und, um es vorweg zu nehmen, das Profil wird immer rätselhafter. Das HX 83 wurde vom DFVLR-Team K.H. Horstmann/A. Quast und D. Althaus vom Institut für Gasdynamik der Universität Stuttgart entwickelt (Quelle http://www.schempp-hirth.com/index.php?id=39) und mit der Nasenvariante Nummer 3 auf dem Diskus der Firma Schempp-Hirth verwendet. Dieses Profil für den manntragenden Segelflug sollte also auf keinen Fall auf das Modell, da die Re-Zahlen viel zu klein wären.

Immerhin könnte uns das „Modify“ retten und dem Profil doch noch zu Eigenschaften verhelfen, die dem Modell angemessen sind. Für Profilexperten, eifrige Diskussionen und Wetten, welches Profil es denn sein könnte, habe ich mal die Wurzelrippe gescannt:

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Vielleicht ist ja auch an der Flügelgeometrie entsprechend „geschummelt“ worden, so dass trotz allem ein vernünftiges Fliegen möglich ist. Also fällt der nächste Blick auf das Original:

Die ASH 26 von Alexander Schleicher hatte 1993 ihren Erstflug und definierte mit 18 m Spannweite und Wölbklappen eine neue Wettbewerbsklasse. Mit einer Streckung von knapp 28 und der von vorne herein geplanten Möglichkeit, einen Wankelmotor unterzubringen, unterscheidet sie sich schon etwas vom Modell, das mit seiner Streckung von 23 zwar noch nahe am Original ist, aber weder Wölbklappen besitzt noch den Motoreinbau vorsieht. Schade, hätten mir doch Wölbklappen auch schon bei diesem kleinen Segler gefallen.

Ein Vergleich der 3-Seiten-Ansicht der original ASH 26 mit dem Modell bringt noch ein paar kleinere Unterschiede zum Vorschein: Die Streckung ist nicht ganz dem Original entsprechend, und dennoch sind die Flügel des Modells enorm schmal. Das wird beim Fliegen bestimmt interessant! Ich nehme mir vor, das Modell recht schnell durch die Luft zu bewegen und mich sehr vorsichtig an die Minimalgeschwindigkeit heran zu tasten. Der Knick im Flügel fällt nicht so stark aus wie beim Original, und das Höhenruder ist deutlich vergrößert. Seitenruder und damit die Silhouette wurden nahezu vorbildgetreu übernommen und versprechen gutes Aussehen in der Luft.

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Vergleich der Hobbyfly ASH 26 mit dem Original. 3-Seiten-Ansicht der ASH 26 mit freundlicher Erlaubnis der Alexander Schleicher GmbH & Co


Das Modell, der Aufbau, Licht und Schatten

Die ASH 26 kommt in einem noch recht handlichen Karton und ist dort sehr sicher „aufgehängt“, so dass schon von der Verpackung her klar ist, dass keine Transportschäden zu erwarten sind. Fast alle Teile sind in Plastik luftdicht eingeschweißt. Warum das so wichtig ist, wird beim Blick auf die Gestänge klar, die leider nur offen im Karton befestigt waren. Resultat ist ein recht ordentlicher Rostbelag:

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Offensichtlich wurde bei Verpackung und/oder Transport eine gewisse Luftfeuchtigkeit überschritten. Hobbyfly teilte mir mit, dass dieser Umstand an den Lieferanten gemeldet und um Abhilfe gebeten wurde.

Ich habe mit feinem Schmirgel die Gestänge wieder so weit hinbekommen, dass ich sie getrost im Modell verwenden konnte.

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Der Rumpf ist, wie auch schon beworben, recht präzise und leicht gebaut. Auch die Lackierung ist makellos und sehr gewichtssparend dünn aufgetragen. Mit 286 g ist der Rumpf wirklich leicht, bekommt aber durch die eingearbeiteten Holzspanten Stabilität. Überhaupt sind die Einbauten in den Rumpf sehr ordentlich. Alle mitgelieferten Zubehörteile sind aus Metall, Kunststoffspritzguss oder lasergeschnittenem Sperrholz. Letzteres macht einen guten und verarbeitungsbedingt präzisen Eindruck. Die Elektronik mit entsprechender Mechanik ist noch einzusetzen.

Die Anleitung ist eher ein Bilderbuch als eine Anleitung. Eine Stückliste ist nicht vorhanden, so dass man zunächst alle Schritte durchgehen und sich die entsprechenden Einzelteile heraussuchen muss. Zudem ist der knappe Text der Anleitung in Englisch. Selbst dort finden sich dann noch nette Übersetzungsfehler, beispielsweise benötigt man für die Servos in den Flächen einen „Servo extension code“. Ich habe mal angenommen, dass es sich um eine „Servo extension cord“ handelt und habe eben diese eingebaut.

Bei einem so durchdachten und weit vorgefertigten Modell empfiehlt es sich, die Anleitung exakt zu befolgen. Bei der ASH 26 wurde dies mit zunehmendem Baufortschritt schwieriger, so dass ich letzten Endes bei ein paar wenigen aber wichtigen Modifikationen gelandet bin.

Die Wichtigste dabei ist eine geänderte Servoanordnung im Rumpf. Das ist um so erstaunlicher, als gerade dieser Bereich gut vorbereitet scheint. Alle Servoausschnitte sind vorhanden und es sind Adapterplättchen beigelegt, um sowohl Mikro- als auch Miniservos einbauen zu können. Hobbyfly empfiehlt für alle Servos die Tower Pro MG90R einzusetzen. Diese hätte ich gerne gemacht, sie waren aber nicht auf Lager, so dass ich mich im Rumpf für die TowerPro 16RS Miniservos und für die TowerPro SG 91 Microservos in den Flächen und für das Höhenruder entschieden habe.

Zum Problem: Egal welches Servo als Seitenrudersteller verwendet wird, die Seilzüge überschneiden sich mit dem Fahrwerk und den Servohebeln, sowie deren Anlenkungen für Fahrwerk und Klappen. Das ist vollkommen inakzeptabel, da nicht nur das Ruder klemmen kann, sondern durch ein klemmendes Ruder auch das Servo seine maximale Stromlast ziehen wird; eventuell sogar unbemerkt. Also habe ich Fahrwerks- und Klappenservo liegend eingebaut und die Seitenruderseile mit einer Seilführung über das Fahrwerk gelenkt. Nun passte alles.

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Die beiden Kreise zeigen die Überschneidung. Rot der Originalaufbau, Orange mit umgedrehter Gestängebefestigung

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Seitliche Sicht: Selbst die umgedrehte Gestängebefestigung hilft nicht

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Abhilfe: Horizontal gelegte Servos und Seilführung (grün)

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Seilführung

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Der Einbau im Rumpf komplett

Der weitere Aufbau geht ganz gut von der Hand. Allerdings ist es doch erstaunlich, dass nahezu jedes Teil nachzuarbeiten ist. Beispiele seien hier die Anlenkungen der Störklappen, deren Kröpfung kein „Z“ im Gestänge, sondern nur eine mäßige "Schlangenlinie" war und erst auf 90° Winkel zurechtgebogen werden musste. Die Schrauben des Höhenruderhorns, die mal eben 10 mm über das Ruder hinausragen oder der um ganze 2 cm falsch liegende Einschnitt für das Seitenruderscharnier. Genauso erstaunlich ist, dass das Gestänge der Klappenansteuerung in einem Winkel gebogen werden soll, bei dem der (gehärtete) Draht zuverlässig bricht.

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Unvollständig gebogene Z-Kröpfung

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Seitenleitwerk und Höhenruder

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Haubenverriegelung

Auch die Schleppkupplung ist nett aufgebaut, hat aber im tatsächlichen Einsatz einen Mangel: Der Pin, der das Schleppseil hält, wird nicht geführt. Wenn also das Seil ausgelöst wird, ist der Servorückweg nicht definiert.

Die Haube ließ sich nach Plan überhaupt nicht montieren. Die Entriegelungsmechanik passte ohne Abschleifen nicht über die Klappenanlenkung, und auch die Ansatzpunkte in der Haube waren nicht vorhanden, mussten also mit Balsa aufgefüttert werden. Nachdem ich festgestellt hatte, dass mit diesen Nacharbeiten die Haube prinzipiell zu befestigen ist, habe ich sie einfach mit Magnethalterungen versehen. Für die Belastungen im Segelflug ist das die einfachste Methode, die gleichzeitig erlaubt, genügend Material unterzufüttern, damit die Haube gut passt.

Ruderabstimmung und Schwerpunkt folgten. Um die vordere Schwerpunktlage zu erreichen, müssen zu den 4 AA-Zellen noch 180 g Blei in die Nase. Damit wiegt die ASH 26 flugfertig 1540 g und ist damit wirklich kein Leichtgewicht mehr für ihre 28 dm² Fläche. Also nehme ich mir vor, das Modell beim Einfliegen nicht zu langsam werden zu lassen – schon das zweite Mal in meiner Checklist!


Flugvorbereitung

Hobbyfly wird seiner Verantwortung als Importeur gerecht und gibt einen Beipackzettel in Form einer beidseitig bedruckten DIN A4-Seite mit. Allerdings erinnern Schrift und Aufmachung an das Kleingedruckte in Handyverträgen, und so macht es keinen Spaß, sich diese Information wirklich anzutun. Dabei ist die Information mit Versicherungspflicht, Warnungen und Flugempfehlungen sehr lesenswert und vollständig.

Das Aufrüsten des Modells ist eine Katastrophe! Nicht nur, dass keine automatische Steckung für die Servokabel der Querruder vorgesehen ist, auch die Befestigung der Tragflächen mit vier Schrauben nach dem Aufstecken ist meines Erachtens nicht zeitgemäß. Getoppt wird das Ganze mit der Pfriemelei, die Störklappenansteuerstangen in die entsprechenden Verschraubungen im Rumpf einzuziehen und zu justieren. Wie viel einfacher wären da zwei Servos in den Flächen gewesen, deren Abstimmung einmal vorgenommen wird und dann nur noch die Kabel zu verbinden wären.


Flug

Die ASH 26 macht in der Luft einen Klasse Eindruck. Sie besticht durch ihre schlanke Form, die dezenten Anpassungen an die geänderte Größe und die gute Qualität. Die brettebenen Flügel mit ihrer hohen Streckung und die oben schon angesprochene vorbildähnliche Silhouette lassen sie im Flug wirklich schön aussehen. Wie abzusehen, möchte die ASH 26 zügig durch die Luft bewegt werden. Das Ganze wird unterstützt durch einen sehr geringen Einstellwinkel des Flügels zum Rumpf. Wenn die ASH horizontal in der Luft liegt, ist sie von sich aus schon recht schnell. Heruntergehungert auf Vmin zeigt ihre Nase sichtbar nach oben und sieht damit eher aus wie eine Ente im Wasser als eine ASH 26 in der Luft. Das ist ganz gut so; man kommt so nicht in die Verlegenheit, sie so herumhängen zu lassen.

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Sieht klasse aus

Allen Befürchtungen zum Trotz hat sich die ASH 26 nicht als giftig erwiesen.

Da es ihr an einem Hochstarthaken und Flitschentauglichkeit fehlt, bleiben nurmehr zwei Flugmöglichkeiten übrig: F-Schlepp oder Hangflug. Nach mehreren Stunden am Hang kann ich sie als recht ordentlichen Segler einstufen. Thermikkreise sind nicht ihre Stärke, dazu ist sie zu schnell und zu weitläufig unterwegs. Im Zusammenhang mit ihrer geringen Größe wird die Thermik eher zur Herausforderung als zur Freude. Am Hang macht sie Spaß, ohne aber den Durchzug oder die Wendigkeit einer Hangfräse zu erreichen.

Alternativ kann ich mir vorstellen, dass sie schon mit einem kleinen Schleppflugzeug ein schönes Gespann abgibt. Anschließendes Abgleiten der Höhe inklusive.

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Schneller als ihr Schatten: Die ASH 26


Fazit

Sicher ist die ASH 26 von Hobbyfly kein Einsteigermodell, sie ermöglicht aber zumindest einen Einstieg in vorbildähnliche Segelflugmodelle.
Bei Qualität und Allroundtauglichkeit muss man gewisse Abstriche machen, beim Flugbild und dem Spaß nicht.
 

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